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Faust aufs Auge

Gleich und gleich gesellt sich gern, Gegensätze ziehen einander an. Also-wie-jetz-was-jetz? wie ich zu sagen pflege.

Mein mir rechtmäßig Zugemuteter, el querido und ich, wir passen wunderbar zueinander. Wir sind uns immer einig: Ob jemand nervt beispielsweise, wenn auch die Nervenbelastung auf meine Seidenfäden zumeist wesentlich stärker einwirkt als auf seine Drahtseile. Welche Partei wählbar ist. Dass unser Hund der beste der Welt ist. Dass wir es hier und jetzt sehr gut haben. Wir lachen über die gleichen Dinge.
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Dresscode: rural

Ich gebe niedere Empfindungen, wenn überhaupt, ja nur sehr widerwillig zu, aber in dem Fall bin ich wirklich vor Neid grün wie Spaniens Blüten. Im Fall der verehrten Frau Modeste nämlich, die sich auf wundersame, ja magische Weise eine Familienhochzeit erspart hat. Und meine beschriebene, naturkolorierte Untugend bezieht sich dabei wohlgemerkt nicht auf die zugegebenermaßen beneidenswerte, sehr charmante Erzählweise der Frau Modeste, sondern vielmehr auf den modesten Gewinn in der Schicksalslotterie.

Noch grüner bin ich, seit ich heute morgen in der Post die nachträgliche schriftliche Einladung zu einer Familienhochzeit fand, nachträglich deshalb, weil deren Stattfinden und Termin uns schon länger bekannt ist, und wir unser Beiwohnen bereits zugesagt haben:
‘Wir freuen uns, euch zu unserer Hochzeit, blabla, die am … um …, blabla, Festessen, blabla…’ So weit, so unspektakulär.

Dann jedoch bleibt mein Auge plötzlich auf einem ganz speziellen Satzfragment hängen. Weiterlesen

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Richtig und falsch

Soeben erscheint mir ein Schlüsselsatz, ein Puzzlesteinchen im Mosaik meines Welterklärungsmodells, wenn man so will. Er ist – wie so oft – eigentlich profan:

Hatte der englische Philosoph Thomas Hobbes im 17. Jahrhundert noch spekuliert, die eigentlich egoistischen Menschen hätten sich aus rationalen Erwägungen über einen ausgeklügelten ‘Gesellschaftsvertrag’ zusammengeschlossen, so lassen die neueren [Emotions-]Forschungen anderes vermuten. Das Unternehmen Menschwerdung mit all seiner Ethik und Moral hätte wohl nie stattgefunden ohne eine entsprechende Entwicklung sozialer Emotionen wie etwa Sympathie oder Mitleid.

Oft schon stellte ich mir in meinen Überlegungen zur Welt die Frage, ob der Mensch an sich ‘gut oder böse’ sei, oder vielmehr, ob ‘das Gut-Sein’ im Menschen angelegt ist oder eine künstlich geschaffene Instanz darstellt. Selbst auf mein innerstes Gefühl kann ich mich dabei nicht verlassen, ist doch mein Begriff von gut und böse zum einen nicht immer eindeutig, und zum anderen sehr wahrscheinlich auch nur das Produkt meiner Erziehung, meiner Religion, meiner Umgebung.

Oder doch nicht? Ist beispielsweise mein Mitgefühl für andere Lebewesen eine ureigene Charaktereigenschaft, die sich auch fernab jeglicher ethischer Maßstäbe entwickelt hätte?

Dass die Regeln für das Zusammenleben ja aus irgendetwas entstanden sein müssen, aus Emotionen, die bereits vor der Entstehung von Gesetzen – seien sie nun weltlicher oder religiöser Natur – Realität waren, das kam mir bisher aus unerfindlichen Gründen so nicht in den Sinn.

Zitat aus GEO 8/2006 – Emotionsforschung – Die Sprache der Gefühle – Dr. Franz Mechsner

OT: Außerdem großartig in dieser Ausgabe: Die Bilder zu “Biominerale: Mit dem Dreh der Natur”. Wunderschöne, großformatige Elektronenmikroskop-Aufnahmen von Bio-Baumaterialien wie dem von Muscheln, Tintenfischen oder Seeigeln.

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Beim Schachtelwirt

Unlängst bei einem geschäftlichen Treffen beim Junkfoodprovider McD – ja, geschäftlich, auf den Tischen dort kann man wunderbar Akten ausbreiten – beobachtete ich folgende Szene:

Ein Baby, etwa sechs Monate alt, sitzt auf Opas Schoß und erkundet neugierig die Umgebung. Entschlossen greift es sich eine Burgerschachtel und beginnt, daran herumzukauen.

Mein Fazit: Das Kind hat bereits im zarten Alter begriffen, wofür andere ein halbes oder ganzes Leben brauchen.

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Schongang

Ole schrieb letztens sehr treffend:

Die Hitze […] lässt die Hirnwindungen in apathische Starre fallen. Alles ist im Fluss, nur nicht die Gedanken. Und wenn, dann nur seltsame.

Stimmt. Als ich unlängst auf der Luftmatratze im Pool dahindümpelte, dabei von einer Ecke zur anderen trieb und immer wieder vom Poolrand weggestoßen die Richtung wechselte, dachte ich: ‘Ich bin sowas wie ein Windows-Bildschirmschoner. Nur nackter.’

