Budapest-Fotos! Für Geschichten bin ich noch zu verschnupft, man möge mir verzeihen.
Budapest-Fotos! Für Geschichten bin ich noch zu verschnupft, man möge mir verzeihen.
Wie versprochen, kommen hier zwei von hubbies Fotos.
Zweiteres hab ich etwas nachbearbeitet, ich hoffe, das ist recht so.
Nein, das hier wird jetzt nicht zum Fremdinhalte-Blog. Hubbie und seine liebe Frau Moni sind seit Jahren Stammleser meines Blogs, uns verbindet eine lose, aber herzliche Bekanntschaft samt gemeinsamer Schweizerhaus-Experience. Und mein Blog verbindet sie mit der Heimat, wenn sie den Winter in Spanien verbringen, so geht die Mär. Und sollte er jemals den Freitagstexter gewinnen – den Blogbewerb, in dem es darum geht, eine witzige Bildunterschrift zu erfinden – dann werde ich auch den für ihn ausrichten, hab ich versprochen.
Hubbies Reiseberichte lesen sich sehr schön, und man kann sich innerlich auch ein bisschen… neidisch stimmen. Hier entlang für Seychellen, hier für die Emirate, hier für Skandinavien.
Bis bald, hubbie!
Längere Autofahrten oder Flugreisen eignen sich hervorragend für lockere Sprachspiele, wenn einem kein anderer Unsinn mehr einfällt, den man in saloppe Worte gießen und hernach zum Amüsement der von vorbeieilenden Luft- oder Landschaften zu Tode gelangweilten Mitfahrerschaft von sich geben könnte.
Ein solches Spiel ist „xy von A bis Z“, das ich eigens für solche Gelegenheiten erdacht habe. Es ist sowas wie Stadt/Land für Mittel- oder Papierlose – man einigt sich auf eine oder auch zwei Kategorien, wie etwa Städte oder Tiere, dann sagen alle Mitreisenden abwechselnd so viele Kategorien-Vertreter mit dem Anfangsbuchstaben A – Amsterdam, Affe, Adaxl -, bis es allen Spielern vom Nachdenken böenweise aus den Ohren staubt. Dann geht man zu B über, und so weiter. Ja, die Spielidee ist nicht gerade aufsehenerregend kreativ, aber durchaus unterhaltsam.
Kreative Neuschöpfungen bzw. -züchtungen sind in diesem Spiel nicht selten – das ist auch viel einfacher, als das Gedächtnis nach tatsächlich Existentem zu durchforsten. Gestern spielten wir die Kategorie Blumen, mit großmütiger Toleranz für überhängende Zimmerpflanzen. Da ersann meine Mutter wunderschöne Blumen mit wohlklingendem Namen: Strontien. „So heißen doch die mit den drei schwarzen und drei gelben Blütenblättern, oder…? Ach nein, die heißen Cäsien!“
Leicht daneben ist auch ok, so zitterte das Wort Espenlaub durch den Raum, und es erschienen sowohl Dornröschen als auch Gürtelrosen. Das Hirn spuckt dabei aber auch verblüffend unpassende Begriffe aus, und zwar ohne den zeitraubenden Umweg über eine etwaige Hirn/Mund-Schranke. Nach Margerite, Moosröschen und Mohnblume warf ich ganz unverkrampft eine Muldenzentrale in die Runde. Gelächter, freundlicherweise kein Stop beim nächstgelegenen Gugelhupf, sondern nur die Frage, wie die denn blühe. Na, natürlich in orange – mit schwarzer Aufschrift!
Bei Z waren wir dann schon merklich ausgelaugt. Um noch einen allerletzten Punkt zu landen, sagte ich „Zitzerlweis – das ist das kleine Edelweiß“, worauf meine Mutter konterte: „Zypresse – das ist das Große für die Zitronen“.
Ich bin ja schon da-ha! Hat etwas länger gedauert. Sorry – ich wurde aufgehalten. :)
Jetzt gibt es endlich auch die Bilder zum Text. Wer möchte, kann sie sich im voll kürrekten Zusammenhang ansehen, dazu bitte einfach auf die Links zu „Türkei 1“ und „Türkei 2“ klicken. Ich hab nämlich nun einige Bilder nachträglich an passender Stelle in die ersten beiden Türkei-Berichte hineingeschummelt. Also klicken und gucken! Alle Fotos, die dort nicht vorkommen, seht ihr dann weiter unten in diesem dritten Eintrag. Und es sind viel mehr Bilder als in meinem Facebook-Profil.
Sämtliche Türkeifotos in einem Stück gibt es auch in diesem Galeriealbum. Aber mit meinen launigen Kommentaren hier in diesen Einträgen ist’s schöner, glaub ich. (Ich hoffe nur inständig, die Galerie hört wieder auf mit dem lahmen Getue! Derzeit ist die Ladezeit zum Gääähnen.)
Links angeklickt und erste Fotos gesehen, ja? Dann lasset mich nun schließlich ausholen zu einem Potpourri der Zusammenhanglosigkeiten, zum optischen Restl-Essen quasi:
Auf der Fahrt muss man schnell sein beim Knipsen, dann erwischt man einige Ansichten im Vorbeifahren.
Den Ausblick aus dem Hotelzimmer bzw. vom Balkon aus mag ich sehr. Immer wieder sitze ich dort auf dem breiten, marmornen Balkonsims, angelehnt an die edelstahlglänzende Brüstung, mit meinen Kissen, Zusatzkissen und Badetüchern als Polsterung unter und hinter mir, und schaue in die Nacht, sehe den Menschen beim Kommen und Gehen zu, und atme die milde Meeresluft.
Wenn man an einem Ort weilt, an dem die Sonne abends im Meer zu versinken pflegt, hat man viele Gelegenheiten für kitschige Bilder. Opfer finden sich auch zur Genüge, frei oder unfrei in ihrem Willen, ob nun Fischer, letzter Sonnenstrahl, Animateur oder doch lieber Fischer.
