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Corona – 13 .. Impfung (1)

Dieser Artikel ist Teil 13 von 18 in der Serie "Corona" ...

Impfen und impfen lassen – Wann geht Corona den Weg des Dodo?

Entscheidungen trifft man am besten auf Basis von breitgefächerter Information. Zu den Impfungen gegen das SARS-Cov-2-Virus gibt jetzt schon sehr viel zu erfahren und zu wissen. An weiterer Information wird im Laufe der nächsten Wochen und Monate auch noch einiges eintrudeln.

Ich hab mir einige Aspekte zum Thema Impfung angesehen, manche sogar sehr genau. Hier steht, was ich dabei herausgefunden hab.
Zunächst ein allgemeiner Teil, es folgt ein speziellerer über Covid-19-Impfungen, mRNA, Vektorimpfstoffe, Zulassungsverfahren etc.

Bis die klinischen Studien abgeschlossen sind,
bis die Ergebnisse feststehen,
bis die Zulassungen erfolgt sind,
bis die tatsächlichen Lieferungen fertig ausverhandelt, Vorbesteller bedient und logistische Herausforderungen gelöst sind,
bis Gesundheitspersonal und Risikogruppen geimpft sind…
bis unsere (Normal-)Bevölkerung tatsächlich durchgeimpft werden könnte und soll,
rinnt noch sehr viel Wasser die Donau runter.

Diese Zeit kann man nutzen, auch als Ottilie oder Otto Normalverbraucher, um sich schlau zu machen. Ihr solltet euch diese Zeit und Gelegenheit nicht von geistigen Abkürzungen in Schwarzweiß oder von voreiligen Verteufelungen nehmen lassen.

tl; dr: Impfen ist cool. Trittbrettfahren ist uncool. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Die Option “ALLes-HaPPy” auch nicht.

Impfen lassen oder was?
Eine Impfung ist ein Tauschhandel:
Man kriegt die Leistung “habe stark abgeschwächte Form einer Infektion durchgemacht” bekanntlich im Idealfall mit Immunität vergütet. Nicht der schlechteste Tausch im Vergleich zu einer voll ausgebrochenen Infektion. Keine Impfung führt zu 100% sicherer Immunität. Aber es führt auch keine Erkrankung zu 100% sicherem und folgenlosem Überleben.

Was man beim Impfen noch kriegt: Eine Herdenimmunität in der Bevölkerung, die – bei Covid-19 – hoffentlich letztlich über 60% (“HIT”, Immunitätsschwelle) liegen wird.

Findet die Impfung keine ausreichende Akzeptanz, dann müssen wir weiterhin “auf dem alten Weg” dorthin – durch weitere Infektionen. Was das bedeutet, habe ich im vorhin verlinkten Artikel umrissen.
Das alles setzt natürlich voraus, dass eine Immunität gegen SARS Cov-2 überhaupt für längere Zeit anhält – ob nun durchgemacht oder geimpft.
Untersuchungen dazu (Preprints eins, zwo) deuten auf eine moderat haltbare Immunität von acht Monaten oder mehr hin. Wobei man bei einer so jungen Viruserkrankung eine jahrelange Immunität auch nicht zweifelsfrei beweisen kann, mangels jahrelanger Evidenz; man kann sie maximal aus Vergleichen ableiten, und auch dabei wird man sehr vorsichtig sein.

Wir haben also mit der Impfung die Wahl auf einer Skala – pardon my French – zwischen bissi-gschissn und mega-gschissn.
Genauer:

  • Option 1:
    Vorsichtsmaßnahmen und ggf wiederholte “Lockdowns”, um das Infektionsgeschehen einzubremsen – denn selbst zum Ziel “Herdenimmunität auf dem alten Weg” kann man das Geschehen nicht unkontrolliert wüten lassen
  • Option 2:
    Uns locker machen, uns noch wahrscheinlicher anstecken, Coronainfektion ausbaden, zum Preis des individuellen Risikos der Krankheit selbst, ihrer Folgeerscheinungen; einer Überlastung unseres Gesundheitssystems und daraus folgend auch einer höheren Fallsterblichkeit.
  • Option 3:
    Uns über eine Impfung freuen und uns immunisieren. Dann zurück zu Option 1 bis zur Herdenimmunität.

Eine Option 0 namens “ALLes-HaPPy” steht übrigens seit Anfang 2020 nicht mehr zur Verfügung. Die Folgen einer Impfung oder auch anderer Maßnahmen damit vergleichen zu wollen, wie es vor der Pandemie war, mag zwar seelisch verlockend sein, um die Wirklichkeit auszublenden. Und vermutlich ist es deshalb auch ein gern genommener rhetorischer Trick der Schwurbler: einfach mal so tun, als gäbe es doch auch noch Option 0.
Aber die gibt es nicht, das ist naiv, unrealistisch und irreführend.

„Woah, NeBenWiRkUnGeN!!11“ ??
Willkommen im menschlichen Körper! Wenn sich Immunabwehr bildet, dann spürt man das.
Nach einer Infektion braucht das Immunsystem etwas Zeit, um den Feind zu identifizieren. Dann beginnt es, den Erreger zu markieren, um ihn beseitigen zu lassen, infizierte Zellen zu killen und den Abtransport zu organisieren, organismusweite Regimente aufzustellen und ortsständige spezifische Abwehr in gewissen Körperarealen zu bilden oder zu aktivieren, zB in den Schleimhäuten von Mund, Nase, Rachen und Lungen. Zytokine, B-Zellen und T-Zellen sind dann in voller Action, und dabei entsteht das Krankheitsgefühl: Fieber, Gliederschmerzen, Flüssigkeitsansammlungen und deren Auswurf.

Krankheitsgefühl beruht zu einem guten Teil also direkt auf dem Lösungsversuch des Körpers. Bei einer Impfreaktion fällt es weit milder aus als bei einer heftigen Infektion mit großer Viruslast. Der Körper muss nach einer Impfung nicht gegen eine ganze Armada an Feinden gleichzeitig kämpfen, sondern kann easy-peasy seine Abwehr in Aufstellung bringen.
Weil man sich aber impfen lässt, wenn man gesund ist, neigt man dazu, Impfreaktionen mit dem gesunden Zustand zu vergleichen, und – mangels Erfahrung – nicht mit einem kranken Zustand.

Trittbrettfahrer
Vom Immunitätsstatus der anderen profitieren diejenigen, die nicht immun sind.
Die fehlende Immunität kann – wie bereits erzählt – verschiedene Gründe haben:
ஐ noch nicht impfbar
ஐ gar nicht impfbar
ஐ impfbar, aber nicht impfwillig

Trittbrettfahrer vulgo Impfscheue profitieren zwar von der Herdenimmunität, wollen dazu aber nichts beitragen. Sie wähnen sich als wahre Helden und Heldinnen der Gesellschaft, weil sie meinen, das Risiko einer Infektion “voll auf sich zu nehmen” – was sie nicht tun, weil die Allgemeinheit auch für ihre Infektion aufkommen muss; und was sie nicht mehr müssen, sobald die Schwelle in den anderen Menschen auch ohne ihr Zutun erreicht ist. Ihr eigenes Risiko bewegt sich dann gegen Null, es sinkt natürlich auch schon davor, mit jeder Immunisierung eines anderen Menschen. Trittbrettfahrer sagen dafür auch nicht “danke”, sondern “selber schuld”. Wenn das alle täten, hätten wir gegen keine einzige Infektionserkrankung Herdenimmunität. Das ist, als wollte man in einem gemeinsamen Swimmingpool eine Pinkelzone einrichten.

