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Welche Partei ich nicht wähle

Das Wählen ist ein demokratisches Recht, und man erzählt sich, es sollte tunlichst auch wahrgenommen werden. Das kann einen aber ungemein verdrießen, etwa wenn man eine Kleinpartei wählen würde (“Bringt ja nix!”), oder wenn man das Gefühl hat, man hätte die Wahl zwischen Pest und Cholera (“Is eh wurscht, alles Trotteln!”). Die österreichische Mentalität tut ihr übriges, und schon bleibt man daheim und nutzt den Tag richtig sinnvoll.

Wählt man eine Kleinpartei, stellt sich automatisch das Gefühl ein, die eigene Stimme wäre kleiner als die der Wähler von Großparteien. Das ist tückisch, denn wenn viele das so empfinden und sich entscheiden, gar nicht erst hinzugehen, bleiben Kleinparteien weiterhin klein. Das System der Vorzugsstimmen durchschauen auch viele nicht, wieso also sollte man sich in eine Situation begeben, in der man so unsicher daherwatschelt?

Ich habe daher gestern auf die Schnelle ein Wahlsystem erfunden, in dem der Mensch statt einer ungültigen Stimme oder der Botschaft schlichter Wahlverweigerung eine Negativstimme abgeben kann. Nach dem Motto: “Ich gebe keiner dieser Parteien meine absolute Unterstützung, aber ich weiß, wen ich nicht in der Regierung haben möchte”.

Damit trotzdem 100% der Wähler rechnerisch im Wahlergebnis auftauchen, und nicht einfach zB 8% der Stimmen von Negativwählern abgezogen statt addiert werden, verteilt man die Negativstimmen zu gleichen Teilen auf die jeweils anderen Parteien. Treten also 11 Parteien zur Nationalratswahl an, dann kommen 1000 Negativstimmen gegen eine bestimmte Partei den verbleibenden 10 Parteien zu jeweils 100 Stimmen zugute.

Die Konsequenzen der Negativstimmen sind somit nicht im absoluten Wahlergebnis abgezogen, damit sich nicht ein paar Funktionäre zusammenreden können, um eine Kleinpartei für immer rauszumobben. Jedoch: Eine Partei mit etwa 50% Negativstimmen – eine also, die ein Nullergebnis oder ein Ergebnis unter 4% hätte, würde man die Negativstimmen von ihren Positivstimmen abziehen – kriegt Koalitionsverbot.

Der Wähler könnte endlich die Botschaft “Ich finde euch unwählbar, ihr Säcke!” auf einem gültigen Wahlzettel hinterlassen. Es würde manch kleiner Partei helfen, indirekt zu ein paar Stimmen zu kommen – der Wähler, der sich kaum traut, aufs Mitspielen in den Kräfteverhältnissen zwischen den Großen zu verzichten, hätte eine Alternative, eine Art zu sagen: “Euch Zwerge empfinde ich nicht als ganz so unwählbar”.

Und man hätte eine Empfindung, die in diesem Wahljahr mit dem aktuellen Wahlsystem eher selten sein dürfte: Ich wünschte, ich hätte zwei von diesen Stimmen.

Ich würde wahnsinnig gern ein Wahlergebnis sehen, das auf diesem System aufgebaut ist, und die daraus folgenden Konsequenzen etwas genauer durchdenken. Ich wüsste gern, welche Dynamik das kriegt, wie viele Stammwähler umschwenken würden, wie viele Nichtwähler das motivieren würde! Möchte jemand mitfabulieren oder rumrechnen?

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Etosha knipst: Sony Alpha77

Review auf Leserwunsch!

Die letzten fünf Jahre knipste ich mit der Sony Alpha300, davor mit der Alpha100. Meine Markentreue ergibt sich aus dem kompatiblen Zubehör, insbesondere dem der Objektive. Die Bildstabilisierung findet bei Sony in der Kamera statt und nicht im Objektiv. Das finde ich unterstützenswert, weil ich auf diese Weise die Bildstabilisierung nur einmal mitbezahle und nicht bei jedem Objektivkauf. Das rede ich mir zumindest gerne ein. Davon abgesehen ist es natürlich schiere Faulheit, die mich davon abhält, mich mit einem anderen Menüsystem anzufreunden. Man wird ja nicht jünger.

