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Und weg

Ich begebe mich wieder mal nach Madeira, diesmal gemeinsam mit meiner Mama. Bei meinem letzten Urlaub dort dachte ich bei jeder zweiten Blüte an sie und wie gut ihr das alles gefallen würde – also nehm ich sie diesmal einfach mit.

Häuser und Hunde werden gehütet, El Reisehase und mein Fotozeug liegen im Koffer Nase an Nase, und ich hasse Kofferpacken immer noch. Warum findet man all die praktischen Dinge ausgerechnet dann nicht, wenn man wegfahren will? Gibt es eine dem menschlichen Auge verborgene Dimension der praktischen Dinge, in der Dreifachministecker, Schaumgummiobjektivschoner und Getränkehalter gemeinsam mit vermissten Pinzetten, Hüten und Schlüsselbändern Party machen?

Warum denke ich nicht früher daran, den neuen Koffer zu bestellen, den ich schon seit Monaten begehrlich beäuge? Wozu hab ich stets den guten Vorsatz, nur das Allernötigste mitzunehmen, wenn dann doch immer dreimal so viel Zeug in den Koffer soll, wie ohne die Hilfe eines Sumoringers hineinpasst? Warum sind DSLRs und ihr Zubehör so ungemein platzhungrig? (Und so SAUSCHWER?) Mit dem Auto verreise ich lieber: Kofferraum auf, Zeug rein, Kofferraum zu – alles dabei. Sogar der Hund. Aber so verbringe ich immer Stunden in stiller Meditation darüber, wieviele Westen ich am besten auf die Reise anziehe, damit ich sie nicht im Koffer unterbringen muss, nur um dann im Urlaub mit einer geradezu lächerlichen Menge an Kleidungsstücken auszukommen – nur dass ich vorher nie weiß, welche das sein werden.

Ich wünsche euch einen schönen Rest-Mai und werde euch gelegentlich einen schönen Gedanken schicken, wenn ich von der Terrasse unseres 135m²-Apartments auf den Atlantik schaue.

BisBald
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Kroatien 6

• Es macht mir Spaß, unversperrte Schränke nach Brauchbarem zu durchwühlen.

Das ist nicht meine Schuld! Er hat mich animiert. Zu meinem Appartment und jenem nebenan gibt es einen gemeinsamen Vorraum, darin befindet sich ein großer Schrank, auf dem im Leuchtschrift steht: “Durchwühl mich!” Die Gastgeberin sammelt dort offenbar alles, was die Gäste so liegengelassen haben. Beute: 2 Rollen Klopapier, 1 Flasche Shampoo, Flüssigseife und Spüli. Die Waage zwischen Zugeteilt und Erhalten schlägt sozusagen zu meinen Gunsten aus, und das gefällt mir.
Ich staune, wie stark ich mich bremsen muss, um den Schrank nicht aufzuräumen. Der auf allerlei hinterbliebenen Dingen in recht schräger Lage abgestellte Teller mit Kristallzucker bereitet mir dabei besondere Probleme.

• Ich hasse Becherovka immer noch. Selbst wenn er nach dem Essen aufs Haus daherkommt.

• Zauber der Technik: Nicht jedem, der versehentlich eine Taschenlampe zerlegt, erschließt sich die Funktionsweise des Schalters derselben auf Anhieb.

Und auch nicht auf den zweiten Blick. Manche Dinge bleiben einfach kaputt, auch wenn’s den technisch nicht ganz unbegabten Menschen schmerzt. Dabei war gerade diese Taschenlampe aufgrund ihrer farblichen Abstimmung auf das Auto (vulgo: “blau iss hoid”) besonders heilig.

• Das Sackerl fürs Gackerl eignet sich für die Hinterlassenschaften eines meerwasserdurchspülten Hundes nur bedingt.

• Der Kauf eines neuen Autoradios vor dem Urlaub ist kein Garant für Sound im Auto.

