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Kleiner Kurbericht

Ich bin derzeit auf Kur. Falls euch nun die Grüne ins Gesicht steigt und ihr glaubt, ich mach hier „sowas wie Urlaub“, kann ich euch sogleich um ein Neidgefühl leichter machen: Es ist extrem stressig. Ich hab sechs Termine am Tag, beginnend um 7h, bei denen ich abwechselnd mit heißem Gatsch beschmiert, mit Ultraschall oder verpflichtenden Ernährungsvorträgen auf Volksschulniveau beschallt werde, in Wasserbecken oder auf Turnmatten auf Zuruf rumhopse oder in CO2-Wasser-Wannen vor mich hinblubbere, um mich hernach mühselig aus heißen Tüchern zu befreien, die man mir nach dem Bad zwangsjackengleich umgewickelt hat. Davor, dazwischen und danach bespaße ich meinen Hund in- und outdoor, rechne mir aus, wie lange ich das jetzt machen kann, bis mir die nächste Stunde schlägt, und versuche, zu den knapp bemessenen Essensterminen zu hetzen, bevor jemand mein Besteck wegräumt.

Der Entspannungsfaktor ist also durchaus… endenwollend. Aber ich hab ein schönes großes Zimmer und recht nette Tischnachbarn. Und ich habe schon einmal sowas wie Freizeitbeschäftigung genossen – wir haben gestern abend eine gute Stunde lang zu viert Tischtennis gespielt.

Leben am Limit, yay!

Über euer Echo freu ich mich diesmal besonders – auch wenn ich nicht gleich antworten kann, das WLAN reicht nicht bis zu meinem Zimmer, und die Extratermine am Tag zum Mail-& Blogcheck sind nur schwer zu verwirklichen, weil ich um 21h so schwer bin wie der Gatsch persönlich.

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Wenn man frühmorgens den Elektriker am Hauseingang empfängt, indem man ihm zuerst auf Crocs über vereiste Fliesen entgegenschlittert und dann mit vernachlässigbarer Eleganz auf den Hintern plumpst, und diese Matinee mit den Worten „Übrigens, Vorsicht, hier isses ein bisschen glatt“ beschließt, dann ist das ein weiterer Hinweis darauf, dass der Film „Mein Leben“ in der Abteilung Slapstick zu finden ist.

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Stellung beziehen

Nicht, dass ich Asylbetrug unterstützen würde. Aber ich spreche mich aufs Deutlichste gegen die Ideologie aus, die derzeit von der FPÖ in ihrem Inserat verbreitet wird. Diese Verhetzung und Verurteilung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, das Diktat von Zwangsmaßnahmen, das Aufspielen als Richter und Herrenvolk, all das schadet dem Ansehen der Republik weit mehr als die Verurteilung irgendeines Herrn Strasser.

Angst wird geschürt, weil ein ängstliches Volk leichter zu kontrollieren ist. Hass, Feindbilder, Angst und absurde Neidgefühle den Menschen gegenüber, die ihre Heimat und Selbständigkeit verloren haben, lösen unsere wahren Probleme nicht. Oder ist hier jemand, der den Geschichtsunterricht verpasst hat? Wer möchte der Nächste sein, dessen Herkunft überprüft wird?

Ich bin GEGEN diese engherzige, unmenschliche Intoleranz, und ich möchte nicht in dem schlechten Licht stehen, das diese angeblich so freiheitliche Partei auf uns alle wirft. Es ist ein Hohn auf das, was Freiheit wirklich bedeutet. Was bedeutet sie euch?

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Jeder Mensch hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeine Unterscheidung, wie etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Eigentum, Geburt oder sonstiger Umständen.“

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Apropos Wuchtel

Weil grad davon die Rede ist – ich hab ja eh allerlei Wuchteln gesammelt, ich hab nur viele hier nicht eingetragen. Der Einfachheit halber und als kleiner Neujahrsgruß kommen hier die bisher Unveröffentlichten.

