Artikel

Was los?

Ich gebs ja zu, in letzter Zeit war ich ein bisschen schreibfaul. Es gibt Input- und Output-Phasen. Dies ist vorwiegend eine Input-Phase. Was ich mir derzeit in-putte? Die Janet-Evanovic-Romane, die ich im Austausch für einen handgemachten Stofftierfisch in gestapelter Anzahl von meinem treuen Leser hubbie und seiner Frau bekommen hab. Unterhaltsam und spannend, ich fliege nur so durch die Taschenbuchseiten (die ich nach hinten biege, dass es Herrn baumgarf die Büchermonk-Zehennägel aufzwirbeln würd), poliere damit mein Englisch auf Ghettoniveau auf und lasse nebenbei meine Haut ein paar spätsommerliche Sonnenstrahlen hamstern.

Ich hab drinnen und draußen genug zu tun. Die Tomatenstauden wachsen wie Unkraut und sind mittlerweile in anlehnungsbedürftiger Sympathie für die Thuje auf Wohnzimmerfensterhöhe vorgedrungen. Meine gewaschene Bettwäsche wird nicht wie sonst im Trockner aller ihrer Duftmoleküle restlos beraubt, sie darf in der Sonne trocknen und behält ihren Duft im frisch bezogenen Bett noch tagelang. Und ich liebe Wäscheduft! Im Wintergarten, von dem aus ich zu bloggen pflege, ist es seit Monaten zu heiß, um ausgiebig zu schreiben, und die paar kühlen Stunden frühmorgens nutze ich zum Arbeiten.

In meinem sozialen Leben jagt ein Höhepunkt den anderen. Es sind weniger die vielen Königskrönungen und Emmyverleihungen, vielmehr persönliche Höhepunkte in Form von kleinen, aber feinen Treffen mit lieben Menschen, die über die Wochen wohlverteilt sind (die Treffen, nicht die Menschen) – und bei denen ich derzeit mitunter durch Sätze glänze, die mein vom vielen Lesen verwirrtes Hirn immer wieder mit englischen Ausdrücken garniert, die ihm gerade treffender zu sein scheinen.

Meine beste Freundin ist umgezogen und hat damit unsere bisherige Distanz von 50 Autominuten um ganze 47 Minuten reduziert. Mein bester Freund hat, natürlich ohne sie absichtlich übertrumpfen zu wollen, die Distanz von 8440 Kilometern um 8420 reduziert. ‘Bin gleich bei dir’ hat jetzt wieder Wahrheitswert.
Ich erlebe Abende voller Gelächter, gefolgt von Bauchmuskelkater am nächsten Morgen. Das Musikmachen ist auch wieder ein fixer Bestandteil meines Lebens. Und die zweisamen Wochenenden vergehen mit Terrassenfrühstück, Online-Sofasuche und Bonnie&Clyde-Nachmittagen, bei denen er die Waffen poliert und sie den Schmuck.

Ich habe seit kurzem neue Medikamente, die die rheumatische Entzündung eindämmen sollen. Frau Rheumadoc konnte sich für den Vorschlag und das eigene Lernvermögen gleichermaßen begeistern. Über die Wirkung kann ich allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nichts sagen, außer dass die Arbeitseinheit Magen-Darm recht schnell ihre Irritation bekanntgegeben hat. Es ist aber keine Dauermedikation, sodass ich mit kulturell wertvollen Joghurts und Lactrase-Kapseln über die Runden kommen sollte.

Keine besonderen Vorkommnisse also, und doch sehr viele besondere für mich. Das Menschlein in mir begrüßt nicht jede Veränderung mit dem gleichen Enthusiasmus, beispielsweise jene, dass die Tage wieder kürzer werden, aber ich habe vorgesorgt und ein paar hoffentlich gut verteilte Sommer-Verlängerungswochen geplant. Und ein Satz, der dieses persönliche Update mit einem adäquaten Absenken der Erzählstimme beschließen sollte, fehlt diesem Eintrag völlig. Noch Fragen?

Artikel

Schwesters Hochzeit – Reprise

Gerade komme ich von meiner Schwester zurück, wo ich mir feuchten Auges das Hochzeitsvideo anschauen durfte. (Ihr erinnert euch, ich hab dort gesungen.)

Beim Meister des Videos, Walter Hornung, ist jetzt ein Demo-Trailer davon online, er erfordert einige Ladezeit und ist klein von Bildformat, lohnt sich aber trotzdem. Ich find den sehr schön und kitschig und trotzdem schön. In einer der Gruppenfoto-Einstellungen bin ich auch kurz zu sehen. Einige Schnappschüsse von der Hochzeit sind ebenfalls online.