Irgendein elektronisches Ungleichgewicht, wie etwa ein Warnblinken der Innenraumbeleuchtung wegen offener Heckklappe (mein Auto ist recht mitteilsam) – und der Radio spielt nicht mehr. Also, genaugenommen spielt er schon, er tut zumindest so, auf allen Quellen sieht man ihn munter Sekunden runterzählen oder Frequenzen anzeigen – nur hört man leider nix. Und das am Tag 5 des Urlaubs.

• In Kroatien gibts echt oage Viecher.

Tarnen und Täuschen

Kreative Tarnung im Gräserwald. Aber auch der Schilderwald ist kreativ.

Servierkörper ahead!

Fotografieren ist am schönsten, wenn man dafür viel Zeit hat… und der Magen mit einem schönen, gebratenen Fisch beschäftigt ist. Manchmal will der irrtümliche Becherovka sich zwar einmischen, aber ich lasse es einfach nicht zu.

Zeit haben

Geistesgegenwart gehört allerdings trotzdem dazu. Bei einer Wanderung zur Inselspitze verlässt sie mich nach einem Selbstauslöserbild kurz – man ist ja manchmal einfach irgendwo da draußen mit seinen Gedanken – schon entfleucht die Kamera meinen Händen, und ein kroatischer Fels schlägt mir ein kleines Cut in das Display meiner G11. Aua. Kurz vorher sehe ich noch ein wenig fröhlicher aus.

An der Inselspitze

Auf der Terrasse gefällt es uns, und wie ich Freundin A. schon per SMS mitteilte, ist es nicht sonderlich furchtbar, für sie hier einen Artikel über Halloween zu schreiben.

Nicht der schlechteste Arbeitsplatz Terrassegucken

Das Knipsen von der Terrasse aus wird langsam zur lieben Gewohnheit. Urlaubende Menschen haben ja Zeit für sowas, während unten ein anderer Zeithaber dankenswerterweise ein ganzes Weilchen sehr ruhig sitzenbleibt.

Langzeit mit Zeithaber
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Kroatien 5

• Manchmal ist man ohne Beifahrer besser dran.

In Lun gibt’s ja so gut wie nix. Vor allem keinen Bankautomat. Daher fahre ich einige Male zwischen Lun und Novalja hin und her, eine 20 Kilometer lange Landzunge, hügelig, aber nur ganz leicht kurvig, die pure Fahrfreude. Und finde es jedes Mal gut, dass niemand neben mir sitzt, der vor jeder Kurve zu brüllen pflegt: “Wir werden alle steeerben!”

Novalja-Lun

Auf einer dieser Rückfahrten Richtung Lun ist es schon dunkel, und ich fahre irgendwo im Nirgendwo zwischen Steinmauern, Schafweiden und Olivenbäumen entlang. Draußen auf der nächsten Insel sieht man Blitze in den Wolken, über mir ein Sternenhimmel wie aus dem Bilderbuch. Kamera und Stativ sind dabei, also halte ich am Straßenrand, um die Szenerie per Langzeitbelichtung festzuhalten. Ich baue unbekümmert auf, schalte dann alle Autolichter ab und löse einige Male aus, jeweils 15 Sekunden lang. Die Kamera starrt Richtung Gewitter und ich in die unfassbar klare Milchstraße.

Plötzlich vernehme ich unmittelbar neben mir im hohen Gras ein Rascheln wie von einem großen Tier. So gelassen ich gerade noch war, so panisch bin ich auf einen Schlag. Ich schnappe mein Zeug, stopfe das noch ausgefahrene Stativ quer ins Auto, verfluche mich für meine Unbekümmertheit und flüchte quietschenden Reifens aus dem dunklen Nirgendwo. Der Slapstick, der mein Leben ist, Volume 954.

Die fotografische Ausbeute ist im Vergleich zum buchstäblich atemberaubenden Originalerlebnis ausgesprochen bescheiden, daher hier kein Beweisfoto.