Der Aufzug im Hotel ist so verspiegelt und verchromt, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Einige der wenigen Situationen, in denen ich mir die große Kamera und das „Weiwi“, unser Weitwinkelobjektiv, herbeiwünsche. In den meisten Fällen aber bin ich reuefrei und über Gewicht und Größe der „Guckidrucki“ ungemein froh.
Gegenüber des Hotels liegt ein alter Friedhof. In seinem Zentrum trotzen verwitterte Grabsteine der Zeit, in den weiter außen liegenden Bereichen finden sich auch neuere Gräber. (Der ätzendgrüne Kobel im Hintergrund ist unser Hotel.)
Nachts ist der Friedhof mit grünem Licht beleuchtet, das wirkt seeehr spooky. Auf dem nächsten Foto kann man ganz links diese Beleuchtung erahnen. Das Knipsen vom Balkon macht auch bei Nacht und in die andere Richtung Spaß.
Überhaupt, so finde ich, hat die Welt bei Nacht ihren besonderen Reiz, auch in der Türkei.
Beim Bummeln durch Alanya und Mahmutlar sieht man so einiges, was man vielleicht nicht erwartet hätte. Blöd jetzt, dass ich meine Metro-Karte daheim gelassen habe. Aber Milch bekommt man auch anderswo.
Ansonsten muss man sich bei jähen Durstgefühlen eben anders zu helfen wissen. Entweder weiß man, wo das nächste Wasserloch ist, oder man weiß, wo der berühmte, endemische Hibiskusteebeutelbaum wächst.
(Durstiges Katzentier geknipst von Etosha-Papa.)
Ein paar Strandimpressionen dürfen natürlich auch nicht fehlen, wenn man den Knipser schon für teures Geld in den Süden schickt. Bittesehr:
Einer unserer Lieblingsstreuner, eine Streunerin eigentlich – ich nenne sie Pupica.
Wenn die Wolken sich vom Gebirge her anpirschen…
…hole man hurtig seine Wäsche vom Balkon, denn dann gibts bald „big rain“.
Wenn Papa sagt, „Stell dich mal da hin“, dann stellt man sich mal da hin. Ohne Motzen. Damit man später auch beweisen kann, dass man wirklich da war.
Und wenn Papa auf einem schönen Foto unter anderem ein unbekanntes Paar mitknipst, kann man das Bild später beschneiden, nachbearbeiten und so noch ein bisschen schöner machen – und sich dann gemeinsam daran freuen.
Am letzten Tag bekomme ich zum Abschied die volle Ladung Türkei frei Fenster geliefert – der Tag der Republik naht (Cumhuriyet Bayramı), und die Flagge, so beschließt man offenbar, muss vor meinem Balkon hängen. Beim Packen wirkt mein Zimmer dadurch zwar enorm rötlich-schummrig, aber mir gefällt das, und ich finde, es ist ein würdiger Abschluss dieses Urlaubs.
Ich möchte die Schweinehunde-Reihe gerne in nächster Zeit als Buch herausbringen. Außerdem darf man sich auf ein Clemie-In-China-Buch freuen. Bei diesen zwei Projekten brauchen wir eure Unterstützung – Kontakte zu geeigneten Verlegern sind gefragt. Wenn ihr dazu eine Idee habt oder jemanden kennt (der jemanden kennt), freue ich mich über Empfehlungen, Mundpropaganda oder ein E-Mail!
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!
Es ist ein chronologisches Hin- und Hergespringe hier derzeit, ich hoffe, ihr kennt euch noch aus. Hier kommen nun nämlich nach einigen technischen Verzögerungen, wie versprochen, die Fotos von Grgur, der zweiten ehemaligen Gefängnisinsel in der Adria. Es ist der letzte Segeltag, nach ein paar durchwachsenen Tagen ist es strahlend sonnig und warm.
Während die anderen schon vorausstapfen zu den alten Gebäuden und deren Überresten, faszinieren mich die unzähligen Schmetterlinge und Eidechsen auf der Wiese davor.
Auf Grgur gibt es weit weniger Gebäude und Industriekomplexe als auf Goli, und die Natur ist in Sachen Zurückeroberung schon weiter vorgedrungen.
Hier ein altes Hauptgebäude; muss ein Aufsehergebäude gewesen sein, aufgrund der erhöhten Lage und der luxuriösen Ausstattung – im hinteren Bereich des Gebäudes findet sich ein Wohnzimmer mit einem großen Ofen.
Erklimmt man die Anhöhe hinter den Gebäuden, dann erreicht man den verschlossenen Eingang zu einer alten Zisterne. Sie hat etwa 20 Meter Durchmesser und wurde in den ansteigenden Hügel hineingebaut. Der Eingang liegt an der Basis. Ein Stück an der Zisterne vorbei, den Hügel hinauf – dort liegt ein riesiges, gepflastertes Wassersammelfeld…
…und die betonierte Leitung zur Zisterne (deren Umrisse sieht man am unteren Bild rechts, mit den Stufen auf das Zisternendach).
Alles wirkt verlassen und unwirklich, wie eine Szene aus dem Computerspiel Myst; auch auf Goli hatte ich schon diesen seltsamen Eindruck.
Am Dach der Zisterne befindet sich ein Einstieg, hinunter in das dunkle, feuchte Innenreich. Ich habe keine Angst, das Dach zu betreten, mein Bruder hat da etwas mehr Bedenken.
Aber es lohnt sich – das Echo ist bombastisch! Singt man hintereinander drei lange Töne in diesen Einstieg, so kann man hinterher noch drei volle Sekunden lang den ganzen Akkord hören. Mein Bruder lässt sich nun doch breitschlagen, wenigstens für zwei gesungene Töne der Tragfähigkeit des Daches zu vertrauen.
Ich beschwinge die Zisternenluft lange mit meiner Stimme, bevor wir die Anhöhe noch ein Stück weiterverfolgen, um Grgurs alte Gebäude von oben zu fotografieren.
