Grrrrrrrrrrrrr! Es grrrrrrt des öfteren in (und aus) mir, in diesem Land, das ich liebe, und das mich mitunter zu tobsüchtigen Ausbrüchen animiert.
Zum Beispiel, wenn ich wieder mal verzweifelt auf der Finanz-Online-Homepage den Link zum Formular FON1 suche, das Anmeldeformular zum ebenso begehrten wie verpflichtenden ‘FinanzOnline für Unternehmer’, mit welchem der Unternehmer fürderhin den Papierkrieg gegen mit dem Fiskus online führen kann. (Und: Nein, das ist nicht sowas Ähnliches wie World of Warcraft.)
Statt dem gesuchten Formular finde ich auf der FinanzOnline-Ratgeber-Seite, für mich völlig unerwartet, das Thema ‘Unerwartete Fragen‘ und muss mir dort zynische Sätze um die Ohren hauen lassen:
Mit den nachfolgenden Fragen können Sie feststellen, warum Sie noch immer nicht bei FinanzOnline angemeldet sind. Viel Spaß bei der Selbsterkenntnis!
Es folgen rasend witzige ‘Fragen an einen Steuerpflichten’, wie zB ‘Stehen Sie gerne im Stau?’ und ‘Richten Sie sich gerne nach den Öffnungszeiten eines Amtes?’ Aus meinen Antworten – die natürlich durchgehend JA lauten, denn so lustig wie die Finanzverwaltung bin ich auch gerade noch – errechnet der eingebaute FON-Psychoanalytiker to-tal überraschend, dass ich mit FON Zeit und Geld sparen kann.
Der gelernte Österreicher fühlt sich nur ganz leicht gehäkelt, wenn er sich zum Beantragen des Zuganges sodann in den Stau stellen und sich nach den Öffnungszeiten eines Amtes richten muss, um sich dortselbst in der Folge mit Finanzbeamten herumzuschlagen, die keine blasse Ahnung von den vorzulegenden Dokumenten oder der Beschaffenheit der Teilnehmer-ID haben, das aber gekonnt hinter ablehnenden Antworten verbergen und den Unternehmer sogar (und zwar in mehreren mir bekannten Fällen) wieder wegschicken.
Nein, er ist – im Gegenteil! – stolz, am Sponsoring einer dermaßen humorvollen Finanzverwaltung beteiligt sein zu dürfen!
Der Nicht-Unternehmer hat’s da ja schwerer – er muss den Zugang online beantragen und darf sich nicht persönlich von der Witzigkeit des Fiskus überzeugen.
Wer also sein Glück versuchen will, findet das verwunschene Anmeldeformular FON1 hier oder, vielleicht, bei seinem Finanzamt.
Und es hat sich noch nicht ausgegrrrrrrrt! Eine Freundin berichtet mir, nach ihrem mittlerweile über sechsjährigen Aufenthalt in Österreich und ihrer über fünfjährigen Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger habe sich ihr die Frage gestellt, ob sie sich nicht den Weg zur deutschen Botschaft zur Erneuerung ihres deutschen Reisepasses sparen und stattdessen die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen solle. Die daraufhin von ihr eingeholte Auskunft einer Mitarbeiterin des Amtes der Landesregierung lautete allerdings, sie müsse dafür erst 300 Stunden Deutschunterricht absolvieren. Nein, dass deutsch ihre Muttersprache sei, mache da keinen Unterschied.
Als österreichischer Staatsbürger möchte man bei diesem Bericht, so kann ich euch versichern, augenblicklich im Boden versinken vor grenzenloser Scham.
Komplexe Vorschriften schön und gut, aber bitte, bitte: Setzt doch Menschen in die Ämter, die auch richtige Auskünfte geben können, oder die zumindest den Satz ‘Das weiß ich leider nicht, da muss ich nachfragen’ fehlerlos und ohne stolzbedingtes Zaudern aussprechen können.
Es gibt online einen Einbürgerungs-Frage- und Antwortkatalog, in dem man die zutreffenden Kriterien eingrenzen kann und so zu einem recht übersichtlichen und für den persönlichen Fall zutreffenden Informationsblatt über die erforderlichen Schritte und Dokumente geleitet wird.
Ich glaube allerdings kaum, dass die erwähnte Freundin diesen Schritt in Betracht ziehen wird. Denn was man zur Beantragung selbst der ‘Verleihung der Staatsbürgerschaft aufgrund eines Rechtsanspruches‘ für eine Fülle an Unterlagen und Dokumenten vorlegen muss – da hat selbst mir als geprüftem Amtsschimmelreiter das Auge getränt:
- Ausführlicher Lebenslauf mit detaillierten Angaben über sämtliche Wohn-und Aufenthaltsorte von Geburt bis heute, über Schulbildung, die gesamte berufliche Tätigkeit (Art und Dauer der Tätigkeit), die familiären Verhältnisse und den Militärdienst (genauen Zeitraum über die Ableistung).