Es sprach:

  • Der Politwissenschafter der Uni Salzburg in der ZiB:

    … lässt sich zum derzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen.


  • Eine Moderatorin auf Bayern Alpha:

    … ganz zu schweigedenn …


  • Der trockenhumorige tschechische Kellner im „Böhmischen Hof„, nachdem er soeben allerlei Speisen serviert hatte, und mein Vater ihn dennoch daran erinnerte, dass noch ein Salat fehlt:

    Schau ich vielleicht aus wie Tausendfüßler?

    und etwas später beim Servieren von Tabasco zur Pizza:

    Und hier, bittschön, falls kein Geschmack auftritt!


  • Mein Schwiegervater aus Kärnten zur Wetterlage diese Woche in Wien:

    Der Regen ist auf dem Boden gefroren, und unter den Füßen hat sich so ein glitschiger Mulm gebildet.


  • Und letzten Jänner antwortete er auf die Frage „Was heißt schachmatt auf englisch?“:

    Chess tired!


  • Die Frau vom Chef beim Warten darauf, dass die Versicherung ihre Einziehungsaufträge auf unsere neue Bankverbindung umstellt:

    Bis die sich mal gemüsigt fühlen…


  • Wir haben in der Firma Tiefkühlmenüs, die man in einem eigenen Öfchen aufwärmen kann. Meine Kollegin S. ruft einen Techniker im Außendienst an und fragt ihn, ob er etwas essen will, wenn er ins Büro kommt, denn:

    Wir hau’n uns ein Essen in die Tiefkühltruhe.


  • Meine Mutter letztes Jahr im März:

    Das ist eh sehr anständig von ihr, ich möcht das jetzt gar nicht unter den Scheffel kehren.


  • Mein mir rechtmäßig Zugemuteter sagt manchmal des Morgens:

    Aufstehen! Die Vögel scheinen, die Sonne zwitschert!

    Und eines Morgens im letzten Jahr, als wir sehr früh aufstehen mussten:

    Aufstehen! Der Mond scheint, die Vöglein schnarchen!


  • Ebendieser bei anderer Gelegenheit:

    Erleuchtung ist überbewertet.


  • Und bei ganz anderer Gelegenheit:

    Argl, wo habi jetz mei Wurschtbrot hinglegt?

    Auf mein Gegacker und Frotzeln hin, weil angeblich ich doch diejenige bin, die immer alles sucht (es zeigte sich freilich, dass doch mein energetischer I-find-nix-Dunstkreis schuld war, weil ich ihn aufgrund akuten Wasseraustritts in unser neu renoviertes Badezimmer gerufen hatte):

    Wenn du notfallartig ins Bad gerufen wirst, verlierst du auch deine Wurschtbrote.


  • Im thailändischen Restaurant „Hua Hin“, über dessen Name sich der Österreicher ganz gut amüsieren kann:

    Ich: Man könnte 6 mit 35 nehmen.
    Bloggerfreund Arthur: Dann is die Hua aber hin!


  • Mein Freund A.:

    Schwarze Socken in der weißen Wäsche, wenn man die Waschmaschine ausräumt? Kenn ich. Das sind Freiheitskämpfer gegen die Apartheid. Oder politische Flüchtlinge.


  • Ich, an einem anderen Tage, sehr philosophisch zu genau diesem Freund:

    Nur weil man selbst ein humorvoller Mensch ist, muss das ja nicht bedeuten, dass andere alles lustig meinen.


  • Ich, nachdem auf meine Frage, was sie trinken wollen, von A. und D. zweimal die Antwort „nix“ kam:

    Zweimal nix, okay, dann trink ich auch nix, dann brauchi nur einmal gehn.


  • Eine Mann&Ich-Gemeinschaftskreation beim Abenddrink auf dem Balkon:

    Einen Aperitif zu trinken ist in Griechenland Ouzo.


  • Zum Abschluss mein Lieblingsversprecher des letzten Jahres, nachdem ich vom Röntgeninstitut meine MRT-Befunde erhalten hatte:

    Ich hab jetzt meinen Schlüsselbundbefein.


