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Euer Merkwürden

Was an mir merkwürdig ist, will der Kristof wissen. Hm, man findet sich ja selbst ganz normal – man lebt ja mit sich. Wenn also jemand in der Aufzählung etwas vermissen sollte, dann ab damit in die Kommentare!

Ich bin ein Chaot. Meine organisatorische Kompetenz in Sachen Zettelwirtschaft und mein strukturelles Denken ist angelernt. Ab und zu müssen diese erworbenen Fähigkeiten dem nervigen Chaos Einhalt gebieten. Dem Chaoten ist der maßregelnde Wichtigmann ein Dorn im Auge. Die beiden inneren Kontrahenten verstehen sich also nicht allzu gut.
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Update

So ein hübsches Video haben Aereogramme zu ihrem ‘Barriers’, so unschuldig und süß und traurig.


Blogroll im Großformat: Herr Farlion gibt eine tägliche Blogempfehlung auf duese5.de.


Gut durchhören und Musik von beispielsweise Margot and the nuclear so and sos gratis downloaden kann man sich bei musicalfamilytree. Viele der Liveaufnahmen sind nicht übermäßig glorreich, aber die Demoversionen geben einen guten Einblick. Mir gefällts.
(via)
Auch andere Bands aus der Musikszene von Indianapolis werden dort vorgestellt. Ein Durchklicken lohnt sich. Ganz schön fand ich zum Beispiel auch die Songs von Carl Broemel.


Der schönste aller Ehemänner berichtet mir, er und sein Kollege hätten am Flughafen eine Polizeidienststelle erblickt, hinter deren Glasscheibe zwei Uniformierte saßen, während an der Tür ein Zettel verkündete: ‘Polizeidienststelle derzeit nicht besetzt.’
Das gibt Anlass zu kreativem Denken. Eventuell, so spekulierte der Kollege, verfügten Polizisten gemeinsam über Wechselgehirne, und ebendiese seien gerade anderswo im Einsatz.

Vielleicht waren die beiden aber auch einfach verdeckte Ermittler.


Eine ausgesprochen anständige Ausnahmeerscheinung in der Welt der Aktionäre bildet der Investor Dr. Lutz Helmig. Ich traute meinen Ohren kaum: Er war im Februar 2006 bei der dba eingestiegen und hatte im Zuge der Übernahme durch Air Berlin im August einen Millionengewinn aus dieser Beteiligung zu verzeichnen. Diesen gibt er zu einem Viertel in Form von Air-Berlin-Aktien an alle Beschäftigten der dba weiter. Diese 717 Mitarbeiter hatten nach seiner Ansicht durch Überstunden und Gehaltsverzicht an den Geschäftserfolgen wesentlich mehr Anteil als er selbst.

Die Schenkung entspricht einem Nennwert pro Mitarbeiter von satten 3350 Euro.

Dr. Helmig ist der Ansicht, dass bei gewinnbringenden Verkäufen zu wenig an die Mitarbeiter gedacht wird, die den Erfolg erst möglich machen, und will damit ein Zeichen setzen, das andere Investoren zum Nachdenken anregt.
In welcher Höhe sich der erwähnte Gehaltsverzicht bewegte, weiß ich freilich nicht. Möglicherweise sind die Aktien dagegen nur Peanuts.
Trotzdem: Vorbildliches unternehmerisches Ethos – ein wohltuender Kontrapunkt in Zeiten der oft beinharten und mitarbeiterfeindlichen wirtschaftlichen Politik.
(Artikel im Managermagazin aus 11/06)


Hintergrundbilder auf Handys wirken wesentlich besser, wenn sie in der Mitte nicht durch das Betreiberlogo verunziert sind. Man stelle sich ein Etosha-Pfannen-Logobild vor, über dessen Augen quer ein Schriftzug prangt. Hat was von anonymisierten Nackedeibildchen. Solche Schönheitsfehler machen mich sehr schnell sehr unrund.