Die Insel Grgur ist unsere letzte Station, bevor wir wieder in die Marina Punat zurückkehren müssen. Ein bisschen Wind gibt es, ich dränge darauf, zum Abschluss noch ein Stück zu segeln. Allzuviel Segelwetter hatten wir ja davor ohnehin nicht.
Der Wind weht uns um die Nase, und das Wasser ist so blau, blauer gehts gar nicht.
Schließlich legen wir die „Lady F.“ in ihrer Heimatmarina an, schaffen unser Zeug von Bord und werfen noch einen letzten Blick zurück in das Abendrot.
Wir lernen auch ein bisschen türkisch, aber sehr viel weniger als erwartet. Einer der Animateure spricht mir einen flapsigen Satz vor, fürs Bestellen beim Barkeeper: „Moruk, bir vodka ver!“ Er übersetzt „moruk“ ins englische mit „dude“, und ich übersetze es meinen Leuten ins Österreichische weiter: „Oida“. („Alter, einen Vodka gib!“). Mein Hirn ist aber kein große Leuchte beim Merken von nichtromanischen Sprachfetzen, Minuten später hab ich daher das türkische Oida-Wort bereits vergessen und äußere meine vage Vermutung: „marul“? Der Animateur ist begeistert und lacht, „Das geht auch – das heißt dann Krautsalat.“
In der Kommunikation mit anwesenden Gästen und Angestellten werfen wir mit allem um uns, was wir in unserem Hirn auch nur irgendwie gespeichert haben, mit internationalen Wörtern, mit Händen und Füßen, vor allem aber mit Englisch. Wir übersetzen über drei Stationen, man wendet sich englisch an mich, ich übersetze auf deutsch für meinen Vater und L., er übersetzt es seiner Frau ins Tschechische. Ob da noch viel echte Information ankommt, darf getrost bezweifelt werden, es ist oft wie beim Stille-Post-Spielen. Trotzdem schaffen es ein paar Witze bis zum Endkunden. Und im Notfall spricht ein freundlich-ratloses Gesicht auch für sich. Nach dem Heimkommen bleibe ich verbal allerdings für einige Zeit leicht verwirrt.
Auf dem Markt werden wir in unterschiedlichen Sprachen angesprochen – L. wird für eine Russin gehalten, was sie sichtlich ärgert. Ein türkischer Ladenbesitzer spricht mich in tiefstem ur-steirisch an und erklärt, sein Vater sei Türke, seine Mutter aus der Steiermark, und das Wetter in Österreich sei scheiße. Er bellt so, dass ich ihn schlechter verstehe als so manch anderen Türken. Einer der Verkäufer spricht mich auf schwäbisch an. Einer hat rotes Haar und sieht immens irisch aus, ist aber Türke. Ein anderer wieder spricht das schönste Deutsch, das man sich vorstellen kann – er hat in Deutschland Literatur studiert und verkauft jetzt Schmuck in Alanya.
Sobald sich aber herausstellt, das wir aus Österreich sind, kommt überall auf dem Markt, wie das Amen im Gebet, ein „Servus!“ – und wenn man deutsch spricht, wird man gefragt, „Darf ich dir etwas andrehen?“ Die wirklichkeitsgetreu-paradoxe Komik darin ist den Marktschreiern aber möglicherweise unbekannt – sie bringen sich diese Phrasen untereinander bei, sie werden zum bedeutungslosen Selbstläufer. Trotzdem falle ich beim ersten Hören des Andrehen-Spruches vor Lachen fast aus den Schuhen.
Es handelt sich dabei, apropos, um ein ungleiches Paar Crocs, Batik-Style, einer rosa-weiß, einer lila-weiß, und diese Kombination zieht überall Aufmerksamkeit auf sich. (Schon beim Segelstop auf Rab lockte ich damit Straßenverkäufer aus der Reserve, sogar ein altes Mütterchen mit Kräutern am Straßenrand sprach mich lachend darauf an.)
Und auch auf den Märkten in Mahmutlar und Alanya grinsen mich alle an, ungezählte Menschen deuten auf meine Schuhe, zeigen mir Daumen-hoch oder fragen mich, warum meine Schuhe ungleich sind. Ich frage zurück, warum ihre denn gleich seien, darauf wissen sie nur selten Antwort.
Sollten also nächstes Jahr in Alanya zwei verschiedene Crocs an den Füßen der letzte Schrei sein – dann war ich wohl der Trendsetter.
Man kann dort shoppen, was das Zeug hält – wenn man möchte, allerdings kann ich schon nach kürzester Zeit keine Shirts und Pullis mehr sehen. Ist alles nicht mein Geschmack, ich bin keine wandelnde Werbetafel und mag Markenaufschriften nicht. Ich kaufe auch nur wenig, ein bisschen Schmuck für meine Lieben daheim und als Geburtstagsgeschenk, ein Badetuch, einen neuen Billigtrolley, Zigaretten. Das ewige Feilschen ist mir zu mühsam, es läuft meinem Naturell zuwider und kommt mir immer respektlos vor. Mir ist es generell lieber, wenn Dinge kosten, was sie eben kosten, und jeder ein bisschen was davon hat. Feilscht man dort aber nicht, zahlt man völlig überzogene Preise, manchmal werden diese Situationen auch unangenehm, auf die eine oder andere Weise – Küsschen werden als zusätzliche Bezahlung gefordert, oder der Verkäufer dreht sich einfach mit saurem Gesicht weg und winkt ab. Auch das Zusehen beim Feilschen zählt nicht zu meinen liebsten Urlaubsbeschäftigungen, aber ich begleite L. trotzdem oft, damit sie am Markt nicht ganz alleine ist.