• Wildes Pinkeln gestaltet sich in einer Mondlandschaft schwierig, weil die Bäume so weit auseinanderstehen.

Hinter Caska

Aber die kleine Reise lohnt sich, in Caska ist es nett und entspannt. Ein langer Strand, an den man direkt zufahren kann, kein Hundeverbot, zwei gemütliche Lokale direkt am Wasser. Dort macht es sich auch bezahlt, dass ich wenigstens einen kroatischen Satz sagen kann: Možete to napisati? Können Sie mir das aufschreiben? So komme ich zu einer weiteren Erkenntnis:

• Die Gruppe Parni Valjak macht echt gute-Laune-Musik.

(Zu deutsch: Dampfwalze. Aufgelöst 2005. Schade eigentlich. Lieferten eine schöne Urlaubsuntermalung.)

Ausflüge mit vielen Such- und Umkehrmanövern machen den Hund mürbe, denn alles, was er will, ist am Wasser sein. Wenn er dann endlich mal an einem Strand ist, möchte er dort auch bleiben. Wenn nötig wird Widerstand geleistet. Ich will Cindy nur animieren, mit mir ein kleines Stück vom Strand weg zum Restaurant zu gehen – zum Wassertrinken, schließlich will ich nicht wieder den Anblick eines halbtoten, aufgeblähten, salzverkrusteten Hundes über mich ergehen lassen. Aber Cindy kommt nicht mit zum Wassertrinken. Sie setzt sich am Strand auf ihren Hintern und streikt. Selbst liebevolle, motivierende Zurufe wie “Jetz sei net so stur heast!” überzeugen sie nicht. Doch das unmittelbar benachbarte Strandpublikum ist begeistert – lachende Gesichter, wohin ich schaue.

Cindy, stur
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Kroatien 4

Weiter gehts auf meiner erkenntnisreichen Reise.

• Ein Gummiball entwickelt im Kontakt mit Salzwasser und Hundezähnen einen Schaum, der den daranhängenden Hund etwas tollwütig aussehen lässt. Kinder halten Abstand.

Praktisch.

• Ein Hund, der beim Spielen zu viel Salzwasser geschluckt hat, sieht hinterher aus, als würde er gleich sterben.

Cindy, halbtot

Trotzdem hört der Hund nicht auf, er muss mit Gewalt gestoppt werden, weil er sonst so lange den Ball aus dem Wasser holen würde, bis er tatsächlich stirbt. Stürbe. Sterbat. Wie auch immer.
Stoppt man ihn, kurz bevor er stirbt, und versteckt den Ball, dann erhält man einen Hund mit aufgeblähtem Bauch und geröteten Augen, die er kaum offenhalten kann, der bei jedem Ausatmen erbärmlich zittert und literweise Süßwasser trinkt, das er nicht halten kann. Aber dazwischen setzt er immer wieder zum Aufstehen an – um den Ball zu suchen.

• Ein Hund lässt sich viel leichter duschen, wenn man mit ihm duscht.

Nur weil Cindy eine Wasserratte ist, bedeutet das noch lange nicht, dass sie sich auch gerne duschen oder baden lässt. Wasser, das von oben kommt, ist nämlich ganz falsch. Aber wenn ich bereits in der Dusche bin und sie rufe, kommt sie tatsächlich nach einiger Zeit freiwillig nach! Nicht begeistert, aber freiwillig. Jedenfalls ist es viel einfacher als daheim, in der Badewanne.

Die Abende vergehen mit Kochen, Essen, Knipsen von der Terrasse…

Von der Terrasse Mein Zuhause

Von der Terrasse

… Füße Hochlegen und Lesen.

• Die kroatische Geschichte ist ebenso lang wie kompliziert.

Fernsehen im Urlaub muss nicht sein, ist aber manchmal auch ganz nett. Daher noch ein Wort zur Abendgestaltung:

• Von Untertiteln wird man bei Rigoletto auch nicht schlauer, insbesondere von polnischen.