Ein transparentes 1x1Pixel-gif als ersatzweises Betreiberlogo ist zwar schnell erstellt und aufs Nokia-Handy kopiert, dann allerdings sieht man sich vor dem Problem, dem Handy nicht erklären zu können, dass es sich bei dieser Grafik um ein Betreiberlogo handelt, welches anstatt des Schriftzuges angezeigt werden soll. Und zwar auch nicht mit der nokiaeigenen Software, keine Überraschung, die ist ja auch sonst sehr zickig.
Der von manchen Freaks so glühend empfohlene ‘Oxygen Phone Manager’ ist meiner Meinung nach so vollkommen unbedienbar, dass ich mich hiermit weigere, diesen zu verlinken.

Man kann sich via wap solche transparenten Pixel als Betreiberlogo runterladen. Ich aber blieb mit dieser Methode fürs 6230i erfolglos. Eine umfangreiche Diskussion zum Thema gibts dort, die kommt zwar von Ästchen auf Stöckchen, ich aber damit auf keinen grünen Zweig.
Dann aber wurde ich fündig, und zwar ausgerechnet bei Jamba, dem Ringtone-Anbieter mit der Hass-Werbung, die mich zum MusikTV-Verweigerer werden hat lassen. Von denen hab ich mir, ich gestehe, ein ‘Löschlogo’ schicken lassen, und zwar völlig gratis.
Die daraufhin eintrudelnden Werbe-SMS halten sich anzahlmäßig in annehmbaren Grenzen, das Problem war schnell gelöst, und Etosha sehr zufrieden mit sich und der Welt.
(edit: Bis sie herausfand, dass diese Werbe-SMS unter ‘Abo’ fallen und sich auf der Handyrechnung entsprechend niederschlagen. Die Empfehlung gilt also ausdrücklich nicht mehr.)

Noch was Handytechnisches: Auf einem erst kürzlich entsperrten Nokia-Handy ist auf der Kurzwahl 1 möglicherweise noch die Mobilboxnummer des vorherigen Anbieters eingestellt. Im Kurzwahlen-Menü kann man diese Nummer leider nicht ändern, dort stehen nur die Kurzwahlen 2-9 zur freien Verfügung.
Aber, ihr Ratlosen, unter Mitteilungen -> Sprachmitteilungen -> Nummer der Sprachmailbox kann man das. Die dort hinterlegte Nummer wird automatisch für die Kurzwahl 1 herangezogen.
Nur so als Reminder.

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Weich

Ein Vogel begleitet mich, so träumte ich heute. Dieses kleine, zarte Geschöpf, weich, warm, so winzig, so verletzlich, versucht erst, auf meiner rechten Schulter Fuß zu fassen, aber wegen meiner schnellen Bewegungen muss ich es immer festhalten. Dabei weiß ich noch gar nicht, ob es überhaupt freiwillig bei mir bleiben will. Abwechselnd drücke ich das Vögelchen mit gerundeter Hand behutsam an meinen Hals, damit es nicht verlorengeht, und lasse es wieder los, damit es wegfliegen kann, wenn es das möchte.
Es bleibt. Und schlüpft dann kurzerhand mit dem Bürzel voran in meine rechte Westentasche.

You’re just an empty cage, girl, if you kill the bird.

Tori Amos – ‘Cruzify’

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Kopfübär

Was Selbär-Ausgedachtes wär ihm also liebär? Na bitte, in diesem Fall bin ich ganz allein der Urhebär:

Als Bärufswunsch kommt ja heute vieles in Frage, auch für unsere pelzigen Freunde. Vasili hat den Anlagebärater ja schon genannt.
Wer in der Schule schon ein Strebär war, könnte sich als Gerichtsschreibär versuchen. Oder gleich als Gesetzgebär!

Wer reich ist wie ein Arabär, der wird natürlich Geldgebär. Für alle Urlaubär empfiehlt sich hingegen der Status Bäreichsleiter oder gleich Firmeninhabär.

In der Reinigungsbranche hingegen hält man Urlaub für übärbewertet; bei Firma Frisch & Saubär muss man sogar im Nov- und Dezembär hinaus in das Schneegestöbär! Die Mitbewerbär von gegenübär halten nämlich keinen Winterschlaf!

