Jeder, der ein Haustier hat, wird mir zustimmen, wenn ich sage, dass jedes seinen eigenen Pecker (Vogel, Klopfer, Boscha, Hieb) hat. Für gewisse Katzen gibt es kein größeres Vergnügen, als aus zwei Metern Höhe auf ein Plastiksackerl zu pinkeln. Manche Papageien beginnen zu fluchen, wenn sie jemanden mit Werkzeug herannahen sehen. Einige Hunde graben alles ein, was sie in die Lefzen kriegen. Und es gibt andere Hunde, die vor Fliegen Reißaus nehmen.
Letzteres wäre dann mein Hund. Mein Hund ist eine Sie. Cindy. Nicht, dass sie sich vor Fliegen fürchtet. Sie ist einfach unvorstellbar genervt, wenn diese Biester auf ihrem Fell rumkrabbeln, weil das offenbar heftig juckt. Dabei kann doch kein Hund in Ruhe seinem Tagewerk nachkommen. Wenn sie daher eine Fliege hört, und sie diese nicht sofort per Blitzbiss zu fassen kriegt, dann flüchtet sie in einen anderen Raum, und zwar im Trab. Manchmal ächzt sie sogar ergrimmt, bevor sie sich in Bewegung setzt.
Manche Hunde haben ja Talente, wie etwa Apportieren oder Hüten und ähnliche hundische Zuchteigenschaften. Die Hündin meiner Mutter kann eigentlich von Natur aus nur graben. Die vergräbt alles, Zigarettenstummel eingeschlossen. Einmal hat sie ihr gar das Handy im Garten eingebuddelt. Ein gedämpftes Klingeln weniger, und meine Mutter hätte es nie wieder gefunden.
Manche Verhaltensweisen sind einfach unbegreiflich, so sehr man sich auch um Durch-, Über- oder Einsicht bemüht. Was Katzen an Plastiksackerln so pinkelnswert finden, weiß wohl niemand so genau. Ich vermute, es hat etwas mit einer Geruchskomponente zu tun, die wir Menschen nicht wahrnehmen. Also setzt die Katze eins obendrauf, das dann sogar wir Riechnieten bemerken müssen.
Andere Gepflogenheiten sind ganz klar eine Folge von Konditionierung. Der erwähnte Papagei gehörte einer Freundin meiner Mutter. Deren Angetrauter war kolportierterweise verbal recht aufbrausend, wenn Reparaturen am Haus nicht gleich so funktionierten, wie er sich das erwartet hätte. Der Vogel durchschaute das Prinzip, und irgendwann begann er schon “So ein Scheiß!” zu krächzen, sobald jemand in seiner Sichtweite auch nur einen Schraubenzieher zückte.
Konditionierung ist eine mächtige Kraft und gar nicht die schlechteste Hilfe bei der Erziehung. Manchmal geht sie auch ein bisschen schief, wie bei meiner Frau Hund. Als wir noch in der Stadtwohnung wohnten, waren oft aus dem Stiegenhaus Geräusche zu hören. Man bewohnt den vierstöckigen Altbau ja seltener ganz alleine. Cindy bellte dann aus dem Wohnzimmer hervor, und ich sah überhaupt nicht ein, dass Frau Wachhund sich nicht bequemt, ihren haarigen Hintern zu erheben, um zur Überprüfung der Sachlage ins Vorzimmer zu schreiten. Daher sagte ich einige Male zu ihr: “Versteck dich gefälligst nicht da drin, geh schaun, was los ist!” Seither bellt sie, wenn ich “Geh schaun” sage.
Es gibt aber auch geglückte Konditionierungen. So läuft sie schnurstracks quer durchs Wohnzimmer auf ihren Platz, sobald mein Mann den Kühlschrank öffnet. Das klappt nicht immer, aber dafür, dass wir das lange nicht geübt haben, passiert es noch sehr oft. Und es ist besser, als Madame bettelnd danebensitzen zu haben.