  • Eventuell fehlende Linien bitte geistig zu ergänzen – es ist nicht so, dass ich sie vergessen hätte, sie werden nur einfach nicht überall angezeigt. Das ist das unberachenbere 2013 – man weiß nie, was man kriegt.

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Das Ende naht

Wenn virtuell sich in echt verwandelt, ist das immer ein ganz eigenes, unwirkliches, warmes Gefühl. Heute früh kam ein Paket an, darin waren gar wunderbare Kekse, die ich bisher nur von Bildern in einem gewissen Blog und auf Facebook kannte. Jedesmal lief mir das Wasser im Mund zusammen – heute früh war das Wasser nicht vergeudet! Danke für diese gelungene Überraschung!

Ich hab euch lieb, ihr Bloggerkollegen und Leser. Euch allen da draußen ein wunderbares Weihnachtsfest und schöne, geruhsame, gelassene Feiertage. Danke, dass ihr auch dieses Jahr hier mit dabei wart, und das nicht ganz so unregelmäßig wie ich selbst. Rutscht gut rüber in das Jahr, in dem das 21. Jahrhundert zum Teenager wird, und hoffen wir, dass die Welt damit auch erwachsener wird, reifer, friedfertiger, gerechter, und trotzdem nicht den Humor verliert und die Lust zu lieben, verrückt zu sein und einfach lauthals zu leben. Von Herzen meine besten Wünsche euch allen!

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Was von der AUA übrigblieb

Im Oktober 2011 trieb ich mich dort herum, weil ein Lost-Place-Geocache dort versteckt war: Beim alten Austrian-Airlines-Hauptgebäude in Oberlaa am Rand von Wien. Aus der Umgebung konnte man es oft weithin erkennen, weil das glaslastige Gebäude in der Sonne funkelte und glänzte wie eine Speckschwarte. Es war ein stilisierter Tower, der mir immer gut gefallen hat. Die Natur hatte sich in den Jahren, in denen es leerstand, immer näher herangepirscht; kriechende Gewächse und Sträucher waren ihm allmählich zu Leibe gerückt wie Schlangen ihrer Beute. Wenn man durch die Scheiben blickte, konnte man ein paar einsame Bürostühle erkennen, einige Zettel unter Staub, wertloses Zeug für die Airline, die 2007 umzog in den Office Park am Flughafen Wien.

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Einen Bekannten mit Connections hatte ich danach einmal gebeten, ob ich nicht mal reinkönnte in das schöne alte Gebäude, nur für künstlerische Fotozwecke – vergebens. Nun wird es abgerissen, das alte AUA-Gebäude. Schon seit Juli eigentlich. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass da in der Ferne nichts mehr funkelt. Erst vergangene Woche fiel mir auf der Heimfahrt der schmerzverzerrte, armselige Rest ins Auge, der von der AUA übrigblieb.

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Was da noch steht, ist nur der Mittelteil mit dem Liftschacht. Mir tut es leid um das schöne, (gar nicht so) alte Gebäude. Es hat aber auch Vorteile: Die Raubvögel sind weniger gefährdet. 2011 fand ich dort direkt vor dem Haupteingang einen Falken, der offenbar den Aufprall gegen eine der vielen Glasscheiben nicht überlebt hatte. Ich begrub ihn hinter dem Gebäude auf einem Feld.

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Schäden am Wiener Gemüt

Man ist ja als gelernter Österreicher einiges gewöhnt. Unfreundlichkeit und Grantigkeit im Einzelhandel und in der Gastronomie zum Beispiel. Richtung Westen wird’s freundlicher. Richtung Osten eigentlich auch wieder. Unsere sehr geliebte Stadt Wien und deren Dunstkreis. Außen hui, innen pfui, könnte man lästern – nicht bei allen Gelegenheiten, aber doch bei sehr vielen. Wir sind der Pfuhl, das Zentrum, das Auge des Sturms der gelebten Unfreundlichkeit, Pampigkeit und Patzigkeit.