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Kroatien 3

Nach meiner Nacht auf dem Rücksitz unterm Olivenbaum wirds höchste Zeit, eine angemessene Unterkunft zu finden. Der Tag ist jung, ich kann also in Ruhe ein Nest nach dem anderen besichtigen, wobei der motorisierte Tourist generell dazu neigt, denkwürdige (i.e. halsbrecherische oder aber jämmerliche) Umkehrmanöver vor den Augen einer belustigten Einwohnerschar hinzulegen.

In Mulobedanj gefällt es uns. Da gibts einen hübschen Wald am Strand entlang, durch den ein weich gepolstertes Wegerl führt, ein paar Schilder mit den Zauberworten “Sobe / Apartmani” und zumindest einen Einwohner, der mir bei meinem Umkehrmanöver der Kategorie ‘jämmerlich’ helfend zur Seite steht, freundlich, breit grinsend und in bestem Deutsch.

Doch meine Niederlassbereitschaft wird jäh durchkreuzt. Im einzigen Restaurant im Ort, direkt am Wasser in geradezu romantischer Lage, in dem ich ein feudales Frühstück einzunehmen gedenke, finden sich gleichzeitig mit dem Tablett hunderte Wespen ein, fallen über mein Brot her, meinen Tee und die ihm eigentlich innewohnen sollende Zitrone (wenn ich nur hingreifen könnt!), und als ich auch noch eine Miniportion Marmelade öffne, wird schnell klar, wer hier der Eigentümer der Welt im allgemeinen und dieses Frühstücks im besonderen ist.

Invasion in Mulobedanj

Die Marmelade mache ich zur Opfergabe und verdrücke hinter dem Rücken der Wespen ein halbes Brot mit Honig, fühle mich dabei aber gleichermaßen betrogen und beklommen. Die Erkenntnis des Tages lautet daher:

• Die kroatische Wespe liebt Marillenmarmelade mehr als Honig – genau wie ihre Verwandtschaft.

Eine Woche lang mein Frühstück auf diese Weise zu verbringen erscheint mir wenig verlockend. Also weiter in der Nestersuche.

Eigentlich nur noch pflichthalber, weil ich doch schon so weit gekommen bin, fahre ich noch bis zum nördlichsten Zipfel der Insel Pag, nach Lun, und siehe da – dort isses richtig nett! Wäre man bösartig, könnte man behaupten, Lun wäre der Pickel am Arsch der Welt, aber ich persönlich bin ja für meine Gutartigkeit bekannt. Es gibt dort drei Restaurants, ein Tourist-Büro, einen Minimarkt und einen kleinen Hafen.

Lun / Tovarnele

Test- und sicherheitshalber öffne ich dort einen Marmeladentiegel und warte einige Sekunden, doch nichts passiert, obwohl Mulobedanj nur ein paar Kilometer hinter mir liegt. Die stacheltragenden Hautflügler sind mir nicht gefolgt. Das gefällt mir, und ich beziehe ein Appartment in einem Haus direkt am Meer, stehe auf meiner Terrasse, von der aus ich bis Rab und Cres schauen kann, und fühle mich wie die Königin von Pag. Ich habe hier ein Schlafzimmer, eine große Wohnküche, ein Bad und eine große Terrasse.

Insgesamt ist das mehr Platz, als ich alleine je verbrauchen könnte, obwohl ich ihn mit la Hund und el Reisehase teile.

El Reisehase auf der Terrasse

Und mit ein paar einheimischen Insekten.

• Ein Tausendfüßler, der zum Zwecke der fotografischen Festhaltung mittels Taschenlampe beleuchtet wird, läuft gar schnell in sein Wohnloch in der Wand.

(Man visualisiere an dieser Stelle ein verdutztes Etoshagesicht.)
Dafür finden sich andere posierwillige Tierchen. Die finden sich bei mir immer, wie der aufmerksame Leser weiß.