Auch die Gesamtversion konnte sich sehen lassen – in der Länge genau richtig, geschmeidige Übergänge, sensibler Blick für charmante und witzige Szenen – Kompliment. Hat Spaß gemacht.

Artikel

Jedoch

Kaum holt man nach elf Jahren des Zornes mal zum Rundumschlag gegen die Schulmedizin aus, meldet sich auch schon ein Mediziner der alten Schule telefonisch bei mir, um den Gegenbeweis anzutreten. Ich möchte hier nicht über ungelegte Eier gackern, das hab ich im privaten Umfeld für mein Empfinden schon im Übermaß erledigt; deshalb hier vorerst nur soviel: Es gibt für meine gesundheitliche Situation wieder ein Licht am Ende des Tunnels. Und die Chancen stehen ziemlich gut, dass es sich bei jenem Licht diesmal nicht um einen herannahenden Zug handelt.

Artikel

Das “System”

Schulmediziner ärgern sich gerne über Homöopathen, über alternative Heiler und erst recht über sogenannte Wunderheiler, über alles, was nicht über jeden Zweifel erhaben ist, wissenschaftlich fundiert und von zig Studien untermauert. Ich denke, tatsächlich ärgern sie sich über den Erfolg dieser Methoden, denn wären sie nicht erfolgreich, dann wären sie auch gar nicht in das entsprechende Blickfeld gerückt. Manche ärgern sich gewiss auch über sich selbst, und dass sie nicht mehr in der Lage sind, das nötige Mitgefühl aufzubringen – weil so viele kommen, und die meisten davon sich einfach reparieren lassen wollen. Viele Patienten sind in der Tat nicht bereit, die volle Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Manche schicken gar ihre Sekretärin für sich zum Arzt und lassen sie dort die Symptome schildern.

Man darf aber auch nicht vergessen, dass es das schulmedizinische System selbst war, das über Jahrhunderte den Weg für dieses Nichtverantwortlichsein des Patienten gepflastert hat; lange Zeit selber im Duktus eines ammenmärchenartigen Halbwissens, das hinter Selbstsicherheit verschanzt und von oben herab als Wahrheit verkauft wurde – in einer Zeit, als die Menschen davon noch zu beeindrucken und einzuschüchtern waren. Ich Arzt, du kusch. Du liegst, ich stehe. Du sitzt vor dem Wall meines Schreibtisches, ich bin dahinter verschanzt. – Und heute: Du hast da was gelesen? Na, das ist ja sehr niedlich.

Es ist fast müßig zu erwähnen, ich tu’s aber trotzdem: Ich meine hier nicht alle Ärzte, und ich meine nicht alle Patienten. Wenn man sich nicht wiedererkennt, gibt es auch keinen Grund, sich zu ärgern. Bitte in diesem Fall einfach weitergehen, es gibt hier nichts zu sehen.

Ich schrieb drüben bei Frau serotonic, dass verantwortungslose medizinische Mitarbeiter einem verachtende Sätze ins perplexe Gedächtnis brennen, und ich meinte es so. Manche davon vergisst man nie, wie sehr man sich auch bemüht, sie im geistigen Scheißhaus runterzuspülen, sie bleiben in genauem Wortlaut mitsamt dem süffisanten, sarkastischen oder ehrlich bösartigen Tonfall erhalten.
“Wenn Sie eine Diagnose wollen, dann sind Sie hier falsch.” – “Das Brustbein kann einem nicht wehtun.” – “Ich bin hier der Arzt, ich weiß das ein bissl besser.” – “Was Sie das Gefühl haben, is wurscht!” – “Na, ich glaub ja nicht, dass wir da mit Ihnen was zsammbringen.”
Und sowas hält sich für einen Heiler? Ernsthaft? Diese Vorstellung erzeugt heute in mir einen gewissen Lachreiz.

Die Kassenmedizin ist im Großen und Ganzen eine kaltschnäuzige Abfertigungsmaschinerie. Der Patient erzählt dem Arzt bestenfalls die Hälfte, weil für die zweite Hälfte keine Zeit bleibt und nicht die nötige Vertrauensbasis vorhanden ist – oft lügt er sich aber auch selbst in die Tasche, das muss man einräumen. Vertraue niemandem, nichtmal dir selbst!
Daheim tun der Patient dann erst wieder, was er will, er raucht weiterhin, gönnt sich nicht die nötige Ruhe und nimmt seine Antibiotika nicht bis zum Ende ein. Weil er doof ist? Nun, das ist natürlich eine mögliche Erklärung, eine weitere aber ist, dass er kein Vertrauen hat und keine Lust, dem Arzt einen Gefallen zu tun(!), dass er keinerlei Selbstverantwortung hat, dass er selbst machtlos ist, seine Aufgabe auf dem Heilungsweg gar nicht kennt und sich insgesamt wie ein Nebenschauplatz vorkommt, fernab von der Elite in diesem System.