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Winter in Palau

Zwei Monate minus einen Tag. So lange dauert es noch bis zum gebuchten Flug. Dann werde ich der Heimat zum ersten Mal in meinem Leben länger als vier Wochen fernbleiben. Mein Mann und ich werden die Wintermonate auf Palau verbringen.

Weil wir beide glauben, dass man von vier Monaten reinen Urlaubs, auch an einem noch so fremden Ort, Läuse im Kopf und Flöhe im Hintern kriegt, haben wir uns beim Palau International Coral Reef Center (PICRC) für zwei Vollzeit-Praktika beworben.

Das Center ist nicht einfach irgendeine unterhaltsame Touristenattraktion im Pazifik, es wird dort viel Forschung betrieben, natürlich vor allem zum Thema Korallenriffe, deren Erhalt, Bedrohungsfaktoren wie Klima, Erosion, sowie Aufklärungs- und Bildungsprogramme. Martin wird dort das Forschungsteam unterstützen, ich werde mich bei PR und Bildung betätigen.


(1.Foto von CasaDeQueso; 2.Foto von aSIMULAtor; 3.Foto von Tobze; alle unter CC-Lizenz)

Es ist schon länger fix, aber irgendwie noch nicht richtig real. Wir haben natürlich eine Menge vorzubereiten und zu organisieren, denn obwohl “vier Monate” nicht besonders lang klingt, fallen doch einige Termine in diesen Zeitraum – die jährliche Kfz-Überprüfung zum Beispiel, ich muss Reparaturen machen lassen und die Winterreifen vorher aufstecken lassen, weil es sein könnte, dass wir in eine beschauliche Schneelandschaft zurückkehren.

Ein zweiter Grund ist, dass mein Auto im Winter benutzt werden wird. Denn unser Haus wird gehütet, damit es sich so ganz ohne uns nicht so einsam fühlt. In diesem Zusammenhang waren natürlich etliche Erklärungen fällig, wie man die Heizkörper zur Mitarbeit bewegt, welche Sicherungen für welche Bereiche sind, welcher Müll wo hingehört und wann man davon befreit wird, wie oft die Blumen durstig sind, etc.

Ich war und bin mit Arzt- und Untersuchungsterminen beschäftigt, und mit anderen lang aufgeschobenen Dingen, die ich vorher erledigen wollte (Bikinis kaufen! Yay!) – und ein paar andere neue Anschaffungen gab’s auch.

Dann natürlich Gespräche mit den Chefs, Einschulungen in meinem Bürojob und jede Menge Notizen dazu, ein bisschen Papierkrieg, und nicht zuletzt natürlich diverse Bilanzen, die sich nicht von selber stricken. Jeder darf sein Soll haben.

(Als die Planung losging, hatten wir uns angesichts der schieren Aufgabenmenge übrigens für Astrid als begleitende Aufgabenhüterin entschieden – eine App für Handy und Web, in der man Aufgabenlisten teilen konnte und einzelne Aufgaben einem bestimmten Teilnehmer zuordnen, kommentieren, abhaken, informiert werden. Sehr praktisch, sehr sympathisch, sehr gratis, und mittendrin wurde Astrid von Yahoo gekauft – und die Server abgedreht. Kein guter Zeitpunkt und eine ungemeine Sauerei. Ja, es gibt noch andere Apps. Nein, es gibt keine bessere.)

Bisher wollte ich hier nicht über Palau schreiben – als würde ich das Schicksal herausfordern, indem ich zu früh das ungelegte Ei begackere. Langsam wird es mir aber zu unübersichtlich, wer es schon weiß und wer noch nicht, und meine Bloggeschichten sprechen sich ja recht schnell herum, wenn auch für mich immer wieder überraschend. “Weiß ich schon, hab ich in deiner Pfanne gelesen!”

So here’s something to talk about! Wie hält man es vier Monate ohne Freunde und Familie aus? Und ohne Hund? Was nimmt man mit, und wie trägt man das alles? Was lässt man hier? Wie schützt man die Kameras vor der Feuchtigkeit? Fragen über Fragen!

Ihr findet uns dann jedenfalls dort an dieser Stelle, und ganz sicher gibt es auch Fotos und Berichte in dieser Pfanne.

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Die Wärme fremder Federn

Gestern hab ich was Seltsames erlebt. Gut, der ganze Abend war von außen betrachtet seltsam, aber weil ich Karaoke gewöhnt bin – auch wenn der letzte Abend schon vor Jahren stattfand – hält sich meine innere Empfindung dieser Seltsamkeit in Grenzen.