- Passfoto
- Geburtsurkunde
- Sämtliche Heiratsurkunden und allfällige Nachweise über Eheauflösungen falls vorhanden (z.B. rechtskräftiges Scheidungsurteil, Sterbeurkunde etc.)
- Alle bisherigen Meldenachweise seit dem ersten Wohnsitz in Österreich
- Reisepass mit aktueller Niederlassungsbewilligung bzw. Konventionspass bzw. Reisepass mit Legitimationskarte
- Alle Einkommensnachweise der letzten drei Jahre und Bescheinigung der Krankenkasse über die bisherigen Versicherungszeiten/Tätigkeitsnachweis
- Strafregisterauszüge der letzen 20 Jahre aus all jenen Staaten, wo ein länger als 6-monatiger Aufenthalt bestand, ab Strafmündigkeit (seit dem 14. Lebensjahr)
- Nachweis über die Ableistung des Militärdienstes (genauer Zeitraum), falls der Militärdienst während des Wohnsitzes in Österreich geleistet wurde
- Nachweis über die Führung eines inländischen akademischen Grades (z.B. Promotionsurkunde, Diplom, Bescheid über die Nostrifizierung des akademischen Grades etc.) bzw. ausländischen akademischen Grades (Naric-Bestätigung)
- Letztes Schulzeugnis für Kinder unter 14 Jahren
- Nachweis über die gesetzliche Vertretung (Obsorge) für ihr minderjährige/s Kind/er
- Aktuelle Bestätigung der Meldung des/der Ehegatten/in
- Staatsbürgerschaftsnachweis des/der Ehegatten/in
- Einkommensnachweise des/der Ehegatten/in der letzten drei Jahre
- Alle Aufenthaltstitel seit der Einreise in Österreich (inkl. der Nachweise seit Sie in Österreich niedergelassen sind)
- Nachweis über den Erwerb Ihrer Deutschkenntnisse
Entgegen anderslautenden Gerüchten braucht man keinen Nachweis darüber beizubringen, dass man Nerven von der Beschaffenheit eines gewissen metallischen Materials sein eigen nennt. Wenn man aber im Besitz eines solchen Nachweises ist, wirds auch nicht schaden, ihn mitzunehmen (zB: FinanzOnline-Zugangskennung).
Ich darf allerdings auf diesen Text verweisen:
Sie kann sich also auch ohne Unterricht ihre Staatsbürgerschaft holen (wenngleich die restlichen vorzulegenden Unterlage auch noch immer genug sind…)
Ich bin mir jetzt eigentlich gar nicht mehr so sicher, ob Deutsch wirklich meine Muttersprache ist …
Ernstl, drum hab ich ja die ‘Deutschkenntnisse’ verlinkt. Quasi als Easter Egg. :) Um dann den Satzbeginn zu verwenden ‘Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein,…’ ;)
TM, hm?
Dazu fällt mir spontan “Passierschein A 38” ein.
Oder Reinhard Mey, der sich offenbar auch schon mal verlaufen hat im Haus, das Verrückte macht:
Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars
zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschriftexemplars,
dessen Gültigkeitsvermerk von der Bezugsbehörde stammt
zum Behuf der Vorlage beim zuständigen Erteilungsamt.
Ja, die Freundin hat sich defenitiv entschieden, den Weg zur Deutschen Botschaft in den schönen 3. Wiener Gemeindebezirk anzutreten, um einen neuen Reisepass zu beantragen. Da wiehert der Amtsschimmel!Abgesehen davon, kann sich entsprechende Freundin nicht mal an die Hälfte der Dienststellen erinnern, bei den sie mehr als 6 Monate angemeldet war. Außerdem waren das meistens mehrere gleichzeitig, also auch du Schreck. Schrei, Hilfe, Panik usw. Danke für die ausführliche Entscheidungshilfe!!!!
Tschuldigung! Natürlich definitiv und ach du Schreck. Sonst zweifelt noch jemand an meiner Sprachfähigkeit
*g* Gerne. Dacht ich mir fast. Vor allem die Lückenlosigkeit ist ja ein Hund. Quasi. ;)
Ich weiß ja nicht mal lückenlos was ich letzte Woche gemacht hab. So circa, eventuell, vielleicht unter Umständen und so!
So unstete Menschen möchte dieses Land nicht, herrrnS! ;P