Unsere europäische Welt mit einer weitgehend gegen vieles immunen Bevölkerung ist nicht vergleichbar mit einer Welt, in der sämtliche Infektionskrankheiten sich ungehindert ihren Vermehrungsweg durch die Menschheit bahnen würden. Und die Vorstellung einer solchen Welt ist uns auch nicht mehr präsent. Manche Krankheiten sind schon so lange her, die Immunität in der Bevölkerung so hoch, dass manche dann tatsächlich meinen: “Ach das, das hatten wir doch seit hundert Jahren nicht!” und meinen: “Dagegen braucht man sich doch nicht mehr impfen lassen!”

Dass sich so eine Welt heutzutage kaum jemand mehr vorstellen kann, ist durchaus ein Beweis, und zwar für die Geschichtsvergessenheit der Menschen. Aber nicht gegen die Sinnhaftigkeit von Immunität. Bias: Man verwechselt die Nichtverfügbarkeit eigener Erinnerung mit Nichtexistenz. Oder Harmlosigkeit.
Da wird die Impfung das Opfer ihres eigenen Erfolges. Die fehlende Erinnerung ist eine direkte Folge der erreichten und aufrechterhaltenen Herdenimmunität gegen sehr viele Krankheiten. Eine vermeintliche Harmlosigkeit daraus abzuleiten ist ein Fehlschluss. Präventionsparadoxon.

Ich kannte noch eine Frau, die ihren kleinen Sohn zwei Wochen vor seinem ersten Geburtstag an eine Abfolge von Masern, Lungenentzündung und Diphterie verloren hat, während sie selbst an Diphterie erkrankt war. Sie ist ihr ganzes Leben lang nicht richtig darüber hinweggekommen. Soviel zu Erinnerungen und fehlenden Erinnerungen.

Negative Effekte
Um die negativen Effekte von Immunisierungen auf dem Impfweg nicht unter den Tisch fallen zu lassen:
Natürlich gibt’s die, etwa wenn Krankheitserreger umsatteln auf eine andere Ausformung ihrer selbst, weil der bisherige Erreger de facto ausgemerzt ist, worauf die Herdenimmunität nicht mehr zum Erreger passt. (“Serotypen-Replacement”, zB bei Pneumokokken.)
Oder wenn Krankheiten sich in der Altersgruppe verschieben, weg von Kindern, hin zu ungeimpften Subpopulationen und/oder Erwachsenen, wo sie mitunter schlechter erkannt werden oder mehr Schaden anrichten (Mumps, Masern).
Und es gibt Impfkomplikationen, die zu Erkrankungen oder zum Tod führen, wenn auch sehr selten.

Negative Effekte ergeben sich aber auch durch Impfscheue, wenn die Durchimpfungsrate so weit absinkt, dass Ausbrüche wieder möglich werden, wie es etwa bei den Masern immer wieder vorkommt, vor allem bei uns in Europa, eingeschleppt dann auch in den USA.

Ein staatliches oder auch über-staatliches Interesse an der Entwicklung von Impfstoffen und die finanzielle Beteiligung an den Entwicklungskosten ist hingegen kein Grund für überbordende Skepsis. Denn würde ein beliebiger Staat keinerlei Interesse und keine Mittel dafür aufbringen, seine Bevölkerung zu schützen, dann würde das wohl ebenso verdächtig gefunden und angeprangert werden. Man kann aber nicht jemandem eine Handlung vorwerfen, deren Unterlassung man ihm genauso ankreiden würde.
Auch wenn ein Staat die Haftung für eine Impfung übernimmt, kann man das durchaus so sehen. Dazu später mehr.

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Corona – zwölf .. Heute ein (G)rant

Dieser Artikel ist Teil 12 von 18 in der Serie "Corona" ...

Ich bin wütend.
Wütend auf Leute, die Todesraten anzweifeln und immer noch von Fallsterblichkeiten unter 0,3% fantasieren. Die die Überlastung unseres Systems an allen Ecken und Enden nicht wahrhaben wollen und daher meinen, ein Lockdown wäre unnötig. Die behaupten, sie hätten Kontakt zu zweieinhalb Insidern, die meinen, die Situation in den Spitälern wäre nicht schlimm.

Auf Leute, die immer noch den Mythos “eh nur eine Grippe” glauben und “die Panik” übertrieben finden. Die aber vom Anschauen eines verfickten YouTube-Videos ein Angsti davongetragen haben und sich daher nicht impfen lassen wollen – weil der ExPeRtE darin nämlich, ebenso unverantwortlich wie selbstverliebt, schon aLLes weiß, während die Impfstudienbetreiber noch nichtmal ihre Ergebnisse fertiggeschrieben haben.

Die wirklich meinen, wir würden “auch so” zu einer Herdenimmunität kommen, weil ScHwEdeN!

In den Spitälern
hackeln sich tausende Menschen täglich seit März einen Buckel und ein lebenslanges Pandemie-Trauma für zu wenig Geld, zu wenig Respekt und zu wenig Wertschätzung. Ja, auch genau in diesem Moment. Sie müssen die Unbekümmertheit und Ignoranz solcher Leute ausbaden, in voller Schutzbekleidung, jeden Tag. Wie fühlen die sich wohl, wenn sie sich nach Schichtende anhören müssen, wie “übertrieben” die das alles finden und meinen, sie würden “das Risiko selber tragen”, während sie selbstgerecht auf ihrem Arsch sitzen?

Das Risiko tragen genau diese Menschen im Gesundheitswesen mit, ja, auch für diejenigen, die solchen Bullshit verzapfen, und sie sind sogar dann noch für die verantwortlich, wenn die längst auf den Bauch und ins Land der Träume befördert wurden und kurz mal nichts für übertrieben halten.

Die Menschen im Gesundheitswesen
Wenn die nicht mehr wollen, nicht mehr können, weil sie sich verarscht vorkommen – von Dienstgeber, Regierung, Nichtmal-Mehr-Balkonklatschern und solchen Ignoranzspezialisten wie beschrieben – und deshalb auf uns scheißen, was tun wir dann?

Und während ich mir sowas beklommen, aber meistens stumm überlege, reißen welche ständig weiter ihren Schlapfen auf. Sie merken nichtmal, dass sie auf dem Rücken anderer ihre Unfähigkeit austragen, die Realität zu akzeptieren. Statt die Augen aufzumachen und dankbar zu sein, dass sie sich dieser Corona-Wirklichkeit nicht tagtäglich in der ersten Reihe stellen müssen. Nein, da verbreiten sie ihre großspurigen Anschauungen auch noch in der Welt und fühlen sich dabei wohl sehr abgeklärt.

Bin sicher, die Intensivpfleger*innen und Ärzt*innen würden sehr gerne tauschen und auch lieber kRiTiScH dozierend auf ihrem Arsch sitzenbleiben.

Aber wer rettet dann unseren?

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Denken für Fortgeschrittene

Menschen sagen gern, sie würden über Hausverstand verfügen, der ihnen x oder y doch ganz klar sagt.
Sie halten das irrtümlich für logisch – und übersehen dabei, dass unser menschliches Denken voller Fallen und Missdeutungen ist.
Ein Nachtrag zu meinem Artikel über Kritisches Denken im Zuge der VeMy-Serie.

