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Verein der Blogger mit seltsamen Krankheiten

Letztens hatte ich ein online-Schwätzchen mit Herrn jawl, der wiederum von einer anderen Bloggerkollegin zum Bloggen seiner seltsamen Krankheit angeregt wurde. Ihr seid nicht allein, rufe ich euch da sogleich zu, und beteilige mich am pathologischen Striptease.

Allerdings ist die komplette Story meiner Erkrankung nicht nur gewaltig lang, sondern auch ebenso langweilig zu lesen. Stattdessen möchte ich nur relativ kurz berichten, was mir fehlt, und zum Schluss, rein aus aufarbeitungspsychologischen Gründen, ein paar Fragen in die Vergangenheit schicken.

Ich habe seit Ende 1998, da war ich 24, Schmerzen im Brustbein, in den Ellbogen, Schultern, Schlüsselbeinen, Rippen und in verschiedenen Gelenken. Auch ein Ausschlag an Handflächen und Fußsohlen gesellte sich später hinzu. Panikattacken wegen Herzstolpern und der Brustschmerzen (Huhu, Herr jawl!) waren lange meine Begleiter und kommen auch jetzt noch ab und zu vor, ebenso schubweise Zahnentzündungen. Die Aufzählung weiterer Symptome spar ich mir hier. Ich war jedenfalls wegen ihrer funkelnden Vielfalt freilich auch immer „psychisch extrem auffällig“.

Man hat mich über Jahre zum nächsten Arzt weitergeschickt (aber erst sehr spät zur Rheumatologie), mir unnötige Medikamente verschrieben, die mir nicht halfen und mir den Magen ruinierten, hat mir nicht geglaubt und mich mit, je nach Arzt, gleichgültigen bis spöttischen Kommentaren bedacht, mich jahrelang alleingelassen. Die Schmerzen waren so heftig, dass mir das Fenster im dritten Stock Altbau damals in Wien sehr oft sehr verlockend vorkam.

Meinen damaligen Job musste ich zuerst auf 30, dann auf 20 Stunden reduzieren und schließlich ganz aufgeben.

Die Suche gab ich trotzdem nicht auf, recherchierte viel im – damals noch recht medizinarmen – Internet, versuchte weiter, eine Lösung zu finden, raffte mich immer wieder zum nächsten Anlauf auf, von den Schmerzen gleichermaßen angetrieben wie sabotiert. Eine amerikanische Mailingliste mit Costochondritis-Betroffenen half mir seelisch sehr. Erst im dritten Jahr kam ich an eine fähige Schmerztherapeutin, die mir etwas Erleichterung verschaffen konnte – mit ordentlichen Schmerzmedikamenten und Akupunktur. (Dr. Laciny, Wien, wärmste Empfehlung!) Die erst sehr viel später angeordnete Szintigraphie zeigte deutlich die entzündungsbedingten Knochenveränderungen an meinem Brustbein – nicht, dass darauf eine Diagnose gefolgt wäre.

Diese bekam ich erst im September 2007: SAPHO-Syndrom / CRMO (Chronisch rekurrierende multifokale Osteomyelitis), eine rheumatische Erkrankung. Jemand hatte doch mal meine Befundmappe aufgeschlagen und die Verbindung zwischen dem schon zuvor als „zum psoriatischen Formenkreis gehörend“ diagnostizierten Ausschlag und den Gelenks- und Knochenproblemen hergestellt. (Dr. Schmidt, wärmste Empfehlung!)

Wäre da nicht mein Mann gewesen und seine (nicht nur, aber auch) finanzielle Unterstützung, damit ich „privat“ zum Arzt gehen kann (Schmerztherapie und Rheumatologie, demnächst auch Zahnarzt), würde ich vermutlich immer noch auf eine Diagnose warten. Ich habe über die Jahre unglaublich viele unfähige Ärzte erlebt, unglaublich viele Frechheiten eingesteckt und unglaublich viele Tränen geweint, sowohl aus Schmerz als auch aus Enttäuschung, Frustration und ohnmächtiger Wut nach einem weiteren fruchtlosen Arztbesuch.

