Da gab es diesen Tag in meinem Urlaub, an dem ich mobloggte, es sei so schön gewesen, dass ich vergaß, Handyfotos zu machen. So konnte ich vor Ort gar keine Fotos bloggen, ich beginne daher meinen Madeira-Reisebericht diesmal mittendrin und völlig planfrei.
Hab ich übrigens erzählt, dass ich einen Fotowettbewerb gewonnen habe? Nein?! Die Appartmentanlage Palheiro Village auf Madeira, wo ich letztes Jahr mit meiner Mama so überaus nobel logierte, veranstaltete einen Wettbewerb für Fotos, die aus der Anlage fotografiert wurden und einen Sonnenuntergang oder ein Kreuzfahrtschiff zeigen. Den Bewerb gewann ich kurzerhand – Siegerbild guckstu hiiier:
*stolzbin*
So konnte ich in diesem Urlaub eine von zwei Wochen gratis das wunderbare Zwei-Schlafzimmer-Appartment Nr.24 bewohnen. In der ersten Woche war mein mir rechtmäßig Zugemuteter bei mir, in der zweiten Woche meine liebe Freundin N mit ihrem Mann.
Die Menschen, die mir im Urlaub begegnen – Angestellte bei der Autovermietung, am Flughafen, in der Appartmentanlage – frage ich gern nach ihrem Lieblingsort auf der Insel. Auf diese Weise finde ich so manches Juwel, das nicht im Reiseführer steht, oder das darin zumindest auf weniger schalmeiende Art angepriesen wird als die Top3-Ziele für Top3-Touris. Diesmal war es Emilia, die gute Seele des Palheiro Village, die mir erzählte, sie seien früher oft nach Ribeiro Frio gefahren und zu Balcões gewandert (auszusprechen ungefähr so: Balkoosch), ein leichter Wanderweg sei das, und eine prächtige Aussicht habe man da.
Es ist der 26. Juni, ein Tag in der zweiten Woche, ich bin allein in meinem roten, swiften Miethupferl unterwegs und habe in Funchal-Downtown ein paar Besorgungen gemacht. Per Navigon lasse ich mich durch die Stadt nach oben leiten. Ohne Navi würde ich mich bestimmt verfransen – so gut ich mich auch am Land zurechtfinde oder vom Village aus, so schlecht gehts mir bei der Orientierung in Funchal City. Auf diese Weise aber kann ich mir Teile der Stadt ansehen, die mir bisher verborgen geblieben sind, ohne mich auf die Strecke selbst konzentrieren zu müssen, und so passiere ich ganz normale Wohnviertel, kleine Kirchlein auf Anhöhen, Autowerkstätten, winzige Läden und große Bürohäuser, und traue mich erstmals mit dem Auto durch das malerische Bergdorf Monte zu fahren, vorbei an der Kirche, in der unser seliger Karl I. herzlos begraben ist (sein Herz liegt – oddly enough – in einer Schweizer Klosterkapelle. Ob seine arme Seele jemals Ruhe findet?)
(Technische Anmerkung zu den Bildern:
Zusammenfassung: Größer wirds nicht, also einfach nicht draufklicken.
Details für detailversessene Nerds: Das ist mein erster Eintrag unter Verwendung des NextGEN Gallery Plugins. Ich bin damit noch nicht vertraut, will mich aber lieber mit Schreiben befassen als noch länger mit “Hä? Hm? Klick, klick, ähm, nö, so, nö, doch nicht. Hä?” Man vergebe mir daher bitte allfällige Ungereimtheiten oder melde sie mir. Es wird zB automatisch ein Link auf die Bilder gelegt, doch ein Klick darauf bringt nichts als dasselbe Bild in selber Größe im Lightbox-Stil; der Blogeintrag selbst wandert nach Schließen dieses Fotofensters aber wieder auf Position 1, will sagen: Ein Klick bringt euch nix als Scrollarbeit. Also bleibenlassen. Falls sich das bald ändert, werde ich das ebensobald vermelden. Die anderen Funktionen des Plugins (Diashow, Thumbnails) muss ich erst kapieren, intuitiver wär netter. Aber ich mag meine Bilder ohnehin am liebsten so wie hier: im Erzählkontext.)
Über die Berge fahre ich Richtung Norden auf der E.R. 103. Auf einigen Abschnitten dieser Strecke sieht man verbrannte Bäume mit schwarzer Rinde, gespenstisch weißen Ästen und toter Krone, stumme Zeugen der letzten Brände auf Madeira (jener vor 2012).
Emilia hatte auch erzählt, in Ribeiro Frio gäbe es eine sensationelle Fischzucht, aber als ich nach der Talfahrt in dem Dörflein ankomme und mein Auto geparkt habe, kreuzen nirgendwo irgendwelche sensationellen Fische meinen Weg. Da gibt es nur einzwei Cafés und einzwei Wanderwege. Ich entscheide mich also, erstmal beim Plan “Balcões” zu bleiben.
