Artikel

Vom reflexiven Schleichen

Auf meinen letzten schriftlichen Schnappschuss der konjunktivischen Sprachgepflogenheiten dieses Landes hat Kollege nömix wieder einen gar hübsch amtsdeutschen Folgeeintrag gedichtet. Er spricht dort von iterativen Appendices und allerlei anderen unanständigen Termini, wo es doch nur um den Fortsatz “-ad” oder “-adad” geht, der den Konjunktiv II hierzulande kennzeichnet. Die ösitanische Sprache ruft, und wir beide folgen, das ist so smooth wie Pingpong zu dritt.

Schön sind dabei auch immer die Kommentare, wo man sich im diesmaligen nömixschen Folgeeintrag im Zusammenhang mit diesem schönen Satz etwas wunderte:
Weiterlesen

Artikel

Sonst wird’s der Teufel holen!

Werbung mit Angstmache, sogar im Folder des Bestatters des Österreichischen Tierschutzvereins. Kotzen möcht ich!

bestattungtsv

Diesen Folder bekommt man vom Tierarzt in die Hand gedrückt, nachdem der Hund eingeschläfert wurde. Da ist man als Tierbesitzer genau in der richtigen Stimmung, so einen Absatz zu lesen.

Was nun dem TSV wichtiger ist – Feingefühl zeigen oder Umsatz generieren – das ist hier augenscheinlich nicht die Frage. “Eine Horrorvorstellung für alle Tierfreunde” – nein, wirklich!? Bewusstsein dürfte also vorhanden sein. Wäre die Wahl auf Feingefühl gefallen, hätt’s eine weniger detailreiche Schilderung wohl auch getan.

Widerlich!

Das habe ich auch auf Twitter gepostet:

[Eintrag vorübergehend nach vorne geholt]

Artikel

Nullsummenspiel, irrelevantes

Mein Freund Miro schickte mir diesen Link zum Zwiebelfisch. Dieser betrauert den Mangel an Bindestrichen, der in unserer Sprache seit geraumer Zeit durch ein Mehr an Nichts kompensiert wird. Vor kurzer Zeit betrauerte er noch, dass der Bindestrich in gewissen Fällen mehr trennt, als er verbindet. Jetzt wünscht er ihn sich zurück.

Alles völlig wahr. Alleinstehende Hauptwörter ohne jedes sprachliche Gleitmittel sind ein trauriger Anblick, an den wir uns jedoch wohl gewöhnen müssen, so wie man sich immer an das gewöhnen muss, was die Mittelpracht der Bildungsschicht für richtig hält. Ja, Sprache verändert sich täglich, das ist natürlich. Nicht immer jedoch sind die importierten Einflüsse, in diesem Fall aus Übersee, zu ihrem Wohl, das muss man auch mal sagen dürfen.

Selbst Hauptwörter, die man einst sorgfältig mit einem Binnen-s verbunden hat, damit sie beim Zusammenspiel nicht quietschen, diese gefälligen, widerstandsberuhigten Wesen, die keiner Zunge was zuleide tun, werden heute auseinandergerissen, was meinem Gefühl nach eine besondere Grausamkeit erfordert.
Weiterlesen

Artikel

Gespräche beim Bio-Kontor

Beim Bio-Kontor kommen die Leut zusammen wie früher beim Greißler. Man stöbert das Bio-Sortiment durch, trifft Bekannte, hat dabei eine Menge Spaß, und man kann hinterher auch noch in den Streichelzoo zu den Ziegen (überaus flauschig, aber höchst aufdringlich, wollen Jacken essen) und Kaninchen (Flauschigkeitsfaktor wahnsinnig, weniger aufdringlich, essen lieber Löwenzahn).

Streichelzoo Streichelzoo

Ein paar Gesprächsfetzen hab ich mir dort gut auswinden und einpacken lassen.