Heute bin 37, zwar nicht schmerzfrei und auch nicht so leistungsfähig wie andere Leute, aber es geht mir besser als 1998. Die Schübe kommen immer wieder, aber ich habe zwei recht brauchbare medikamentöse Strategien dagegen – und immer noch den Eindruck, dass es insgesamt weniger wird statt mehr. Ich werde von einem lieben Freund regelmäßig und professionell massiert. Für die Schmerzmittel, die ich gut vertrage, muss ich ein Rezept vorlegen, so verlangt es die Bürokratie, dafür darf ich sie aber auch selber zahlen – die Kasse kommt dafür aus diversen Gründen nicht auf. Schön, dass ich jetzt zwei Jobs habe, bei dem man sich auf mein Auftauchen verlassen kann, mich aber nicht auf einen bestimmten Tag festnagelt und mir damit gestattet, mich sehr flexibel nach meinem Körper zu richten.

Ich habe mich aus einem sehr tiefen Loch zurück hinauf ans Tageslicht des Lebens gearbeitet. Falls jemand Rat und Hilfe zu den Themen Rheuma / chronische Schmerzen / Gelenksschmerzen / Panikattacken / Arztsuche braucht, kann er sich gerne an mich wenden, oder an das Forum rheuma-online – sehr nette Menschen da.


Ein paar Fragen in die Vergangenheit
(Muss man nicht lesen, ist nur zu Deponie- und Loslasszwecken hier)

Ist Ihre Sprechstundenhilfe eigentlich zu allen Patienten so scheiße unfreundlich oder nur zu denen mit chronischen Schmerzen? Und nimmt sie eigentlich immer Diagnose und Behandlung vorweg, oder nur bei einfachen Fällen wie meinem?

Ich bin also nicht der Typ, der Dinge zu Ende bringt? Ein kleiner Auszug gefällig? Lasertherapie, fünf Physiotherapien, TENS-Behandlung, Akupunktur über viele Monate samt Dauernadeln in den Ohren, drei Antibiotika-Kuren gegen nicht vorhandene Keime, sechs Monate Antibiotika-Kur gegen nicht vorhandene Knochentuberkulose, eine Hypnosetherapie und zwei Hyperthermiebehandlungen, bei denen ich über Stunden ein Thermometer im Arsch hatte. Mit der Qualität Ihrer Behandlung kann mein Therapieabbruch nichts zu tun haben?

Halten Sie als Arzt es für möglich, dass die Berichte und die mündliche und schriftliche Krankheitsgeschichte des Patienten einen gewissen Informationsgehalt haben, auf den Sie zur Diagnosefindung nicht von vornherein verzichten sollten?

Und Sie glauben nicht, dass nach jahrelangen chronischen Schmerzen die Verspannungen auch von den Schmerzen kommen könnten – und nicht umgekehrt?

Haben Sie, Herr Doktor, sich schon mal bewusst gemacht, wie viel Einfluss auf den Patienten ein Äußern Ihrer persönlichen Erwartung in Bezug auf den Therapieerfolg hat? Würden Sie angesichts dieser Erkenntnis nicht lieber doch den Mund halten als zu sagen: „Ich glaub ja nicht, dass das was bringt, aber probieren wir halt mal jenes“?

Würden Sie, Herr Orthopäde, vielleicht mal in Betracht ziehen, den Patienten zu einem Rheumatologen zu überweisen, wenn Ihnen die Anzahl der Symptome zu hoch vorkommt und Ihre ewige Theorie „Das kommt alles von der Wirbelsäule“ sich nicht und nicht beweisen lassen will? Und in Betracht ziehen, vielleicht mal ein Buch aufzuschlagen, bevor Sie äußern: „Das Brustbein KANN einem nicht wehtun“?

Ist den Herren Politikern bewusst, dass Sie mich mit Ihrem „Verhindernwollen einer Zweiklassenmedizin“ regelmäßig zum Lachen bringen?

Übrigens: Wer mir aufgrund alter und neuer Erkrankungen dummdreist das Urteil ’spirituelle Unreife‘ aufdrückt (ja, das gabs letztens auch), der darf mir gerne, aber aus rheumatischen Gründen nur einmalig, den Buckel runterrutschen.