Wer’s gemütlicher mag, für den kommt natürlich am ehesten ein Bäruf bei der Bahn in Betracht, zum Beispiel Verschiebär.
Man kann auch Zeitungsherausgebär werden, oder bei der Zeitung die Ratgebärseite schreiben. Darübär hinaus auch sehr gemütlich ist der Beruf des Kunstwebärs; wer die gewobenen Stoffe gern gelbär machen möchte, wird eben Färbär; wer’s mehr mit Leder hat, Gerbär.

Alle, die im Charakter etwas herbär sind, könnten sich im Bärgbau versuchen, sich als Befehlshabär oder Steuereintreibär verdingen, oder als Totengräbär oder Teufelsaustreibär – die letzteren Bärufe sind aber für manche vielleicht dann doch zu makabär.

Auch das Gastgewerbe ist natürlich eine Möglichkeit, wir wär’s mit Obär?

An der Spitze der Wunschliste steht natürlich Seeräubär, denn dabei kann man sich nicht nur das Familiensilbär unter den Nagel reißen, es wollen einen auch alle Weibär als Liebhabär! Abär man muss der Wirklichkeit ins Auge sehen: Diese Zeiten sind längst vorübär, und die Männer waren früher auch noch von anderem Kalibär. Viele waren auch einfach nur Angebär.

Gleichgültig, wie sehr sie das Piratenfiebär packt – realistisch betrachtet wird’s dann doch eher das Callcenter bei einem Mobilfunkbetreibär.

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Daheim

Frau Rotfell sehnte sich nach einem Stöckchen. Frau Rotfell bekam ein Improvisationsstöckchen. Da bekommt einer ein Stichwort zugeworfen, zu dem er dann spontan einen Text, ein Gedicht oder sonstwas verfassen soll.
Der Text, den sie zum Thema ‘Kinder’ improvisiert hat, ist ausgesprochen unterhaltsam und herrlich frei von political correctness.
Insbesondere könnte ich mir vorstellen, dass mein Bruderherz daran Spaß hat, und auch Freunde wie N.+K. oder die Herren Bassist und Drummer, die – selbstgebrütet oder gepatchworkt – gesegnet sind.

Es gibt auch ein Regelwerk dazu, nur falls Fragen auftauchen. Mein Lieblingsparagraph ist 4.2., wenn ich auch nicht sicher bin, ob die Absurdität darin Absicht war oder nur leichtfertige Benutzung stellvertretender Demonstrativpronomen.

Danach hat Frau Rotfell das Stöckchen neu zugeschnitzt und mir an den Kopf geworfen. Mein Stichwort lautete ‘Daheim’.


Daheim wird immer größer, je weiter man davon entfernt ist. Vom Büro aus betrachtet, ist daheim der ruhige, kleine Ort, an dem ich mit meinem Mann und meinem Hund zusammen bin, alleine und abgeschottet von der Welt. Sogar die Realität muss meistens draußen bleiben. Auch der sonst allgegenwärtige Ruf nach gutem Benehmen wird dann leiser.

Reise ich aber an das andere Ende der Welt, erfährt mein Daheim mit jedem hinter mir gelassenen Kilometer stetiges Wachstum. Bin ich angekommen, ist es so groß, dass daheim alle meine Lieben sind, enge Freunde und Verwandte, die wohlgemerkt da nicht sind, wenn ich selbst wieder zu Hause bin; so viele Quadratmeter sind es nämlich gar nicht; wir sind wieder unter uns.

