Sonderbares Heimsprech

Wenn zwei Menschen lange zusammenleben, entwickelt sich eine eigene Sprache. Zwischen einander rechtmäßig Zugemuteten werden oft Ausdrücke verwendet, die bei Außenstehenden bestenfalls Verwunderung auslösen.

Auch in unserem trauten Heim gibt es diese Kuriositäten. Das beginnt beim Frühstück: Ein einzelnes Spiegelei heißt bei uns Doppeleihälfte. Die Bitte nach dem Salzstreuer hört sich, in Verehrung eines ganz bestimmten Edika-Cartoons, so an:
‘Gib mir mal das Salz, du Sau, das da drüben steht, bitte!’
An unkommunikativen, von Müdigkeit geprägten Morgen mitunter auch nur ‘Salz, Sau, drüben, bitte.’

Eine meiner lieben Freundinnen hat mir mal erzählt, dass ihre Tochter in jungen Jahren beim Sprechenlernen aus dem ständigen Ermahnungen ‘Die Haube, die müssen wir aufsetzen!” abgeleitet hat, dass das Ding für die winterliche Kopfwärmung wohl ‘Haubedi’ heißen muss; so hat sich das Haubedi bei uns als Mützenbezeichnung eingeschlichen.

Für manches habe ich jedoch keine Erklärung mehr. Aus längst vergessenen Gründen hat es sich eingebürgert, die Finsternis generell Finsternus zu nennen, und auch andere Worte, die auf -nis enden, werden bisweilen zu einem -nus umgestrickt. Ich vermute, es handelt sich um die mündliche Umsetzung eines historischen Tippfehlers – mein Mann und ich haben uns schließlich beim Chatten kennengelernt, da gab es schon so manchen Vertupper.
Mit Sicherheit eine solche mündliche Weiterführung von Tippfehlern ist mein gelegentliches ‘Sorrz!’, das sich aus dem Tippen des Wortes sorry auf englischer Tastatur ergeben hat.

Außerdem sagen wir uns allabendlich auf spanisch gute Nacht.

Eine sehr liebliche Wortschöpfung haben wir in unser Repertoire aufgenommen, damals, als eine uns leider namentlich in Vergessenheit geratene Dame bei einem Versprecher im Radio oder TV formulieren wollte, dass sie sich nicht entscheiden kann. Weil sie sich nichtmal festlegen wollte, ob sie lieber das Wort entscheiden oder entschließen benutzen will, sagte sie schließlich: “Ich kann mich nicht entscheißen.” Und bei dieser Formulierung ist es bei uns daheim bis heute geblieben.

33 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Rotfell sagt:

    Bei uns heißt Bett “Mupfel” wie beim Urmel, Toilettenpapier heißt Klopa und Brille heißt Brülle.

  2. Etosha sagt:

    Jaah, immer her mit dem externen Heimsprech! :) Noch mehr, noch mehr!

  3. Thundercat sagt:

    hihi* bei uns wurde mein Auto MUCKL getauft , weil Micra Mouse irgendwie zu lange war. und wenn was toll ist, dann ist es *superer* und das *Doppelschwöhr* kurz bevor man einem “Gschichtl” überführt wird *g*
    aber am liebsten hab ich: *Hände Hos* inkl. Zeigefinger in Pistolenform im Nasenloch des gegenübers. Dieses Kürzel ist nicht eindeutig zuzuordnen, da es von meinem Liebsten in allen nur erdenklich passenden und nichtpassenden Momenten angewendet wird. ( ich mache mir einige Gedanken über seine prägende Kindheit…)

  4. Thundercat sagt:

    einer ist mir noch eingefallen :-)