Urlaubsrowanze

Dieses Tier wird nach meinem Urlaub von meinem Freund A. anhand der Fotos fachmännisch beurteilt und sodann mit einem klingenden Namen versehen: “Urlaubsrowanze”.

Die Sonne sinkt, und ich verliebe mich in die Aussicht von meiner Terrasse.

• Dem faulen Fotografen ist die Terrasse aufs Meer eine Insel der Glückseligkeit.

My terrace is my castle
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Kroatien 2

Bei Razanac kommen wir dem Meer erstmals nahe genug, um traditionsgemäß überprüfen zu können, ob das Wasser überhaupt noch ordentlich salzig ist. Cindy freut sich sichtlich darüber, dass sie ihre Beine nach so langer Fahrt wieder benutzen darf. Sie will gar nicht mehr zurück ins Auto. Kann’s ihr nicht verdenken. Dass das Wasser salzig ist, schmeckt ihr weniger.

Razanac

(Im Hintergrund übrigens der im ersten Teil allgemeinbildungsstandtechnisch beanstandete Velebit. Der Gebirgszug. In Kroatien. ;P)

Nicht immer darf Frau Hund mit aussteigen, wenn ihr Frauchen schon wieder quietschenden Reifens und staubenden Straßenrandes anhält, um ein Foto zu machen, so wie hier vor der Überquerung der Brücke auf die Insel Pag.

Paski Most SONY DSC

Wir sehen uns auf der Fahrt über die Insel die verschiedensten Nester an, klein an Wuchs und groß an Zahl. Manche sind auch groß an Wuchs, die sind aber klein an Zahl. Zumindest auf Pag.

• Auf allen schöneren Stränden steht eine Tafel “Hundeverbot”.
Dabei sind sämtliche Hundebesitzer, die ich im Laufe dieses Urlaubs beobachte, peinlichst darauf bedacht, die Hinterlassenschaften ihres Hundes wegzuräumen und in übermäßiger bis geradezu schon lächerlicher Manier den Hund zu bestem Benehmen anzuhalten.

• Alle Kinder wollen gern mit meinem Hund spielen.
Besonders am Strand.

Doch das Gefühl “Hurra, hier bleib ich” stellt sich nirgends so richtig ein – auch dank der Hundeverbotsschilder. Eher das Gefühl “Shit, jetzt geht die Sonne bald unter”. Das ist der effektiven Zimmersuche nicht zuträglich, weiß man doch nicht, wenn man sich bei völliger Dunkelnis wo einmietet, neben welcher einer Freiluftdiskothek benachbarten Deponie für medizinischen Sondermüll man am nächsten Morgen zu erwachen droht.
Die Sinnesfreuden des Schauens und Staunens fördert die sinkende Sonne aber umso mehr. Die Stadt Pag im Sonnenuntergang ist eine Offenbarung. Als es schließlich tatsächlich dunkel wird, befinde ich mich gerade in einem weiteren kleinwüchsigen Nest namens Mandre. Fotografieren ist ja auch weitaus wichtiger als eine Unterkunft zu finden.

Pag-Stadt Mandre

Nema vese. Auf dem Rücksitz meines Autos schläft es sich erfahrungsgemäß ausgezeichnet. Nach einem langen nächtlichen Spaziergang durch Mandre parke ich auf dem Parkplatz neben dem Dorfwäldchen unter einem Olivenbaum. Die Stille wird nur durchbrochen vom Zirpen der Zikaden und von Cindys exzessivem Geschnarche. Ich schlafe wie ein Baby.

• Vor dem Einmummeln in den Schlafsack, einem Vorgang, dem ja eine gewisse Endgültigkeit innewohnt, immer daran denken, die Schnapper für die Sicherheitsgurte unter dem Rücksitz zu versenken.

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Kroatien 1

Zu Reiseberichten muss ich mich immer ein bisschen durchringen. Nicht, dass sie mir keinen Spaß machen würden. Doch es fällt mir schwer, Bilder auszuwählen oder Ereignisse herauszupicken, wo mir doch alles gleichermaßen interessant und erzählenswert erscheint – es erscheint mir zumindest so lange so, wie mir mein Erinnerungsvermögen überhaupt irgendwelche Erscheinungen beschert.