Daheim ist, wo ich den Geruch nicht wahrnehme. Diese Melange aus Aromen; aus den Speisen, die dort zubereitet, verzehrt und verdaut werden, je nachdem, ob dort mit Butter und Dille gekocht wird oder mit Olivenöl und Thymian; aus den Gerüchen der Menschen, deren Überzeugungen, Wünsche und Ängste vielleicht gar einen bestimmten Duft hervorbringen. Den Geruch all dessen, der Haustiere, der Pflanzen, der Möbel und sogar des Hauses selbst, die Resultate aus dem trauten Bettbakterien-Sharing, bemerke ich nur in anderen Häusern und Wohnungen. Ich weiß, wie die Nachbarn riechen. Natürlich nicht einzeln, das wissen sie voneinander besser. Aber ich weiß, welchen Geruch sie gemeinsam produzieren – das wissen sie nicht.
Dieses Ausblenden des Eigengeruches ist sinnvoll, um besser erkennen zu können, wenn daheim etwas faul ist.

Auch die Geräusche eines Hauses, die einen übernachtenden Gast stundenlang wachzuhalten vermögen, lassen den Bewohner für gewöhnlich völlig unbeeindruckt. Ausnahmesituationen gibt es natürlich, Ungewohntes wird bemerkt. Nach den vielen windigen Nächten der letzten Zeit habe ich mich aber auch an das Quieken der Holzdecke im Schlafzimmer gewöhnt – im Gegensatz zu meinem Mann, der beruflich bedingt nur am Wochenende daheim schläft.

Antworten, die einen anderen eventuell aus seiner persönlichen Verständnisbahn werfen könnten, tragen ebenfalls zu meinem Daheim-Gefühl bei. Wenn ich zu meinem Mann ‘Na, Sie?’ sage, und er darauf ‘Goreng?’ erwidert, weiß ich, dass sie ihn während der vergangenen Woche nicht hinterrücks gegen einen Replikanten ausgetauscht haben.

Sogar meine Hündin versteht, was Daheim ist. Wenn ich sie nach einem langen Tag unterwegs ‘Gemma hause?’ frage, dann weiß sie genau, worum’s geht. ‘Hause’, das ist, wo sie entspannt auf dem Rücken liegen und schnarchen kann, und dabei trotzdem sicher sein, dass noch das kleinste ungewohnte Geräusch sie sofort erwachen lassen wird.
Aus fremden Hundeschüsseln trinkt sie nicht. ‘Hause’ ist, wo die eigene Wasserschüssel steht, deren Geruch sie nicht wahrnimmt.

Sich wohl und sicher zu fühlen ist also eine Frage der Wahrnehmungslosigkeit, oder zumindest des unwillkürlichen Ausblendens bestimmter Wahrnehmungen. Man möchte, dass Gäste sich auch geborgen fühlen. ‘Fühl dich wie daheim!’, das ist schon oft gesagt, aber bestimmt von einem Gast noch nie tatsächlich so empfunden worden. Zuhause ist eben nicht nur Wie-daheim-Fühlen, sondern Daheim sein, nicht nur Wohnen, sondern Gewöhnung und Gewohnheit.
Wohnen wiederum ist dem Wort nach zwar eine Tätigkeit, man muss dafür aber absolut nichts tun. Ich wohne quasi nebenher. Ich brauche nur das Haus zu betreten, und ich wohne bereits. Eine gute Antwort übrigens für die Telefonfrage ‘Was machst du grade?’.

Daheim sind wir allein, wenn es nah ist, und es ist voller Menschen, wenn es fern ist. Es ist nur dort, wo ich wohne, aber es ist auch, wo du wohnst. Daheim ist groß und klein, daheim ist überall – und es riecht eigenartig.


Die Stichworte meines Weiterwurfs heißen
Unbeschwertheit für Herrn Baumgarf
Schönheit für Herrn Janocjapun
und Anerkennung fürs Bruderherz.

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Unterwegs

Mittwochs bin ich immer unterwegs. Ich fahre Auto, erledige Dinge, bringe dieses dahin und hole von dort jenes, und ich kaufe ein.
Wer unterwegs ist, sieht viel. Einiges davon tritt a) wiederholt auf und ist b) einfach nur zum Kopfschütteln.

Man kann zum Beispiel, um dem autofahrenden Nebenmann spontan an Tourette erinnernde Reaktionen zu entlocken, auch noch mit dem kleinsten Pkw vor dem Linksabbiegen weit nach rechts ausscheren, ganz so, als wäre man ein verzauberter Sattelschlepper. Man muss aber nicht.