Unser Hirn ist daran gewöhnt, von jeweils einem Einzelereignis auf das große Ganze zu schließen, um zu lernen. Das ist nicht per se schlecht, riecht aber auch nach Verallgemeinerung und Vorurteil. Es hindert uns im weiteren Geschehen oft am genaueren Hinsehen, Bedenken und Differenzieren.
Und darauf basiert dann der “Hausverstand” und mitunter ein ganzes Weltbild, das nichtmal einen Tellerrand als Horizont hat.

Insbesondere unser “schnelles” Denken – also die erste Schätzung und Ansage, die unser Hirn zu einem Thema abgibt – ist derart fehleranfällig, dass man das von Rechts wegen eigentlich gar nicht als Denken bezeichnen dürfte. Und es findet unbewusst statt, es präsentiert nur die Ergebnisse.
(Es gibt für ganz besonders vertrottelte Fehlschüsse des Hirns, ganz abseits der Forschung, auch den wunderbaren Begriff “Sekundenschaf” :)

Selbst die Menschen, die sehr wohl um Denkfallen, um kognitive Verzerrungen wissen, müssen schwer trainieren, um sie auch tatsächlich zu reduzieren. Für die völlige Vermeidung von Denkfallen reicht das aber nicht, manchmal werden sie dadurch sogar noch verstärkt.

In der Wissenschaft gibt es nicht umsonst eine ganze Reihe standardmäßiger Maßnahmen, um Verzerrungseffekte auszuschließen:
Verum- und Placebo-Gruppe, Randomisierung, Doppelblindverfahren, Nichtdeterministische Experimente, Anonymisierung, Peer Review, Auswertung durch Unabhängige, etc.

Könnte man als Mensch tatsächlich lernen, davon völlig, dauerhaft und zuverlässig frei zu sein, dann würde es all diese Maßnahmen als dauerhafte Krücke gar nicht brauchen. Damit ist auch klar: Jemand, der von diesen Denkfallen nicht einmal etwas weiß, kann auch nicht ermessen, wie weit sein Hausverstand danebenliegen könnte.

Exponentielles Wachstum etwa kommt in unserem alltäglichen Geschehen eher selten vor im Vergleich zu linearen Vorgängen, und wird somit vom superduper Hausverstand massiv unterschätzt. Selbst bei längeren Überlegungen kommen Ungeübte mit Schätzungen nicht nahe an die Wirklichkeit, geschweige denn mit einem geistigen Schnellschuss. Ein nettes Video dazu). Vergleichsweise bekannt ist die uralte Geschichte mit den Reiskörnern auf dem Schachbrett (Für Ungeduldige: ab Minute 2:50).

Einige der beliebtesten Denkfallen
Wir halten am liebsten das für wahr, was unsere bisherige Anschauung bestätigt. Wenn wir recherchieren, dann geben wir jenen Inhalten den Vorzug, die uns genehm sind. Uneindeutige Information interpretieren wir als Bestätigung unserer Anschauung.
(Bestätigungsfehler, confirmation bias / myside bias; belief perseverence / Hartnäckige erste Hypothese)

Wir glauben zu diesem Zwecke praktischerweise auch gleich, dass Fakten, die unserer Überzeugung widersprechen, diese Überzeugung erst recht bestätigen würden.
(Backfire-Effekt)

Wir glauben auch so gut wie unbesehen das, was wir zu einem Thema als erstes gehört haben. Weil es zu diesem Zeitpunkt ja auch noch gar nichts zu besehen gibt (glauben wir). In weiterer Folge messen wir dieser ersten Information aber völlig willkürlich einen Wahrheitsgehalt zu, der weit höher liegt als der von nachfolgend erhaltener Information – wohl, damit es auch weiterhin nichts zu besehen gibt.
(Wahrheitseffekt – illusory truth effect)

In meiner Erfahrung ist das eine sehr starke Denkfalle – oder vielleicht auch nur die mir am stärksten bewusste: Ich spüre geradezu, wie trotzig sich mein Geist einer neuen Information widersetzt, die nicht zur ersten erhaltenen passt. Ich muss mich dann sehr streng daran erinnern, dass mein Hirn einfach nur grade quietscht: “Aber, aber… Die erste Information war anders!”
Manchmal mag es ja reiner Zufall sein, welche Information wir als erstes hören. Viel mehr noch dürfte es aber darauf beruhen, welche exklusive Quelle der Erstinformation wir vorab nach der “confirmation bias” für unser tägliches Update auserkoren haben. In Zeiten von Social Media ist der Effekt vielleicht durch die Zufälligkeit etwas abgeschwächt; andererseits ist innerhalb von “Bubbles” die Wahrscheinlichkeit für vorgefärbte Erstinformation immer noch hoch – oder sogar noch höher, für noch tendenziösere Anschauungen, die uns zumeist als Fakten präsentiert werden.

Damit nah verwandt: Wir finden, eine Zahl wäre “eh recht niedrig”, wenn uns zuerst eine höhere Zahl präsentiert wurde. Bei allen nachfolgenden Verhandlungen beziehen wir uns auf das Verhältnis zu diesem ersten Ankerpunkt.
(Ankerheuristik, anchoring bias)
Das tun wir hartnäckig, selbst dann, wenn die erste Zahl in einem völlig anderen Zusammenhang genannt wurde.
(Bahnung, Priming)

Wir neigen dazu, von unserer verfügbaren Erinnerung an einzelne Beobachtungen oder Zeitungsartikel pauschal auf die große Masse zu schließen.
(Verfügbarkeitsheuristik)
Unsere Erwartungen beeinflussen unsere Wahrnehmung und damit auch unsere Urteilskraft.
(Selektive Wahrnehmung; selective perception)

Wir glauben, wir wären besser dran, wenn wir nur ja nix verändern.
(Status-quo-Verzerrung)
Wir meinen, es wäre viel riskanter, etwas zu tun, als nichts zu tun.
(Unterlassungseffekt)
Und hinterher glauben wir, unsere Vorhersagen waren viel akurrater gewesen, als sie es tatsächlich waren.
(“nachha is ma immer gscheiter”, hindsight bias)

Wir sind extrem anfällig dafür, ein- und dieselbe Information komplett gegensätzlich zu interpretieren, je nachdem, in welcher Form sie uns präsentiert wird.
(Deutungsrahmen, Framing-Effekt)
Wir sind dabei sehr beeinflussbar über die Art und Weise der Argumentation, selbst wenn sie überdeutlich hinkt.

Wir bringen mehr Mitgefühl mit einer kleinen Gruppe von Individuen auf als mit einer großen Menge Leidender, die aber anonym bleiben.
(compassion fade)
Wir finden, andere müssten doch viel besser unsere inneren Vorgänge checken, als sie es tatsächlich können; und wir selbst würden umgekehrt wahnsinnig viel davon verstehen, was in anderen vorgeht.
(illusion of transparency (egocentric bias))

Wir glauben, bei anderen wäre ihr Verhalten in erster Linie eine Charakterfrage, während wir für unser eigenes Verhalten die äußeren Umstände als Erklärung bevorzugen.
(Attributionsfehler; fundamental attribution error, actor-observer bias)

“Das reimt sich sogar, und was sich reimt, ist wahr!”
(rhyme as reason effect)
Für wie beweiskräftig wir das halten, was unsere eigenen Emotionen uns einflüstern, muss ich hier vielleicht gar nicht mehr besonders betonen.