Meine Reiseaufzeichnungen vor Ort habe ich diesmal in neuer Form geführt. Mir wurde nämlich bewusst, dass ich jeden Tag etwas dazulerne, auch wenn es noch so trivial scheint. Der Mensch glaubt ja gerne von sich, er würde langsam auf den Tag seines Nimmerseins zuknöchern und sein Gehirn würde dabei, seinen Hüftgelenken nicht unähnlich, immer unflexibler, knorriger und auch verblödeter werden, aber das stimmt gar nicht. Hüftgelenke verblöden nicht. Wir haben neue Erkenntnisse, und die beherzigen wir auch und setzen sie in unserem Leben um, jeden Tag. Daher habe ich auf Reisen eine Liste geführt, die den hochtrabenden Titel “Erkenntnisse des Tages” trägt. Daneben steht in meinem Notizbüchlein noch “AHAAA! :)”, falls das jemandem relevant erscheint. Ich bin eben ein verspieltes Mäderl.

Diese Erkenntnisse werde ich mit euch teilen. Mir ist dabei freilich bewusst, dass das Lesen fremder Erkenntnisse nicht annähernd so effektiv ist wie das Selberhaben, und ich hoffe, euch auch. Falls euch also plötzlich danach ist, aufzustehen und hinauszugehen in die Welt, um Erkenntnisse zu sammeln – ich halte euch nicht auf! Lesen könnt ihr auch später noch.

Manche Erkenntnisse werde ich näher erläutern und auch Fotos dazupinnen, die dazu mehr oder weniger passen oder auch gar nicht, und wir schauen einfach mal, wohin uns das führt, in Ordnung?

Wir beginnen am Anfang. Das ist Tradition und gehört sich so. Der Urlaub beginnt mit der Hinfahrt.

• Polarisierte Sonnenbrillen haben nicht nur reinen Spaßwert.

Bisher beschränkte ich mich ja darauf, mich mit meiner Polbrille an kontrastreicheren Wolken zu erfreuen, an Fischsichtungen durch spiegelfreie Wasseroberflächen und an den lustig bunten Spannungslinien in den Heckscheiben fremder, ahnungsloser Menschen. Weil sich auf der Fahrt Richtung Süden das schwarze Armaturenbrett von der aufs heftigste runterknallenden Sonne aber so stark aufheizt, decke ich es mit einem weißen Handtuch ab. Erst als ich meine heilige Brille zwischendurch mal abnehme, stelle ich fest, dass ich ohne sie so gar nicht fahren könnte. Dank Polbrille: keine weißen Frotteespiegelungen in der Scheibe. Brille ab – keine Sicht! Brille wieder auf – alles gut.

Sicht ohne Polbrille Sicht mit Polbrille

• Der kroatische Polizist ist schnell auf dem Plan, wenn eine Unbekannte in seinem Revier auftaucht.

Ich fahre spontan vor dem Velebit von der Autobahn ab, um mir die Gegend anzuschauen, weil sie so wunderschön aussieht. Orangegelbe Felder vor den blauen Bergen will ich fotografieren, aber ich finde Häuserruinen. Ich liebe Häuserruinen mehr als Felder und Berge und will ein paar Fotos machen. Doch kaum bin ich ausgestiegen und pinkeln gegangen, ist es auch schon da, das Auge des Gesetzes, es sitzt auf einem Motorrad! Das Auge dreht eine Runde um mich und den Hund herum, nickt und verschwindet wieder um die Ecke. Das Brummen des Motorrads allerdings höre ich noch minutenlang.

Hausruine Hausruine

• Der gemeine kroatische Bodendorn sticht problemlos durch Crocs und arbeitet sich so auf überaus garstige Weise zur sprachlosen Fußsohle vor.