“Hm, aber das gefrorene Rostbratenfleisch wär eigentlich gekühlt besser dran. Ich zahl’s Ihnen gleich, aber wir wollen ja draußen noch ein bisschen im Café sitzen. Könnten Sie das inzwischen wieder einfrie… naja, auch keine gute Idee, dann kauft sich’s ja jemand anderer!”
“Aber nein, ich versteck’s Ihnen dort im Tiefkühler hinterm Spinat, da findet das keiner!”

“Jö, Schokoladeriegel, die “Euphorie” heißen! Der Name ist sicher sehr verkaufsfördernd.”
“Klar, wenn’s Melancholie heißert, würd ich’s weniger gern kaufen.”
“Oder Depression.”
“Dissoziative Persönlichkeitsstörung.”

“Ich bin jedenfalls froh, dass ich mit Pferdeärschen nix mehr zu tun hab.”
“Und ich nehme an, du meinst damit nicht das Hinterteil der gleichnamigen Tiere.”

“Und da hinten, ein bisschen undurchsichtig, ist unser Honigsortiment. Da gibts diesen Bio-Honigproduzenten, der mischt den mit allerlei Dingen, wie Himbeeren, Vanille oder Sanddorn. Dann hat er andere Produkte, die gut in die Linie passen, wie Senf in diversen Geschmacksrichtungen, oder Pesto. Er süßt auch vieles mit Honig.”
“Und was ist daran undurchsichtig?”
“Na, in vielen seiner Produkte ist Honig drin, aber man erkennt nicht auf den ersten Blick, dass dieses da zum Beispiel…” [hält Flasche mit großem Logo und kleiner Aufschrift hoch] “… Ketchup ist.”
“Nun, es steht drauf.”
“Aber nur im Kleingedruckten.”
“Man ist als Erwachsener ja Kummer gewöhnt.”

Bei dieser Gelegenheit: Euch allen schöne Ostern und frohe Eiertage!

Habe den Osterhasen gesichtet! Noch stärkt er sich.
Tiefqualitatives, aber liebevoll am Eierfon gemachtes und bearbeitetes Foto.

Artikel

Sprachliche Zuckerln

Die Zusammenwürfelung diverser Nationalitäten bringt so manches Zuckerl für den sprachlich interessierten Menschen mit sich. So gibt es zum Beispiel ein Tier aus der Gruppe der Seesterne, das sich mit seinen ebenso bestachelten wie vielzähligen Armen auf Korallen stürzt (das ist übertrieben, eher kriecht es, aber das klingt nicht so überzeugend dramatisch) und diese Korallen einfach auffrisst. Sind zu viele davon an einer Stelle, kann das eine ernste Bedrohung für ein Korallenriff sein. Diese Tiere heißen “Crown of Thorns”, also “Dornenkrone”. Abgekürzt sagt man auch COTs, aber nicht Ceh Oh Teh, sondern so, dass es wie das Wort für Rückwärtsfrühstücken im Imperativ klingt. Als unser Kollege Julien diese Abkürzung letztens benutzte, sagte Roni aus Israel sinngemäß: “Cots? Wirklich? Das heißt “Dorne” auf Hebräisch!”

Auch im Palauanischen gibt es offenbar recht lustige Wörter. Viel haben wir ja bisher nicht gelernt, wie ich zu unserer Schande gestehen muss. Wir können gerade mal Guten Morgen (tu tao), Danke (sulang) und Ja (ochoi) sagen, und wir wissen ein paar Tiernamen (Demul ist der Delfin, Mesekui das Dugong, Maml der Napoleonfisch). Es ist einfach zu schnell, zu schwierig; nicht nur die Aussprache, auch das Einholen der Information selbst. Schließlich will der Palauaner sich auch weiterhin von Ausländern unverstanden mit seinen Landsleuten unterhalten können. Und wie will man sich als Ausländer einen Satz merken, der haargenau so klingt wie der vorige? Dazu kommt, dass etwa ein stummes “ch” auch nicht gerade für die Einfachheit einer Sprache spricht.