Dafür, dass wir Laien sind, halten wir uns für eh total gscheit; fatalerweise glauben Laien das, während Experten dazu neigen, ihr Wissen zu unterschätzen, weil sie um die wahre Komplexität des Themas wissen.
(Dunning-Kruger-Effekt)
Wir glauben, andere würden stärkere egozentrische kognitive Verzerrungen erleben als wir selbst.
(Naïve cynicism)
Und wir selbst wären von alledem unbeeinflusst.
(Verzerrungsblindheit, bias blindspot)

Dann glauben wir, wir hätten uns “umfassend informiert”, weil wir cirka zwei Kanälen folgen, die wir selbst nach allen obigen “Kriterien” ausgewählt haben.
(Vermessenheitsverzerrung)

Was wir wissen
All das ist nicht nur gleichzeitig vorhanden, sondern baut auch noch aufeinander auf. Das ist es, was sich hinter “Hausverstand” oft tatsächlich verbirgt.
Und wir glauben das alles auch noch “intuitiv” in seinem schlimmsten Sinn: ohne Rücksicht auf Evidenz und Logik, und ohne eingehendere intellektuelle Untersuchung. Halten uns dabei aber gern für ungemein objektiv.

Dass unsereins überhaupt einen sinnvollen Gedanken zuwege bringt, ist ein Wunder für sich.

Man darf dankbar sein, dass die Wissenschaft erkannt hat, wie sehr man vor diesen Biases / kognitiven Verzerrungen im Denkvermögen ständig auf der Hut sein muss. Sie hätte ja auch völlig verzerrt nur meinen können: “Wir wissen das jetzt eh, und damit is gut”. Dann wäre die Denkblase, innerhalb derer sich jede wissenschaftliche Fragestellung bildet und bewegt, noch weit anfälliger für ein Hinneigen zu vordefinierten Anschauungen und für falsche Bestätigung.

Wir Menschen haben keine Ahnung, was die Vögel einander erzählen. Wir kennen ca. 5% der Tiefseebewohner. Wir haben gecheckt, dass Pheromone eine Rolle spielen dürften, wenn staatenbildende Insekten miteinander kommunizieren – aber was die einander erzählen, um als winzigste Wesen riesige Aufgaben gemeinsam zu bewältigen – davon haben wir keinen Schimmer. Nein, wir dichten ihnen im Rahmen anthropozentrischer Denkfehler oftmals noch menschliche Eigenschaften an.

Dennoch nehmen wir oft den kurzen Weg des Denkens, finden uns eh ziemlich super dabei und halten uns unverdrossen für die “Krone der Schöpfung”.
Setzt man das in Beziehung zu unserem insgesamt oft vertrottelt wirkenden Herdenverhalten und zu unserer unausrottbaren Angewohnheit, unsere eigenen Lebensräume zu zerstören und die der anderen Lebewesen gleich mit – dann ist diese Vermessenheit geradezu lachhaft.

Ein wenig mehr Demut wäre wirklich angebracht. Man könnte beim eigenen Denkvermögen anfangen. Ganz unvoreingenommen :)

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Als Lektüre dazu empfehle ich:
“Schnelles Denken, langsames Denken” (“Thinking, fast and slow”) von Daniel Kahnemann, mit jeder Menge Erklärungen, Beispielen und teils sehr kreativen Studien zum Thema.
ஐ Eine kürzere Form hat Rafael Bucheggers “Irren mit Hausverstand”.

Man kann aber auch erstmal diverse Listen in der Wikipedia studieren:
Kognitive Verzerrung – Begriff
Liste kognitiver Verzerrungen
English: List of cognitive biases (Die englische Liste ist umfangreicher)
English: List of psychological effects (In der deutschen Wikipedia gibts nur einzelne Artikel zu einigen der Effekte)

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Corona – elf .. Habs ausgerechnet

Dieser Artikel ist Teil 11 von 18 in der Serie "Corona" ...

Ein paar Berechnungen zur Fallsterblichkeit und Herdenimmunität

Wann ist die Herde denn nun endlich immun?
Das medizinische Zeitalter der Impfungen hat eine Ära eingeläutet, in der viele Infektionskrankheiten eingedämmt oder komplett zum Verschwinden gebracht werden konnten, ohne dass eine gesamte Bevölkerung die Infektion erst erleiden musste. Im Kampf gegen Infektionskrankheiten hat sich gezeigt, dass in der Bevölkerung ein bestimmter Anteil an immunen Menschen erreicht werden muss, damit für solche Krankheiten keine größeren Ausbrüche mehr auftreten oder diese Krankheiten in bestimmten Regionen sogar für ausgemerzt erklärt werden können.

Für diesen Prozentwert der Bevölkerung gibt es in der Infektiologie den Begriff der
Herden-Immunitätsschwelle (HIT = “herd immunity threshold”)
Wie hoch diese Immunität in der Bevölkerung sein muss, ist u.a. davon abhängig, wie ansteckend eine Krankheit ist. Je ansteckender, desto höher muss der Anteil der immunen Menschen in einer Gemeinschaft sein, damit es nicht zu Epidemien kommen kann. Und natürlich kommt’s drauf an, wie lange Kranke zwar schon ansteckend, aber noch symptomfrei sind.
(Wikipedia für Infos zum genauen mathematischen Zusammenhang)

Für höchst ansteckende Infektionskrankheiten wie Masern oder Keuchhusten liegt auch die HIT sehr hoch: 92-95% bei den Masern, 92-94% bei Keuchhusten. Bei der Influenza ist der Wert niedrig, nur 33-44% müssen immun sein, damit auch die übrige Bevölkerung vor einer fatalen Epidemie geschützt ist. Für andere Krankheitserreger sind die HIT-Werte irgendwo dazwischen angesiedelt.

Wird innerhalb der Bevölkerung diese ausreichend hohe Immunität erreicht, dann kann der jeweilige Erreger im Menschen kaum noch überleben, und sein Auftreten wird so selten, dass eine Infektion für den einzelnen Menschen so gut wie ausgeschlossen ist.

Sinkt hingegen die HIT auf einen Wert unterhalb der nötigen Prozent – zB aufgrund von verabsäumten Auffrischungen, oder in Communitys mit religiösen oder sonstigen Bedenken – dann sind lokale Ausbrüche möglich, die dann alle gefährden, die nicht immun sind. Deshalb ist es auch so wichtig, dass Impfaktionen gut geplant und durchgeführt werden, um die nötigen und angestrebten HIT-Werte auch zu erreichen.

Für Covid-19 beträgt die geschätzte Schwelle HIT zwischen 60% und 80%. So viele müssten also immun werden, damit wir die Krankheit loswerden.