Ich wohne ja quasi im Auto, wenn ich diese Art Appartment&Auto-Urlaub mache, und es dauert immer ein paar Minuten, bis ich mich organisiert habe: Kamera, und wenn ja welche; Wasserflasche, meist sinnlos, da sehr oft noch fast voll, wenn ich zurückkomme, sorgt aber durch ihr Gewicht freundlicherweise für mehr Wasserverbrauch, außer bei Wanderungen, auf denen ich total durstig bin, da hab ich nämlich nie eine mit; Proviant ja/nein (siehe “Wasserflasche”); Reisehase, Telefon (kann Leben retten), Zigaretten und verschließbares Plastiksäckchen für Zigarettenstummel (Ja, ich bin der total artige Raucher!); das alles muss irgendwie an den Körper gebunden, geklettet und gedübelt werden.
Den Fotorucksack nehme ich nie mit, weil mir davon die Schultern wehtun, ich habe stattdessen ein Gilet aus Stoff mit vielen Taschen, wie es Fischer tragen, darin lässt sich das Gewicht gleichmäßiger und vor allem griffbereiter verteilen. Die Gefahr des Nasswerdens besteht an diesem zwar dunstigen, aber prächtig sonnigen Tag auch nicht, also bin ich damit gut bedient.
Endlich biege ich in den Wanderweg mit dem Schild “Balcõ s” ein, dessen e ein Raub des Abblätterns wurde. Der Weg führt vom Ende des Dörfleins an der Levada do Furado entlang.
Levadas sind künstliche Regenwasserwege, die die Insel Madeira durchziehen, aber das wisst ihr ja sicher schon alle. An Levadas kann man gut wandern, weil Pfade an ihnen entlangführen, sie meist nur ein geringes Gefälle haben und so einen wundervoll bequemen Weg durch die sonst so zerklüftete Landschaft bieten.
Der Weg ist das Ziel, und man lernt hier recht schnell, sich nicht allzusehr auf das Weiterkommen zu kaprizieren. Man hat aber auch keinerlei Gelegenheit, Frust über das mangelnde Fortkommen zu entwickeln, weil man vollauf mit Sichnichtsattsehenkönnen beschäftigt ist. Dieses Im-Moment-Sein macht einen großen Teil der Erholsamkeit aus, die ein Urlaub auf Madeira mit sich bringt, und das trotz der Strapazen, mit denen gewisse Wanderungen verbunden sind.
Es wird einem dort also so manches Motiv in den Weg gestellt.
Dekorative Balustraden mitten im Wald…
Gerätschaften ohne anwesende PS…
…sowie allerlei Blumen und Düfte, moosbewachsene, herabgestürzte Felsen, die über der Levada liegengeblieben sind, Licht- und Schattenspiele, Vogelgezwitscher und das Lachen der Wanderer weiter vorne.
Der Weg zu Balcões führt schließlich von der Levada weg, und ohne die schattenspendenden Bäume wird es schnell sehr heiß.
Bei der Ankunft am Aussichtspunkt bleibt mir der Atem weg.
Ich bin überrascht, dass ich mich offenbar so weit oben befinde, die Straße nach Ribeiro Frio ging doch so lange bergab, und der Levadaweg war völlig flach!
Nun zur Aussicht… – doch von Neuem werfen sich mir Motive in den Weg!
Da gibt es nämlich die wunderschönen Madeira-Finken, die damit beschäftigt sind, sich am Boden an ein paar Körnern gütlich tun, mal dahin und mal dorthin zu flattern, schön zu sein und sich geduldig knipsen zu lassen.
Der Aussichtspunkt erhebt sich im hinteren Bereich zu einem kleinen Felsberg mit Stufen, den ich natürlich erklimmen muss. Ich habe ein bisschen Höhenangst, aber Konfrontationstherapie ist da das beste. Und die Aussicht ist von da oben sicher noch besser!
Puh, ist das heiß hier. Erstmal hinsetzen.
Dann ein Foto von der Aus… Oh, da, ein Schmetterling!
Jetzt aber wirklich! Umsehen! Hinunterschauen!
Da geht’s ja ganz schön runter! Zwei junge Mädels, die mir dabei zusehen, wie ich El Reisehase knipse, finden: “Der Kleine ist ja ziemlich mutig!” Er ist zwar für solche Fotos immer fest verzurrt und mit einem Karabiner gesichert, aber seine Brust schwillt trotzdem angesichts dieser Huldigung seiner Tapferkeit. Hier also das zur Nachreichung versprochene Bild:
Das Flusstal, in das wir hier blicken, liegt laut Karte etwa 300 Meter unter dem Aussichtspunkt. Der Aussichtspunkt selbst befindet sich immerhin auf 900 Meter Seehöhe.
