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Kur – Wuchtelbericht

“Der Typ am Nachbartisch hat von seinen Tischdamen, die heut abreisen, ein Abschiedsgeschenk bekommen. So in Cellophan verpackte Kunst.” – “Wahrscheinlich von dem Kreativ-Gschäft da unten im Ort, oder?” – “Kann sein. Irgend so ein Manderl. Dürft aus Holz gewesen sein. Weiß net genau.” – “Aus Rindenmulch war’s jedenfalls net!” – “Er meinte, er wird daheim sicher ein schönes Platzerl dafür finden.” – “Jo, wahrscheinlich im Kamin.”

Im Rauchercafé stehen die Tische recht eng beisammen, wodurch man oft ebenso schnell wie unvorbereitet ins Gespräch kommt. Da sitzt ein weiblicher Neuankömmling älterer Generation (vulgo “Frischgfangte”) am Nebentisch und liest Zeitung. Völlig unvermittelt kommt ihre Frage: “Was halten Sie persönlich eigentlich von Möpsen?” Ich, perplex, mache eine Handbewegung mit krallenden Händen vor der Brust und frage: “Möpse?” Sie lenkt meinen Blick auf die Zeitungsseite vor sich – die Gesellschaftsseite, Fotos, irgendein Promi hat seinen Mops dabei, im Vordergrund, hechelnd an der Leine. “Die sind doch irgendwie schiach, oder?” Ich: “Oh. Verstehe. Ich dachte jetzt, Sie interessieren sich für meine Vorlieben in puncto Vorbau.”

Später in unserem kleinen Tischrudel beim Erzählen der Begebenheit und Diskussion über schiache Hunde: “Oder diese ungarischen Faltenhunde, die dreimal so viel Haut haben, wie sie brauchen?” – “Den kannst zum Facelifting bringen.” – “Oder Botox spritzen, dann hast einen Kugelfuchs.”

Zum Thema ‘geistige Fitness lässt bei der Kur merklich nach’:
“Beim Shiatsu war ich. War super! Da werden ja die Mediterrane massiert. Äh…”

Ich bin mit dem Essen unzufrieden. Nicht nur, dass faschierter Braten und Kartoffelpürree keine echte Herausforderung für die Zähne sind, auch die auf demselben Teller angekommenen Babykarotten sind weichgekocht bis zur Unkenntlichkeit: “Die Zähne hätt ich im Zimmer lassen können.” – W., schon beim Dessert angelangt: “Nein, die brauchst noch – fürs Biskuit.”

Der Herr am Nebentisch kommt in Frack und Zylinder zum letzten Frühstück am Abreisetag. Seine Bilanz? “Selbst auf Reduktionskost nimmt man hier zu. Dreimal am Tag ein Essen? Das hab ich daheim so gut wie nie.” Darauf ich: “Ich hab auch zugenommen. Meine Hose passt nicht mehr so locker wie vor drei Wochen.” Er: “Mein Bauch ist eindeutig mehr geworden. Aber durch das ganze Training hab ich mehr Kraft – und kann ihn jetzt viel länger einziehen!”

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Kur – Schlussbericht

Nun ist also der letzte Kurtag angebrochen. Meine letzte Therapie war das, was wir liebevoll Unterwasserhampeln nennen, und ging um 8:20 zu Ende. Mein Therapieplan, der mir zu Beginn gelinde gesagt doch etwas überfüllt schien, ist komplett abgearbeitet, unterschrieben und abgegeben. Die Dame an der Therapierezeption sagte mir bei der Gelegenheit augenzwinkernd, ich sei sehr brav gewesen und dürfe jederzeit wiederkommen. Jetzt sitze ich im Hallenbad und schaue in die verschneite Landschaft, die zum Abschied leise Sonnenschein sagt.

Von Kurerfolg kann ich eigentlich noch nicht sprechen, meine Gelenke und Muskeln “arbeiten” noch. 60 Anwendungen in 21 Tagen, das ist ganz schön viel. Meine rechte Flanke hat beim Turnen muskulär den Geist aufgegeben, daran laborier ich immer noch. Zu Beginn war der Schmerz so heftig, dass ich eine Nierenkolik herannahen glaubte. Erst beim nächsten Termin zur Stählung des Beckenbodens spürte ich den Zusammenhang.

