Da ich nun schon beginne, nachts davon zu träumen, wende ich mich heute mit einem sehr ernsten Thema an euch, einem Thema, das uns alle angeht. Zumindest all jene, die Gegenstände und Werkzeuge tatsächlich zu gebrauchen pflegen, und sie nicht nur als dekorative Elemente im Schrank stehen haben. Ich mag mich täuschen, und vielleicht werde ich auch nur langsam wirklich alt und unflexibel wie ein brüchiger Rexgummi, aber es drängt sich mir der Eindruck auf, dass die sogenannte Usability, also die Gebrauchstauglichkeit von Produkten, eine stetig sinkende Tendenz aufweist, seit es diesen Begriff dafür gibt.
Ob es sich nun um materielle Gebrauchsgegenstände handelt oder um Computerprogramme – wann immer man mir zu erklären versucht, dass ich das Naheliegende, welches ich so gerne unkompliziert und schnell erreichen würde, über sieben Umwege machen muss, bei denen ich mir, je nach Realitätshärte des Produktes, wahlweise blaue Flecken oder Krämpfe im Klickfinger hole, weil es ‘anders nicht geht’, wird dies stets von folgenden Worten begleitet: “Ja, dann musst du halt… Dann musst du eben… Daran musst du dich eben gewöhnen…”
Aaaaaaaaaaaaaah! Schreien möchte ich, wenn ich sowas höre! Nein, ich muss nicht halt und eben, und ich will auch gar nicht. Da bin ich Querulantin, allem über die Jahre verlorenen Idealismus zum Trotze, jawohl, da widersetze ich mich ausdrücklich und vehement.
Es scheint stets vergessen zu werden, dass die Wirtschaft und die Industrie der Gebrauchsgegenstände für den Menschen entwickelt wurden. Nicht, wie manche gerne glauben und abgeklärt zu behaupten nicht müde werden, für jenen einzelnen Menschen, der sich daran einen goldenen Arsch verdient, sondern für den Menschen im kollektiven Sinne, der diesen Gegenstand dann benützt, damit vielleicht seine Brötchen verdienen oder Teile seines Alltags bestreiten muss. Folglich haben diese Gegenstände sich tunlichst dem Menschen anzupassen, und nicht umgekehrt, und sie haben dem Menschen unterwürfigst und ohne Widerspruch und Verletzungsgefahr zu Diensten zu sein.
Falls diesem Menschen, insbesondere der weiblichen Spielart, mal aus evolutionär naheliegenden Gründen ein dritter Arm wachsen sollte, dann dürfen die Gegenstände hernach diesem Umstand sehr gerne angepasst werden – aber darf es sein, dass erst die mangelnde Usability eines Gegenstandes zu solcherlei Evolution führt? Nein, das darf nicht sein! Und man unterschätze das Tempo der Evolution nicht!
Es begab sich kürzlich im Hause Etosha, dass der Herr ebendieses Hauses den Entschluss fasste, es müsse ein neuer Staubsauger her.
Der gute alte Dyson der ersten Generation, dezent in lila und grün gehalten, der nun auch schon fast zehn Jahre auf dem Buckel hat, tut zwar im Grunde noch das, was er soll, aber nicht eben mit vollem Taten-, sprich Saugdrang. Wir mochten aber diesen Staubsauger und waren zufrieden damit, also wurde dysonmäßig verglichen und recherchiert – wobei es im Netz übrigens erstaunlich wenige Erfahrungsberichte zum Thema Staubsauger gibt – und letztlich wurde ein DC19 bestellt. Online bestellt. Man(n) ist ja fortschrittlich.
Zuallererst muss ich einfach sagen, dass man die Saugkraft des DC19 nur sensationell nennen kann. Aufräumen vor dem Saugen empfiehlt sich, und ich meine richtiges Aufräumen im Sinne von ‘alles weg, weg, weg’. Sonst muss man später seine sämtlichen Feuerzeuge, Kaffeetassen und kleineren Haustiere im Staubbehälter suchen.