Hernach jedoch, zu schon recht später Stunde, unterhalte ich mich mit der besten Freundin meiner Schwester, und sie sagt überaus nette, ja begeisterte Dinge über meine fotografischen Arbeiten, über mein Blog, über meine Stimme. Letztere war ja am gestrigen Abend eindeutig zuordenbar, da es beim Karaoke recht wahrscheinlich ist, dass die Stimme aus jenem Menschen kommt, der gerade in das Mikrofon singt. Hier sind also, abgesehen vielleicht von diversen Zwios und Trios, kaum Verwechslungen möglich, ihr Lob gilt wirklich mir.

Sie findet meine Stimme “genial” und kann sich nicht erklären, warum ich “nicht mehr draus mache”. Die Musikbranche in diesem kleinen Land sei sowieso ein Witz und von Managern geschoben, die sich und ihre oft durchschnittlichen Künstler in den Vordergrund drängten, während ein paar richtige Profis im Hintergrund in Hinterzimmern Hinterkaraoke sängen oder so ähnlich. Dass mir wöchentliche Gigs, Singenmüssen und hohe Ambitionen zu Ruhm und Bekanntheit einfach nicht liegen, lässt sie nur ungern gelten.

Außerdem sei meine Website so toll und so kreativ, findet sie; also vielmehr mein Blog, korrigiert sie sich später. Sie verfolge das ja alles ständig!

Aber das mit den Fotos… Sie sagt, “Du machst doch so Fotocollagen, oder?” Naja, eigentlich nicht, ich hab einmal jährlich einen Fotokalender, und eine Fotoseite im Web. Sie meint, ich kombiniere Motive so gekonnt, so kreativ, diese Ideenvielfalt, unglaublich. Ich weiß nicht, was sie meint. Doch, diese Kombination von Motiven, die noch nie gemeinsam auf einem Bild zu sehen waren! Und sie wisse, was für ein Können und für eine Technik hinter diesen Bildern steckt, ihr Mann mache ja selbst Video und Foto, und dennoch habe sie ihm sogar schon vorgeschlagen, sich von mir ein Bild machen zu lassen, mit dem sie ihr Schlafzimmer dekorieren können. In Groß! Sie erwähnt als Beispiel ihrer Beeindruckung mein Foto eines Raubvogels vor den verschwommenen Lichtern einer Stadt(?), und da beginnt es mir zu dämmern – die meint gar nicht mich! So ein Foto hab ich nicht gemacht. Das sage ich, aber das hält sie für falsche Bescheidenheit. “Doch, doch, deine Schwester hat’s mir ja gezeigt!”

Schließlich ergebe ich mich darin, mich mit den fremden Federn bauchpinseln zu lassen – was bleibt mir auch anderes übrig? Und ich denke, welchen Boost für das Selbstbewusstsein eine solche Lobansprache haben könnte, wenn tatsächlich ich und meine Arbeiten gemeint wären.

Der einzige Vogel mit funkelnden Lichtern, der mir einfällt (respektive: meiner Mutter einfiel), das ist jener im Video “Fading Memory” meiner Herzensband BlacktimeBird zu dem wunderbaren Song meines Herzensgitarristen Ceh, den mein Herzensbassist Deh so wundervoll in Szene gesetzt hat. Kein Raubvogel, eine Krähe. Keine Großstadtlichter, sondern virtuelle. Aber hier drin versteckt er sich, im Refrain:

Ja, die Fotos in diesem Video sind alle von mir. Doch die Technik, die der Frau so imponierte, das Können, mit dem diese Fotos zu einem Reigen aus verblassenden Erinnerungen gemacht wurden, die zarten Bewegungen, die in den vormals regungslosen Bildern stattfinden – das alles wohnt in diesem Herzensbassisten. Die Zuordnung der Fotos zu den Textstellen habe ich damals vorgenommen; Videoschnitt, Ideen und Technik stammen von Deh Geh.

Liebe beste Freundin meiner Schwester, bitte hinterlass mir doch einen Kommentar, wenn du das hier liest und tatsächlich dieses Blog bzw diese Fotoseite meintest. Die Wärme fremder Federn fühlt sich für mich nämlich unangenehm trügerisch an.