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Schlimm.

Spitalsambulanz mit meiner Freundin, jemand den ich kenne, unangenehme Erinnerungen an eigene endlose Arztodysseen werden wach, Schmerzen, lange Wartezeiten, ungereimte Abläufe und keinerlei Ergebnis außer Rezepten ohne Schonung der Magenschleimhaut, alleingelassen vom System. Unzureichend. Ich möchte was tun, was Tröstendes anbieten. Ich weine nicht.

Familie, jemand den ich kenne, der Sohn im Teenageralter, verliert bei einem Arbeitsunfall im Ferienjob ein Fingerglied. Schuld ist ein anderer Mitarbeiter, hirnlos. Zusammengeflickt, Drähte, Verbände, Schienen, erzählt man mir. Und wofür? Für irgendeine Fabrik, irgendein Management, irgendeine Lebenslaufzeile und ein paar Euro. Unnötig. Ich möchte was tun, was Tröstendes schenken. Ich weine nicht.

Eine Freundin, jemand den ich kenne, ihre Mutter im Krankenhaus, vorher keine Beschwerden, die immerwährende kindlich-naive Perspektive „Mama wird immer da sein“ weicht der jähen Alptraumrealität „nur noch ein paar Monate“. Unvorstellbar. Ich möchte was tun, was Tröstendes sagen. Ich weine nicht.

Und dann kommen die Enten. Auf der Autobahn, Nachmittagsverkehr, in der Mitte nur schmale Betontrenner. Links von der Überholspur gestrandet, zu dritt sind sie, zwei kleine, eine größere. Hektisch schauen sie um sich, trippeln unentschlossen hin und her. Dreißig Meter weiter sind noch zwei Enten, waren gerade noch Enten, Überreste lebender Wesen, verspritztes Blut, Federn, Fleisch auf Asphalt. Plattgefahren von Ungetümen aus Blech und Gummi, die zu schnell sind, um ihnen auszuweichen, als Ente. Die drei anderen überlebten diesmal. Sie mussten zuschauen. Sie sahen das, was ihnen gleich selber zustoßen wird, und können doch nirgends hin. Mit Laufen schaffen sie es nie und nimmer über die beiden Spuren lebend auf die andere Seite, wo das Grün ist, der Teich, der Fluss. Fliegen müsste man können! Doch Enten starten ihren Flug sehr flach. Zu flach für die schnellen Ungetüme. Noch leben sie, in diesem Moment meines Vorbeirauschens, aber sie könnten genausogut schon tot sein, blutiges Fleischgefieder auf irgendeiner Autobahn, welchen Unterschied macht das noch? Ich bin eines der Ungetüme und fühle mich auch so.

Dann bricht der Damm. Dann rudert meine Verzweiflung durch tiefes Tränenwasser. Dann will ich die Welt anhalten, zurückdrehen, anders haben; den endlosen Verkehrsstrom unterbrechen, die Enten retten, meine Freundin, meine andere Freundin, ihre Mutter, den Sohn im Teenageralter. Meinetwegen sogar den hirnlosen Mitarbeiter. Es kommt, wie es kommt. Man wählt, wie man wählt. Akzeptanz ist für mich die schwerste Übung. Aufgeweicht in Zweifeltränen die spirituellen Vorstellungen über die freie Wahl – erdacht zur Übersteuerung der eigenen Kleinheit und Machtlosigkeit.

Machtlos. Kann nichtmal drei Enten retten.

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Automatische Wiedergabe in Windows 7

Ich habe ein neues Notebook. Ein HP EliteBook 8540w. So ein neues Dings ist superschnell, bringt aber jede Menge Arbeit und Ärger mit sich. Kauft euch kein neues Notebook. Kauft euch Antifaltencreme! Und Sonnenspray.

