Von irreführenden Etiketten und Flaschen in der Politik
In welcher jenseitigen Definition entspricht es eigentlich noch der unverbrüchlichen Bedeutung der Begriffe “christlich”, “sozial” oder irgendeiner denkbaren “Freiheit” des Menschen, wenn politische Amtsträger…
¿ mit einhundert Wiederholungsfällen auffallen, indem sie u.a. menschenverachtende Sprache und Ideen führen und damit ungefragt und für alle definieren, was man heutzutage alles “sagen dürfen muss” – und damit wohl letztlich auch: “machen dürfen muss”? …und damit die Grenzen des Sagbaren und Denkbaren immer weiter übertreten und rausschieben.
¿ mit sozialer Kälte auf so vielen Ebenen die Solidargemeinschaft unseres Sozialstaates demontieren, die in diesem Land einst für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit für uns alle sorgen sollte? Eine Gemeinschaft, an der jahrzehntelang verhandelt und gearbeitet wurde, und auf der die Sicherheit und der soziale Frieden in Österreich beruhen.
¿ Arbeitnehmerrechte und -vertretungen aushöhlen zugunsten jener, die sich eine Rechtsgebung in ihrem Sinne auch finanziell leisten können?
¿ ständig “Auslända”, “Balkanroute” o.ä. schreien, sobald das dumme Volk mal wieder vom eigentlichen gesellschaftspolitischen Ziel abgelenkt werden muss?
¿ schnelle Umwälzungen durchsetzen? Was soll an Schnell gut sein, wenn es angesichts einer Fülle an unterschiedlichen Interessen doch gilt, vorher gangbare Kompromisse zu finden? Hauptsache “Zack, zack, zack!”? “Sinn vor Tempo” ist doch weitaus klüger als umgekehrt!
¿ alles beliebig verdrehen und an allem immer nur die anderen für schuldig erklären?
¿ ständig subtile Angstmache betreiben, indem einer etwa “Tendenzen bekämpfen” will, die angeblich unsere “Identität bedrohen” würden?
etc… etc…
Wollen wir da wirklich ständig reingezogen werden, in dieses Schattenboxen gegen Unbekannt? Was soll das alles noch mit Freiheit, christlichen Werten, mit sozialen Ansinnen oder gar sozialer Kompetenz zu tun haben?
Ob blindfromme Gläubigkeit überhaupt noch in eine aufgeklärte Zeit gehört, darüber kann man vielleicht streiten. Aber nicht darüber, dass sie in die Kirche gehört und nicht in die Wahlkabine. Es wäre eine allzu fromme Loyalität, die keine politischen Fragen stellt. Zum Beispiel: Was ist drin? Statt die Aufschrift unverändert zu glauben, nur weil die Bedeutung der Begriffe sich ja nicht geändert hat. So eine Art der Loyalität würde nämlich bedeuten, aktuelle Werte hinter alten Aufschriften zu erhoffen, und diese Werte, die persönlich wichtig sind, damit letztlich aufs Spiel zu setzen.
Und wofür? Um ein Gottvertrauen zu beweisen, dass alles schon nicht so wild werden wird, wie es aussieht, wenn wir nur einfach nicht hinschauen? Das ist Selbstbetrug, und, pardon, als würde man in eine leere Flasche Château-Lafite brunzen und behaupten, es wäre Bordeaux, weil die Aufschrift gleichgeblieben ist. So eine Aufschrift ist bedeutungsleer und hält sich an keine Regeln mehr – auch nicht an die des guten Geschmacks. :)
Wollen wir also langsam beginnen, die Aufschrift anzuzweifeln und den deutlich sichtbaren Inhalt zu betrachten?
Gerade jene, die bisher vom kurzen Hinsehen befunden haben, es wäre doch in dieser letzten Regierung “endlich was weitergegangen” – ich enttäusche euch nur ungern, aber dass “was weitergeht”, ist per se noch kein Qualitätsmerkmal. Es kommt darauf an, w-a-s da weitergeht. Natürlich gibt es auch perfide Bremser, aber prinzipiell sind Bedenken, Gegenstimmen und längere Diskussionen eine gute Sache in einer Demokratie.
Daher möchte ich euch ans Herz legen, noch vor nächstem Sonntag eingehend zu prüfen: War und ist euch das wirklich alles so recht? Müsste man eventuell die eigentliche Bedeutung und weitere Konsequenz so manchen Beschlusses erstmal zu Ende denken, um aus Kenntnis auch Meinung abzuleiten? Vielleicht erhält dann doch noch so manches, was euch als Zuckerl verkauft wurde, im Nachgeschmack deutlich was von Bittermandel?
Was aber, wenn du deine Gruppe in der Solidargemeinschaft von alledem gar nicht betroffen siehst? Sondern einfach nur die Rechte, Ansprüche oder Zukunft irgendeiner anderen Gruppe? Beruhigt dich das soweit, dass du dann einfach wegschauen und sagen kannst, Hauptsache es betrifft nicht meine Gruppe?
Gehörst du einer Minderheit an? Beachte, dass es nicht nur numerisch-statistische, sondern auch soziale Minderheiten gibt: Frauen, Kinder, Arbeitslose, Einwanderer, LBGTIQ. Oder chronisch Kranke, Alte, Pflegebedürftige, Behinderte. Könntest du in Zukunft einer Minderheit angehören? Waren deine Vorfahren vielleicht Einwanderer, und in welcher Generation? Wann also wird wohl die kaltschnäuzige Demontage der Gemeinschaft auch deine Gruppe erreichen? Und auf welche Solidarität aus anderen Gruppen wirst du dann zählen können?
Freiheit ist nur dann gegeben, wenn sie allen Gruppen zugesichert wird, nicht nur selektiv einer privilegierten. Die Freiheit von Minderheiten ist daher immer im Interesse aller Gruppen.
Ist es nicht sinnlos, die Bereitschaft zur Verantwortlichkeit dort zu suchen, wo keine ist? Egal, wer es konkret ist – einer, der das ewige Opfer spielt, wird niemals seine Verantwortung akzeptieren, und daher auch nie verantwortlich handeln. Und einer, der behauptet, er würde deine Sprache sprechen, ist dann womöglich in Wirklichkeit einer, der von dir erwartet, dass du seine Sprache sprichst. Ansonsten gilt wohl: Hände falten, Goschn halten.
Nein, Herrschaften, gerade wer sich als Christ oder Christin versteht, und das bitte ehrlicherweise dann schon samt Nächstenliebe, Barmherzigkeit und allem Pi-pa-po, und wer Wert auf Freiheit legt, erteilt doch eine deutliche Absage an Eiseskälte, Restriktion, Raffgier und Pharisäertum dieser Politik. Und zwar egal, welche Worthülsen von christlich, sozial oder freiheitlich diese Parteien bequemerweise noch für ihre Fahnen gepachtet haben.
Echte Menschlichkeit macht keine Unterschiede zwischen Menschen. Oder sie ist keine Menschlichkeit.
Wie möchtest du behandelt werden?
ehrliche gänsehaut beim lesen! sowahr!
Zum Glück gibts sowas wie eine unehrliche Gänsehaut auch gar nicht. :) Darin sind wir alle “eine ehrliche Haut”.
Danke dir!