Mir schlug auch immer ein gewisser Widerstand entgegen, wenn es darum ging, auf Identifikationsschildern für das Aquarium die Tiernamen auf Englisch, Japanisch, Deutsch und Palauanisch anzugeben. Letztens beim Herumblödeln mit Ikert, einer der Damen, die am Front Desk arbeiten, erhellte sich mir dieser Widerstand: Die Unterwasserschnecken, Sea Slugs, haben einen Namen in Palau, der wie “gigilathaleeb” klingt. Das heißt wortwörtlich “Ghost Pussy”.

Artikel

Kuriositätenkabinett 7

Kuriositätenkabinett • Radiergummis/Erasers #Palau #Puppenküche
Tweet von @Et0sha

Mein Kollege Lincoln kam mit diesen Radiergummis daher. Wegen Süßheit von der bestimmungsgemäßen Verwendung ausgeschlossen.

Dazu noch die Wuchtel der Woche:
Unsere Kollegin Yuen spaßhalber beim Zwischendurch-Bad im Meer am beliebten und von Touris vielbesuchten Cementery Reef: “Oh, the water is salty!”
Asap, der Aquarist und Bootskapitän: “That’s because a lot of snorkelers just left.”

Artikel

Morgen-Routine: Yuka

Wenn wir morgens am Blechl vorbei- und nach genossener Dreispurigkeit im Büro angekommen sind, kriege ich den ersten bis zehnten Schweißausbruch, weil ich zumeist mit Fotobox, Notebookrucksack, Mittagsjause und Handtasche bepackt bin und dieses Zeug in Original-Tropenluft die Stufen zu meinem Schreibtisch in der Library im ersten Stock hinaufkarren muss. Meine Kollegin Yuka ist dann meistens schon da und sitzt vor ihrem Rechner. Mein Standardsatz zu ihr lautet: “Is it just me, or is it hot today?” Mitunter sage ich aber auch “or is it cold today”, wenn ich nicht schwitze, weil’s draußen schifft und stürmt. Dazwischen gibts eigentlich nix. Yuka kichert dann immer pflichtbewusst.

Yuka ist eine junge Japanerin und als solche recht zurückhaltend, wie die Kultur es vorgibt. Nur wenn’s außerhalb der Arbeit ein paar Biere gibt, verwandelt sie sich in das Gegenteil und ist dann eine sehr ausgelassene Person, die gerne im Regen tanzt und auch sonst sehr viel Spaß hat.

Ich habe sie in diversen beruflichen Situationen unterstützt und auch zum Widerstand aufgewiegelt, wenn sie sich zu sehr fügen wollte, beispielsweise in die unerträgliche Wohnsituation bei ihrer Gastfamilie, unter der sie sehr litt. Sie hat dann tatsächlich ihren Mund aufgemacht, und seither hat sie eine neue Gastfamilie, bei der sie sich sehr wohl fühlt. Sie geht in einem Jahr zurück nach Japan. Sie wird dort eine Revoluzzerin sein, die alles auf den Kopf stellt.

Wenn Yukas Telefon läutet, spricht sie meistens mit jemandem auf Japanisch. Meinem Kopf ist sehr wohl bewusst, dass das japanische “Hai” die höfliche Version von “Ja” ist, und sogar ihr “un”, die weniger hochgestochene Ja-Version, die eigentlich nur aus “n” besteht, erkenne ich mittlerweile und weiß dann: Ah, ein Freund ruft an!

Trotz all dieser Bewusstheit: Wenn sie abhebt und als erstes “Ha-ai” sagt, und danach wieder Hai, und nochmal Hai, und danach noch sehr oft Hai, dann denkt mein Hirn irgendwann: “Und, führst du dann irgendwann auch ein richtiges Gespräch, oder willst du den Anrufer nur begrüßen, bis er auflegt?”