Und derjenige, der in einer geistigen Abwehrhaltung stets ängstlich und mit oberster Priorität darauf konzentriert ist, seine elitäre Stellung zu behalten, hat für das Wesentliche ebenfalls keinen Blick. Es gibt einen Unterschied zwischen Zusammenarbeit und Diktat, einer davon ist die Menge an offener Kommunikation. Der klassisch elitäre Arzt beraubt sich selbst der Hinweise, die ihm die richtige Diagnose und Behandlung vereinfachen oder, im Extremfall, überhaupt erst ermöglichen würden. Es ist ein Kampf innerhalb eigener Beschränkungen, für den man eigentlich nichtmal einen Kontrahenten braucht.

Der Patient jedoch hat dem Arzt eines voraus: Er steckt in diesem Körper drin, der aus dem Gleichgewicht geraten ist. Er hat Empfindungen und Erkenntnisse, die für Diagnose und Heilung relevant sind. Er hat den Willen zur Genesung, oder er hat ihn nicht. Und er hat eine Seele da drin, die auf ihre Umwelt reagiert. Heilung ist ein sehr persönlicher Vorgang, alle Kanäle sollten dafür weit offen sein, und da sind Erwartungen, Hoffnungen und Ängste, auf die in der Regel keine Rücksicht genommen wird. Also ist der Patient gekränkt, seiner Hoffnung beraubt, und zieht seine Seelenfühler mit der Zeit ein; das körperliche Problem wird dann, wenn es an einer Stelle methodisch zurückgedrängt wurde, an anderer Stelle zuverlässig wieder auftauchen.

Faktoren wie Mitgefühl, Aufmerksamkeit, Zuversicht und Humor beeinflussen eine Heilung wesentlich, ob das den Methodengläubigen nun passt oder nicht. Diese Faktoren sind es, die für den Erfolg der alternativen Heiler sorgen; und das Gefühl, dass sich jemand wahrhaft für dich, den Kranken, interessiert, dir neue Wege aufzeigt, aber auch mitunter unbequeme Fragen, die du dir stellen solltest, und nicht nur körperbezogene Fragen – dass jemand dich also anleitet und begleitet, während er dich den Weg aber selbst gehen lässt.

Ein Umdenken und Umfühlen ist auf beiden Seiten des Schreibtisches dringend nötig. Die Schulmedizin hat zweifellos viel erreicht, aber auch viel kaputtgemacht. Wer gewisse Qualitäten nicht mitbringt, sollte Platz machen für eine neue Medizin. Es ist Zeit dafür.

Artikel

La donna è mobile

Ein weniglich plagt mich das Rheuma derzeit, darum gibts hier derzeit auch nicht gar so viel Neues.

Aber vorgestern war es wieder soweit: Oper im Römersteinbruch St. Margareten. Rigoletto, die Lieblingsoper meiner Mutter! Da mussten wir natürlich hin.

Die Oper spielte hinter dem überdurchschnittlich großen, stets mittig platzierten Kopf einer blonden Frau, die zwei Reihen vor mir saß. Sie neigte ihn mit einer beeindruckenden Zuverlässigkeit stets vor jenen Teil der Bühne, wo gerade Rigoletto der Welt sein Leid klagte oder Gilda zuckersüß ihre Verliebtheit kundtat, sodass dafür gesorgt war, dass ich in Bewegung blieb.

Natürlich mach ich nur Spaß, so schlimm war’s nicht, im Gegenteil: Genau wie im Vorjahr bei La Traviata, war unser Familienweiber-Opernausflug auch heuer wieder ein wundervolles Erlebnis.

DSC05522

Selbst wenn man nicht so sehr drauf steht, wenn Menschen unversehens in lauten Gesang ausbrechen, kann man sich dort durchaus hinwagen – das Opernpublikum ist von entspannter Natur, es gibt kaum Drängerei oder irgendwelche Rücksichtslosigkeiten, und die ganze Logistik (Einfahrt, Parken, Eingang, Ausfahrt, etc.) ist vom Veranstalter perfekt organisiert. Guten Wein gibts auch, außerdem phantastisches Ambiente unter freiem Himmel und ein grandioses Bühnenbild.

DSC05540e

Was man dort allerdings mitbraucht: Ein Sitzpölsterchen, denn die Stühle sind aus Metall; Anti-Mücken-Spray für die Attacke der Kampfgelsen bei Einbruch der Dunkelheit; außerdem sind eine warme Jacke und eine Decke auch kein Fehler. Und das Gen des frühen Vogels braucht man, denn die verfügbaren Karten sind mit schöner Zuverlässigkeit bereits im März auf ein paar Reste zusammengeschrumpft. Dafür sind sie auch nicht so teuer wie beispielsweise welche für ein Musical.