Meine Schultern sind weitaus entspannter, und was ich daher schon in der ersten Woche bemerkte, ist die extreme Verkrampfung, die einsetzt, sobald ich mich vor den Rechner setze. Ich hatte das Notebook mitgeschleppt und mir vorgenommen, jeden Tag ein paar Ordner mit Fotos zu kategorisieren, gemacht habe ich das genau ein Mal und danach nie wieder. Die Maus, das Tippen, das Sitzen – alles falsch. Die Muskeln rund ums linke Schulterblatt schlafen sofort ein. Hier muss unbedingt Veränderung her.

Der durchschnittliche hundlose Kurgast ist an diesem letzten Kurtag garantiert ausgeschlafener und ausgeruhter als ich. Trotzdem war es eine gute Entscheidung, Cindy mitzunehmen. Von Seiten des Hotels war man diesbezüglich angenehm unkompliziert. Die Hausdame trug viel dazu bei, dass wir uns willkommen fühlten: einfach bescheidsagen, wenn ihr spazierengeht, dann mach ich in der Zeit bei euch sauber. Cindy durfte ins Café und in die Lobbys mit, niemand hat sich je bei mir beschwert oder auch nur schief geguckt. Im Gegenteil, das Hunzi zauberte ein Lächeln auf so manches Gesicht. Cindy war aber auch wirklich richtig brav. Nur an Menschen mit Pelzkappen und -stiefeln wird sie sich wohl nie gewöhnen. Wilde Tiere verbellt sie eben so lange, bis sie sich trollen.

Apropos Hausdame, diese hat mir am zweiten Tag eine weichere Matratze beschafft. Werde ich ihr nie vergessen! Die vorherige fühlte sich in puncto Weichheit an wie eine Pressspanplatte (die Matratze, nicht die Hausdame).

Man ist schon ein wenig im Stress, aber zwischen den Terminen, dem Essen und dem Hundespaziergang hat man im Grunde nichts zu tun. Nichts Wichtiges zumindest. Nichts, was nicht auch morgen noch Zeit hätte. An diese Art von Nichtstun und auch an den eingeschränkten geistigen Gehalt gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Sollten meine Gespräche nach meiner Rückkehr also etwas einfältiger ausfallen als gewohnt, so bitte ich recht herzlich um Nachsicht.

So schwer mir die Eingewöhnung fiel, insbesondere das Leben nach der Uhr, so schwer fällt mir jetzt das Abschiednehmen. Ich würd’s noch eine Woche hier aushalten, mit ein paar entspannenden Therapien. Ich könnte aber auch drei Wochen Urlaub vertragen, am besten am Meer. Ich bin eben nicht allzu gut, nicht allzu schnell mit Veränderungen, und mit dem Abschiednehmen hab ichs auch nicht so. Ein paar sehr liebe Menschen habe ich hier kennengelernt und mit ihnen Spaß und Langeweile geteilt, gute Gespräche und Geplapper (“Najo.” – “So is die Sache!”) Es gab Running Gags und Superwuchteln, und gestern abend sogar eine kleine Session mit Gitarre, Gsang und Gsturl. Andrea, Margit, Wolfgang, Gerald, Baskin, Stefan, Robert, Max – ihr Lieben, es war mir Vergnügen und Ehre, meine Zeit mit euch zu teilen.

Bei aller Sympathie, man kennt sich eben nicht gut und nicht lange, und daraus ergibt sich, dass ich hier bei (auch noch so) geselligen Gelegenheiten einfach aufstehe und gehe, wenn ich genug habe. Man nimmt einfach nicht an, dass es einem übel genommen wird, und fühlt sich weit weniger verpflichtet. Obwohl ich nicht ganz neu bin im Anstreben und Ausweiten der persönlichen, seelischen Unabhängigkeit, ist mir hier aufgefallen, wie viel früher ich mich hier mitunter absentiere, als ich das in einer vergleichbaren Freunde-/Verwandtschaftssituation vielleicht getan hätte.

Was mir fehlen wird:
Regelmäßig Essen serviert zu kriegen, ohne es vorher kochen zu müssen. Vom Balkon aus den Elstern zuzuschauen, wie sie schnatternd im Schwarm zum Kirchturm hochfliegen. Schneefall nicht mit Schaufelnmüssen gleichzusetzen. Die Abwesenheit von Lärm. Der Pingpongtisch. Der Kurpark, der Marsch zur Wetterstation, die gluckernden Bächlein und stillen Waldwege. Die freundlichen Gesichter bei der Therapie. Massage dreimal die Woche. Der Geruch und das Gefühl von heißem Fango am Morgen. In der geistigen Poesiekiste nach neuen Komplimenten für Therapeuten-Sonnenscheinchen zu kramen – und die Reaktion darauf. Die Nähe von Solarium und Hallenbad – und diese aufs Grad genau zum Schwimmen ideale Wassertemperatur.