Man kann auch ein fettes, sauteures, möglichst schwarzes Angeberauto besitzen, das daheim immer nur am sonderbreiten Garagenplatz steht. Es muss dem derart Betuchten keineswegs peinlich sein, dass er selbiges Gefährt in der freien, städtischen Wildbahn auch nach mehreren Versuchen mangels Übung einfach nicht eingeparkt kriegt. Der Hintermann an sich ist ja stets jemand, der seinen Tag gerne in engen Gassen mit der Beobachtung von scheiternden Einparkversuchen zubringt, wichtigere Belange verschiebt man da natürlich gerne.

Weiters ist es meinen Beobachtungen zufolge für die pensionierte Hausfrau von heute unverzichtbar, ihre Einkäufe genau dann zu erledigen, wenn Bauarbeiter ihre Frühstückspause haben und Büromenschen sich vor der Arbeit noch schnell Frühstück holen wollen. An der Kasse wird erstmal dem obligatorisch umkrallten Einkaufskorb schon vor dem Befüllen des Förderbandes die Brieftasche entnommen. Nur auf diese Weise nämlich ist gewährleistet, dass das Aus- und wieder Einräumen quälend langsam vonstatten geht, weil die Frau dafür nur eine Hand frei hat – mit der zweiten muss sie doch das Portemonnaie festhalten. Dabei darf sie mit dieser einen Hand Warenstücke nur einzeln ergreifen. Wer von den senilen Bettflüchtigen die meisten hörbaren Seufzer erntet, hat gewonnen.
Und wer mindestens einmal wöchentlich einer von vielen einarmigen Banditinnen beim Verstauen von zwanzig Joghurtbechern zuschauen muss, wird Blogger.

Außerdem musste ich heute wieder mal die Feststellung machen, dass unsere Krankenkassenbürokraten keine drei Deka weit denken. Ein ungeschickt ausgesteltes Rezept vom Facharzt für Antibiotika, sieben Tage je zwei Stück, auf dem nicht explizit ’14-Stück-Packung’ vermerkt ist, wird in der Apotheke nicht unter zwei Packungen à 10 Stück bestraft. Man bekommt nämlich stets die kleinste Packungsgröße.
Bedeutet: Eine Rezeptgebühr pro Packung (macht seit 1.1.07 € 4,70 x 2 = € 9,40) sowie sechs Tabletten, die unverdaut in den Müll wandern. Das Rezept einfach in der für Staat und Patient billigsten Variante umzusetzen, das kommt für den Apotheker nicht in Frage, sonst muss er sich nämlich vor der Krankenkasse für widerrechtliches Mitdenken verantworten.

Alternativ dazu hätte ich auch das Rezept bei meinem Hausarzt umschreiben lassen können, macht zweimal 15 Minuten Fahrt plus 30 Minuten Wartezeit und eine weitere Fahrt zur Apotheke. Ob ich mir dadurch 4,70 erspare, wage ich zu bezweifeln.
Und dann soll ich auch noch durch weniger Autofahrten den Feinstaub vermindern helfen? Mir persönlich würde es schon helfen, wenn ich vom Staat nicht dazu verdonnert werde, zwischen Sonderfahrten und Sondergebühren zu wählen.
Eine Überarbeitung des stellenweise wirklich hirnrissigen Systems würde nicht schaden, bevor man Erhöhungen der SV-Beiträge und der Rezeptgebühr beschließt.

Weil ich nach dem Einkaufen normalerweise immer nur motze, wollte ich schon lange mal auch was Positives loswerden.
Über die Firma Schirnhofer nämlich, jene Feinkost- und Gebäckkette, die sich hierzulande mit Zielpunkt verheiratet hat. Das weltbeste Semmerl gibts nämlich bei Schirnhofer. Es wird dort frisch gebacken und ist außen knusprig, innen saftig und weich, und nicht – wie herkömmliche Semmerln – bei Gebisskontakt spontan daumengröße Krustenstücke abwerfend, die zwischen die Zähne dringen, um dort das Zahnfleisch scharfkantig zu ohrfeigen – und dafür innen knochentrocken.

