Von Janocjapun kommt ein fliegender Fisch daher: Acht Songs von Bedeutung. An der ursprünglichen Steckerlfisch-Quelle sieht mir das Ganze eher nach einer chronologischen Idee aus. Find ich gut.
Das wäre dann in meinem Leben jeweils ein Song für einen Abschnitt von viereinviertel Jahren. Find ich weniger gut. Ich brauch vermutlich viel mehr Songs, und muss bestimmt auch bisweilen Janocs Strategie übernehmen, ganze Alben zu nennen.
(Links zum Reinhören auf beinahe allen Titeln, Amazon-Links auf Alben.)
Betrachtet es als Fortsetzung zur Kindheitsmusik.
Alles begann mit
Darf ich dann fortfahren, wenn das Gelächter sich wieder gelegt hat?
Ich glaube, damals hab ich begriffen, wie man mehrstimmig singt, welcher Natur die Harmonien sein müssen, damit man welchen Ton über oder unter die Hauptstimme singt. Für mich der Klassiker von dieser LP: Warum? Simpel, verhältnismäßig tiefsinniger Text, wunderschön!
Im Bus auf der kurzen Fahrt zur Volksschule ließ der Fahrer das Radioprogramm erschallen. Und ich saß immer wie gebannt ganz vorne, ich musste das nämlich alles hören! Diese beiden Songs dürfte ich damals in mich aufgesogen haben wie ein musikausgehungerter Schwamm. Ein leichtes, merkwürdiges und etwas unangenehmes Sehnen lösen sie jetzt noch in mir aus, und ich erinnere mich auch, den Aufbau dieser Songs, das Gerüst dahinter, wenn man so will, beim Zuhören genauestens studiert zu haben.
Alle drei für mich der Inbegriff der 80er. Alphaville aus krächzenden, metallisch klingenden Lautsprechern in der Eislaufhalle im Donaupark. Eislaufen mit neonfarbenen Schnürsenkeln und ebensolchen Handschuhen an den Händen – natürlich fingerspitzenfrei. Meine viel zu große, türkise, wattierte Winterjacke brauche ich dort nicht.
Mittels Kassettenrekorder Musik aus dem Radio aufnehmen. Die Versuche, meine Schwester davon abzuhalten, sich meine Kleidung oder meinen Freund zu krallen, wenn ich gerade nicht hinsehe.
Die genialen Chöre in Pictures in the dark finde ich heute noch ebenso faszinierend wie damals. Al Corley war damals Schauspieler und knutschte in dem Video mit allen möglichen Frauen rum, angeblich um die Homosexualitäts-Verdachte abzuschütteln. Ich hab ihn auf Single gekauft, ohne Cover, nur in einer weißen, papierenen Hülle. Beschriftet ist sie von mir persönlich mit schwarzem Kajal.
Meine erste Madonna-LP hab ich in dieser Zeit wohl auch tausendmal gehört.
Bezeichnenderweise sind alle diese Songs eher mit Erinnerungen an außerschulische Aktivitäten verbunden. Es gibt natürlich auch Songs, die schulische Erinnerungen hervorrufen, diese lassen mir aber eher mulmige Bauchgefühle entstehen, darum hab ich sie einfach weggelassen. Bedeutung – ja, aber eine wenig positive.
Die Single von ‘Zwischen eins und vier’ hab ich von meinem Bruder geschenkt bekommen, das weiß ich noch genau. So schöne harmonische Auflösungen in diesem Song! Am besten auf ‘Der Krampf im Bauch geht langsam weg’. Gänsehaut krieg ich, wenn ich nur drüber schreibe.
Musikhören und Partys im Zimmer meines Bruders. Geknutsche in schummrigen Ecken. Auf Kleinmotorrädern unterwegs mit seinen Freunden, erstes Ausgehen in der großen Stadt. Die erste richtig große Teenagerliebe, Voyage ist unser Lied, ich kann den französischen Text immer noch auswendig.