Der Urlaub war durchwachsen, die Situationen mit beznessmäßigen Bemühungen waren schräg und verwirrend, man weiß nie so recht, woran man ist; man benimmt sich wohl in den Augen der fremden Kultur auch selbst daneben und merkt es erst hinterher. Manchmal war’s auch sehr nett, einfach nur gesellig oder auch rasend witzig. Vieles prägt sich nur optisch ein – wie L. und der Barkeeper aus der Ferne „miteinander tanzen“, sie am Tisch sitzend, er hinter der Bar stehend, mit Handbewegungen vor dem Gesicht, es ist jedesmal zum Schreien komisch.
Einer der einprägsamsten Anblicke wird für mich aber der untersetzte Animateur aus Kasachstan bleiben, der mit ultracoolem Kopftuch, in Cargohosen und Playboy-T-Shirt zur Kinderdisco-Abendanimation antritt – und dabei mit ihnen Hands-up, Hokey-Pokey und schließlich den Vogeltanz tanzt.
Die Tage in der Sonne taten mir, meinen Knochen und meiner Stimmung gut, die Rückkehr in die graue, kalte Heimatluft allerdings weniger.
Mein Lieblingswitz aus diesem Urlaub: Zwei Zahnstocher gehen einen hohen Berg hinauf und sind davon schon fix und fertig. Da kommt ein Igel vorbei. Sagt der eine Zahnstocher zum anderen, „Siehst du, ich hab dir doch gesagt, es geht noch ein Autobus!“
Meine Fotogalerie funktioniert leider im Moment nicht so, wie sie soll, drum kann ich derzeit mit Türkei-Fotos leider nicht dienen, ebensowenig wie mit Teil 3 des Segelberichtes. Ein paar hübsche Türkeibilder sind aber in einem Facebook-Album gelandet, wer schauen möchte, ist herzlich eingeladen, mich zu „adden“, wie das so schaurigschön neudeutsch heißt.
Nja, dann erzähl ich euch halt so ein bissl was. Schräge Erlebnisse gabs ja genug, mal sehen, wieviel davon ich noch hervorzaubern kann.
Wir haben natürlich wieder einiges gelernt, weil wir ja stets lernwillig und -fähig sind. Ich war in einem Hotel in Mahmutlar in der Nähe von Alanya, mit meinem Vater, seiner Frau und einer Freundin der beiden, hier L. genannt, alle drei sind in den 60ern. Trotzdem war ich oft früher im Bett als sie, auch aufgrund der Verkühlung, die mich an den ersten Urlaubstagen geplagt hat.
Die Kleinstadt Mahmutlar gab es vor sechs Jahren in der heutigen Form noch gar nicht. Es wurden dort innerhalb kürzester Zeit unzählige Appartmenthäuser aus dem Boden gestampft, in der Hoffnung auf den großen Boom durch den geplanten Ausbau des Flughafens Gazipaşa in der Nähe von Alanya für internationale Flüge – der nun doch nicht realisiert wird – und auf Immobilienkäufer aus Russland und Europa. Sehr oft sieht man die Worte kiralık, satılık – zu vermieten, zu verkaufen. Viele Wohnhäuser stehen leer.
Gebaut wird auf eine andere Art als hier; vierzig oder sechzig Balkone an einem Wohnhaus werden nacheinander verputzt, indem ein oder zwei Arbeiter auf einer einzelnen, wenige Meter breiten Plattform arbeiten, die von Balkon zu Balkon weitergezogen wird. Ganze Gebäude in Gerüsten sieht man nicht. Die Wohnhäuser sind vielleicht nicht gerade für die Ewigkeit gemacht, aber sie sind hübsch anzusehen, außen sehr liebevoll dekoriert, jedes ein bisschen anders. Gelegentlich findet sich zwischen den Häusern noch ein übriggebliebenes Bananenfeld oder eine Wiese mit einer einsamen Kuh.
Die Innengärten der Appartmentanlagen für Touristen sind wunderschön, gepflegt und mit üppigen tropischen Pflanzen bewachsen, die Straßen und Gehwege breit und großräumig gepflastert, die Mittelstreifen begrünt, alles sieht sauber und ästhetisch aus.
Den gelegentlichen Löchern, wo das Pflaster langsam im sich absenkenden Untergrund verschwindet, lernt man auszuweichen. Am Ende der Saison und nachts prägen streunende Hunde das Straßenbild.
Als erstes hab ich gelernt, dass man bei der Verifizierung der kolportierten Existenz einer Straßenunterführung vom Hotelgarten zum Strand diese nach tatsächlichem Auffinden nicht nachts und nach heftigen Regenfällen frohgemut betreten sollte, wenn man nicht bis zu den Knien in einer Kombination aus Regenwasser, Matsch und Müll stehen will, die man hierzulande auch „Slört“ zu nennen pflegt. (Nur bei trockener Witterung und guter Sicht betreten!)
Weiters achte man in fremden Ländern darauf, dass es am Bankautomaten mitunter eine Kartenrückgabefunktion gibt. Will heißen, die Karte kommt
a) eventuell wie bei uns üblich vor der Geldausgabe wieder raus
b) eventuell erst nach der Geldausgabe wieder raus
c) eventuell aber auch gar nicht wieder raus, wenn man nicht den entsprechenden Knopf drückt.
Hirngerecht ist ausschließlich die Variante a). Du kommst ja wegen Geld zum Bankautomaten. Hast du dieses Geld erstmal in Händen, dann ist die Aufgabe geistig erfüllt, du bist schnell die Fliege und bemerkst unter Umständen erst Tage später den dir leerschwarz entgegengähnenden Kartensektor in deiner Geldbörse.
Der Vorgang am Bankautomaten sei also stets und bis ganz zum Schluss von lückenloser Geistesgegenwärtigkeit erfüllt – ansonsten man sich, mit viel Glück, am übernächsten Tag in der Bank belustigt angrinsen lässt und seine Karte nach Vorweis eines Passes zurückbekommt. Das Vertrauen in die Welt ist wiederhergestellt.