Es ist klug, gemeinsam mit der Gesellschaft für hohe Immunität in der Bevölkerung zu sorgen. Weil dadurch auch Menschen geschützt werden, die nicht immun sind:

Menschen, die nicht geimpft werden können:
Bei Vorerkrankungen oder Behandlungen, die das Immunsystem schwächen, kann oft nicht geimpft werden. Leukämie, Knochenmarkkrebs, HIV; Chemo- oder Bestrahlungstherapie, Therapien gegen Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, Multiple Sklerose, Zöliakie, etc.; Risikopatienten
Menschen, bei denen eine Impfung keine Immunreaktion ausgelöst hat:
Die Effektivität von Impfungen erreicht nie 100% der Geimpften. Daher muss auch die Durchimpfungsrate immer etwas höher liegen als die Schwelle HIT.
Selbst wenn euch die vorgenannten Menschen alle wurscht sein sollten:
Babys sind euch doch sicher nicht wurscht? Babys können nicht sofort gegen alles geimpft werden, wenn sie zur Welt kommen. In den Monaten bis zur möglichen Impfung haben sie wenig oder gar keine Immunabwehr gegen Infektionen und sind gefährdet, wenn zu viele andere nicht-immune Menschen in der Welt rumrennen.

Freilich kann eine Herdenimmunität grundsätzlich auch auf dem “alten Weg” erreicht werden – dem Infektionsweg. Allerdings muss man dazu auch die Sterblichkeitsrate in die Überlegungen einbeziehen.

Fallsterblichkeit Covid-19
Hier der Link zu einer großen Meta-Studie der geschätzten Fallsterblichkeit bei Covid-19.

Die Studie nennt keinen finalen Prozentwert, sie kommt vielmehr zu dem Schluss, dass die Infektionssterblichkeitsrate (IFR für “infection fatality rate”) nicht als fixer Wert betrachtet werden kann, sondern davon abhängig ist, wie gut die Risikogruppen geschützt werden. Die Fallsterblichkeit nach Altersgruppen ist darin wie folgt angegeben:

Altersgruppe – IFR:
00-34 – 0,01%
35-44 – 0,06%
45-54 – 0,20%
55-64 – 0,70%
65-74 – 2,20%
75-84 – 7,30%
85+ – 27,10%

Dass die Fallsterblichkeiten je nach Land unterschiedlich sind, auch in der Meta-Studie, liegt natürlich an mehreren Faktoren:
Die Qualität der medizinischen Versorgung spielt eine Rolle, die Bewältigbarkeit der gleichzeitig auftretenden Fälle, aber offenbar eben auch unterschiedliche Altersstrukturen und unterschiedliche Infektionsraten innerhalb dieser Altersgruppen – sicher auch je nach Zeitpunkt der einzelnen Studie. Obendrein überschneiden sich die Risikogruppen “Menschen mit Vorerkrankungen & Risikofaktoren” und “Ältere Menschen” zwar, sind aber bei weitem nicht deckungsgleich. Oder, wie @DocJosiahBoone immer wieder betont, “Es sind nicht ‘nur’ die Alten!”

Und diese Altersgruppen in Österreich?
Ich hab mal in meinem Milchmädchen-Excel die IFR-Werte aus der Meta-Studie auf unsere österreichische Demografie nach Alter übertragen und gewichtet:
Es ergibt sich daraus eine Fallsterblichkeit für Covid-19 von 1,55%. Das passt mit den Infektions- und Sterbezahlen recht akurrat zusammen, wenn man die Neuinfektionen der letzten 2 Wochen abzieht (denn durchschnittlich sind die Menschen, die an Corona versterben, vorher erstmal 12-14 Tage krank): 1.600 Tote auf 109.000 Infizierte ergibt 1,46%.
Je schneller das Infektionsgeschehen, je mehr Neuinzidenzen, desto kleiner sehen die Todeszahlen im Verhältnis zu den Gesamtfall-Zahlen aus – davon sollte man sich nicht täuschen lassen.

Erstens: 70% HIT – Wie viele Menschenleben kostet das?
Wollten wir in AT nun tatsächlich ohne Impfung eine HIT zwischen 60 und 80% erreichen – nehmen wir eben 70% – dann bedeutet das erstmal:
72% müssen sich infizieren – man muss “über-infizieren”, weil die Infektion ja Todesopfer zur Folge hat, die hinterher nicht immun sind, sondern tot, und damit nicht mehr zur anteiligen Herdenimmunität beitragen. Verteilt man die 72% gleichmäßig über unsere Bevölkerung, dann fordert das insgesamt 6,36 Mio Infizierte – und davon 98.654 Tote.
Von diesen Toten entfallen mindestens 8.000 auf Menschen im arbeitsfähigen Alter. 1,59 Millionen Menschen hätten Langzeitfolgen, die auf 20-30% der infizierten Fälle geschätzt werden.

Würden sämtliche Einwohner Österreichs infiziert, müssten wir sogar mit 137.979 Toten rechnen.

  • Ausflug 1: Rechnerische Verschiebung:
    Würde man versuchen, das Risiko der älteren Altersgruppen etwas zu den Jüngeren zu verschieben* – dann könnte man diese Todeszahl vielleicht auf 62.400 drücken.
    *”Verschieben” im Sinne von: Bei der ältesten Gruppe eine Infektionsrate von nur 37%, bis hin zu 91% bei der jüngsten mit dem geringsten Risiko – dies aber nur rein rechnerisch. Eine 37%ige HIT innerhalb einer Altersgruppe, die ja viel mit Gleichaltrigen zusammenkommt oder sogar zusammenlebt, wird wohl nicht reichen, wenn der angestrebte Wert eben 70% sein soll. Noch ein Grund also, warum “Risikogruppen schützen” allein nicht reichen wird. Mit einer Impfung kann man diese Gruppe sicher besser und risikoärmer schützen.
  • Ausflug 2: Tiefer ins Land der rechnerischen Möglichkeiten, der plakativen Wirkung wegen:
    Wollte man hingegen das Risiko der einzelnen Altersgruppen, das jetzt ja sehr ungleich verteilt ist und nur im Schnitt 1,55% beträgt, komplett kommunistisch auf alle verteilen, sodass es pro 100.000 Einwohnern jeder Altersgruppe jeweils dieselbe absolute Zahl an Toten fordern würde – dann könnte das die Gesamtzahl der Todesopfer auf 11.000 reduzieren. Bezieht man die geringe Fallsterblichkeit der jüngeren Gruppen in diese Berechnung aber mit ein, dann bräuchten wir dafür vor allem Folgendes…
    wait for it…
    40 Millionen freiwillige zusätzliche Einwohner in den jüngsten Altersgruppen (0-44).
  • Eine Umverteilung des Risikos ist also nur bedingt möglich, wenn überhaupt. Die Immunitätsschwelle von 70% in der Bevölkerung zu erreichen wäre eben nur unter großen Infiziertenzahlen möglich (klar) – und somit eben auch mit einer hohen Anzahl an Gestorbenen.

    Zweitens: 70% HIT – Wie lange dauert das?
    Dennoch müssten für eine Herdenimmunität – trotz dieser großen Opfer – die Infektionen unbedingt über längere Zeit verteilt auftreten, weil das Gesundheitssystem das sonst schlicht nicht stemmen könnte. Bei inadäquater Behandlung würde die Fallsterblichkeit steigen, und auch die Ausbreitung würde unkontrollierbar.
    Von 98.654 Todeskandidaten wären wohl fast alle zuvor im Krankenhaus, viele davon auf Intensiv. Des geht si net in zwa Wochn aus.

    Also müssten sich die 6,36 Mio. Infektionen derart langsam ausbreiten – sagen wir mit so ca. 8.000 Neuinfektionen pro Woche(!) – nicht pro Tag wie derzeit! – dass nie mehr als 6.000 Covid-19-Patient*innen gleichzeitig im Spital sind – was viel ist, derzeit sinds 4.000.