Windows 7 ist zickig. Es will das Denken für mich übernehmen, ist aber dazu aufgrund hormoneller Schwankungen (weil zickig) gar nicht in der Lage. Ich denke ja ab und zu ganz gern auch selbst.
Konkretes Problem: Windows registriert nur gewisse Programme für die „Einstellungen für automatische Wiedergabe“ verschiedener Medien und Medientypen – und es gibt auch keinen vorgesehenen und offiziellen Weg, ein Programm zur Liste mit den vorgeschlagenen Programmen hinzuzufügen. Wenn ein Programm beim Setup verabsäumt, sich bei Windows 7 als patenter Kandidat vorzustellen, dann war’s das.

Schließt man zB einen Cardreader an oder steckt eine Speicherkarte in den internen Cardreader, öffnet Windows 7 ein Fenster und fragt, was man denn nun als nächstes tun will. (Man kann das auch standardmäßig unter „Einstellungen für automatische Wiedergabe“ definieren.) Wenn sich Windows nun weigert, ein gerade installiertes Programm in diese Liste der Programme aufzunehmen, dann kann man in der Registrierung rumsuchen, bis man HKEY-CURRENTUSER-murmelnd von den Männern in weiß abgeholt wird – oder aber man lädt sich ein kleines, feines Gratis-Tool runter: Den DefaultProgramsEditor.

Im Fall eines von Win7 verweigerten Cam2PC-Downloaders („Herunterladen der Bilder mit cam2pc“, was unter WindowsXP nie ein Problem war und immer sehr elegant funktionierte, samt benutzerdefinierter Ordneranlage und Drehung lt.Exif, völlig automatisch und im Hintergrund, versteht sich) sieht der Vorgang so aus:

Den vorher genannten Editor öffnen (erfordert keine Installation, nur eine Extraktion der exe-Datei aus der Zip-Datei).
„Autoplay-Settings“ auswählen.
Als Media-Type „Pictures“ auswählen.
Findet man in der nun angezeigten Liste der Autoplay-Handler die gewünschte Option „download with cam2pc“ NICHT (was wahrscheinlich ist), dann klickt man rechts unten auf „Add“.
Unter „action name“ den gewünschten Namen eingeben (zB „Download“ – oder auch „Eierbär“).
Für den cam2pc-Downloader lautet der Programmlink:
„C:\Program Files (x86)\cam2pc\cam2pc.exe“ /transfer %L (Wofür %L steht, fragt ihr bitte bei Gelegenheit jemand anderen.)
„Infer program name from program“ und „Infer icon from program“ anhaken.
Fertigstellen und speichern.
Die gewünschte Anwendung (bzw. Sub-Anwendung) ist jetzt sowohl in der Programmliste verfügbar als auch als Standardvorgang für Speichersticks mit Bildern gesetzt. Bilder auf externen Festplatten betrifft das nicht, wie ein Test bestätigt hat.

Den Tipp für das kleine Programm hab ich aus den 7tutorials.

Ja, ich bin selber auch zickig und möchte es halt so, wie ich es eben möchte. Hartnäckig und tränenverschmiert kämpfe ich bis zum Tod bzw. Schlaf. Warum will ich das denn auch? Windows 7 hat doch so einen tollen integrierten Downloader?
Jaja, eh. Ich bin aber kein Freund von 3komma4 vorgegebenen (und damit auf 3komma4 eingeschränkte) Möglichkeiten, und meine seit Jahren gleiche Struktur zur Benennung meiner Fotoordner war im integrierten Downloader eben einfach nicht dabei. Warum? Weil man den durchschnittlichen Mensch nicht mit Platzhaltern überfordern darf. Wer versteht schon .\%Y%m\%yyyy%mm%dd? Ah eh alle? Na dann…

Ich hab so ein Gefühl, dass ich das kleine Tool noch öfter brauchen werde.

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Und weg

Ich begebe mich wieder mal nach Madeira, diesmal gemeinsam mit meiner Mama. Bei meinem letzten Urlaub dort dachte ich bei jeder zweiten Blüte an sie und wie gut ihr das alles gefallen würde – also nehm ich sie diesmal einfach mit.