    *rüsnmüff*

    (in Verbindung mit zusammengekniffenen Augen und irren Bewegungen aus dem Handgelenk)

    wird angewendet wenn man sich garnicht mehr aus der Sache rausreden kann…

  5. Rotfell sagt:

    Kennt ihr Java- Java? (früher immer auf pro7) Da gab es Rentiere, die immer “ja ja ja” in einer ulkigen Tonlage gerufen haben. Das ist bei uns ein Insider, wenn man zu viel getrunken hat, dann singt man das “ja ja ja”- Lied.
    Seitdem jemand im Irish Pub ein Harp bestellt hat, dabei wie der Bösewicht von Austin Power den kleinen Finger an den Mund hielt und sich wie ein Kleinkind bei dem Wort Harp anhörte, ist das auch ein Wort bei uns, wenn jemand unschuldig und süß wirken will: “Harp?”

  6. Etosha sagt:

    Hihi, super, dass Euch so viel einfällt! Da sieht man dann, wie die Leute so drauf sind. *grinnns*
    rüsnmüff und harp kann ich mir beide sehr bildlich vorstellen. Danke!

  7. Iwi sagt:

    Neben so Sachen wie Bibbo für Bier, Popfel für Kartoffel von denen ich nicht weiß, warum sie so entstanden sind, gibt es noch aus der Kindheit: Bizzi für Hund und Purz für Popo.
    Pluralbildung fällt oft so aus, dass an das Singularwort ein ‘(n)snsns’ angehängt wird, das sich je nach Anzahl des zu Beschreibenden beliebig verlängern lässt. Besonders interessant ist das bei Worten, die eigentlich keine Pluralform haben, wie etwa Teller: Tellersnsns oder Messersns.
    Ich habe aber aus der Kindheit noch ein allerliebstes Wort, weil es so treffend für das zu bezeichnende ist, als dürfte es eigentlich kein anderes dafür geben. Es ist herrlich lautmalerisch in ich glaube, wenn man es sich vorspricht, dann kommt man automatisch auf die Bedeutung, drum sag ich die jetz nicht dazu und lass euch mal raten.
    Mein Dreamword: ‘Purtata’

  8. Etosha sagt:

    Geburtstag und Purzelbäume fallen mir dazu ein. Das wird’s aber wohl beides nicht sein, glaub ich. Muss ich noch drüber meditieren! ;)
    Bibbo klingt sehr stark nach dem tschechischen/kroatischen ‘pivo’. Slawische Verwandte?

    Da fällt mir noch eins aus meiner Kindheit ein, ist sogar tonbandmäßig belegt: Tassitussi für Taschentuch.

  9. Iwi sagt:

    Hätte ich Tassitussi erraten sollen, wär ich in ne ganz andere Richtung gegangen und am End nie auf Taschentuch gekommen.

    Ein Tip für deine Meditationen: ‘Purtata’ bezeichnet etwas, dass als eine Nebenerscheinung auch ein Geräusch mit sich bringt, und das klingt dann fast wie das Wort selbst. Ich hoffe, ich habe nicht zu viel verraten und das meditieren macht noch Sinn…

  10. Etosha sagt:

    Das war mir schon klar, als du das Wort ‘lautmalerisch’ eingesetzt hast. Hier gehts aber hoffe ich nicht ums furzen, oder? :)

  11. Iwi sagt:

    Wie kannst du das nur so abwertend bezeichnen?! Du hast Recht, ich hoffe, die Meditation war angenehm, vergiss auch bitte nicht, dass das Besondere die Verbindung von Wort und Bezeichnetem ist und nicht das Bezeichnete an sich! :-)
    Gratulation!

  12. Etosha sagt:

    Ich tippe bei dir ja immer noch auf slawische Vorfahren. Auf tschechisch heißt der Furz zB ‘prd’, furzen heißt ‘prdeti’ – und naheliegenderweise ist ‘prdel’ der Arsch.

    Was schlägst Du als weniger abwertende Bezeichnung vor?