    Das dauert dann ein bisserl: Wir wären mit dem so scheußlich klingenden “Durchseuchen” ungefähr in 15 Jahren fertig.

    (Platz fürs Wirkenlassen)

    Man könnte an dieser Stelle, weil’s eh schon absurd geworden ist, auch sagen, in 15 Jahren werden aber eh auch eine ganze Menge neuer Menschen geboren!

    Selbst wenn man die angestrebte HIT bei nur 60% ansetzen würde und sich wöchentlich 20.000 Menschen infizieren “dürften” – die Durchseuchung würde immer noch über 5 Jahre dauern.

    Und wenn man – uuuh, und hier betrete ich jetzt sehr dünnes Eis, bitte um Nachsicht, es ist nur eine Berechnung – versuchen würde, die Herdenimmunität nur innerhalb der älteren Gruppen zu bilden und die Jungen schützen würde: Auch das würde – bei 8.000 Infizierten pro Woche und 70% HIT – 3 ganze Jahre dauern. Wir hätten dann 89.735 Tote zu beklagen, das wären 7% der Infizierten. Die jetzt noch 62jährigen wären dann am Ende übrigens auch schon in der Gruppe 65+ angelangt!

    Abgesehen davon, dass der Infektionsprozess sich ohnehin nicht auf einzelne Gruppen isolieren lässt, ist also keines der Berechnungsmodelle auch nur annähernd machbar. Wie wir gesehen haben, ist es mathematisch recht leicht nachvollziehbar, dass man in England oder auch in Schweden von der Idee der Durchseuchung ohne Impfung schnell wieder abgelassen hat.

    Echt jetzt, gegen diese Zeitspannen und Todeszahlen sitzen wir doch die paar Monate oder sogar über ein Jahr auf einer Arschbacke ab – die Zeit, die es dauert, bis es die Impfung gibt, bis sie ausreichend verifiziert und sicher genug für alle ist, und bis dann auch tatsächlich alle durchgeimpft sind.
    ABER: Bis dahin müssen wir uns und unsere Mitmenschen schützen!

    Ich erinnere daran, dass es in meinen Berechnungen rein um das Todesrisiko ging. Das Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung ist für alle Altersgruppen höher. Und niemand will künstlich beatmet auf einer Intensivstation liegen.

    Wir wissen nix.
    Durch ein zu schnelles Infektionsgeschehen werden auch wichtige Studien verhindert. Für die gezielte Nachverfolgung und Sequenzierung einzelner Reinfektionen etwa ist es offenbar im Moment einfach zu stressig. Wir wissen also auch noch gar nicht wirklich, wie lange eine Immunität nach durchgemachter Infektion überhaupt anhält, und warum sie das in einzelnen Fällen nichtmal ein Jahr lang tut. Das wissen wir freilich auch bei einer Impfung noch nicht.

    Was ist dann fix?
    Sicher ist, dass es menschlich und wirtschaftlich günstiger sein dürfte, innerhalb zB eines Jahres 70% der Menschen durchzuimpfen, als 1,25 Mio oder mehr Menschen im Spital gegen Covid-19 zu behandeln. Von den anderen 4,9 Mio Infizierten wären mindestens 3 Mio im arbeitsfähigen Alter und dann zum Teil wochenlang im Krankenstand. Auch Ärztinnen, Krankenpfleger, Heimhilfen, Wissenschafterinnen und Sanitäter. Kindergärtner, Lehrerinnen und Kassadamen. Und alle anderen, die wir brauchen. Männer und Frauen und alle dazwischen und Kinder sind mitgemeint.

    Daraus folgt:
    Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 sind nötig, wichtig und unverzichtbar für unsere Gesellschaft. Wer sie für sinnlos hält, sollte mal sein Excel anwerfen und selber nachrechnen.

    ifr-hit-at-202011
Artikel

Corona Zwonull

Dieser Artikel ist Teil 10 von 18 in der Serie "Corona" ...

Ähnlich “flexibel” wie in der Frage der Geflüchteten ist wohl auch eine Solidarität mit jener Gruppe gedacht, die derzeit weiterhin in Öffis zu ihrem Arbeitsplatz gurken und sich da wie dort mit allerlei Corona-Sorglosen herumschlagen muss. So “flexibel” gemeint ist sicher auch die Soli mit den Lehrerinnen und Lehrern, den Betreuerinnen und den Kindern.

Die Zahlen der Neuinfizierten und Hospitalisierten gehen seit Wochen durch die Decke, die der Verstorbenen auch. Währenddessen brieft die offizielle Kommunikation durch Regierung und AGES seelenruhig an der wissenschaftlichen Wirklichkeit vorbei auf Verharmlosung – auf “Labortsunami” und “Kinder sind nicht gefährdet”. Sie verleugnet Aerosole genauso wie asymptomatische Fälle und will die Quarantänezeit auf eine Frist verkürzen, in der noch nichtmal die Inkubationszeit richtig vorbei ist.

Die ÖGK-OÖ findet nix dabei, Kinder weniger zu testen und mit Husten in die Schule zu schicken, setzt asymptomatisch fatalerweise mit “nicht ansteckend” gleich und will dabei gar eine “Entdämonisierung” des Virus herbeischreiben, während von Apfalter/AGES der Privatbereich dämonisiert wird als der Ort, an dem sich alle anstecken würden.
Wodurch die Schulen und Arbeitsplätze wohl als total sichere Orte dastehen sollen. Und da soll sich nicht vielen die Frage aufdrängen: Warum sollen wir dann ausgerechnet da bleiben – daheim?

“Weiterhackeln und in die Schule gehen”, so lautet die Botschaft. “Wir müssen stark bleiben” steht zwischen den Zeilen.

Insofern schlägt diese systematische Verharmlosung aus den letzten Wochen zielgenau in die Kerbe der neoliberalen Fabel von Stark & Schwach, in der ja auch noch nie schade war um die “Schwachen”.

Daher sind die Sorglosen derzeit damit beschäftigt, ihr positives Selbstbild zu erhalten: “Bin STARK! Uga, uga!”. Und befinden daher etwa, Risikogruppen sollen sich “doch selber schützen”. Man könne ihnen ja “FFP2-Masken gratis geben”. Damit sei dann aber auch genug getan. So großzügig wären sie, die “Starken”, damit sie nur endlich wieder ihr(!) Leben leben können – ihren wahnsinnig wichtigen Jobs nachgehen, ohne dass ihnen die “Schwachen” weiter im Weg rumstehen.
“Oder ist das schon Sozialdarwinismus?”, wird dann unschuldig hinterhergefragt – so wäre die Antwort tatsächlich unklar. Und, da würd ich wetten, bei denen, die jetzt grad so dringend drüberstapfen müssen über diese “Schwachen”, geht’s sicher nicht ums nackte finanzielle Überleben.

Missachtung ist auch ansteckend: Die Ausgangsbeschränkungen und Maßnahmen werden, sobald auch nur drei Missachter gesichtet wurden, gern wie folgt kommentiert: “Wenn die sich nicht dran halten, dann halt ich mich aber jetzn auch nimmer dran”.
Bitte. Werdet. Erwachsen!

