Absageservice Österreich

Schreiben reinigt die Seele. Es hilft, auf den Punkt zu bringen, was einen auf die Palme bringt. Obwohl es eine wunderbare Therapie ist, eignet sie sich nicht für jeden. Manch einer will zwar sein Grimmen ausformuliert haben, fühlt sich aber nicht unbedingt gedrängt oder auch befähigt, es selbst tun. Jeder hat eben so seine Talente.
Jedoch: Hilfe naht! Wunderbar, endlich ist er da, der Absageservice Österreich! Nein, diesmal gehts nicht um die ungeliebten Absagen per SMS. ;) Es geht um Stelleninserate; um Anforderungsprofile, die jeder Beschreibung spotten, für Jobs, die sowieso keiner haben will. Vielleicht auch um Firmen, die inserieren, sich aber dann zu gut sind, an nicht eingestellte Bewerber wenigstens ein kurzes Absageschreiben rauszuschicken. Um all das also, was bei Arbeitssuchenden dieses chronische Kopfschütteln auslöst, das man so häufig am Arbeitsamt beobachten kann.
Es tut gut, nicht allein zu sein. Peter A. Krobath und Paul Kuserutzky haben das wahrscheinlich ebenso gesehen und mit dem Absageservice eine Kunstaktion nach dem Vorbild der Berliner Absageagentur gestartet. Jetzt leisten die ‘diplomierten Chefabsager’ seit Mitte Jänner dem mündigen Mensch Hilfe bei der Formulierung seines persönlichen Absageschreibens, und das sogar persönlich im ABS-Bürobetrieb, samt Briefpapier mit dem ABS-Logo. Wer sich nicht hinbemühen will, findet vorgeformte Standardschreiben hier und hier auf der ABS-Seite.

Für die Berichte über solche Highlights zahlt es sich ja doch immer wieder aus, den Augustin zu kaufen.

Meinem Versprechen nachkommend, meine alten Texte nach und nach hier zu veröffentlichen, gibts im Anschluss ein Absageschreiben, das ich selbst vor Jahren nach meinem monatelangen, frustreichen Bewerbertum verfasst habe.

Sehr geehrte Damen und Herren!

Drei Monate ist es jetzt schon her, da habe ich mich beim Erstellen einer Bewerbung auf Ihr Stellenangebot geradezu selbst übertroffen. Ja, sie war schon etwas Besonderes! Wunderbar formuliert, außergewöhnlich in der Gestaltung! Natürlich kein Tippfehler drin. Ich hatte auch eine Probe meiner kreativen Arbeit beigelegt, die ich in stundenlangem Schaffen eigens für Sie angefertigt hatte.

Natürlich habe ich als Anhänger des positiven Denkens anfangs in meiner zugigen, von der Notstandshilfe bezahlten Wohnung – indisches Klo: jenseits des Ganges – schillernde Phantasien meiner selbst an meinem brandneuen, geheizten Arbeitsplatz entworfen.
Später habe ich zuweilen bei Ihnen angerufen. Einmal war der zuständige Mann im Urlaub (stimmt, das fand ich sonderbar, eine Woche vor dem Urlaub noch schnell ein Inserat zu schalten). Aber ein anderes Mal, da habe ich ihn erreicht! Herr R.E. Kruter schnauzte mich an, daß er “auch nicht zaubern” könne und er mich “bei Interesse sicher noch anrufen” werde.

Ich habe jedoch seither nie mehr auch nur ein Sterbenswörtchen von Ihrer Firma gehört.

Ich mutmaße also, Sie haben inzwischen einen wunderbaren, neuen Mitarbeiter in Ihrem Team, der alle Ihre Erwartungen erfüllt. Bestimmt arbeitet er 50 Stunden die Woche, für einen Teilzeit-Lohn, auf dessen Basis Sie eine 50%-Arbeitsamt-Förderung einstreichen. Selbstverständlich kann der Neue noch viel mehr als in ihrer Stellenbeschreibung gefordert, er hat für diese Tätigkeit, die jeder Schulabbrecher gewiss mit Leichtigkeit schaukelt, ein Studium summa cum laude abgeschlossen, in allen geforderten Bereichen hat er jahrelang Berufserfahrung gesammelt, und dabei ist er erst 22.
Wahrscheinlich ist er zusätzlich auch was fürs Auge und holt einmal die Woche brav eine neue Palette Coke light.

Doch auch wenn Sie und er jetzt sehr glücklich miteinander sind, der Arbeitsmarkt mit qualifizierten Kräften gesättigt ist, und selbst wenn Sie 150 weitere Bewerbungsschreiben bekommen haben, wäre nicht doch eventuell zu erwägen gewesen, ob man den nicht in Frage kommenden Bewerbern eine kurze Notiz zukommen läßt?
Aber ich vergaß: die explodierenden Portokosten…! Die Anträge auf Zwangsausgleich seitens der Post AG sollen ja zuletzt stark angestiegen sein.

Sie müssen außerdem wissen, uns Arbeitssuchenden wird von Jobcoaches wochenlang gepredigt, daß der minderbemittelte Bewerber sofort an den Rechtschreibfehlern und Stilblüten in seiner Bewerbung erkannt wird, sodass diese umgehend in die Rundablage wandert. Zu solchem Handeln wären Sie gewiss nicht fähig, argwöhne ich in Anbetracht Ihres neuen Stellenangebotes im heutigen KRONIER für einen Mitarbeiter im “Sekräteriat”, der “das Chaos sowie perfektes Englisch beherrschen”.
Ja, es muss eindeutig eine Sekretärin her, mit deutscher Muttersprache.

Ich setze Sie somit davon in Kenntnis, daß ich in einer Firma wie der Ihren ohnehin nicht hätte arbeiten wollen. Jeder einzelne Satz in meinem Bewerbungsschreiben war gelogen.
Selbst wenn Sie sich von Ihrem neuen Mitarbeiter wieder trennen, weil Sie womöglich feststellen, daß er irgendwie komisch riecht oder gewohnheitsmäßig in der Nase popelt, würde ich mich ganz bestimmt nicht über Ihren Anruf freuen. Also vergessen Sie das gleich.

Mit freundlichen Grüßen
B. Werber

3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Thundercat sagt:

    Wie immer seit einigen Tagen zum Morgenkaffee Deine neuen Texte lesen. nun gut ich kenne Deinen schreibstil und ich bin vorbereitet NICHT mit vollem Kaffeemund über deine Zeilen zu grübeln, allerdings hats mich bei deiner “Absage” so derart geschüttelt , dass erst recht der Kaffee auf der heute morgen mühsam getippten Versicherungsrechnung gelandet ist….. hm… ob die VAV diese braun-milchschaum verschmierte Rechnung annimmt mit dem Verweise auf:
    “i kann nix dafür”
    siehe ethosha.weblog.co.at
    ist mehr als fraglich
    ???????????????????????????????????
    ach ja, SCHNEIT es bei dir auch so ?
    haha…

  2. Darauf hätte ich wirklich eher stoßen wollen. Unzählige Bewerbungen des Herrn Nachtschwester sind seinerzeit auch einfach versickert, während er unter Zeitdruck einen Job suchte. Und er hat den gleichen Schluss gezogen: Wer aufwändigen Bewerbungen so wenig Wertschätzung entgegenbringt, macht das vermutlich hinterher den Mitarbeitern gegenüber nicht anders.

  3. Etosha sagt:

    Versteh ich gut. Damals hat mich das Schreiben echt aus dem größten Frust befreit. Es IST heilsam, ganz eindeutig.

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