Was mir gar nicht fehlen wird:
Radio NÖ. Der Spinner mit seinen Verschwörungstheorien. Der eingeschränkte Zugang zum Web.

Worauf ich mich freue:
Die Gesellschaft des mir rechtmäßig zugemuteten Mannes und meiner Freunde. Bandprobe. Tür auf, Hund raus, Tür zu. Ein korrektes Spiegelei. Ein Kühlschrank. Weitgehende zeitliche Unabhängigkeit. Meine weiche Matratze. Und den nächsten Kurantrag.

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Kur – Zwischenuntersuchung

Die Hälfte der Kur ist rum, höchste Zeit für eine Statusaufnahme.

Die Spazierwege in der Gegend kenne ich mittlerweile alle. Es ist seltsam, dass Wege einem weiter vorkommen, wenn man sie zum ersten Mal geht. Nicht, dass das eine großartige Erkenntnis wäre, aber so bewusst ist mir das noch nie aufgefallen. Die Welt wird also kleiner, je besser man sie kennt. Und wenn die Welt kleiner wird, liegen auch die Gefahren näher.
Mein Hund hat es sich ja zur Angewohnheit gemacht, läufig zu werden, wenn ich auf Urlaub fahre, und Kur fällt für sie dann offenbar doch irgendwie unter Urlaub. Heute kamen wir an jenem Zaun vorbei, hinter dem ein sehr verliebter Rüde (braun, drahtiges Kurzhaar) täglich eine Art Minnegesang anstimmt, wenn er uns kommen sieht. Naja, um exakt zu sein: Wenn er Cindy kommen sieht. Ich glaube nicht, dass er mich als Frau wahrgenommen hat. Heute war der Rüde nicht in Sing-, sondern vielmehr in Nägel-mit-Köpfen-Stimmung. In Nullkommanix war er – Herrls anwesendem Holzauge zum Trotz – unter dem Zaun durch, nach erstaunlich kurzer Zeit des Beschnupperns war man sich handelseinig. Was danach kam, war ein pas des cinq – ein begeistert aufreitender Hund, eine überaus willige Hündin, ein wild dazwischenfunkendes, nein-schimpfendes Frauerl, ein Rüdenbesitzer Marke Omegamännchen (“Hihi, also Ferry, hihi”) und ein unbeteiligter und das auch bleiben wollender Kurspaziergangsbegleiter. Die Böschung war nass und dreckig. Auch der Hund war das daher auf seiner Unterseite. Zu guter Letzt musste ich meinen schließlich trotzdem hochheben, wegtragen und nach einer weiteren Minute mit einem sehr schweren Hund auf den Armen den Rüdenbesitzer auffordern, sein Viech endlich herrgottnochmal mitzunehmen.
Der Fitnessraum ist dagegen ein echter Spaziergang.

In der übrigen Zeit kam ich bislang beinah ohne Adrenalin aus. Einen kleinen Anflug gab es gestern, als ich in meinem Zimmer an einem Vorhang einen tonartigen Insektenkokon entdeckte. Vier dürften ursprünglich dagewesen sein, nach den Abdrücken zu schließen; einer hängt noch, ist aber oben schon offen. Es handelt sich offenbar um Kokons von Mauerwespen. Bisher war mir nicht nach einer Sektion. Kommt aber vielleicht noch.

Ansonsten braucht man Adrenalin hier nur selten. Es ist ja alles mögliche verboten, sodass man gar nicht in die Verlegenheit kommt. Am meisten ist in der Sauna verboten, zum Beispiel die Verwendung von Flaschengetränken und von Honig. Stünde das dort nicht, es wäre keiner auch nur in die geistige Nähe dieser Idee gekommen. Ich wüsste gar nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hätte. So aber, mit diesem freundlichen Hinweis an der Tür, spielen sich in den Köpfen von 300/365 Kurgästen ausnehmend bizarre Szenen ab – Szenen, in denen heißes orangefarbenes Holz und ein gewisses ähnlich gefärbtes Insektenprodukt eine Rolle spielen. Genaueres will man nicht wissen. Echt nicht.