Haken:
Viele wissen gar nichts von ihrem Risiko. Von Vorerkrankungen. Von zu hohem Blutdruck. Schon Männlichkeit an sich scheint bei Covid-19 ein gewisses höheres Todesrisiko darzustellen. Übergewicht ist ein Risikofaktor.
Niemand kann wissen, wie sein Körper tatsächlich mit einer Infektion zurechtkäme. Wollen wir wirklich alle, Mensch für Mensch, herausfinden müssen, wer zu welcher Gruppe gehört?
Oder lassen wir diese künstliche und fatal irreführende Unterteilung endlich mal los und verhalten uns solidarisch?

Man kann sich nicht selber schützen, genausowenig, wie man sich integrieren kann – nicht ausschließlich und einseitig. Es ist ein Prozess auf Gegenseitigkeit, keine Bringschuld.
Wären ausschließlich Risikogruppen mit Corona infiziert, wäre die Diskussion wohl (nochmal) eine ganz andere. Aber sich selbst für so stark und wichtig halten, und potentiell infektiös herumrennen, als gäbe es keine anderen Menschen auf der Welt, während man Selbstschutz von genau diesen anderen einfordert – das ist extrem ignorant und an Arroganz nicht zu überbieten. Niemand kann sich selber schützen, während der Großteil der restlichen Bevölkerung meint, sie wäre auf selbsthypnotische Weise unverwundbar. Diese Leute verweigern der Risikogruppe ungerührt die Solidarität. Was daran “stark” sein soll, erschließt sich mir nicht.

Haken 2, für den viele anscheinend absichtlich komplett blind sind:
Die ach-so-vernachlässigbare Gefahr, an Corona zu sterben, wird rasant in die Höhe schnalzen, wenn wir die Kapazitäten in der Medizin erstmal ausgereizt haben. Wollen wir das wirklich sehen?
Und muss ich erwähnen, dass eine Corona-Erkrankung auch dann sicher kein Ponyhof ist, wenn man das Verrecken auslässt?

Ähnlich “flexibel” meint es unser Herr Gesundheitsminister dann wohl auch seine Schuldzuweisung, wenn er uns über Social Media mitteilt, die bösen Partys vor dem Lockdown in OÖ wären schuld an den Infektionszahlen. Die vor einer Woche, was man so hört, stattgefunden haben sollen.

Es fehlen Vorgaben zum Arbeitnehmerschutz. Es gibt keine rechtlichen Grundlagen für Homeoffice. Schüler und Lehrerinnen, Schülerinnen und Lehrer werden mit halbgaren Empfehlungen und Verharmlosungen alleingelassen. Die Eltern werden nämlich an anderer Stelle gebraucht – und daher einfach für dumm verkauft.
Dazu passend sabbelt die AGES-Gebetsmühle von den Kindern, die keine Rolle im Infektionsgeschehen spielen sollen (gefälligst). Und die ÄKOÖ von Kindern mit Symptomen, bei denen es ja “quasi eh meistens doch was anderes is (manchmal halt nicht (is aber echt selten (bisher (soweit wir dazu überhaupt Zahlen haben (weil man sie ja nicht testen braucht)))))”.

Was ich heute gesehen hab, sind die Infektionszahlen derzeit bei den 5-14jährigen höher als bei denen 75-84jährigen. Und wenn man dazu noch davon ausgeht, dass Kinder empfehlungsgemäß weniger getestet werden…

Das alles, während inneralpin optimistisch “Saisonstart 4. Dezember!” verkündet wird.
“Aber bis dahin bleibts halt am Abend schön zaus, gell? Dann wird sicher alles gut.”

Das mehrfach angerufene “Licht am Ende des Tunnels” ist ein herannahender Zug, Herrschaften.
Den ganzen Sommer verschlafen, dann aufwachen und bei der Aktualität der Forschungsergebnisse um Wochen zurückliegen. Dazupassend kaum wirksame Maßnahmen ergreifen und durch die Organe der AGES verharmlosende Worte verkünden lassen, während die internationale Wissenschaft ganz andere Erkenntnisse hat.
Einfach so tun, als wäre das österreichische Virus a bisserl anders als im Rest der (forschenden) Welt.

“Wir geben euch unvollständige Zahlen und tendenziöse Richtlinien ohne Angabe unserer Strategie und Agenda, und ihr übernehmt dann auf deren Basis bitte die Eigenverantwortung.”
Was?

Und dann den Menschen und ihren verderbten Privatleben die Schuld zuschieben? Das ist ein argumentativer Spagat, bei dem man sich ganz leicht die empfindlichen Teile im Schritt beleidigen kann.
Apropos Eier:
Von einem Gesundheitsminister würde ich mehr erwarten, um sich gegen Schönfärberei und Message Control zu stellen, wenn’s um die Gesundheit des Volkes geht. Aber sicher kein “Mimimi, immer sucht ihr die Schuld bei der Politik!”

Zuerst wird im März Angstmache betrieben, dass die Hälfte genug wär – und dann bei der zweiten Welle verharmlost, weil andere Lobbys irgendwie lauter sind?
Und dazwischen gibt’s nix?

Christian Drosten sagt in seiner Schiller-Rede:

Je besser wir alle das Virus und die Pandemie verstehen, desto eher können wir eigenverantwortlich die richtigen Entscheidungen für unser Verhalten treffen.
[…]
Gerade weil es auf unser persönliches Verhalten ankommt, brauchen wir verlässliche Informationen.
[…]
Daher ist die wissenschaftsbasierte Information der Öffentlichkeit für mich eine genauso wichtige Strategie im Kampf gegen das Virus wie die Entwicklung eines Medikaments oder Impfstoffs.

Bei aller Gläubigkeit an die Allmacht der PR, die Wirklichkeit endlos zurechtzubiegen, sollte man eins nicht übersehen: Der Placebo-Effekt der frommen Wünsche reicht hier nicht. Das Virus lässt sich nicht zum Politikum machen, das treudoof den Spins eurer Doktoren folgen würde.

Drosten:

Es ist da. Es wartet auf seine Gelegenheit, und es wird sie nutzen, wenn wir nicht dazwischenschlagen. Es verhandelt nicht und geht keine Kompromisse ein.

Dem Virus ist komplett wurscht, welche Behauptungen die Politik aufstellt.
Den Menschen hingegen nicht: Die kolportierte Halbwahrheit führt dazu, dass viele die Gefahr unterschätzen und sich für risikobefreite Ausnahmen halten (uga-uga!). Und dass viele sich zurecht verarscht fühlen, wenn sie komplett auf ihr Privatleben verzichten sollen, während sie den weit größeren Teil des Tages die Aerosole ihrer Bürokolleg*innen einatmen – mit denen sie das Maskentragen oder Fensteröffnen auf eigene Faust ausdiskutieren müssen, weil niemand sie dazu verpflichtet und auf Aerosole hingewiesen hat. Die sich am Abend fragen, ob sie jetzt wohl gerade ihr Kind anstecken oder umgekehrt.

Drosten weiter:

Je mehr ich mich als Individuum aus freien Stücken verantwortlich verhalte, desto weniger Anlass gebe ich dem Staat, ins gesellschaftliche Leben einzugreifen. Je unbedachter und egoistischer ich aber handele, desto eher muss der Staat meine Freiheit beschränken, um das Gemeinwesen wie auch das Wohlergehen der anderen Menschen wirksam zu schützen.