Nun nennt mich konservativ, aber das alte lilagrüne Monster hatte auch einige Vorzüge aufzuweisen, die ich am neu durchdesignten DC19 nicht mehr wiederfinden kann. Diese Vorzüge betreffen insbesondere die Lieblingsbeschäftigung aller staubsaugenden Hausfrauen, nämlich jene, mit der Saugkraft des möbelbürstenbewaffneten Dyson allerlei finsteren Ecken und spinnwebenverhangenen Winkeln zu Leibe zu rücken. Mein lieber Schwan, da saugt’s der Spinne nicht nur das Netz zum Leben, sondern auch die Luft zum Atmen weg!
Rank und schlank präsentierten sich am lilagrünen Monster die Aufsteckplätze für das Kleinzubehör Möbelbürste und Fugendüse sowohl am Ende des Saugrohres…
…als auch an dessen Andockhafen, dem Haltegriffende am flexiblen Schlauch, sodass auch gröbste Stäube und Naturfilze im Nu geweste welche waren. Damit schlüpfte die kleinhändige Hausfrau wieselgleich und voller Elan in sämtliches Winkelwerk, sogar im Auto, und ließ kein gutes oder auch schlechtes Haar daran. Darin. Wie auch immer.
Etwas anders der DC19. Ja, auch bei ihm kann man die Bodenbürste abnehmen, um eine Möbelbürste direkt ans Rohr zu stecken. Die lustige Führungsschiene mit dem Rädchen untendran bleibt dabei allerdings am Rohr, nicht etwa an der Bodenbürste, und sorgt so für ungebetene Verbreiterung des Werkzeugs und damit Disqualifizierung für das kleinste mögliche Winkelvakuum.
“Na guuut, dann musst du halt…”, seufzt eine Stimme in meinem Kopf. Nehme ich eben das Rohr ab und verwende die Möbelbürste ohne Verlängerungsrohr, ist sowieso viel flexibler.
Aber ach, auch damit hab ich den Schlauch, wie man so schön sagt, denn der Haltegriff, in Form, Größe sowie Unhandlichkeit einem Zapfhahn bei der Tankstelle gar nicht unähnlich, verdirbt den Spaß am Winkelwerk (wenn er auch durch interne Verdrehbarkeit wenigstens ein Mindestmaß an Flexibilität zeigt, wie man gerechterweise erwähnen muss.) Man braucht keinen Wochenendworkshop über meditativ-kreative Visualisierungstechniken, um sich vorzustellen, dass man mit diesem Kombinationskonstruktmonstrum nicht gerade jene versteckten Ecken erreicht, in denen sich naturgemäß der meiste Staub ansammelt. Mift!
Was also tun?
Ha, wir nehmen den Zapfhahn einfach auch noch ab und stecken die Möbelbürste nun aber wirklich direkt an den Schlauch! Das Überlisten von Elektrogeräten habe ich nämlich in den Genen, das muss man wissen.
Humpf – Fehlanzeige. Hier gibt es keine Andockmöglichkeit – der Schlauchausgang ist für die Zubehördüsen zu schmal.
Dann wäre eben maximale Flexibilität gefragt. Lilagrünes Monster hatte eine winkelmäßig verstellbare Möbelbürste.
DC19 hat vom Möbelsaugen starrere Vorstellungen – kein Gelenk erhöht hier die Flexibiliät, die Knickung ist Programm.
Lilagrünes Monster hatte weiters eine Bodendüse mit ausklappbarer Bürste, mit der sich sowohl Teppiche als auch Fliesen- oder Parkettböden abwechselnd saugen ließen, nur durch fröhlich fußbedientes Aus- und Einklappen der Bürste. Flapp-flapp, man wechselte geradezu vorsätzlich die Räume und Untergründe, nur um in den Genuss des Flappens zu kommen.
Die Flat-Out ™-Bodendüse des DC19 passt sich ja dem Bodenbelag automatisch an – wie genau, erfährt man allerdings nicht.
Zur zärtlichen Behandlung von Hartböden gibt es trotzdem eigens eine Hartbodenbürste (als Sonderzubehör erhältlich, Zuschlag erteilt), deren Bürste man dafür nicht wegklappen kann.