Es ist auch verboten, seine Badekleidung in der Sauna zu trocknen. Das wiederum ist einzusehen. Wer will schon aus den waffenscheinpflichtig spitzen Körbchen und den türkisfarbenen Blumen am Badeanzug der Frau Woprschalek von oben angetropft werden, während er sich doch aufs Schwitzen konzentrieren muss? Die Öffnungszeiten müssen auf zwei Schildern nebeneinander kundgetan werden, damit sich auch zwei Gäste gleichzeitig darüber informieren können. 15-21 Uhr. 15-21 Uhr. Natürlich soll man keinen Lärm machen, sich vorher, nachher und dazwischen duschen, auch im Schwimmbad bitte, und die Langhaarigen müssen sich eine Badehaube aufsetzen oder (seufz, seufz) “diese” wenigstens zusammenbinden – die Haare, nicht die Haube – das nehme ich zumindest an. Man braucht hier keinen Lesestoff, der Schilderwald an der Tür zum Saunabereich reicht für einen ganzen Nachmittag. Man könnte ihn noch ergänzen: Sie werden gebeten, das Transpirieren geruchlos zu gestalten. Ausrutschen verboten. Bei Glatteis keine Haftung. Gaffer bitte nur mit Badehose. Schließen Sie die Tür ins Freie leise!!

Diese Tür ins Freie liegt genau unter dem Fenster meines Zimmers, das ich immer offen lasse, weil ich das Fensterbrett darunter als Minibar-Ersatz benutze. Die Sauna liegt genau unter meinem Zimmer und meinem Balkon, und das macht Freude, weil man den Nackerten, die aus der Sauna ins Freie zischen, “A Nackerter!” hinterherrufen kann. Aber immer, wenn ich versuchte, mich nachmittags im Zimmer anderweitig zu entspannen oder zu lesen, warf mich ein Drrrrr! aus der Bahn. Ein Drrrrr! von der Art ‘irgendwas scheppert, ich werd deppert!’ Alle zwei, drei Minuten. 15-21 Uhr. Immer gleichzeitig mit der Erschütterung beim Schließen der Tür ins Freie in der Sauna. Ich will mich hier entspannen, Zefix! Also ging ich auf die Suche. Rüttelte an meinem TV-Schrank, an meinem Schreibtisch, an genanntem Fenster, am dazugehörigen Fensterbrett, weil ich dachte, das Türeschließen von unten setze an einem losen Teil bei mir das Drrrrr! in Gang. Also, bei mir im Zimmer. Aber es war kein Drrrrr! reproduzierbar. Dann lauschte ich nochmal direkt vom Balkon aus nach unten – und da war es, das Drrrrr!

Es musste die Tür selbst sein! Also inspizierte ich sie am nächsten Vormittag aus der Nähe. Es zeigte sich, dass diese Glastür innen und außen je eine vertikale Scheibe hat. Überraschenderweise sind diese beiden Scheiben kleiner als die gesamte Tür, und sie befinden sich außerhalb des eigentlichen Glastürglases. Sie dürften als eine Art Schildhalterung dienen – also nicht dienen, da sich keine Schilder darin befinden – was kein Wunder ist, es ist ja schon alles verboten vermittels der Schilder an der inneren Tür zum Saunabereich. Es befindet sich rein gar nichts darin, nichtmal die volle Anzahl Abstandhalter-Schrauben, die sich darin befinden sollte. Daher sind diese zwei Scheiben eher drrrrrend gelagert, wenn ich das mal so geräuschvoll formulieren darf. Das Drrrrr! ist das von Glas an Metall. Mein Liebstes! Testweises Schließen der Tür beweist meine Theorie: Drrrrr! Grrrr.

Zufällig sind die Beete vor der Sauna voll mit Rindenmulch. Ein Stück von passender Dicke ist schnell gefunden, das ich als neuen Abstandhalter für die äußere Zweckfrei-Scheibe dort einklemme und die Tür damit entdrrrrre. Harrrrr! Sicherheitshalber setzte ich innen auch noch ein Stück ein, unter der losen Abstandhalterschraube, damit dort nicht Metall auf Glas zu liegen kommt. Seither hab ich am Nachmittag meine heilige Ruhe. Meine Tischnachbarn fanden das Ganze übermäßig komisch. Schon allein, dass man sich an so einem harmlosen Drrrr! stören kann. Die wohnen aber auch nicht direkt über dem Drrrr. Aber gut, man hat ja sonst nicht viel zu lachen. Jetzt sagen sie MacGyver zu mir. Der strickenden Tischnachbarin, der eine Stopfnadel fehlt, wurde empfohlen: “Sag’s der MacGyver”, Nicken in meine Richtung, “die schnitzt dir eine aus Rindenmulch”.

