Ein Sonntag wie im Bilderbuch – wir fahren ins Waldviertel. Beim Anblick der ersten sanften, grünen Hügel, der ersten Nadelwälder, wird mein Lächeln breiter. Der Raps blüht auf gigantischen Feldern, die Sonne scheint und macht daraus ein gelbgrünes Meer. Der verklärte Blick findet sogar den Strommasten inmitten dieses Motives stimmig.
Ein Spaziergang im Wald, darin die immer noch grünen Überreste von abgeknickten Nadelbäumen, grotesk verteilt, als wären sie vom Himmel gefallen. Weiches Moos unter den Füßen, und ich achte darauf, keine der unzähligen Schlüsselblumen zu zertreten.
Später gehen wir an der Thaya entlang, am Ortsrand von Waidhofen. In einer Flussbiegung lädt ein warmer Fels mich zum Sitzen ein. Die Sonne blinzelt durch die Blätter, ich höre Vogelgezwitscher und ein wenig Wind in den Baumkronen, ab und zu plätschert ein Fisch durch die Wasseroberfläche. Meine Seele atmet auf. Wunderbare Ruhe erfüllt mich, und ich lasse mich mit Kraft aufladen.
Anschließend verzehren wir in einem Gasthof in Waidhofen ein herrliches Mittagsmahl – es gibt Rinderbraten, dazu zwei flaumige Waldviertler Knödel und ein mit Preiselbeeren gefülltes Stück Birne. Am Salatteller findet sich auch Löwenzahn.
Nach einer kurzen Fahrt genießen wir noch einmal die Sonne, am Ufer des Allentsteiger Stadtsees, jeder auf seine Art.
Es geht weiter zum eigentlichen Zweck der Fahrt: Die Teilnahme meines Mannes am NÖ Großkaliber-Cup im Pistolenschießen. Austragungsort 4 von 4: Ein kleiner Schießverein nahe Allentsteig. Für den Fall der Langeweile habe ich ein Kakuro-Rätselheft mit, aber ich brauche es nicht. Ich habe einen dieser wunderbaren Tage, an denen ich Smalltalk fließend spreche. Mit offenen Armen werden wir aufgenommen in diesem Waldviertler Verein, die Gespräche drehen sich nicht nur um den Schießsport und bewegen sich auf einem wohltuenden Niveau, sehr locker und zwischendurch auch derb, aber nie so, dass es mir unangenehm wird; zeitweilig sogar durchaus tiefsinnig.
Am Rückweg machen wir einen kurzen Abstecher, um im weichen Frühabendlicht über den Stausee Ottenstein zur Ruine Lichtenfels zu schauen.
Danach der Anblick des wunderschönen Kamptals und der Wachau, weich aussehende Felder, Weinberge in goldener Sonne, schließlich die mächtige Donau, und die weitere Fahrt entlang der Donau, wo die Straße gesäumt ist von mächtigen Auwäldern.
Mir fällt mein gemeinsamer Kurzurlaub mit meiner Freundin N. ein, vor einigen Jahren, als wir das Waldviertel ganz entspannt und recht ungeplant erkunden, von Geras über Karlstein an der Thaya, wo wir versehentlich die Burg betreten, obwohl diese in Privatbesitz ist, und uns später hinter den großen Toren eingeschlossen wiederfinden, umgeben von meterhoher Burgmauer. Man lässt uns aber, allerdings nicht ungerügt, wieder raus, und wir setzen unseren Urlaub fort, über Dobersberg, Waidhofen und Vitis bis zur Blockheide in der Nähe von Gmünd, um dort die berühmten Wackelsteine einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Ein paar herrliche Tage waren das.
Ich habe mich schon oft gefragt, wie Hunde durch Vererbung zu ihren Eigenschaften kommen können, etwa Schussfestigkeit, Apportiertalent oder ähnliches. Wenn ich aber im Waldviertel bin, glaube ich, selbst etwas körperlich geerbt zu haben, die Liebe nämlich zu diesem wunderschönen Stück Niederösterreich; von meinem Vater, der seine Kindheit dort verbracht hat. Ich habe diese Gegend selbst von Kindheitstagen an geliebt, mein Vater hat mich auf seine Handelsvertreterfahrten oft mitgenommen, und jeder einzelne Aufenthalt hat das warme Gefühl verstärkt.
Am besten beschreibe ich es, wenn ich, wie mein Vater, sage: Mir geht das Herz auf!