Artikel

Kroatien 1

Zu Reiseberichten muss ich mich immer ein bisschen durchringen. Nicht, dass sie mir keinen Spaß machen würden. Doch es fällt mir schwer, Bilder auszuwählen oder Ereignisse herauszupicken, wo mir doch alles gleichermaßen interessant und erzählenswert erscheint – es erscheint mir zumindest so lange so, wie mir mein Erinnerungsvermögen überhaupt irgendwelche Erscheinungen beschert.

Meine Reiseaufzeichnungen vor Ort habe ich diesmal in neuer Form geführt. Mir wurde nämlich bewusst, dass ich jeden Tag etwas dazulerne, auch wenn es noch so trivial scheint. Der Mensch glaubt ja gerne von sich, er würde langsam auf den Tag seines Nimmerseins zuknöchern und sein Gehirn würde dabei, seinen Hüftgelenken nicht unähnlich, immer unflexibler, knorriger und auch verblödeter werden, aber das stimmt gar nicht. Hüftgelenke verblöden nicht. Wir haben neue Erkenntnisse, und die beherzigen wir auch und setzen sie in unserem Leben um, jeden Tag. Daher habe ich auf Reisen eine Liste geführt, die den hochtrabenden Titel “Erkenntnisse des Tages” trägt. Daneben steht in meinem Notizbüchlein noch “AHAAA! :)”, falls das jemandem relevant erscheint. Ich bin eben ein verspieltes Mäderl.

Diese Erkenntnisse werde ich mit euch teilen. Mir ist dabei freilich bewusst, dass das Lesen fremder Erkenntnisse nicht annähernd so effektiv ist wie das Selberhaben, und ich hoffe, euch auch. Falls euch also plötzlich danach ist, aufzustehen und hinauszugehen in die Welt, um Erkenntnisse zu sammeln – ich halte euch nicht auf! Lesen könnt ihr auch später noch.

Manche Erkenntnisse werde ich näher erläutern und auch Fotos dazupinnen, die dazu mehr oder weniger passen oder auch gar nicht, und wir schauen einfach mal, wohin uns das führt, in Ordnung?

Wir beginnen am Anfang. Das ist Tradition und gehört sich so. Der Urlaub beginnt mit der Hinfahrt.

• Polarisierte Sonnenbrillen haben nicht nur reinen Spaßwert.

Bisher beschränkte ich mich ja darauf, mich mit meiner Polbrille an kontrastreicheren Wolken zu erfreuen, an Fischsichtungen durch spiegelfreie Wasseroberflächen und an den lustig bunten Spannungslinien in den Heckscheiben fremder, ahnungsloser Menschen. Weil sich auf der Fahrt Richtung Süden das schwarze Armaturenbrett von der aufs heftigste runterknallenden Sonne aber so stark aufheizt, decke ich es mit einem weißen Handtuch ab. Erst als ich meine heilige Brille zwischendurch mal abnehme, stelle ich fest, dass ich ohne sie so gar nicht fahren könnte. Dank Polbrille: keine weißen Frotteespiegelungen in der Scheibe. Brille ab – keine Sicht! Brille wieder auf – alles gut.

Sicht ohne Polbrille Sicht mit Polbrille

• Der kroatische Polizist ist schnell auf dem Plan, wenn eine Unbekannte in seinem Revier auftaucht.

Ich fahre spontan vor dem Velebit von der Autobahn ab, um mir die Gegend anzuschauen, weil sie so wunderschön aussieht. Orangegelbe Felder vor den blauen Bergen will ich fotografieren, aber ich finde Häuserruinen. Ich liebe Häuserruinen mehr als Felder und Berge und will ein paar Fotos machen. Doch kaum bin ich ausgestiegen und pinkeln gegangen, ist es auch schon da, das Auge des Gesetzes, es sitzt auf einem Motorrad! Das Auge dreht eine Runde um mich und den Hund herum, nickt und verschwindet wieder um die Ecke. Das Brummen des Motorrads allerdings höre ich noch minutenlang.

Hausruine Hausruine

• Der gemeine kroatische Bodendorn sticht problemlos durch Crocs und arbeitet sich so auf überaus garstige Weise zur sprachlosen Fußsohle vor.

Das wusste ich schonmal, habs aber wieder vergessen. Gut, wenn man sich solche Dinge aufschreibt.

• Wenn man ohne Zimmerbuchung nach Kroatien fährt und vor Ort entscheiden will, wo’s einem gefällt, sollte man schon morgens eintreffen, nicht erst mittags.

Der Tag ist kurz, die Wege lang, und die wirklich aufschlussreichen sind mit dem Auto nicht befahrbar, sie führen schmal und per pedes zwischen Hecken, Olivengärten und Schafweiden hindurch.