Gar nicht soo eine gute Grundlage, wie sich zeigt – in der Türkei ist nämlich alles „echt“. Die Mode von Versace und D&G, die Handtaschen von Prada und Gucci, „genuine fake watches“ von Rolex, der Aldi-Markt… :))
– natürlich auch die spontan entbrennende, tiefe Liebe des einzigen Tourismusangestellten, der kein „Beznesser“ ist – und Red Bull. Es ist eine österreichische Adresse auf der Dose abgedruckt, der Inhalt schmeckt jedoch so widerlich, dass ich für den restlichen Urlaub darauf verzichte. Wer mich kennt, weiß, welch immense Entbehrung das für mich bedeutet.
Auch „all inclusive“ ist total echt, wenn man es gutmütig als „few included“ interpretiert. Schlüssel für Zimmersafe für zwei Wochen: 20 Euronen. Die Liegen und Schirme am Strand: inkludiert. Die Auflagen für diese Liegen, damit man sich nicht unter stundenlanger Gravitationseinwirkung seine Hämmorhoiden in die Halsschlagader drückt: 1 Euromaus am Tag. Nur alkoholfreie Getränke an der Beach-Bar – gut, denkt man, dann erreicht wenigstens keiner das delirium tremens unter knallender Sonne am Strand. Alkoholische Getränke gibt es allerdings dort schon – gegen Bares, genau wie die Imbisse.
Getränke an der Poolbar: inkludiert. Aber nur „nationale Getränke“, wie im gesamten Hotel. Keine Cocktails oder ähnlicher Luxus. Wodka, Raki, Bier, Wein, Limonaden, Soda, Kaffee aus dem Automaten – und Konzentratsäfte aus ImKreisPumpSpendern, die zusammengerechnet in einer Saison ganze Lichtjahre zurücklegen dürften. Getränke an der Poolbar nach 23h: gerne, gegen Bezahlung. Natürlich muss man immer dagegenhalten, was man für den Urlaub bezahlt hat, und in unserem Fall war das echt nicht viel Geld, insoferne war es also im Grunde angemessen. Ich stoße mich nur an der Bezeichnung „all inclusive“.
Inkludiert hingegen ist die ausdauernde Beschallung mit nervtötender Rapmusik aus mäßig funktionsfähigen Boxen an der Poolbar (laut, aber schlechter Sound), die auch im Zimmer bis in die Nacht hinein gut hör- und spürbar bleibt, durchsetzt vom wummernden Blabla des Animateurs, der ins Mikrophon plärrt; Straßenlärm von vier Spuren; und inkludiert ist auch das nächtliche Dauergebell von Maya, der nur einige Monate alten Rottweiler-Dame, die, nebenbei bemerkt, als Folge ihres Kettendaseins als Hotelhund bereits deutliche Fehlentwicklungen in ihrer Muskulatur zeigt.
Es gibt natürlich auch viele positive Aspekte, Sonne, Sand und Meer natürlich…
Das Personal ist freundlich und hilfsbereit, alle Anfragen werden bestens erledigt, eine Decke und ein zusätzliches Kopfkissen bekomme ich im Laufe eines Tages – nur beziehen muss ich mir das Kissen selbst. Der Cremekuchen am Buffet ist eine Wucht, daran kommen wir nie vorbei. Manchmal gibt esauch undefinierbares Essen, aber es schmeckt eigentlich immer.
Wenn man in einem fremden Land ist und fremden Menschen begegnet, dann braucht man als Gedächtnisstütze irgendwelche Anhaltspunkte an Bekanntem, um fremden Gesichtern etwas Vertrautes zu schenken – und um über Menschen sprechen zu können, sodass jeder in der eigenen Gruppe weiß, von wem die Rede ist. Manche Namen von Hotelangestellten erfahren wir gar nicht, andere können wir uns nur schwer merken; trotz Lernwilligkeit hat man im Urlaub ja selten Papier und Stift dabei. Einer der Portiere sieht aber einem Bekannten aus dem Ort meines Vaters ähnlich, daher tauft L. ihn kurzerhand „NeudeggerBertl“. Einmal sitzen wir mit deutschen Gästen an einem Tisch, die den herannahenden Oberkellner als „Hoffmann“ titulieren – denn: „Der sieht aus wie unser Nachbar!“.
Einer der Kellner im Restaurant, einer mit (laut L.) „faszinierendem Hintern“, hat bei Gottes Verteilung der Stimmbruchgefälle-Intensität offenbar sehr weit hinten gesessen, ihn nennt mein Vater intern „Nuchi“.
L. (64) flirtet oft augenzwinkernd mit Nuchi, und er ruft ihr sein „Ei lav juh“ zu. Sprachlos und mit offenem Mund erlebe ich L. nur einmal: Als er ihr seinen Ausweis überreicht, in dem sein Geburtsdatum anzeigt, dass er erst 19 ist. Und es steht nicht Nuchi in seinem Ausweis, sondern Huseyin.
Andere Hotelmitarbeiter haben – ich sags nur ungern, aber man weiß ja, wie Urlaubsschmäh manchmal funktioniert – bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Tieren, manche nicht nur optisch, sodass der Barkeeper an der Beach-Bar zum „Kroot“ wird (neumittelniederösterreichisch für „Kröte“). Er selbst stellt sich als Helmut vor, weil Süleyman sich offenbar erfahrungsgemäß auch niemand merken kann. (Dabei kennt man doch als TV-Addict zumindest Süleyman und Süleyhund. (Ich finde dazu aber kaum Web-Referenzen. War das bei Erkan und Stefan? Bei Kaya Yanar?))
Nicht nur fremde Menschen, auch fremdartige Dinge brauchen Namen, damit man weiß, wovon man spricht. Die in Honig getunkten kleinen Kuchen, die regelmäßig am Nachspeisenbuffet auftauchen, macht mein Vater daher zu „Trenzwuchteln“ (Sorry, ihr Bundesdeutschen, Übersetzung schwer möglich).