Häuser und Hunde werden gehütet, El Reisehase und mein Fotozeug liegen im Koffer Nase an Nase, und ich hasse Kofferpacken immer noch. Warum findet man all die praktischen Dinge ausgerechnet dann nicht, wenn man wegfahren will? Gibt es eine dem menschlichen Auge verborgene Dimension der praktischen Dinge, in der Dreifachministecker, Schaumgummiobjektivschoner und Getränkehalter gemeinsam mit vermissten Pinzetten, Hüten und Schlüsselbändern Party machen?

Warum denke ich nicht früher daran, den neuen Koffer zu bestellen, den ich schon seit Monaten begehrlich beäuge? Wozu hab ich stets den guten Vorsatz, nur das Allernötigste mitzunehmen, wenn dann doch immer dreimal so viel Zeug in den Koffer soll, wie ohne die Hilfe eines Sumoringers hineinpasst? Warum sind DSLRs und ihr Zubehör so ungemein platzhungrig? (Und so SAUSCHWER?) Mit dem Auto verreise ich lieber: Kofferraum auf, Zeug rein, Kofferraum zu – alles dabei. Sogar der Hund. Aber so verbringe ich immer Stunden in stiller Meditation darüber, wieviele Westen ich am besten auf die Reise anziehe, damit ich sie nicht im Koffer unterbringen muss, nur um dann im Urlaub mit einer geradezu lächerlichen Menge an Kleidungsstücken auszukommen – nur dass ich vorher nie weiß, welche das sein werden.

Ich wünsche euch einen schönen Rest-Mai und werde euch gelegentlich einen schönen Gedanken schicken, wenn ich von der Terrasse unseres 135m²-Apartments auf den Atlantik schaue.

BisBald
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Baustelle

Am Montag kommt der dritte Streich unserer Baustelle. Neue Fenster im halben Haus und der Innenausbau zweier alter Räume sind erledigt, und kaum hab ich auch nur halbwegs den Normalzustand wiederhergestellt, droht für Montag auch schon die Fassadenisolierung (rechtzeitig zur kalten Jahreszeit, gnihihi). Das Blöde daran: Auf die Veranda, deren Wände unter anderem auch isoliert werden sollen, führt nur ein Weg: durch die eben erst neu hergerichteten Räume. Mit den neuen Teppichen und den schönen neuen Wänden. Ich komm mir ein bisschen vor wie dieser unglückliche Griechengott, dem von diesem fiesen Piepmatz immer die gerade erst frisch nachgewachsene Leber rausgeschmaust wird.

Während dieses verwunschenen Zustandes, den man so verharmlosend „Baustelle“ nennt, ist man ständig damit beschäftigt, Entscheidungen zu treffen, Erinnerungsfotos von Unterputz-Stromleitungen zu schießen, Arbeiter reinzulassen, Unmengen Kaffee bereitzustellen, neue Milch zu holen, die Thermoskanne zu reparieren und herumzutelefonieren. Daher muss man in den Baustellenpausen nachholen, was man während des verwunschenen Zustandes gar nicht geschafft hat (Wäsche waschen, saubermachen, arbeiten, allein sein, zu Sinnen kommen), wodurch sich nie irgendeine nennenswerte Freizeit ergibt, außer in jenen Phasen, in denen man mit schmerzendem Kreuz an einer Innenmauer lehnt, innehält und sich ächzend fragt, in welchen falschen Film man hier eigentlich geraten ist. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Eltern mehr als 10 Jahre in der Baustelle gelebt haben, die seit ihrer Fertigstellung Einfamilienhaus heißt, muss ich echt sagen: Ich hätt schon nach einem Jahr drauf gepfiffen.

Noch dazu hab ich seit geraumer Zeit ein etwas getrübtes Verhältnis zur Materie im allgemeinen, was sich dadurch äußert, dass ich innerhalb der Baustelle Herrn Murphy zur Alleinverwendung gepachtet hab. Die Folgen: Abgerissene Schrauben, heißgelaufene Bohrmaschinen, wehrhafte Schrauben, die ums Verrecken nicht zu erreichen geschweige denn rauszukriegen sind und völlig eigenständig ganze Zwischenwände festhalten, alle 10 Minuten Verwünschungen des Erfinders der Schlitzschraube, Kratzer an Wänden, schwarze Heizkörperflüssigkeitsflecken auf dem helleren der beiden neuen Teppiche (waagrechter Tränenausbruch!) sowie ein Brandloch vom Flexen, die falschen Montage-Clips für die Sesselleisten, außerdem jede Menge blaue Flecken, Schnitte, abgebrochene Nägel und laute Flüche – und alles mögliche, was vorstellbar und auch, was nicht vorstellbar ist. Zwischendurch Anfälle von blindem, knallroten Unzulänglichkeitszorn angesichts zu geringer Körpergröße und Kraft.