Dazu muss dem Menschen – und zwar auch noch dem allerdoofsten – aber erstmal unmissverständlich klargemacht werden, was verantwortliches Verhalten bedeutet – nämlich nicht nur Eigenverantwortung. “Eigen” heißt für viele einfach nur “endlich Ich-ich-ich!” – und damit: “Mich triffts ja eh nicht, weil stark, und wenn doch, bin ich ja immer noch stark (uga!). Die anderen dürfen mir jetzt also auch ganz offiziell wurscht sein.”

Nein, Eigenverantwortung ist nicht genug. Verantwortung besteht auch für jede Ansteckung, die man verursacht, weil man sich selbst(!) für so stark hält, dass man nicht mehr geradeaus denken kann (geschweige denn “quer”).

Klar kann man auch warten, bis die Auslastung der Intensivbetten erreicht ist – oder vielleicht besser gesagt: die Auslastung des Intensiv-Personals – bevor man dann sagt: “Upsi! Wer is jetzt gach als nächstes schuld gewesen? Familienfeiern und Garagenpartys hatten wir leider schon… vielleicht die Lehrer? Die verantwortungslosen Dienstgeber? Die bösen Shopper?”
Ist dann halt scheiße.

Eines ist nämlich nie gewiss in dieser Unkultur des Anpatzens bei jeder Gelegenheit, bei gleichzeitiger Pflege der eigenen weißen Weste: Wie die Gruppe der Schuldigen am nächsten Tag heißen wird. Also Obacht!

Eigenverantwortung wird aber auch als vermeintliche Vorgabe an die Risikogruppe aufgefasst: “Die sind eine Last, die sollen sich selber kümmern.”

Das ist Wasser auf die Mühlen dieser scheiß-selbstgerechten Truppe aus rücksichtslosen, ignoranten, vermeintlich “Stärkeren”, die sich für “ihres Glückes Schmied” und darob für beansprucht halten, andere prinzipiell für selber schuld zu erklären und daher an deren Unglück noch mitzuschmieden – weil’s eh schon wurscht is.

Es gibt mit dieser Truppe eine wohl nicht unwesentliche Schnittmenge zu denen, die zum totalen Waschlappen werden, wenn sie selbst mal irgendwas haben. Etwas, das ein bisschen länger wehtut als zwei Tage, was sie auch nur ein wenig einschränkt. Etwas, bei dem sie sich noch nicht mal mit der Rücksichtslosigkeit der Welt auseinandersetzen müssen, sondern erstmal nur mit ihrer eigenen Verdatterung über die so jäh verlorene Unverwundbarkeit. Die komplett versagen, wenn sie mal selbst für das eigene Unglück verantwortlich sein sollen, und denen dabei natürlich nicht das geringste Stück Humor bleibt. Die aber innerhalb weniger Stunden schon allerlei Ansprüche an ihre Umwelt anmelden.

Nun ist es nicht grad so, als hätte man das zB als Mitglied einer Risikogruppe im Leben nicht schon oft genug zu spüren bekommen:
Dass man mit seiner chronischen Krankheit, seiner Behinderung, mit seiner eingeschränkten Performance in allerlei Lebensbereichen eh schon großzügigerweise gerade so toleriert werde; dass man prinzipiell freilich mit seinen Bedürfnissen schon auch gesehen werden können würde, nur eben jetzt grad nicht, weil andere Dinge wichtiger, und weil Rücksichtnahme und Einbeziehung in die Überlegungen für ein “Gemeinsam” ein rares Gut seien, auf das man eben nicht immer* pochen könne.
*nie

Und dass man doch bitte wenigstens ein bisschen humorvoller damit umgehen könne, wenn man schon aufmerksamerweise mit Wuchteln über den eigenen Zustand “aufgemuntert” wird. “Ich würde ja nicht gleich meinen Humor verlieren, wenn ich krank wäre”, sprach der Gesunde beleidigt zur chronisch Kranken und fand sich dabei sehr gerecht.

Ja, es gibt im Privatleben gschissene Begegnungen, die man sich lieber erspart hätte. Vereinzelte Erscheinungen von Ignoranz und Egoismus dürfen aber kein Maßstab dafür sein, wie weit es im Niveau nach unten gehen darf. Es tut mir sehr weh, wenn ich dann auch im Kollektiv als weniger wert eingestuft werde; als jemand, der anderen nur im Weg ist – und genau das passiert da draußen gerade. Von einer aufgeklärten, humanistischen Gesellschaft erwarte ich mehr Vorstellungskraft für andere Lebenswirklichkeiten als ein lapidares “Dann sollen sie sich eben selber schützen”. Marie-Antoinette ist tot, und wir haben 2020, nicht 1783. Und selbstverständlich auch nicht 193x. Jedes Leben ist gleich lebenswert und schützenswert.

Wir sind mit einer Regierung geschlagen, die einfach die Mitte zwischen Angstmache und Verharmlosung nicht findet: Eine fachgerechte Konzentration auf die Sache, auf aktuellste Erkenntnisse, transparente Zahlen, die auch der Forschung voll zugänglich sind. Zahlen, die nicht durch Fehleinschätzungen und durch wiederum darauf fußende Richtlinien immer weiter in die gewünschte Richtung gefärbt werden. Spürbare Transparenz und Aktualität in der Kommunikation der bekannten Fakten, der Pläne und Grundlagen für Maßnahmen.
Akurrate und gleichzeitige Informationen für alle. Unverzerrt von wirtschaftlichen Lobbys, frei von parteipolitischem Kleingeldmachen und Schienbein-Getrete.
So könnte verantwortungsvolle Politik u.a. aussehen.

Nein, sie riskiert lieber, dass es den Anschein hat, als würden die Spitäler im Budget 2021 schlechter finanziert als 2020. Aber das ging dann eh wieder in den Dementi unter.

Wohingegen so ein Terroranschlag ja sofortige Sichtbarkeit für alle generiert. Und wenn die Leute sich noch so sehr darüber aufregen – sie konnten es sehen, auf ihren Bildschirmen, inklusive exklusiver Blutlachen! Da besteht plötzlich keinerlei Zweifel mehr an Echtheit und Ernst des Geschehens. Wir kriegen doch heute jeden Scheiß als Video direkt in unser Wohnzimmer geliefert, von so mancher Nachrichtensendungen sogar unangekündigt, sodass man es nichtmal schnell genug abschalten kann, auch wenn man sowas erfahrungsgemäß in seiner Seele wochenlang nicht mehr loswird.

Die Berichterstattung erspart uns selbst die Aufmärsche der Schwurbler und Verleugner nicht, die mit dem Pochen auf ihre FrEiHeiT ganz zufällig die Freiheit anderer mit Füßen treten, die freiwilligen Einschränkungen und Bemühungen vieler zunichte machen, die sich und andere nicht anstecken wollen.

Wo also bleiben die Videos aus den Intensivstationen? Vom verschwitzten Personal in Schutzanzügen, von den Erkrankten an Beatmungsgeräten, ohne Besucher, ohne Bewusstsein, ohne Wahl und ohne Lobby? Der verblödete Teil der Menschheit glaubt doch nur, was er sieht – und davon auch nur das, was er nicht zugunsten einer alternativen Wirklichkeit verleugnet.

Wer überleben will, sollte die Wahrheit kennen.

Man darf jedenfalls gespannt bleiben, wieviel die ultimativ zynische Parole unter den Sorglosen in ein paar Wochen noch wert sein wird.
Sie beginnt mit “Uga!” und endet auf: “Ich bin eh Privatpatient.”