Der oben erwähnte Hoffmann, der graumelierte Oberkellner, ist bei mir intern aber „das Puffmütterchen“, weil er dauernd kuppelt und stichelt, was das Zeug hält. L. wird schließlich von H., einem der Kellner, zu einem Motorradausflug eingeladen, und ich erfahre über die interne Hotelküche der Gerüchte sogar früher als sie, dass der eigentliche Grund für den Ausflug der ist, dass L. in der Kleinstadt, in der das Hotel steht, ein Appartment kaufen will. Offiziell dient das natürlich nur als Ausrede, um mit ihr Zeit verbringen zu können, dann kann man behaupten, man wolle ihr ja nur helfen – man dürfe doch mit Gästen nichts anfangen! Verboten! Dieser Behauptung zum Trotz wird sie dann aber tatsächlich zu einem Maklerbüro gebracht und erlebt dort und in einer zu besichtigenden Wohnung diverse grüne und blaue Wunder. Ihre Rachephantasien in Bezug auf eine Revanche an Herrn H. in der Variante „Altfranzösisch“ (L. hat nur noch einen echten Zahn) führe ich hier aus Pietätsgründen nicht näher aus. Aber wir haben sehr gelacht.
Jeder weiß, dass alleinreisende Frauen in orientalischen Ländern keine ruhige Urlaubsminute haben. Egal ob im Hotelrestaurant, im Laden um die Ecke oder auf dem Wochenmarkt, überall wird der westlichen Frau großes männliches Interesse entgegengebracht. Schmeichelhaft, möchte man meinen. Aber nur, solange man nicht ahnt, welche Schleimsuppe der Machenschaften da tatsächlich unter dem Deckmäntelchen der Gastfreundlichkeit brodelt.
Natürlich, diese Art der Anmache gibts überall, wo Urlaub gemacht wird, ob auf der Skihütte oder am Strand. Natürlich, man darf sowas gar nicht ernst nehmen. Dem Skilehrer, dem Animateur, dem Barkeeper geht’s doch nur um eine schnelle Eroberung, ein anderes Häschen im Kistchen, eine weitere Trophäe auf dem Regalbrett seiner testosteronen Eitelkeiten. Wenn so etwas in beiderseitigem Einvernehmen und in der Variante Safer-Sex stattfindet, ist dagegen auch nichts einzuwenden – wir leben schließlich im 21. Jahrhundert. Und: wir leben innerhalb der EU. In Spanien, in Italien oder in den österreichischen Alpen knüpft man von männlicher Seite maximal eine sexuelle Hoffnung an solche Begegnungen.
Undurchsichtiger und weitaus perfider wird es, wenn nicht nur sexuelle Absichten hinter der Anmache stehen, sondern langfristigere Ziele. Dann reichen Komplimente und sexuelle Avancen nicht aus, denn auch Frauen wissen, dass die körperliche Komponente einer Beziehung mit ihrer Dauer an Aufregung zu verlieren pflegt. Dann müssen tiefe Gefühle ins Spiel, um eine Frau für längere Zeit an sich zu binden – und an dieser Stelle beginnt der Übergriff auf die Seele. Der winkende Gewinn: Geld, Geschenke und ein Visum für Europa.
Ist frau vor dem Urlaub nicht vorgewarnt, schluckt sie so manchen Köder, ohne das überhaupt zu bemerken. Fragen nach ihrer Arbeit im Heimatland, nach ihrer Wohnsituation, nach Verwandtschaft oder dem Ehemann werden als Smalltalk oder Interesse wahrgenommen und höflich beantwortet. Seine elendslangen Geschichten über seine eigene Situation (Wohnen, Familie, Geld) nimmt sie zwar wahr, ordnet sie jedoch mangels Information nicht der richtigen Schublade im Gehirn zu.
So entstehen immer mehr lose Enden, an denen Mitgefühl und eine gewisse Zuneigung und später vielleicht auch Vertrautheit baumeln, Enden, die nicht richtig eingeordnet wurden, sie ergeben ein wirres Durcheinander, das im Nachhinein nur schwer aufzulösen und zu erhellen ist. Dazu kommen wohlplatzierte Komplimente, Schmeicheleien und die ersten leidenschaftlichen Gefühlsausbrüche seitens des orientalischen Mannes, immer schön gepaart mit dem tiefen, ehrlichen Blick aus seinen großen, verliebten Augen. Der mehr oder weniger große Altersunterschied scheint ihm überhaupt nichts auszumachen – die Liebe fällt eben dahin, wo das Visum winkt.
Irgendwann wird der Frau die Telefonnummer rausgekitzelt, und schon beginnen die ersten SMS einzutrudeln – und der Kontakt wird freilich auch nach dem Urlaub fortgesetzt, über Telefon, E-Mail, MSN. So verzweifelt verliebte Nachrichten gehen da ein, dass einem Hören und Sehen vergehen.
Ein junger Mann im orientalischen Tourismus ist durchaus gewillt, einige Jahre seines Lebens zu opfern, während derer er Geld, Einladungen und schließlich eine Heiratsurkunde aus „seiner“ Westfrau quetscht, um dafür hinterher unter wehenden EU-Flaggen eine Staatsbürgerschaftsurkunde in Händen zu halten; um dann seine schon lange zuvor geheiratete Ehefrau aus seiner eigenen Kultur und die eventuell vorhandenen Kinder in das Land der Träume nachzuholen – oft auch schon während seiner Ehe mit der Westfrau, getarnt als Cousine oder Schwester. Oder sich hinterher eine Frau zu suchen, die tatsächlich seinen religiösen und moralischen Vorstellungen entspricht, die er respektieren oder dominieren kann.