Wenn man als solchermaßen gelernter Österreicher – oder sagen wir es präziser: als Wien-Dunstkreisler – mal ins Ausland fährt, zum Beispiel über die deutsche Grenze und noch ein Stück weiter, dann merkt man erst, welchen Gemütsschaden dieses Gewöhntsein tatsächlich anrichtet. Da betritt man nichtsahnend eine Bäckerei, sagen wir, an drei aufeinanderfolgenden Tagen, frühmorgens. „Morgen“, sagt man da artig, obwohl man sich als heimatlicher Grüßgott-Trottel schon gar keine Antwort mehr erwartet.

„Schönen guten Morgen!“ flötet es einem da jäh entgegen, dass es einen fast aus den Schuhen haut, und „Was hätten Sie denn gerne?“ Sprachlose Verdutzung macht sich in einem breit, und so deutet man offenen Mundes auf das eine oder andere fein aussehende Brötchen oder Törtchen, wobei man womöglich etwas zurückgeblieben wirkt. Österreicher halt. „Ja, sehr gerne! Was darf es sonst noch für Sie sein?“ An dieser Stelle wird man zum ersten Mal richtig misstrauisch. Ist da irgendwo eine Kamera versteckt? Will die Verkäuferin mich verarschen? Aber mein Kontrollblick tritt sogleich den Gegenbeweis an – ein offenes, freundliches Gesicht schaut zurück, abwartend, aber geduldig.

Ich behaupte also, das wäre alles, obwohl ich noch gerne noch ein paar so freundliche Worte gehabt hätte. Doch ich muss nicht darauf verzichten: Der Eurobetrag wird mir nicht entgegengebellt, sondern von einem „wären das dann bitte“ aufs Puscheligste abgemildert. Weil ich so brav bezahle, ernte ich ein „Dankeschön, hier ist Ihr Rest!“. Auch wünscht man mir noch einen schönen Tag und sich selbst, mich bald wiederzusehen. Ich verlasse die Bäckerei wie vom Donner gerührt. Selbst mein Hund, der draußen wartet, erkennt mich kaum wieder.

Am nächsten Morgen wieder Flötenklänge! „Guten Morgen! Was hätten Sie denn heute gerne?“ Man deutet also an, dass man mich schon kennt, von gestern! Hier kommt der Gemütsschaden voll zum Ausbruch – mein Verdächtigungszentrum schlägt Alarm. Da stimmt doch was nicht! Die muss doch irgendetwas von mir wollen! Ha, das will sie auch – Geld, für das Brot. Mehr nicht. Auch auf Nachfrage nicht. Und wieder lasse ich die freundlichen Wünsche für einen schönen Tag auf meine Seele prasseln wie Monsun auf ausgedörrtes Land. Aber so richtig genießen und einfach nur genießen kann ich es nicht. Es ist mir einfach zu suspekt. Das, liebe Freunde, ist der Schaden, den man als Wien-Dunstkreisler nimmt, einfach durch das Hier-Sein und -Leben.

Am Sonntagmorgen sind die deutschen Verkäufer etwas im Stress und einen Tick weniger freundlich. (Zum Vergleich: Bei uns sind die Verkäufer sonntagmorgens größtenteils eines: im Bett.) Aber etwas anderes beeindruckt mich: die Fortbewegungsart der Spezies! Der dritte Kollege in der Bäckerei, der gerade noch Brot aus dem Ofen holte, kommt vom anderen Ende der Verkaufstheke herbei, um den beiden Kolleginnen beim Bedienen der Kunden beizustehen. Er geht nicht. Er schlurft auch nicht. Er rollt nicht, wie manch ösitanische Feinkostverkäuferin. Er rennt! Jawohl, ich lüge nicht, und ich habe es mit eigenen Augen gesehen!