    Ja, die Meditation war sehr angenehm, und so erleichternd! Und, was gewinne ich? :)

  13. Thundercat sagt:

    Kintdheitsausruf:
    Echtiachti

    da kommt ihr NIE drauf :-)
    war sogar für meine Eltern damals eine Herausforderung *gg*

  14. Etosha sagt:

    Hast Du als Kind dem Alkohol zugesprochen oder was? ;p Ich muss schon wieder meditieren!

  15. Thundercat sagt:

    hm, ALK – neee nicht wirklich :-)
    aber DAS ist absolut NICHT nachzuvollziehen WOHER das Wort kommt
    ;-)

    sag mir bescheid wennst a lösung haben willst *g*

  16. Etosha sagt:

    @tc: Na, wenns nicht nachvollziehbar ist, werden wir wahrscheinlich nicht drauf kommen. Reveal the mystery!

    @iwi: Vielleicht hat sich ja wirklich aus Großelternsprache oä. in Dein Kindersprech was eingeschlichen. Hab ich zumindest wegen bibbo und purtata vermutet. Nur die Pöpfel passen da nicht rein, müsste dann eher ‘krumpi’ sein oder sowas. ;)
    Ich kann leider nicht ‘so viel Tschechisch’. Meine Vorfahren kommen zwar fast ausschließlich aus Tschechien/ Schlesien/Mähren, leider wurde uns aber die Sprache nicht beigebracht, als wir Kinder waren; nichtmal meinen Eltern von deren Eltern. (Aber Überreste des böhmisch angehauchten Wiener Dialektes sind übrig, also ibrig ;) – siehe Post ‘Dialektische Mischung‘.)
    Mein Vater ist in zweiter Ehe mit einer Tschechin verheiratet und spricht jetzt ganz gut tschechisch.
    Aber ich hab ein Wörterbuch, den berühmten Slovník.
    Und der prd und prdel haben mich schon immer fasziniert, eben aufgrund der lautmalerischen Komponente. ;)

  17. Iwi sagt:

    na Echtiachti heisst doch soviel wie “total echt, das Beste überhaupt”! oder?

    @etosha: osteuropäische Einflüsse gibt es in meiner Familie tatsächlich! Du könntest also theoretisch Recht haben, nicht schlecht! Wieso kannst du so viel tschechisch?
    Als Preis brauchst du mir nur mal schreiben, wenn du eines Tages Probleme mit Purtatas hast, dann fax ich dir ein gegenwirkendes Essen, etwa nen Fenchelauflauf!

  18. Iwi sagt:

    Die Kartoffel hießen bei Großeltern auch ‘Krumbire'(hab das noch nie geschrieben), Popfel war glaub ich wirklich eine Kindererfindung.
    Bei mir ist es das Rumänische und ich finds jetz auch bissi traurig, dass ich so gut wie nix mehr kann. Ihr kennt dann ja auch bestimmt dir Pardeis – wobei das bei vielen Österreichern bekannt ist, glaub ich.

  19. “Heute nacht keine weitere Bevölkerungszunahme” war vor zig Jahren mal ein Versprecher im Wetterbericht.
    Meine Eltern sagen seither statt Bewölkung Bevölkerung.
    Schwundlos verspurt, statt spurlos verschwunden.
    Ich nehme heute auch nicht den Audi, sondern das Audiauto (das ist ja wirklich total blöd, wenn man´s so hinschreibt).
    Und…essenhappen fällt mir noch ein. Aus dem Film Airport. Wo Tom Hanks die Stewardess fragt: “wollen wir heute abend zusammen ein Essenhappen?” Gebrauchen wir fast täglich.
    Sehr nette Idee, diese Dinge mal zu sammeln!
    Gruß von der Nachtschwester

  20. Etosha sagt:

    Witzig, die Bevölkerung(szunahme) ist bei mir auch eine gebräuchliche Formulierung, den Versprecher kenn ich nämlich auch :))
    In dem Zusammenhang auch: ‘Im Laufe der Nacht kann es sehr dunkel werden.’

    Essenhappen is sehr nett, kannte ich bisher nicht.