Dass solche Beziehungen zwischen der Westfrau und dem Mann mit dem tiefen Blick nicht sehr lange auf dem Barometerstand ‚frischverliebt‘ schweben, ergibt sich zwangsläufig – wo keine Liebe ist, kann auch keine liebevolle Beziehung entstehen. Er ist also auch gewillt, die Westfrau seiner Träume immer schlechter zu behandeln, sie zu betrügen, sie zu beschränken und zu kontrollieren, bis die Beziehung schließlich beendet wird – oft in mehreren Anläufen seitens der Frau, denn wenn das Ziel des Mannes noch nicht ganz erreicht ist, kann er im Notfall sehr überzeugend weinen und flehen – bis die Westfrau am Ende auf der Strecke bleibt, oft geschlagen, gebrochen, ohne Geld und ohne Vertrauen in die Menschheit. Das einzige Gefühl, das hier von seiner Seite von Beginn an tatsächlich im Spiel ist, ist die Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Rest ist eiskalte Berechnung, bemäntelt von einer schauspielerischen Leistung, die so manchen Strasberg-Absolventen vor Neid erblassen ließe.
Für diese Machenschaften der orientalischen Männer gibt es einen Fachbegriff – er lautet Bezness.
Wer nun glaubt, all die Geschichten, die diese Männer erzählen, beschränkten sich auf billiges und fadenscheiniges Mitleidheischen, der irrt gewaltig. Sie werden geschickt und raffiniert aufgebaut und über die Zeit eingestreut, sodass frau tatsächlich erst hinterher das Ausmaß des gesponnenen Netzes begreift – wenn überhaupt. Die kalte Heimatluft jedenfalls ist gut für das weibliche Gehirn, und das Informieren im Internet auch.
Mein Urlaub war also auch eine Forschungsreise, ein Trip an Abgründe, die ich vorher so tatsächlich noch nicht kannte. Obwohl ich verheiratet bin und alle Männer dort darüber bescheidwussten, hat man(n) vor mir nicht haltgemacht, und ich habe gemerkt, dass es wirkt, ohne zu bemerken, wie es wirkt. Es ist ein orientalisch verschleierter Frontalangriff auf weibliche Wünsche, auf Träume, es ist eine emotionale Erpressung unserer stetigen Höflichkeit und unseres Mitgefühls mit voller Wucht, und schließlich ein Angriff auf den Selbstwert, von dem ich immer noch nicht weiß, wo genau er sein Ziel findet, aber er findet es. Ich bin froh, mich auf nichts eingelassen zu haben, bemerkt zu haben, dass diverse Statements einfach nicht zusammenpassten, dass da eine gewisse Verschlagenheit im tiefen Blick mitschwang – aber den Sog habe ich sehr wohl gespürt, und nicht zu knapp.
Wer mich kennt, ahnt vielleicht, wie stark ein solcher Sog dafür sein muss. Man muss permanent höllisch aufpassen, um nicht in etwas hineingequatscht zu werden, das man gar nicht will. Im Nachhinein schäme ich mich trotzdem, allein für mein freundliches Lächeln, für meine westliche Unbefangenheit, für meine Bereitschaft zuzuhören und für die Eitelkeit, so viele dieser Komplimente und Statements für wahr zu halten. Ich möchte also gar nicht wissen, wie eine Frau sich nach einer richtigen Affäre fühlt, die sie bis über das Ende ihres Urlaubs hinaus für echt gehalten hat. Aber man muss das wohl erlebt haben, um das Ausmaß dieser Pein und Zerrissenheit zu begreifen oder zumindest zu erahnen. Zu einem vertrauensvollen Umgang mit Mitmenschen in der Zukunft trägt eine solche Erfahrung jedenfalls sicher nicht bei.
Eine mitreisende Bekannte meines Vaters, die über 60 ist und von einem maximal 30jährigen Kellner zwei Wochen lang systematisch eingewickelt wurde, hörte ich ihrem Angebeteten am letzten Tag kurz vor der Abfahrt den Satz „Ich hol dich nach Österreich!“ zurufen. Ich hörte sie aber zum Glück später im Flugzeug auch sagen, „Dass man so deppert sein kann!“. Ich hoffe, sie hat alles schon vergessen und schickt keine SMS in die Türkei.
Denn wenn die weibliche Psyche die Wahl hat, zieht sie es offenbar vor, sich der Hoffnung hinzugeben, den einzigen Ausnahmefall kennengelernt zu haben, anstatt der eigenen Naivität und Eitelkeit ins Gesicht zu sehen; die Injektion der emotionalen Erpressung wirkt nach und lässt eine Angst davor entstehen, dem betreffenden Mann unrecht zu tun und nun selbst einem anderen Menschen seelischen Schmerz zuzufügen, indem sie den Kontakt einfach abbricht. Schwere seelische Verletzungen und Traumata sind für viele Frauen die Folge solcher Begegnungen. Und natürlich mitunter auch große finanzielle Verluste.
Unsere westliche Kultur, die Freiheiten, die wir Frauen hier für selbstverständlich halten und auch beanspruchen und genießen, tragen wir natürlich auch in den Urlaub mit. Diese Werte werden in orientalischen Ländern aufgrund der andersartigen religiösen und gesellschaftlichen Werte, die den Menschen von klein auf eingeimpft werden, aber nicht verstanden und schon gar nicht respektiert. Wir sind dort nur Frischfleisch mit ein paar Pölsterchen (auch finanzieller Natur) und erstaunlich wenig Oberbekleidung.
Auch wir haben Werte – Höflichkeit, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit zu geben und vorauszusetzen gehören dazu; auch ein wenig Würde glauben wir zu besitzen; diese Werte werden von den Beznessern schamlos ausgenutzt. Dass wir das ganze Jahr lang hart arbeiten, um dann einmal im Jahr einen drauf zu machen und uns ein bisschen gehen zu lassen, wird nicht wahrgenommen – wie auch? Freizügig, relativ leicht zu haben und verlockend reich, dafür werden wir dort gehalten. Und für lächerlich gutgläubig, armselig und dämlich, nicht viel mehr wert als eine Hündin auf der Straße.
Die schwülstigsten SMS von Frauen werden unter den Beznessern herumgezeigt, mehrere Frauen gleichzeitig auf MSN bequatscht, sie sitzen im Internetcafé nebeneinander, schreiben voneinander ab und geben sich gegenseitig Tipps, und sie lachen sich den Arsch ab über die Westfrauen und ihre Dämlichkeit.