Mit in diese Ära gehören diverse Italo-Gschichten wie Radiorama, Cenerentola von Martinelli, Samantha Fox in Musik und Bild, zum Knutschen und eng Tanzen (auch ‘Lamourhatscher’ genannt) I wanna know what love is von Foreigner (wie überaus subtil! *g*) und natürlich Say you, say me von Lionel Richie.
Unser braver, einzigartiger, schwarzer Familienhund Jolly stirbt mit fünfzehn Jahren.
(Bei letzterem Link einige Sekunden Stille vor dem Songstart, lohnt sich aber.)
Eine kurze, aber dafür sehr musikreiche Zeitspanne, viele Erinnerungen und emotionales Auf und Ab, daher wohl auch mein zeitlich gestreckter Eindruck dieses Lebensabschnittes. Gerade noch A-capella-Singen im Schulchor, Erwägung Schulwechsel, plötzlich eine Berufswahl treffen müssen.
Eine schräge Fahrt nach Berlin mit dem benzinfressenden Monstertransporter zum The-Wall-Konzert auf dem Potsdamer Platz.
The Wall ist immer noch ein hinreißendes, von mir sehr bewundertes Album.
Sting begleitet mich seither ständig, ich liebe seine schrägen Ideen und seine Stimme. Supertramp hör ich nicht mehr allzu oft, aber das Album hab ich hier in LP und CD, und die Aufzeichnung von Roger Hodgsons Konzert letztens auf 3sat fand ich allerliebst.
(30sec-Previewhear auch ohne Account)
Das Auf und Ab geht weiter, etwas gemäßigt zwar, aber immer noch recht chaotisch, und immer noch musikreich. Zwielichtige Spelunken und haufenweise Kiffer in Räumen mit reichlich undurchsichtiger Luft. Etosha hat schon wieder einen Musiker-Freund, zum ersten Mal gemeinsam Möbel kaufen (damals war’s passenderweise ein Bett).
Die erste Band, die ersten eigenen Songs, Bandproben im Schloss Wolkersdorf.
Die Isaac-Hayes-Version von Use me ist wohl die groovigste ever! Alpha Blondy sind wahnsinnig niedlich, und The Cure haben mir schon damals nicht gefallen, (The Who auch nur in Teilen), ich musste sie aber um des lieben Friedens willen (mit)hören.
Endlose Wochenenden mit Freunden bei Mike. Nicht nur dieses Album haben wir rauf und runter gespielt, aber zu diesem haben wir auch gar wunderprächtig gesungen. Nächtelanges Würfelpokern und Schmähführen. Spontaner Ausflug zum Musikfest in Waidhofen an der Thaya, Sautrogrennen, Gummistiefelschleudern, jede Menge Spaß, Chillen zu gemütlicher Musik. Das Ganze mit meinem ersten eigenen Auto. Zwei gefährlich aussehende Biker helfen mir aus der Klemme, als ich dort meinen Autoschlüssel versehentlich im Kofferraum einsperre. In wenigen Augenblicken ist das Ding geknackt; ein Audi 80s in schmutzigem Dunkelrot – den mein damaliger Freund viele Monate später beim Linksabbiegen in einen Totalschaden verwandelt.
Das erste gemeinsam Wohnen außerhalb von daheim, in einer eigenen Wohnung mit Freund in Korneuburg. Etwas merkwürdige Partnerlook-Anwandlungen. Nach jahrelanger Hundegesellschaft die erste eigene Katze, Joshua, ein ganz außergewöhnliches Persönchen, wir nennen ihn auch ‘Der Sir’. Nur eineinhalb Jahre später erkrankt er an FIP und stirbt.
Erste Photoshop-Erfahrungen, weil mein Freund einen Kurs dazu macht. Viel Zeit fließt auch in CorelDraw 4. Erster eigener Heim-PC, später ein Modem und die Anbindung ans weite Netz.
Tori Amos’ Songs sind ein Kapitel für sich – ich singe ihre Sachen gerne, und die Texte sind immer wieder für eine Grübelei gut. An Live liebe ich die Dynamik und die extreme Stimme des Sängers.