Das wusste ich schonmal, habs aber wieder vergessen. Gut, wenn man sich solche Dinge aufschreibt.

• Wenn man ohne Zimmerbuchung nach Kroatien fährt und vor Ort entscheiden will, wo’s einem gefällt, sollte man schon morgens eintreffen, nicht erst mittags.

Der Tag ist kurz, die Wege lang, und die wirklich aufschlussreichen sind mit dem Auto nicht befahrbar, sie führen schmal und per pedes zwischen Hecken, Olivengärten und Schafweiden hindurch.

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Urlaub?

Eventuell ist Balkonien ohnehin die beste Wahl. Oder Terrassien, in unserem Fall. Ich habe letzte Woche mal versucht, uns für September eine Woche in xy zu finden, egal, Hauptsache Meer, Frühstück, Billard und Tischtennis… und stellte fest, das ist höchst kompliziert. Was, wenn ich nicht den ganzen Tag bespaßt werden will? Offenbar sind die Bespaßer des Morgens in der Küche tätig, anders kann ich mir nicht erklären, dass man kaum ein Hotel ohne Animation, aber mit Frühstück findet. Ich möchte weiters am Abend nicht unter der Beschallung durch tieffrequente Schläge, die aus sowas ähnlichem wie Lautsprechern emittieren und mit etwas gutem Willen eventuell gar einer Musikrichtung zuzuordnen wären, meiner Nachtruhe entgegenharren. Kurzum, ich bin ein Langweiler, der’s auch im Urlaub ordentlich langweilig haben möchte. Ist das zu viel verlangt?

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Budapest, der Klobericht

Städtereise, man kennt das.
Man sieht sich die Innenstadt an, IMG_1617 das Parlament am Fluss, oh, oh!
Das Schloss auf dem Berg, was für ein DSC08330e Panorama über die Stadt, ah, ah!

IMG_1699c Große Statuen, IMG_1654c prächtige Synagogen,

DSC08402ee
Touristen, die einem beim Fotografieren ständig ins Bild laufen, Farbwechselspiele auf Gebäuden, die sich just dann ausschalten, wenn man endlich um 22:31h an der richtigen Stelle für ein Foto angekommen ist, was einen jäh daran erinnert, welch ein Potential für ziellosen Zorn doch in einem steckt.

Doch keinem Reisenden ist es je gelungen, seine Körperfunktionen für die Dauer seines Fremdstadtbesuches einzustellen, wiewohl so mancher mit einer gewissen Verstopfung ankommt und mit einem gewissen gegenteiligen Effekt wieder abreist. Und so muss der Reisende auch in der fremden Stadt den einen oder anderen Lokus von innen besichtigen.

Das erste Exemplar, das ich von innen sah, war das des Café de Paris (oder so ähnlich). Der Vorraum war so schummrig beleuchtet, dass man es weder Beleuchtung nennen noch die Hand vor Augen erkennen konnte, geschweige denn sein Gesicht im daher völlig redundanten Spiegel. Wie ich ungefähr aussehe, weiß ich auch so. Der Klobrille war unter langjähriger Touristenbelastung ihre Montierung entfallen, und sie bewegte sich auch so, sagte das aber vorher nicht, was mir dann auch die merkwürdig jauchzenden Geräusche erklärte, die der Dame vor mir hinter verschlossener Tür entfahren waren. Es gab kein Papier, aber ein Display an der Klowand, auf dem gerade ein Fußballmatch zu sehen war. Ein klassisches Damenklo eben.

Auf dem nächsten war zwar die Klobrille fest montiert, aber kein Licht, was sich durch die vertiefte Lage im Keller auch durch Außenlicht nicht kompensieren ließ. Da ist man auf gewohnte Handbewegungen angewiesen. “Dialog im Dunkeln” ist ein Dreck dagegen.