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Drehwurm – die Lösung

Folgendes habe ich in der letzten Woche festgestellt: Wenns einen dreht, dann geht gar nix mehr. Es war mir mit meinem Drehschwindel unmöglich, mich länger als fünf Minuten auf irgendwas zu konzentrieren. Ich konnte nicht arbeiten, nicht fernsehen, nicht lesen, nicht geradeaus denken – von stehen und gehen ganz zu schweigen. Einfach nur rumliegen ist aber für den Kreislauf auch nicht das Wahre, das senkt meinen Blutdruck nur noch weiter, der ohnehin schon so niedrig ist wie afrikanische Wasserpegel im Sommer.

Also habe ich das allwissende Internet befragt, und siehe da – ich ward fündig! Das Problem heißt:
Gutartiger anfallsweise auftretender Lagerungsschwindel. Man kann auch ‘benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel’ sagen, klingt komplizierter, ist aber das selbe.
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Drehwurm

Bin seit voriger Woche krank. Meine Drüsen am Hals sind geschwollen, ich fühl mich matt, und was das mieseste ist: Mir ist schwindlig. Besonders wenn ich mich nach rechts wende oder sonstwie plötzlich meine Lage verändere – dann drehts mich wie nach 20 Tequila auf nüchternen Magen, inklusive dem Versuch, die Schwerkraft mit den Augen wieder einzufangen.

Naja, wenigstens ist es ein billiger Rausch.

Trotzdem muss ich jetzt was arbeiten. Ich hoffe auf höhere Konzentration meiner selbst in mir als letzte Woche.

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Lustiges Pfannensingen (II)

Schön, dass Gunnar seine Versuche zum Hecheln und Summen gleich zum besten gibt. :) Das Huhu könnte etwas kräftiger ausfallen; da sollte noch viel Luft von den Stimmbändern weg, den ‘Gesangsmodus’ ausschalten, nur rufen mit Atemstütze.

Peinliches Beispiel gefällig?

      Etosha huhut

Es muss aber beim männlichen Huhuer nicht so hoch ausfallen. Bei der Gelegenheit fiel mir auf, ich huhue generell in Terzen. *g*

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Nun zum versprochenen Teil 2: Weiterlesen

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Lustiges Pfannensingen (I)

Singen, wie geht das? Jeder kann es, die wenigsten trauen sich. Aber wer sprechen und rufen kann, der kann auch singen! So vermeldete ich in Nachtschwesters Kommentaren. Simple Anleitungen gibts im Netz kaum – alle wollen sie ihr Wissen zu Geld machen. Bei mir kriegt ihr es geschenkt.

Ich bin keine Operndiva und auch kein großer Star. Ich singe Pop- und Rockmusik, das kann ich ganz gut und bin in meinen Tönen recht treffsicher. Aber vor allem: Es macht mir sehr viel Spaß! Es ist emotional befreiend und sehr meditativ.

Ich habe euch eine Anleitung zusammengestellt, von der ich mir vorstellen könnte, dass sie euch eine gute Basis liefern kann. Andere Sänger mögen manches anders sehen, auch singen ist eben subjektiv. So kann jemand als hilfreich empfinden, was andere schwierig und sinnlos finden. Absolute Wahrheiten finden sich hier also nicht. Dies ist auch keine Anleitung zu klassischem Gesang, sondern ein wie ich glaube recht simples Training des Gesanges für den Lagerfeuer- und Hausgebrauch. Bei Unklarheiten bitte nachfragen – in schriftlicher Form ist das Unterfangen naturgemäß etwas schwieriger als persönlich.

Zum Beginn ein bisschen Magie: Sag sehr überzeugt den Satz „Ich kann singen!“ Klingt nicht überzeugt? Dann versuchs nochmal! Präg dir seinen Klang ein.

Danach sag niemals wieder „Ich kann nicht singen“!

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Gut, jetzt erstmal ein paar körperliche Voraussetzungen: Weiterlesen

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Vom Zauber des Moments (II)

strgz Jeder, der schon mal das Bedürfnis hatte, im Programm des Lebens einen Mausklick auf Bearbeiten-Rückgängig auszuführen – aus dem Wunsch heraus, im Nachhinein verändern zu wollen, was nicht mehr veränderbar ist – kennt das Gefühl, dass die Uhr sich nicht zurückdrehen lässt, dass getane Dinge geschehen bleiben.

Aber hattet ihr dieses Gefühl schon mal nach schönen Erlebnissen? Die Empfindung, dass all die wunderbaren Momente unwiederbringlich sind, für immer verloren in der Flut mehr oder weniger nebliger Erinnerungen, die wir unsere Vergangenheit nennen?

Einige technische Errungenschaften sind der profane Ausdruck dieser verzweifelten Sehnsucht nach dem Gestern, all die Tonbandgeräte, Fotoapparate und Videokameras ein kläglicher Versuch, den Augenblick zu bannen. Wir denken kaum jemals darüber nach, doch jede CD, die wir heute hören, jeder Film, den wir ansehen, ist ein geistiges Enkelkind dieser ursprünglichen Sehnsucht, gefühlsintensive musikalische oder szenische Momente für die Ewigkeit festzuhalten und wiedererleben zu können.
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