Gegen den übermäßig mitteilsamen Kellnerlehrling (Mittag und Abend) der Marke “ich mische mich jederzeit gern in Tischgespräche und teile auch meine Unzulänglichkeit in Sachen Effizienz anstandslos mit meinen Gästen” hilft allerdings auch kein eingeklemmter Rindenmulch. Wir beschränken uns bisher noch auf betretenes Wegschauen oder vordergründiges Frotzeln, letzteres kommt aber mangels Feinsinn beim Empfänger nicht an. Ich fürchte, jemand wird in den nächsten Tagen ein Machtwort sprechen müssen.

Zuletzt noch ein wenig neues Vokabular, das ich hier wie im Sprachurlaub dank der bunt-bunden (multibundeslandellen) Menschenzusammenwürfelung erlernt habe:

“gfeanzt ummakumman” – irgendwie ungut rüberkommen
“zachig” – ist sowas wie zach (zäh), aber zacher
“Beim Rumsitzen bei dem Vortrag wird dir der Hintern wassrig” – Ich denke, das spricht für sich.

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Kleiner Kurbericht

Ich bin derzeit auf Kur. Falls euch nun die Grüne ins Gesicht steigt und ihr glaubt, ich mach hier “sowas wie Urlaub”, kann ich euch sogleich um ein Neidgefühl leichter machen: Es ist extrem stressig. Ich hab sechs Termine am Tag, beginnend um 7h, bei denen ich abwechselnd mit heißem Gatsch beschmiert, mit Ultraschall oder verpflichtenden Ernährungsvorträgen auf Volksschulniveau beschallt werde, in Wasserbecken oder auf Turnmatten auf Zuruf rumhopse oder in CO2-Wasser-Wannen vor mich hinblubbere, um mich hernach mühselig aus heißen Tüchern zu befreien, die man mir nach dem Bad zwangsjackengleich umgewickelt hat. Davor, dazwischen und danach bespaße ich meinen Hund in- und outdoor, rechne mir aus, wie lange ich das jetzt machen kann, bis mir die nächste Stunde schlägt, und versuche, zu den knapp bemessenen Essensterminen zu hetzen, bevor jemand mein Besteck wegräumt.

Der Entspannungsfaktor ist also durchaus… endenwollend. Aber ich hab ein schönes großes Zimmer und recht nette Tischnachbarn. Und ich habe schon einmal sowas wie Freizeitbeschäftigung genossen – wir haben gestern abend eine gute Stunde lang zu viert Tischtennis gespielt.

Leben am Limit, yay!

Über euer Echo freu ich mich diesmal besonders – auch wenn ich nicht gleich antworten kann, das WLAN reicht nicht bis zu meinem Zimmer, und die Extratermine am Tag zum Mail-& Blogcheck sind nur schwer zu verwirklichen, weil ich um 21h so schwer bin wie der Gatsch persönlich.

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Kategorisierung

Wenn man frühmorgens den Elektriker am Hauseingang empfängt, indem man ihm zuerst auf Crocs über vereiste Fliesen entgegenschlittert und dann mit vernachlässigbarer Eleganz auf den Hintern plumpst, und diese Matinee mit den Worten “Übrigens, Vorsicht, hier isses ein bisschen glatt” beschließt, dann ist das ein weiterer Hinweis darauf, dass der Film “Mein Leben” in der Abteilung Slapstick zu finden ist.

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Stellung beziehen

Nicht, dass ich Asylbetrug unterstützen würde. Aber ich spreche mich aufs Deutlichste gegen die Ideologie aus, die derzeit von der FPÖ in ihrem Inserat verbreitet wird. Diese Verhetzung und Verurteilung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, das Diktat von Zwangsmaßnahmen, das Aufspielen als Richter und Herrenvolk, all das schadet dem Ansehen der Republik weit mehr als die Verurteilung irgendeines Herrn Strasser.