Artikel

Was los?

Ich gebs ja zu, in letzter Zeit war ich ein bisschen schreibfaul. Es gibt Input- und Output-Phasen. Dies ist vorwiegend eine Input-Phase. Was ich mir derzeit in-putte? Die Janet-Evanovic-Romane, die ich im Austausch für einen handgemachten Stofftierfisch in gestapelter Anzahl von meinem treuen Leser hubbie und seiner Frau bekommen hab. Unterhaltsam und spannend, ich fliege nur so durch die Taschenbuchseiten (die ich nach hinten biege, dass es Herrn baumgarf die Büchermonk-Zehennägel aufzwirbeln würd), poliere damit mein Englisch auf Ghettoniveau auf und lasse nebenbei meine Haut ein paar spätsommerliche Sonnenstrahlen hamstern.

Ich hab drinnen und draußen genug zu tun. Die Tomatenstauden wachsen wie Unkraut und sind mittlerweile in anlehnungsbedürftiger Sympathie für die Thuje auf Wohnzimmerfensterhöhe vorgedrungen. Meine gewaschene Bettwäsche wird nicht wie sonst im Trockner aller ihrer Duftmoleküle restlos beraubt, sie darf in der Sonne trocknen und behält ihren Duft im frisch bezogenen Bett noch tagelang. Und ich liebe Wäscheduft! Im Wintergarten, von dem aus ich zu bloggen pflege, ist es seit Monaten zu heiß, um ausgiebig zu schreiben, und die paar kühlen Stunden frühmorgens nutze ich zum Arbeiten.

In meinem sozialen Leben jagt ein Höhepunkt den anderen. Es sind weniger die vielen Königskrönungen und Emmyverleihungen, vielmehr persönliche Höhepunkte in Form von kleinen, aber feinen Treffen mit lieben Menschen, die über die Wochen wohlverteilt sind (die Treffen, nicht die Menschen) – und bei denen ich derzeit mitunter durch Sätze glänze, die mein vom vielen Lesen verwirrtes Hirn immer wieder mit englischen Ausdrücken garniert, die ihm gerade treffender zu sein scheinen.

Meine beste Freundin ist umgezogen und hat damit unsere bisherige Distanz von 50 Autominuten um ganze 47 Minuten reduziert. Mein bester Freund hat, natürlich ohne sie absichtlich übertrumpfen zu wollen, die Distanz von 8440 Kilometern um 8420 reduziert. ‘Bin gleich bei dir’ hat jetzt wieder Wahrheitswert.
Ich erlebe Abende voller Gelächter, gefolgt von Bauchmuskelkater am nächsten Morgen. Das Musikmachen ist auch wieder ein fixer Bestandteil meines Lebens. Und die zweisamen Wochenenden vergehen mit Terrassenfrühstück, Online-Sofasuche und Bonnie&Clyde-Nachmittagen, bei denen er die Waffen poliert und sie den Schmuck.

Ich habe seit kurzem neue Medikamente, die die rheumatische Entzündung eindämmen sollen. Frau Rheumadoc konnte sich für den Vorschlag und das eigene Lernvermögen gleichermaßen begeistern. Über die Wirkung kann ich allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nichts sagen, außer dass die Arbeitseinheit Magen-Darm recht schnell ihre Irritation bekanntgegeben hat. Es ist aber keine Dauermedikation, sodass ich mit kulturell wertvollen Joghurts und Lactrase-Kapseln über die Runden kommen sollte.

Keine besonderen Vorkommnisse also, und doch sehr viele besondere für mich. Das Menschlein in mir begrüßt nicht jede Veränderung mit dem gleichen Enthusiasmus, beispielsweise jene, dass die Tage wieder kürzer werden, aber ich habe vorgesorgt und ein paar hoffentlich gut verteilte Sommer-Verlängerungswochen geplant. Und ein Satz, der dieses persönliche Update mit einem adäquaten Absenken der Erzählstimme beschließen sollte, fehlt diesem Eintrag völlig. Noch Fragen?

Artikel

Jedoch

Kaum holt man nach elf Jahren des Zornes mal zum Rundumschlag gegen die Schulmedizin aus, meldet sich auch schon ein Mediziner der alten Schule telefonisch bei mir, um den Gegenbeweis anzutreten. Ich möchte hier nicht über ungelegte Eier gackern, das hab ich im privaten Umfeld für mein Empfinden schon im Übermaß erledigt; deshalb hier vorerst nur soviel: Es gibt für meine gesundheitliche Situation wieder ein Licht am Ende des Tunnels. Und die Chancen stehen ziemlich gut, dass es sich bei jenem Licht diesmal nicht um einen herannahenden Zug handelt.