Man rennt also beim Saugen (natürlich nicht) ständig mit zwei Bodendüsen durch die Gegend, vielmehr grübelt man dauernd, wo man die gerade nicht benützte Düse nun wieder gelassen hat.
Es ist eine fast schon erwartungsgemäße Tatsache, dass sämtliche Schlauchanschlüsse, Zubehördurchmesser und sonstige Austauschmöglichkeiten zwischen lilagrünem Monster und DC19 eine Änderung erfahren haben, die die Weiterbenützung von altem Zubehör oder womöglich ganzen Schläuchen und Rohren unmöglich macht. Man könnte es auch als völlig fehlende Auf- und Abwärtskompatibilität bezeichnen.
Die Länge des ausgefahrenen Teleskoprohres auf lilagrünem Monster beläuft sich auf satte 110cm von Bürstenanschluss bis Haltekrümmung – beim DC19 hat diese Länge gute 15cm eingebüßt, was sogar ich mit meinen eher miniaturmäßigen 1,50m Körpergröße im Kreuz zu spüren bekomme, ganz abgesehen von der verminderten Erreichbarkeit diverser Spinnenzweckbauten unterhalb der Raumdecke.
Dafür gibt es am DC19 ein Sonderfeature: Ein sich in Funktion und Bestimmungsort maximaler Unklarheit erfreuendes Stück Plastikrohr, das sich nirgendwo andocken lässt.
Ich fand es zufällig beim Fotografieren der Säugeriche in der Garage. Es steht Dyson drauf. Konsultiert man dazu die Gebrauchsanleitung, stellt man fest, diese gefällt sich in piktographischer Zartlinigkeit mit grünlettrigen “clik”-Rufen an den vorgesehenen Knackpunkten, sowie in Gewimmel rot durchgestrichener Piktogramme, das seitenweise wiederholt darstellt, was alles man mit dem DC19 keinesfalls anstellen sollte.
Außerdem stellen die Garantiebestimmungen klar, dass die Garantieleistung keine Schäden umfasst, die durch Teile verursacht wurden, die “nicht gemäß den Anweisungen von Dyson zusammengebaut wurden”. Eine Anleitung zum korrekten ersten Zusammenbau sucht man allerdings vergeblich. Steht aber eh alles im Internet.
Hinweise auf das seltsame Plastikröhrchen liefert die Gebrauchsanweisung nicht.
Ebensowenig übrigens wie auf die Funktion der roten Schieber an der Unterseite der Flat-Out™-Bodendüse. Sind sie womöglich gar eine Art magisches Portal in die feinstaubliche Anderswelt? Man weiß es nicht.
Für sachdienliche Hinweise bin ich natürlich immens dankbar. Ebenso schließe nicht aus, dass das Problem, wie so oft, durchaus anwenderseitig zu suchen sein mag. Allerdings entspricht die oben gezeigte Montierung der Zubehördüsen tatsächlich genau den Angaben in der Gebrauchsanleitung und im Web.
Zuletzt ist noch zu sagen, dass die “besonders robuste” Ausführung des DC19 zumindest nicht das Teleskoprohr betrifft, dessen Oberfläche bereits nach dem ersten Sauggang beträchtliche Gebrauchsspuren aufweist. Aber pfeif auf die Optik!
Zitat James Dyson:
Bei gutem Design kommt es immer darauf an wie etwas funktioniert, und nicht nur, wie es aussieht.
Mhm, das sehe ich auch so. Meine persönliche Meinung nach dem Direktvergleich: Hier hat man, allen guten Vorsätzen zum Trotz, die ursprünglich nahezu perfekt gewesene lilagrüne Gebrauchstauglichkeit im Designrausch aus den Augen verloren.
Mein persönlicher Tipp: Die Geräte vor dem Kauf unbedingt in einem Laden vor Ort ansehen und an all ihren Ausgängen auf ihre Winkeltauglichkeit und Körpergrößen-Kompatibilität testen. Alternativ dazu muss man halt runde Räume bauen und bloß keine Möbel reinstellen. Daran muss man sich dann eben gewöhnen.