Die Blüten, die der Stil treibt

Menschen, die als Lehrer tätig sind – wie meine Schwiegereltern, die Deutsch, Englisch und Musik unterrichten – haben ziemlich oft Ferien. Sie fragen uns auch immer wieder, was wir in den Ferien machen werden, worauf wir zurückzufragen pflegen: ‘Was für Ferien?’ Trotzdem würde ich nicht tauschen wollen.

Um sich für die Strapazen zu entschädigen, die dem täglichen Kampf entspringen, gegen einen mitunter erheblichen Widerstand die Saat des Wissens und autonomen Denkens in den Köpfen der Jugendlichen zu pflanzen, können Lehrer in den Weihnachtsfeiertagen eine ganz private Lesung der schönsten Stilblüten veranstalten. So geschehen bei unserem weihnachtlichen Besuch bei den Schwiegereltern. Nach einigen wenigen Sätzen wusste ich: Ein Notizblock muss her!

Im Musikunterricht wurden verschiedene Werke durchgenommen, unter anderem Prokofjews ‘Die Liebe zu den drei Orangen’ und Bartóks Tanzpantomime ‘Der wunderbare Mandarin’.
Beim Musiktest trat die Erinnerung an den durchgenommenen Stoff bei einem Schüler nur noch diffus hervor und fand ihren Niederschlag in der Angabe eines Werkes mit dem klingenden Namen ‘Die drei Mandarinen’.

Aus einer Schularbeit zum Thema ‘Alkohol und Gesellschaft’:

  • Man trinkt aus Einsamkeit, wegen berufliche Probleme oder mit Eltern.
  • Bei Mädchen kommt das Komatrinken durch Liebeskummer vor.
  • Alkohol ist eine Ausweichmöglichkeit ihrer Gefühle.

Zu verschiedenen Themen:

  • Das Allgemeinwissen wird weitergebildet.
  • Ihre Freundinnen sind genauso aufgetorkelt wie sie.
  • Streber sind von den anderen nicht gewollt.
  • Sie hat eine leise Stimme. Trotzdem ist sie sehr schüchtern.

Zum Thema ‘Gefahren beim Internetsurfen’:

  • Man ist beim Download von Spiele meist in ein Monatsabo verwickelt.

Meine Lieben, die nächste Bloggergeneration wächst unaufhaltsam voran! Wir müssen uns auf einiges gefasst machen!

13 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. baumgarf sagt:

    Ach, einfach schön, solche Stilblüten. Wobei man gar nicht daran denken darf, was man einmal selbst in jungen Jahren in Aufsätzen abgesondert hat.
    Wobei der Satz “Alkohol ist eine Ausweichmöglichkeit der Gefühle” für sich genommen eigentlich eines Aphoristikers würdig wäre.
    Dabei fällt mir ein, irgendwo hier müsste ich noch einige Auszüge aus englischen Aufsätzen haben. Wenn ich sie finden sollte, lasse ich sie dir mal zukommen, Interesse vorausgesetzt.

  2. hubbie sagt:

    bitte bekenne sofort, dass das Hauptschulblueten waren, denn wenn das aus einer AHS kommt, wundern mich unsere miesen PISA Ergebnisse nimmer mehr…

  3. Etosha sagt:

    Interesse darfst du sehr gerne voraussetzen, baumgarf; vorausgesetzt, ich werde dabei nicht in ein Monatsabo verwickelt. ;)

    hubbie, na, irgendwoher müssen die Ergebnisse ja auch kommen! Ich bekenne gaaar nix! :)

  4. nömix sagt:

    Das erinnert an den PISA-Spezialisten unlängst bei Schlag den Raab, der auf die Frage “Wo lebte Hamlet?” die Antwort tippte:
    In Afrika. Weil der ja ‘n Schwarzer war, nichtwahr.”

  5. Etosha sagt:

    Issnichwahr! *gg* Da wirst ja zum Laertes!

  6. Frau vom Chef sagt:

    Erinnert mich an einen Aufsatz, den ich bei meiner Schwiegermutter (ihres Zeichens Kunstlehrerin) gelesen habe.
    Der Schüler sollte einen Aufsatz über seine Lieblingswerke schreiben ohne sich auf einen Künstler festzulegen. Er schrieb die Bilder von Vinzent fan Koch findet er blöd, weil die sind so bunt und eigentlich gefällt ihm der Hase von Dürer (meines Wissens nach heißt das Bild Feldhase, aber wir wollen ja nicht kleinlich sein) ihm nicht gefällt weil den hätte man ja nicht in schwarz malen müssen, denn der hätte schon etwas Farbe verdient. Ich fragte meine Schwiegermutter, ob dies nicht ein Aquarell wäre mit Brauntönen und weiß und einigen anderen Farben. Sie meinte nur der Schüler hätte sich die Bilder aus dem Internet ausgedruckt, fragende Blicke (auf einem schwarz-weiß Drucker). Noch Fragen zu PISA!!!!

  7. Etosha sagt:

    Hihi :) Auch sehr beliebt ist ja die geistige Zuordnung Feldhase – Dürrenmatt. :)

  8. G. Schwätz sagt:

    wir sammelten in der schule die schönsten stilblüten, derer wir in unserer klasse anhörig wurden. sie sind mir nicht mehr alle erinnerlich, dazu müsste ich die matura-zeitung befragen, aber eine werde ich wohl nie vergessen:

    mathematik. isa zeichnet hingebungsvoll den graphen einer funktion. dominik, ihr sitznachbar, rempelt sie dabei unachtsam an. isa daraufhin empört und in voller lautstärke: “niki! stoß mich nicht bei meiner schönen kurve! jetzt hast du mir den höhepunkt versaut!”

    und das in einer riege schwerst-pubertierender 17-jähriger. die stunde war gelaufen :).

  9. Etosha sagt:

    :)) Recht hat sie. Gegen Höhepunktversauungen muss man sich frühzeitig wehren!

  10. Wir haben damals ständig Stilblüten unserer Lehrer mitgeschrieben, das waren so viele, dass sie allein für eine ganze Abiturzeitung gereicht hätten. Leider habe ich letztere nicht parat. Mir ist nur aus späterer Zeit ein Satz des Direktors meiner Krankenpflegeschule erinnerlich: “Ein Nierenstein ist ein abflussbedingtes Hindernis”.

  11. Frau vom Chef sagt:

    Und was hätte Herr Direktor, dann zu einem Darmverschluss gesagt? Super, beim nächsten Nierenstein sag ich einfach ich habe ein abflussbedingtes Hindernis. Ur super! :)

  12. Etosha sagt:

    Allein dieses ‘Ur super’ müssten die Fritzen vom Amt der Landesregierung schon als perfekt vollzogene Assimilation werten! *rofl*

Schreibe einen Kommentar zu baumgarf Antworten abbrechen

Pflichtfelder sind mit * markiert.


* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Ich stimme zu