Mein erster Neffe Patrick wird geboren. Die Haustaufe mit unserer Darbietung von Teach your children, vierstimmig mit Gitarre, es singen mein Bruder, meine Mama, mein lieber Schulfreund Crisue und ich. Meine Schwester vergießt vor Rührung ein paar Tränen.
Sehr viel Einspringen in finanzieller und problemberatender Hinsicht, sehr viel Zeit mit Baby auf dem Arm, Baby nebenan schlafend, dann der Sommer, Kleinkind im Planschbecken, mein damaliger Freund stets mit Kleinkind im Schlepptau oder auf den Schultern.
Meine erste Spiegelreflex-Kamera, eine damals schon uralte Yashica mit bezauberndem Auslösegeräusch und manuellem Aufziehmechanismus. Eigene Schwarz-weiß-Fotoentwicklung im Kellerstüberl als Dunkelkammer.
Amanda Marshall begleitet mich von da an durch alle Lebenslagen, und immer wieder passt irgendein Song besonders gut. Mitsingen bringt immer (noch) seelische Erleichterung.
Eingeschworene Verbindung mit meiner Freundin N. und eine wunderbare Freundschaft, die bis heute anhält. Tiefgang, konstruktive Gespräche mit vielen Aha-Erlebnissen, jede Menge Parallelen. Gemeinsames abendliches Ausgehen, Tequilatrinken, Tanzen – sogar meine Tanzmuffelbeine können diesen beiden Songs nicht widerstehen. Verkleidungen für Fasching erfinden und anfertigen. Lachen, bis der Bauch schmerzt.
1998: Schwer verliebt, die Umstände sind nicht gerade optimal. Meine Freundin N. muss sich die Ohren von mir vollsingen lassen, und diesmal nicht in glockenhellen Klängen.
Einige Wochen später aber wird schon zu den spanischen, kräftigen bis gefühlsausbrüchigen Klängen und zur rauhen Stimme von Rosana geknutscht und geredet, bis der Morgen graut. No habrá nadie que te quiera más que yo.
Wieder einige Wochen später ziehe ich nach Wien.
‘Come sail your ships around me, and turn your bridges down’ singt Martin und spielt Gitarre dazu. Gemeinsame Fahrten in die Arbeit bzw. zur Uni in meinem knallroten Daihatsu Cuore.
Weil wir beide eher Tanzmuffel sind, wird anstatt des Brautwalzers bei unserer Hochzeit im Mai 1999 gesungen, Martin und ich singen When you’re gone, mit gitarristischer Unterstüzung meines Schwagers. Ich singe Still the one für meinen Bräutigam.
Jazz-Gesangskurs und das Einstudieren etlicher Standards. Gar nicht so leicht, so manchen Melodielauf in mein Hirn und meine Stimme zu kriegen – und dort auch richtig zu verankern.
Pflegen des Schrebergartens meiner Großeltern, willkommene Ausflüge ins ‘Grüne’. Mit Kopfhörern unterm Kirschenbaum liegen und ein- und dieselbe Nummer immer wieder hören.
Die erste Digicam, und Martin erwirbt erstmals einen echten, eigenen Griller – ein wichtiger Moment im Leben eines Mannes!
Disbelief
2006: Ich wache erstmals mit einem fertigen Refrain im Kopf auf. Einstudieren des Songs mit der Band.
Lange hält diese Konstellation nicht, aber ich fühle mich zu der Zeit extrem wohl damit.
Ausufernd, maßlos – also alles wie immer. Wer hat’s bis hierher durchgehalten? ;)
Fisch fliegt weiter an Serotonic und mkh – muss ja nicht so maßlos werden wie bei mir.
Nicht funktionierende Musiklinks bitte melden. Ich konnte nicht alle überprüfen, muss jetzt nämlich noch ein bisschen Sonne tanken, bevor sie demnächst untergeht.