Die Krönung des letzten Baustellenabschnittes war jener Sonntag, an dem wir um Mitternacht ins Bett fallen wollen, nachdem wir den ganzen Tag an der Fertigstellung gearbeitet und danach auch noch die 127 Werkzeuge zusammengesammelt sowie gefühlte 8700 Schrauben sortiert und in der Garage verräumt haben, deren zwanglose Verteilung im Haus dazu geführt hätte, dass man am nächsten Tag nirgendwo vernünftig putzen oder saugen hätte können. Ich gehe ins Schlafzimmer, der Mann liegt schon im Bette, ich betätige den Lichtschalter – und das Licht geht nicht aus. Ich betätige den anderen Schalter der Wechselschaltung – selbes Ergebnis. Das Licht bleibt an. Also nochmal das Messgerät holen, ermüdetes Herumgemesse, schließlich, aufgrund der gemeinsamen Feststellung „Das KANN gar nicht sein“ meine Vermutung, es könnte sich um einen Traum handeln. Denn immer, wenn was passiert, was gar nicht sein kann, ist es ein Traum. Oder eine kolossale Pechsträhne.

Schließlich stellt sich heraus, wir haben bei der Montage der Sesselleisten mit einer Schraube (zu jenen Montage-Clips, die wir endlich auf die richtigen umgetauscht hatten), ein Kabel angebohrt – eine der Clip-Schrauben führt gespannte 220 Volt. Schraube raus, Schalter aus, endlich Licht aus, 00:30h, gute Nacht, schnarch-schnarch. Wir lernen daraus: Man sollte die Leitungen nicht nur fotografieren, solange man sie noch sehen kann, sondern sich diese Fotos auch ansehen. Die Aussage „Ah! Des geht scho!“ ist dafür kein angemessener Ersatz.

Der langen Rede kurzer Sinn: Ich lebe noch. Und ihr?

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Es gibt immer ein erstes Mal

Entgegen meiner bisherigen Überzeugung muss man gar nicht besonders dämlich sein, damit einem der Haken eines Gummi-Spanngurtes (vulgo „Gummiwürschtel“) um die Ohren fliegt. Ein bisserl Pech reicht auch.
Falls ich also demnächst eine bemerkenswert kolorierte Schläfe und Nase habe – nein, mein Mann schlägt mich nicht. Der ist gar nicht daheim.

(Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass ich mir die Zunge an einem Joghurtdeckel schneide.)

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Winken, wedeln, wacheln

Montierte man Nachtsicht-Kameras in den Häuschen-Kabäuschen der Toiletten in Restaurants oder Bars, man könnte beim Zuschauen stundenlang wonnig glucksen über Frauen und Männer in wilder Bewegung, die da ganz allein im Dunkeln die Welle machen, die mit Gliedmaßen wedeln, angesiedelt auf der Eleganzskala, je nach Talent, irgendwo zwischen „Tänzerin, orientalisch“ und „Teletubby, fliegengeplagt“. All diese Anstrengungen nur, um den Bewegungsmelder fürs Licht freundlich von der eigenen Anwesenheit zu unterrichten.

Schon beim Betreten der Kabine wird das mitunter nötig, weil diese Gerätschaften ja nicht immer so eingestellt sind, dass sie einen auch „gneißen tun“, wie der Wiener sagt, also: bemerken. Manchmal wachelt man auch völlig vergebens, und es bleibt dunkel. Wenn man dann auch noch einen Lichtschalter entdeckt, wirds ganz peinlich. Man kichert in so einem Fall kurz mit sich selbst, um dann von oben ordentlich beleuchtet seinen Geschäften nachzugehen.