Angst wird geschürt, weil ein ängstliches Volk leichter zu kontrollieren ist. Hass, Feindbilder, Angst und absurde Neidgefühle den Menschen gegenüber, die ihre Heimat und Selbständigkeit verloren haben, lösen unsere wahren Probleme nicht. Oder ist hier jemand, der den Geschichtsunterricht verpasst hat? Wer möchte der Nächste sein, dessen Herkunft überprüft wird?

Ich bin GEGEN diese engherzige, unmenschliche Intoleranz, und ich möchte nicht in dem schlechten Licht stehen, das diese angeblich so freiheitliche Partei auf uns alle wirft. Es ist ein Hohn auf das, was Freiheit wirklich bedeutet. Was bedeutet sie euch?

“Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Jeder Mensch hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeine Unterscheidung, wie etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Eigentum, Geburt oder sonstiger Umständen.”

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Apropos Wuchtel

Weil grad davon die Rede ist – ich hab ja eh allerlei Wuchteln gesammelt, ich hab nur viele hier nicht eingetragen. Der Einfachheit halber und als kleiner Neujahrsgruß kommen hier die bisher Unveröffentlichten.

Es sprach:

  • Der Politwissenschafter der Uni Salzburg in der ZiB:

    … lässt sich zum derzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen.


  • Eine Moderatorin auf Bayern Alpha:

    … ganz zu schweigedenn …


  • Der trockenhumorige tschechische Kellner im “Böhmischen Hof“, nachdem er soeben allerlei Speisen serviert hatte, und mein Vater ihn dennoch daran erinnerte, dass noch ein Salat fehlt:

    Schau ich vielleicht aus wie Tausendfüßler?

    und etwas später beim Servieren von Tabasco zur Pizza:

    Und hier, bittschön, falls kein Geschmack auftritt!


  • Mein Schwiegervater aus Kärnten zur Wetterlage diese Woche in Wien:

    Der Regen ist auf dem Boden gefroren, und unter den Füßen hat sich so ein glitschiger Mulm gebildet.


  • Und letzten Jänner antwortete er auf die Frage “Was heißt schachmatt auf englisch?”:

    Chess tired!


  • Die Frau vom Chef beim Warten darauf, dass die Versicherung ihre Einziehungsaufträge auf unsere neue Bankverbindung umstellt:

    Bis die sich mal gemüsigt fühlen…


  • Wir haben in der Firma Tiefkühlmenüs, die man in einem eigenen Öfchen aufwärmen kann. Meine Kollegin S. ruft einen Techniker im Außendienst an und fragt ihn, ob er etwas essen will, wenn er ins Büro kommt, denn:

    Wir hau’n uns ein Essen in die Tiefkühltruhe.


  • Meine Mutter letztes Jahr im März:

    Das ist eh sehr anständig von ihr, ich möcht das jetzt gar nicht unter den Scheffel kehren.


  • Mein mir rechtmäßig Zugemuteter sagt manchmal des Morgens:

    Aufstehen! Die Vögel scheinen, die Sonne zwitschert!

    Und eines Morgens im letzten Jahr, als wir sehr früh aufstehen mussten:

    Aufstehen! Der Mond scheint, die Vöglein schnarchen!


  • Ebendieser bei anderer Gelegenheit:

    Erleuchtung ist überbewertet.


  • Und bei ganz anderer Gelegenheit:

    Argl, wo habi jetz mei Wurschtbrot hinglegt?

    Auf mein Gegacker und Frotzeln hin, weil angeblich ich doch diejenige bin, die immer alles sucht (es zeigte sich freilich, dass doch mein energetischer I-find-nix-Dunstkreis schuld war, weil ich ihn aufgrund akuten Wasseraustritts in unser neu renoviertes Badezimmer gerufen hatte):

    Wenn du notfallartig ins Bad gerufen wirst, verlierst du auch deine Wurschtbrote.


  • Im thailändischen Restaurant “Hua Hin”, über dessen Name sich der Österreicher ganz gut amüsieren kann:

    Ich: Man könnte 6 mit 35 nehmen.
    Bloggerfreund Arthur: Dann is die Hua aber hin!


  • Mein Freund A.:

    Schwarze Socken in der weißen Wäsche, wenn man die Waschmaschine ausräumt? Kenn ich. Das sind Freiheitskämpfer gegen die Apartheid. Oder politische Flüchtlinge.


  • Ich, an einem anderen Tage, sehr philosophisch zu genau diesem Freund:

    Nur weil man selbst ein humorvoller Mensch ist, muss das ja nicht bedeuten, dass andere alles lustig meinen.