Das danach punktete mit grellem Licht, dafür konnte man die Tür weder versperren noch richtig verschließen, was mir ungewohnte Einblicke in die Händewaschgewohnheiten der Damen und einen ordentlichen Schreck bescherte, als ich mich, sitzend, jäh einem kleinen Bürschlein gegenübersah, stehend und offensichtlich schon in rechter Not, hatte er doch die Hose bei den Knien und letztere seltsam ineinander verschränkt.

Auf einem Klo war ich unversehens mit meinen eigenen Knien beschäftigt. Im Sitzen war so wenig Platz für die Beine, dass sogar ich mit meiner doch eher lächerlichen Körpergröße mich zwischen Muschel und der kahlen Wand gegenüber verkeilte. Doch wenigstens saß man hier stabil.

Auf dem Ausflugsschiff ist eine ganz normale Toilette aus Keramik, was man – wenn die einzigen Boote, die man in den letzten Jahren betreten hat, Segelboote waren – doch irgendwie seltsam findet. Wenn allerdings auf dem Weg zur Klotür Gegenverkehr herrscht, muss man reversieren, denn der Grat zwischen Reling und Tür ist gar schmal. Auch gilt es, sich der Tür mit Argwohn zu nähern, denn geht sie zu plötzlich von innen auf, läuft man Gefahr, dem Besuch der Pipibox ein spontanes Bad in der Donau vorzuziehen.

Häufig muss man für die Verrichtung der Notdurft einen Notgroschen bei sich haben, bzw. einen Notforint, oder besser noch hundert. Hat man nur sechzig, wird man nicht vorgelassen, sondern schief beäugt und laut begrantelt. Die drei Münzen, die bei der Klodame nicht den erwünschten Effekt zeigten, weil es fünf hätten sein sollen, musste ich mir mit Gewalt wiederholen. Am liebsten hätte ich ihr lächelnd auf die Schuhe gepisst.

Auch in Cafés, deren WC er freundlich fragend zu benutzen trachtet, wird der blasenschwache Mensch seines Geldes erleichtert, wenn er es denn zulässt. Gratis pinkeln darf nur, wer auch was trinkt, werde ich belehrt. Begreifen diese Menschen denn nicht, dass man dann ja erst wieder pinkeln muss? Will man mich in ein endloses Spiel des Trinkens und Pinkelns verwickeln, um so die Entfaltung meines restlichen Lebens zu verhindern? Nein, rufe ich da der Welt der Cafés zu, nein und nochmals nein! Ich muss mein Geld auch auf ehrliche Weise verdienen.

Das Mobiklo gegenüber im Park war gratis, ätsch. Doch es hatte darin geschätzte 70 Grad.

Vor dem letzten Lokus musste ich erst einen Tisch, der sich mir in den Weg warf, ein Stückchen nach rechts rücken, um die geheiligten Hallen überhaupt betreten zu können – sonst hätte sich die Tür, die nach außen aufging, nicht öffnen lassen. Der Abstand zwischen den beiden Türen zum Damen- und zum Herren-WC war zu kurz für diesen Tisch, oder der Tisch war zu lang, wie auch immer. Aber mir war’s egal, das Klo war gratis! Ich hatte ja auch was getrunken, Saft und Suppe!
Die Damentoilette war perfekt ausgestattet. Dieses Klo ließ sich versperren. Da war Papier, Licht, ein Duftkörbchen, Seife und wunderschöne Fliesen aus Naturmarmor. Dafür war ich nach verrichtetem Geschäft gute drei Minuten damit beschäftigt, das Schloss der Innentür wieder aufzukriegen. Es waren lange drei Minuten. Danach stellte sich mir die nächste Tür entgegen, und ich musste die Tür mitsamt dem Tisch davor… naja, ihr wisst schon.

Gut dass ich El Reisehase nicht mithatte, denn es gab nirgendwo ein Hasenklo! Fazit: Budapest ist eine schöne Stadt, aber wenn ihr fahrt, nehmt euch viele Münzen mit. Oder lasst eure Blase daheim.

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