Die Sonne glüht mir auf die Birne, und ich sehne mich bereits nach dem Schatten an der Levada. Erst später auf dem Rückweg stelle ich fest, dass hier auch ein Geocache zu holen gewesen wäre, aber mir ist einfach zu heiß.
Geocaching ist gut, um versteckte Orte zu entdecken, aber diesen Ort habe ich ja bereits gefunden. Also kehre ich nicht nochmal um.
Meine Schläfen pochen, und ich schwitze unter meinem Gilet und dem darauf angekletteten Zeug, während der Laden an der Levada seine traditionellen Wollmützen und Wollsocken feilbietet.
Dann doch lieber ein kühlendes Fußbad in der Levada, jaaaah!
Rechts im Bild: El Reisehases Baumelbeinchen. Mit dem kühlen Levadawasser kann man sich auch schön die Arme und den Nacken befeuchten und die Haare ein bisschen nassmachen, sehr erfrischend. Nur zum Trinken eignet es sich nicht so gut – ich habe gehört, es soll Leute geben, die da ihre Füße reinstecken!
Quietschenden Schuhes geht es weiter, noch ein bisschen die Aussicht genießen, die sich da und dort bietet, wo die Baumvorhänge sich auftun.
Nach der Rückkehr in den Ort Ribeiro Frio gehe ich den Wanderweg noch ein Stückchen in die andere Richtung, überquere den namensgebenden “kalten Fluss”, der sich in immer neuen Kaskaden in allerlei natürliche Becken ergießt, bevor er weiter unten im grünen Dickicht verschwindet.
Ein paar kleine Fische sehe ich in einem der Becken immerhin, und ich werde von einem Erpel angerüpelt, der offensichtlich mit seiner Holden dort lieber allein wäre. Er akzeptiert dann aber, dass ich mich in angemessener Entfernung auf seine Mauer setze, mir die Füße kühle und über das Wasser schaue.
Dann will ich mir noch den Posto Florestal ansehen; so etwas findet sich auf der Insel häufiger, die jeweilige Parkaufsicht logiert da in einem Haus mit Garten. Irgendwie sieht der verlockend aus, da gibt es kunstvoll geschnittene Hecken und allerlei Steinbecken.
Und was sehe ich da? Fische! Jede Menge Fische!
Wunderschöne, beeindruckend große Forellen in verschiedenen Becken, die über fließendes Wasser in kleinen Bächen und Rohren miteinander verbunden sind.
Doch die meisten Fische finde ich in diesem Stufenbecken, in jedem sind die Fische etwas größer, oben sind unzählige Babyfische, unten sind die ganz großen.
Ich bin ja bei heißem Wetter nicht ganz bei Trost, weil mein Hirn da nur notstrommäßig funktioniert; das Ergebnis meiner Trost-losigkeit an diesem Tag: Die Autofenster waren die ganze Zeit über offen. Es fehlt aber nichts, nichtmal der iphone-Kopfhörer, der griffbereit auf dem Beifahrersitz liegt. Habe ich erwähnt, dass ich diese Insel liebe? Dazu gibt es noch eine andere Geschichte – ein andermal.
Abends treffe ich meine Freunde in der Stadt, und es gibt natürlich noch ein Menü!
Heute: Thünfisch und Öbstsalat. Alles, was Pünktchen hat, kräääht!
Außerdem der Speisekarteneintrag, der unser Favorit für den Rest des Urlaubs sein wird:
Lammel, das ist ein sehr junger Hammel – oder jemand, der sich lümmelhaft, aber irgendwie trotzdem liebenswert benimmt.
Davon gibts noch mehr:
- Madeira 2012 – Die dritte Reise 16. Juni 2012
- Madeira 2012 – Kulinarik 18. Juni 2012
- Madeira 2012 – Postkarte 18. Juni 2012
- Madeira 2012 – Bergwelt 19. Juni 2012
- Madeira 2012 – Ausflugswetter 19. Juni 2012
- Madeira 2012 – Kulinarik II 20. Juni 2012
- Madeira 2012 – Aussicht 21. Juni 2012
- Madeira 2012 – volltotal live 21. Juni 2012
- Madeira 2012 – Hmpff 21. Juni 2012
- Madeira 2012 – Island-Hopp(l)ing 23. Juni 2012
- Madeira 2012 – Höhen 24. Juni 2012
- Madeira 2012 – Fanal 25. Juni 2012
- Madeira 2012 – Gedankenverloren 26. Juni 2012
- Madeira 2012 – Lebensereignis 27. Juni 2012
- Madeira 2012 – Andere Höhen 28. Juni 2012
- Madeira 2012 – Abschied 29. Juni 2012
- Madeira 2012 – Zu Ende 30. Juni 2012