  • Ich, nachdem auf meine Frage, was sie trinken wollen, von A. und D. zweimal die Antwort “nix” kam:

    Zweimal nix, okay, dann trink ich auch nix, dann brauchi nur einmal gehn.


  • Eine Mann&Ich-Gemeinschaftskreation beim Abenddrink auf dem Balkon:

    Einen Aperitif zu trinken ist in Griechenland Ouzo.


  • Zum Abschluss mein Lieblingsversprecher des letzten Jahres, nachdem ich vom Röntgeninstitut meine MRT-Befunde erhalten hatte:

    Ich hab jetzt meinen Schlüsselbundbefein.


  • Eventuell fehlende Linien bitte geistig zu ergänzen – es ist nicht so, dass ich sie vergessen hätte, sie werden nur einfach nicht überall angezeigt. Das ist das unberachenbere 2013 – man weiß nie, was man kriegt.

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Das Ende naht

Wenn virtuell sich in echt verwandelt, ist das immer ein ganz eigenes, unwirkliches, warmes Gefühl. Heute früh kam ein Paket an, darin waren gar wunderbare Kekse, die ich bisher nur von Bildern in einem gewissen Blog und auf Facebook kannte. Jedesmal lief mir das Wasser im Mund zusammen – heute früh war das Wasser nicht vergeudet! Danke für diese gelungene Überraschung!

Ich hab euch lieb, ihr Bloggerkollegen und Leser. Euch allen da draußen ein wunderbares Weihnachtsfest und schöne, geruhsame, gelassene Feiertage. Danke, dass ihr auch dieses Jahr hier mit dabei wart, und das nicht ganz so unregelmäßig wie ich selbst. Rutscht gut rüber in das Jahr, in dem das 21. Jahrhundert zum Teenager wird, und hoffen wir, dass die Welt damit auch erwachsener wird, reifer, friedfertiger, gerechter, und trotzdem nicht den Humor verliert und die Lust zu lieben, verrückt zu sein und einfach lauthals zu leben. Von Herzen meine besten Wünsche euch allen!

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Was von der AUA übrigblieb

Im Oktober 2011 trieb ich mich dort herum, weil ein Lost-Place-Geocache dort versteckt war: Beim alten Austrian-Airlines-Hauptgebäude in Oberlaa am Rand von Wien. Aus der Umgebung konnte man es oft weithin erkennen, weil das glaslastige Gebäude in der Sonne funkelte und glänzte wie eine Speckschwarte. Es war ein stilisierter Tower, der mir immer gut gefallen hat. Die Natur hatte sich in den Jahren, in denen es leerstand, immer näher herangepirscht; kriechende Gewächse und Sträucher waren ihm allmählich zu Leibe gerückt wie Schlangen ihrer Beute. Wenn man durch die Scheiben blickte, konnte man ein paar einsame Bürostühle erkennen, einige Zettel unter Staub, wertloses Zeug für die Airline, die 2007 umzog in den Office Park am Flughafen Wien.

smallest fish: Urban Exploring &emdash; AUA Wien 10/2011 smallest fish: Urban Exploring &emdash; AUA Wien 10/2011 smallest fish: Urban Exploring &emdash; AUA Wien 10/2011

Einen Bekannten mit Connections hatte ich danach einmal gebeten, ob ich nicht mal reinkönnte in das schöne alte Gebäude, nur für künstlerische Fotozwecke – vergebens. Nun wird es abgerissen, das alte AUA-Gebäude. Schon seit Juli eigentlich. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass da in der Ferne nichts mehr funkelt. Erst vergangene Woche fiel mir auf der Heimfahrt der schmerzverzerrte, armselige Rest ins Auge, der von der AUA übrigblieb.

smallest fish: Urban Exploring &emdash; AUA Wien smallest fish: Urban Exploring &emdash; AUA Wien

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Was da noch steht, ist nur der Mittelteil mit dem Liftschacht. Mir tut es leid um das schöne, (gar nicht so) alte Gebäude. Es hat aber auch Vorteile: Die Raubvögel sind weniger gefährdet. 2011 fand ich dort direkt vor dem Haupteingang einen Falken, der offenbar den Aufprall gegen eine der vielen Glasscheiben nicht überlebt hatte. Ich begrub ihn hinter dem Gebäude auf einem Feld.