Sie mögen uns ja mitunter etwas zugeknöpft erscheinen, unsere deutschen Nachbarn, manchmal mag ihr Humor sich von unserem spürbar unterscheiden oder in Einzelfällen gar völlig absent wirken. Aber eines muss man ganz klar sagen: Im Einzelhandel fühlt man sich dort als Kunde wirklich so, wie man sich sprichwörtlich fühlen sollte. Wären die auch nur halb so freundlich, sie würden sich vom Durchschnittsbäcker in DurchschnittsWienUmgebung immer noch merklich abheben. Ich ernüchtere meine deutschen Leser nur ungern, aber bei dem, was mancher gern als „Wiener Schmäh“ anpreist, handelt es sich meist nur um einen gewissen chronischen Grant, wie man ihn von Schmerzpatienten kennt. Echter Schmäh oder auch nur ein freundliches Gesicht ist hier im öffentlichen Leben des Einzelhandels nur noch höchst selten anzutreffen.

(Wie ich so gerne sage: Bei uns schauen sogar die Leute grantig drein, die im Thermalbad zu Wien im warmen Wasser sitzen müssen. Sind aber auch echt arme Schweine.)

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Dann schau doch einfach weg

Es mag eine Facebook-Angewohnheit sein, die Welt ständig in „Gefällt mir“ und „Gefällt mir nicht“ einteilen zu wollen, oder einfach eine schwarzweiße menschliche. Weit hat uns das nicht gebracht, was die Friedlichkeit betrifft. Ich sehe Menschen, die sich daran stoßen, dass andere den „falschen“ Gott anbeten. Ganze Kriege gibts darüber. Oder daran, was irgendein Wildfremder auf der Straße anhat, welche Kleidung, welche Kopfbedeckung, welche Schuhe die Leute tragen, die sie nichtmal kennen. Ganze Blogeinträge gibts darüber. Ich sehe Menschen, die sich daran stoßen, dass einer vom Himmel springen will. Ganze Facebook-Einträge.

Es ist leicht zu vergessen, dass man sich auch dann von außen steuern lässt, wenn man sich auf eine „Dagegen!“-Position stellt, und dass man damit Energien nährt, die auf Opposition, auf Kampf, auf Krieg eingestellt sind. Energieverschwendung Marke „Pointless“, wenn ihr mich fragt. Ich sage nicht, dass das schlecht ist. Ich sage, es ist schade um die Kraft. Man muss sich nicht immer positionieren. Dann schau ich eben einfach weg. Ich hab in meinem Leben genügend andere Dinge, sodass ich mitunter selbst jene versäume, die mich interessiert hätten. Da ist es doch ein Leichtes, das zu versäumen, was mich nicht interessiert.

Handelt es sich um eine Sache, die es unbedingt zu verhindern gilt, weil tausende Menschenleben, Tierleben, Pflanzenleben davon abhängen, und in mir schreit alles „dagegen!“, dann muss ich mein Möglichstes tun, meine Einmannkraft, Einfraukraft zusammenraffen und dagegen angehen so gut ich eben kann, will mich vielleicht einer Organisation anschließen, um meine Einmannkraft zu vervielfachen. Ist es etwas, das in der Welt stattfindet und im Grunde unter „völlig einerlei“ fällt, oder gar etwas, das womöglich bereits stattgefunden hat, dann spare ich mir meine Kraft für mich selbst und beschwöre keine widerstrebenden Kräfte in mir herauf, um in einen Krieg zu ziehen, der nur in mir selbst stattfindet.

Natürlich sind es unterschiedliche Dinge, die wir in die Schubladen „wichtig“ und „egal“ einsortieren – und das ist auch gut so. So ist für alles gesorgt. Doch es gibt auch immer einen Spiegel, der in solchen Anlässen verborgen liegt. Oberflächlich betrachtet ist es der äußere Anlass, der den Ärger hervorruft, doch innerlich gibt es ein Pendant, eine Empfindung, eine Einschränkung, die von der äußeren Sache ausgelöst wird. Dorthin lohnt es sich zu schauen. Das ist auch nicht immer angenehm, aber weitaus heilsamer.