Ihre eigenen Mahlzeiten, wenn sie aus Frolic (vulgo “Ringerl”) besteht, bekommt sie am liebsten fliegend serviert. Nicht der Hund fliegt dabei, sondern die Ringerl, und zwar in die Wiese im Garten, seit wir auf dem Land wohnen. Da ist sie so scharf drauf, dass sie bellend vorausprescht, mit dem Hinterteil zwischen den Vorderbeinen, wenn ich die orangebraunen Dinger aus der Küche hole und sie hinunter Richtung Terrassentür trage. Doch der Verzehr selbst findet tunlichst nicht in der Wiese statt. Es wird jedes Ringerl einzeln hereingetragen und unter dem Tisch im Wintergarten verzehrt. Im Sommer kein Problem, im Winter total doof, denn da bleibt die Terrassentür natürlich nicht so lang offen, bis Frau Hund alle Frolic einzeln hereintransportiert und verspeist hat.
Noch schöner als unter dem Tisch frisst es sich nur oben im Wohnzimmer auf dem Perserteppich. Da ist alles so schön gedämpft. Man kann ein halbes Frolic fallenlassen, ohne gehört zu werden. Man kann auch ganze Ringerl darunter verstecken und sie dann mit viel Geschnauze, Geschiebe und Gepfote wieder ausgraben. Und man kann sich hinterher wunderbar die Schnauze daran abwischen oder sich einfach mal darauf wälzen. Daher lautet der Stammbaumname der hochwohlgeborenen Frau Hund auch “Cinderella Runter vom Teppich”.
Wenn man die Frau Hund ein bisschen hinhält, mit einem Leckerli oder einem Spielzeug in der Hand, lässt sie geistig nochmal alle Tricks Revue passieren, die sie je gelernt hat. Wenn ihr gar nichts anderes mehr einfällt, greift sie zum Äußersten – sie macht die Rolle seitwärts. Der tollste Trick, seit es Hunde gibt. Und er ist absolut zweckfrei. Etwas weniger sinnlos ist “Zeig mir den Bauch”, das kann sie, seit sie eine kleine Operation an einer Milchdrüse hatte und ich sie hinterher ein bisschen pflegte und cremte. Manchmal bellt sie, wenn ich beim Einparken dem Hintermann zu nahe komme. Schließlich sitzt sie hinten und hat den besseren Überblick. Vielleicht findet sie aber auch nur die seltsamen Lichtspiele an der Stoßstange des anderen Autos erschreckend.
Aber das alles ist eigentlich nicht gar so besonders seltsam. Es gibt zumindest noch viel eigenthymlichere Hunde. Meine Freundin A. hat einen Mischling, den sie vor acht Jahren aus dem Tierheim holte. Er war zuvor auf einem Supermarktparkplatz tagelang angebunden gewesen, aber noch ganz jung, als sie ihn zu sich nahm. Der Hund heißt Wookie, und der macht echt schräge Sachen. Er fängt Wasser, wenn man es ihm zuwirft. Also, beim Baden im Teich, wenn man ihn mit der Hand bespritzt, springt er hoch und fängt das Wasser mit der Schnauze, wie andere Hunde das im Winter mit Schneebällen tun.
Mit Wasser hat er’s überhaupt. Dieser Hund hat offenbar einen Biber unter seinen Vorfahren, wie immer das auch gehen mag, vielleicht fliegen die ja herum wie Pollen. Denn er baut Bäche um. Ernsthaft, der nimmt Steine aus dem Bach in die Schnauze, trägt sie woanders hin, schiebt sie mit den Pfoten herum, bis sie richtig liegen, bis der Haufen groß genug ist, bis das Wasser anders fließt – dieser Hund baut ganze Bachläufe um, wenn man nicht aufpasst.
Wenn eine Plastikflasche leer ist, steht er schon da und wartet darauf, dass er sie kriegt. Dann zerlegt er sie soweit er sie zerlegen kann, worauf er sie im Garten vergräbt.
Singen kann das Tier auch, Wahuuuuu!, das hab ich aber leider noch nie live erlebt. Dabei könnte das einen lukrativen Nebenerwerb ergeben, finde ich.
Zuletzt berichtete A. mir, dass Wookie seit neuestem Maulwürfe umsiedelt. Er gräbt einen im Garten aus, nimmt ihn in die Schnauze, drückt sich samt Maulwurf durch sein Loch im Zaun und trägt ihn möglichst weit auf das dahinterliegende Feld hinaus. Dort lässt er ihn dann laufen. Ich finde das allerliebst.
Und bei euch so? Begreift es als Stöckchen, ihr Blogger. Alle anderen dürfen sich in den Kommentaren austoben. Auf gehts!