Unumgänglich wird das Witzfigurenreißen allerdings, wenn einem mitten in der Sitzung die Beleuchtung ausgeht. Nicht, dass man in pechschwarzer Finsternis seinen eigenen Hintern nicht wiederfände, wenn man schon sitzt, aber irgendwie unbehaglich ist es trotzdem so im Dunkeln, zumal die meisten Kabinen weder über Fenster noch sonstwelche Ritzen verfügen, die auch nur ein, zwei Photonen Restlicht aus klofremden Gefilden hereinließen. Doch manch einer will ja schließlich sehen, was er generiert hat, was ja prinzipiell möglich ist, sofern es sich bei der Porzellanschüssel unter ihm nicht ohnehin um einen Tiefspüler handelt, der ihm den Blick auf die eigenen Hinterlassenschaften standhaft verwehrt, ihn aber dafür mit einem nassen Hintern beglückt, wenn er gut trifft.

Das Klo ist ja ein Ballungsraum patentierter Technologenkreativität. Nicht nur die Sache mit dem Licht will elegant gelöst sein, da ist ja auch noch das Händewaschen und -trocknen. Fand ich keinen Lichtschalter und es ward dennoch hell, gehe ich hinterher auch davon aus, dass der Wasserhahn mein Begehr schon bemerken wird, wenn meine Hände nur genau die richtige Stelle streifen. Oder vielmehr die richtige Un-Stelle, also einen gewissen Ort im irdischen Luftgemisch, der sich nur von Abständen zu Gegenständen bestimmen ließe, wenn überhaupt.

Hat man eine Zeitlang gewachelt und gewedelt, ohne dass der ersehnte Wasserstrom sich ergoss, und entdeckt man dann auch noch ein bis zwei Armaturen mit blauen und/oder roten Punkten dran oder gar einen Einhandmischer, wirds peinlich. Man kichert in so einem Fall kurz mit sich selbst, während man sich mit eiskaltem bis wohlgemischtem Wasser die Hände wäscht.

Aber das Vergnügen endet an dieser Stelle noch nicht. Gilt es hernach doch noch, dem Papier- oder Handtuchspender wenigstens ein kleines Streifchen zu entlocken, um die nassen Hände notdürftig zu putzen, damit sich zB im Freien hinterher kein Bratzenblitzeis entwickelt bei Temperaturen unter Null. Ja, man geht selten aus einem Restaurantklo direkt ins winterliche Freie, aber es kann vorkommen. Du hast zu diesem Behufe meist die Wahl zwischen papierenen Handtüchern, die völlig zu Recht das tun, was Papier eben tut, wenn es mit Nässe und Kraft konfrontiert wird, und einem Endlosbaumwolllappen, der sich überhaupt jedem Zugriff widersetzt, wenn der Sensor dich nicht mag. Manchmal gibts auch ein Gebläse, von dem nur eines völlig sicher ist: es geht bedeutend schneller wieder aus, als es angeht.

Beim Schachtelwirt kann man sich ja neuerdings auch die Hände von Dyson trockenbedruckluften lassen, aber das ist nur was für ganz Mutige. Wer im Schritt 2 schon das Wasser nicht zum Fließen brachte, hat an dieser Stelle einen großen Vorteil – er muss seine Hände auch nicht trocken kriegen. Der kleine hygienische Nachteil, der damit einhergeht, ist vernachlässigbar. Man kichert in so einem Fall kurz mit sich selbst, während man sich darüber freut, der Technik das geschlagene Schnippchen retourkutschiert zu haben.

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Erwiderungen, verloren in Perplexität

Ich bin hier Kunde, und es ist Ihr verdammter Job, mir Briefmarken zu verkaufen. Wenn Sie dafür zu wenig Zeit zu haben glauben, dann reduzieren Sie gefälligst das Geschwätz mit Kunden, die Sie zufällig persönlich kennen, während andere Kunden warten. Oder sollte ich das besser mit Ihrer Chefin diskutieren?

(Heute auf meinem Lieblings-Postamt, von mir auch „PMS-Geschwader“ genannt.)