Ich würde diese Abhandlung in all den Flugzeugen verteilen lassen, die täglich tonnenweise nichtsahnendes Westfrauenhirn in orientalische Urlaubsgebiete karren, wo laue Brisen und heiße Liebesschwüre sie bereits sehnsüchtig erwarten. Ich würde ein paar Zahlscheine für diesen Verein anheften, der europäischen Frauen hilft, nach gescheiterter orientalischer Beziehung ihr Geld oder ihre Kinder zurückzubekommen oder in ihr Heimatland zurückzukehren. Und ich würde ein paar der Erlebnisberichte anheften, die auf der Website 1001geschichte.de gesammelt sind. All diese Geschichten sind wahr, und keine einzige hat ein Happy End.
Falls ihr also eine Frau kennt, die im nächsten Urlaub in ein orientalisches Land wie Ägypten, Türkei oder Tunesien fahren möchte – schickt ihr bitte ein paar Links, und zwar vorher. Diese Information ist ein unschätzbarer Dienst an ihrer seelischen Gesundheit.
Viel Wind war ja nicht gerade. Bis auf einmal, da war dann gleich zu viel Wind. Dazu komme ich dann aber später.
Es gibt aber tatsächlich auch Stunden mit adäquatem Segelwind, nur zum Beweis:
Indes versuchen die Wolken, sich unauffällig vom Festland aus heranzupirschen.
Wir gurken unter Motor zwischen dem Festland und Krk Richtung Norden, um unter der Krk-Brücke durchzufahren.
Wir passieren Rijeka mit Blick auf das Industriegebiet und bestaunen die dazugehörige Smog-Glocke, die über der Küste liegt. In Martinscica auf Cres hoffen wir auf Strom und Wasser, was zwar prinzipiell beides vorhanden wäre, aber dennoch unerreichbar – Wasserschlauch und Kabel sind zu kurz; dafür ist aber auch der Marinero nicht vorhanden, laut Auskunft der Kellnerin im (bayerischen!) Restaurant an der Mole: „Ist zu Chause, trinken, schlafen, waiß nicht.“ Wenigstens liegen wir also gratis. Und gegen Verhungern und Verdursten ist unter der blau-weißen Plastikhülle des Restauranthofes auch vorgesorgt.
Dem Skipper ist am nächsten Tag schlecht von zu viel, öhm, Beefsteak, er verschläft unsere Fahrt durch die weggeklappte Autobrücke in Osor. Windstärke und Wellengang „absurd“ wurden angekündigt.
Von der Pause zur Nahrungsaufnahme an der Südostseite von Cres nehme ich eine Brandblase als Souvenir an das Backrohr mit, in welchigem ich sensationelle Sugo-Brote mit Camembert fabriziere. Danach starten wir unsere Überfahrt Richtung Rab-Stadt, wohlverpackt in Regenkleidung. Der Wind frischt auf, die Wellen werden immer höher. Davon hab ich allerdings keine Fotos, da war ich mit dem Festklemmen meines Körpers an Deck beschäftigt und hatte keine Lust, den Niedergang hinunterzupurzeln, um mir blaue Flecken bzw. die Kamera zu holen. Wenn die Kamera wasserdicht wäre, dann vielleicht. So aber beschränke ich mich darauf, den Seegang, der zwar nicht absurd ist, aber doch heftiger als gewöhnt, ohne Fotoauge wahrzunehmen, dafür breitseits und mit vollem Körpereinsatz (Haut, Magen, Gleichgewichtsorgan). Wir sehen ständig die selbe kleine Insel, scheinbar von allen Seiten, die Fahrt scheint sehr lange zu dauern.
Irgendwann schaffen wir es aber doch nach Rab-Stadt, der Regen setzt ein und hat einige äußerst gemütliche Stunden zur Folge, die wir unter Deck verbringen. Am Abend lassen wir uns von einem werbetechnisch sehr talentierten Wirt per Auto in sein Restaurant „Adria“ karren und speisen auf der Terrasse inmitten von Pinienwäldern. Die Palatschinken mit Eis und heißen Kirschen sind eine wahre Sensation.
Auch den nächsten Vormittag verregnet es uns, niemand hat bei dem Wetter Lust hinauszufahren. Die Gewitterwolken scheinen schier endlos, es regnet, blitzt und donnert. Zu Mittag jedoch taucht über der Altstadt ein unscheinbares Fleckchen blauen Himmels auf und drückt und schiebt sich hin und her, es plustert sich so wacker gegen die Regensuppe auf, bis tatsächlich nur noch blauer Himmel und weiße Wölkchen zu sehen sind.
Der Skipper geht „Tupperdosen suchen“ (geocaching), Martin und ich begleiten ihn. Dabei durch- und überquert man den Hügelpark neben der Altstadt, der mit schönen Felsen aufwarten kann…
…und mit lange vergangenem Meeresgetier…
Man landet auf der Uferpromenade dahinter.
Die Sonne strahlt, wir schwitzen uns eins und finden die Gegend ausgesprochen unwirklich.
Über die Treppe am Ende der Promenade erreicht man die Höhen und kleinen Gässchen der Raber Altstadt. Dort lässt sich’s gut shoppen, wir erstehen ein paar Sonnenbrillen und durchwegs seltsame Kopfbedeckungen.
Am Abend noch ein paar Nightshots der Marina, mit salzwasserverschmiertem Objektiv, wie ich später feststellen muss – ist aber kein Beinbruch, alles halb so schlimm.
Weiter gehts am nächsten Morgen bei völliger Flaute, wir motoren wieder – gut, dass wir Fotografen die Schräglage auch fingieren können.
Ein letzter Blick zurück auf die schöne Stadt.
Und auf zu neuen Aussichten auf dem Weg nach Grgur – die Bilder von der zweiten Gefängnisinsel gibts dann im Teil 3.