Das Fleisch ist stets frisch und hübsch anzusehen, das Almochsenbeiried ein Gedicht. Wo gabs letztens diese wurstige Diskussion, bei blue sky? Es ging um die in Germanien offenbar übliche Diskrepanz zwischen erwünschter und erhaltener Wurstscheibendicke. Auch das ist bei Schirnhofer anders: Man kriegt genau das, was man will, in genau der Dicke, in der man es gerne hätte; ein Probeschnitt wird dem Kunden gar zur Begutachtung gezeigt!

Das Angebot ist regional unterschiedlich, so gibt es beispielsweise das von mir so tief verehrte schinkenspeck-ähnliche Lendbratl in den niederösterreichischen Filialen nicht, in Wien aber gewöhnlich schon, wenn ich auch in manchen Wiener Filialen schon die Auskunft erhalten habe, dass es zu wenig Nachfrage gebe und das göttliche Lendbratl daher nicht lagernd sei.
Begleitet wird die Qualität der Waren von einer Bedienung, die in Freundlichkeit, Flexibilität, Schnelligkeit und Kompetenz ihresgleichen sucht, und zwar filialenunabhängig.
Dachte ich bis heute.

Da begab es sich nämlich, dass ich in der Wiener Filiale Sechshauserstraße 48 frohen Mutes die Frage nach dem Lendbratl an eine der Mitarbeiterinnen richtete. Achduscheiße! Ihr Kopf nahm die typische ‘Hä!?!’-Haltung ein, eingezogener Nacken, Kinn nach vorne. Ein höheres Maß an süffisanter Borniertheit und Präpotenz in ihrem Gesicht wäre auch mit der Frage, ob sie vielleicht Hundefleisch führen, nicht zu erreichen gewesen. Oder ob sie vielleicht f*cken will.
Ihr Blick blieb, und erst eine halbe Ewigkeit später, in der ich dieses freche Gesicht anschauen musste, kam ihre Gegenfrage: ‘Wos soi des sei?!’

Ich elender, nichtswürdiger Kunde ich, ich Wurm! Wage ich es doch tatsächlich, in ihr Segment einzudringen und sie mit einem Wort aus ihrer eigenen Produktpalette zu konfrontieren, das noch nie zuvor ihren Gehörgang durchwandert hat. Ich mutiere dadurch, für mich übrigens völlig überraschend, zu einem Obervolltrottel ohnegleichen.
Das ist eine feste Regel im Leben: Wer bestellt, was es nicht gibt, ist automatisch der Idiot. Nicht etwa der inkompetente Verkäufer. Und dabei beschränkt ebendieser sich für gewöhnlich nicht auf das realitätsnahe ‘Führen wir nicht’ – nein, das Gewünschte existiert schlicht nicht, und zwar nirgendwo auf der Welt.

Natürlich hätte ich antworten können, Lendbratl sei eine aus Schweinekarreerose gewonnene, kalt geräuchterte Rohpökelware mit 5% Fett und 180 kcal pro 100g, die sehr fein aufgeschnitten sowohl roh als auch in gebratenem Zustand eine unbeschreibliche Gaumenfreude darstelle.

Mir war mehr danach, über die Theke zu springen, Madame Praepotentia an den Haaren zu Boden zu reißen und ihren Gesichtsausdruck durch Dekoration mit großen Wurstscheiben zu optimieren. Weil ich aber gut erzogen bin, gab ich ihr die Auskunft, dass es sich bei Lendbratl um eine Schirnhofer-Spezialität und bei dieser Aufklärungsarbeit nicht direkt um meine Aufgabe handle.

Den Schirnhofer-Slogan ‘Qualität mit Herz’ fand ich zur Abwechslung mal wirklich treffend und verbuche diesen Ausrutscher unter ‘Ausnahmefall’. Wenn’s aber nochmal is, darfs nimmer sein. Echt jetz. Dann werd ich nämlich richtig sauer.