Beim Einsetzen des Schlussapplauses gibt es immer ein paar Deppen, denen es wichtiger ist, schnell und von den Massen unbehindert zu ihrem Auto zu kommen, als noch die Leistung der Künstler zu würdigen, sodass sie aufhüpfen und wegrennen, als wären sie Mephisto persönlich begegnet, was bei Rigoletto unwahrscheinlich ist. Darüber schaden-freuen sich all jene, die sitzen bleiben – die Ignoranten verpassen nämlich, völlig zu Recht, ein wunderbares Feuerwerk, synchron zur Musik und sehr symmetrisch. Ein Ausbund an Harmonie!

DSC05603e

Nächstes Jahr wird dort, unter Regie des Bühnenbildners und kreativen Kopfes Manfred Waba, die Zauberflöte aufgeführt. Pa–pa-pa!

Artikel

Gnadenlos

schlägt der Vergesser-Schweinehund in mir zu, seit ich das zweiteilige Kapitel über ihn veröffentlicht habe.

Ich stehe in der Küche rum und habe eine sensationelle Geschäftsidee, in Bezug auf irgendeinen Gebrauchsgegenstand, der so unfassbar inkompatibel mit dem menschlichen Körper ist, wie er nur sein kann, ohne dass mir das jemals zuvor aufgefallen wäre, obwohl es doch so offensichtlich ist! Ich sinniere darüber, dass die Angelegenheit so ähnlich liegt wie die Sache mit den kratzenden Schildchen in der Kleidung, aber noch viel krasser, und denke, zumindest könnte man doch darüber schreiben, wenn man schon nicht eine entsprechende Fabrik bauen lässt und sich mit der verbesserten Form einen goldenen Arsch verdient. All das weiß ich jetzt noch, und ich weiß auch, an welcher Stelle in der Küche ich genau gestanden bin, als ich diese Gedanken dachte. Aber fünf Minuten später kann ich mich trotz redlicher Anstrengung und sofort eingeleiteter liegender Meditation nicht mehr daran erinnern, worum es sich gehandelt haben könnte. Auch fünf Tage später hat mein Hirn auf die Suchanfrage noch keine Ergebnisse geliefert. Und ich fürchte mittlerweile, die werden auch nicht mehr kommen.

Ich sitze auf dem Klo, da fällt mir ein, was ich meinem Mann unbedingt noch erzählen will. Zwei Minuten später stürze ich mit weit aufgerissenen Augen auf ihn zu, ein “Du…!” ausrufend – und bleibe danach stumm, weil ich nicht mehr weiß, was ich ihm erzählen wollte.

Ich bin andauernd damit beschäftigt, irgendwelche Sachen zu suchen; die AAA-Akkus Marke “blaue Schirft auf weißem Grund”, an deren Namen ich im Moment nicht rankomme, von denen ich aber sicher bin, dass ich sie gekauft habe, und meine zwei spanischen Harry-Potter-Bücher, mit denen ich mich während meiner Verkühlung gern befasst hätte, hab ich bis jetzt nicht wiedergefunden. Aber egal – neue spanische Wörter hätte ich mir sowieso nicht gemerkt.

Ich lege mir Gegenstände mitten in den Weg, und lasse sie dann trotzdem liegen, sodass ich sogar mitunter auf halber Autostrecke nochmal umkehren muss. Ich stelle mir schon für jeden Scheiß eine Handy-Erinnerung – mit Text: ja, Textart: aufschlussreich; Tonsignal: ja, Erinnerungsmodus: laut und nervtötend – weil ich sonst vergesse, Freunde vom Bahnhof abzuholen, die Pflanzen zu gießen oder zu einer Bilanzbesprechung zu fahren.

Dennoch, oder gerade deshalb, habe ich das ständige Gefühl, mit einem Vakuumhirn unterwegs zu sein, das jederzeit implodieren könnte. Man könnte diesen Zustand für unbeschwert halten, aber besonders wohl fühl ich mich damit nicht. Drum ist auch hier nicht viel los, weil ich die meisten blogbaren Erkenntnisse, Ereignisse oder Wuchteln nicht behalten kann. Und drum ist die Wuchtel des Monats auch noch aus dem Vormonat. Ich erinnere mich durchaus, hin und wieder gelacht zu haben, aber nicht worüber.

Meine Mutter übrigens war auch ganz begeistert vom Vergesser-Kapitel und fand, dass ihre beste Freundin das unbedingt auch lesen müsste. Ob ich es ihr wohl ausdrucken kann. Ich frage, ob die Freundin denn keinen Internetanschluss hat, da meint sie, “Naja, ich hab sie danach schonmal gefragt – aber ich habs vergessen.”