    Danke für das lobende Interesse; ich hab noch mehr auf Lager, warte aber noch, bis sich wieder einiges angesammelt hat, und mache dann ein FollowUp.

  21. Lustig sind ja in dem Zusammenhang auch die deutsch-österreichischen Sprachdifferenzen, finde ich. Bei dir im Blog sind mir noch keine Merkwürdigkeiten aufgefallen, aber im Alltag gab´s schon des öfteren Probleme zu verstehen, was der österreichische Kollege jetzt eigentlich von mir will. Statt Urinbeutel sagt er Harnsackerl. Statt EKG-Elektrode Pickerl. Hier zieht man um, da siedelt man um.
    Und bei der österreichischen Behördensprache braucht man als Deutsche(r) endgültig einen Übersetzer (was zum Teufel ist eine Nachstempelung? das Wort gibt´s überhaupt nicht! oder Tarifpost??? Gebühr “einheben” – das heißt einfordern!)
    Könntest du auch mal sammeln, hast ja auch deutsche Leser!
    Grüße aus Hamburg, die Nachtschwester

  22. Etosha sagt:

    Wir siedeln nicht um, wir ÜBERsiedeln. :)

    Das Thema ist geplant, ich werde mich ihm aber erst eingehender widmen, wenn ich wieder da bin. Fürs erste mach ich jetzt mal Urlaub!

  23. Thundercat sagt:

    spät aber doch die Lösung zu
    Echtiachti ;-)

    ist der OSTERHASE….

    (Thundercat im Alter von hm… 2 oder 3 Jahren sitzt im Auto und sieht in der Gegend von Wolkersdorf einen Feldhasen laufen und ruft laut in die erste Reihe Echtiachti…Echtiachti… Meine Eltern hatten keine Ahnung WAS ich bitte meine – bis einige Wochen später das Osternesterl samt Osterhasen im Garten lag… da wieder das laute Echtiachti auf den HAsen deutend…. Die Lösung :-) der OSTERHAS war´s gwesn…

  24. danny2202 sagt:

    Da mein Liebster gerne das Essen verniedlicht, heißt Wurst bei uns Wursti, Streichkäse wird zu Streichelkäse und aus Cevapcici Röllekes.

    Hm, aus irgenseiner Southpark-Folge haben wir das “Cookie?” übernommen und von Nemo das “Meins, Meins, Meins” der Möven.

  25. Etosha sagt:

    Oh, einen uralten Eintrag rausgekramt! Auch mal was Nettes!

    Die Möwen mach ich auch oft. Mains-mains! :))

    Das Brot, das unsere “Mitbewohnerin” uns oft von der Bäckerei mitbringt, heißt Waldviertler Brot und schmeckt sehr fein; ein anderes Brot gibts auch noch, mit feineren Körnern drin, dessen Namen sie aber nie kolportiert hat. Dieses Brot is demnach “das Andere”. “Brauchst morgen a Brot?” – “Jaa, bitte!” “A Woidviatla odara Aundaschts?”

  26. Lily sagt:

    So- dann ratet mal alle schön, was eine Musickplansche ist.
    (Mit weichem, aber trotzdem schnell gesprochenem “s”, sowie Betonung auf der ersten Silbe).
    Und jetzt bin ich gespannt, ob ich wieder in der Prüfablage lande:-)

    Lily

  27. Etosha sagt:

    Juchhuuuu, eine Pfützeeeee! Darin MUSickplansche!!! *platsch* ? :D

  28. Lily sagt:

    Neee—- ätsch. Ganz fahalsch!
    Ein…

    Brummkreisel.
    Wenn man da ordentlich drauf rum platscht, patscht oder planscht, dann gibts Musick. Aber hallo.
    Aber dieses neumodische Zeug mit kleinen Zügen drin ist nicht das richtige. Es müssen die aus meiner Kindheit (i.e. graue Vorzeit) sein. Die so ein atonales Heulen von sich geben. Kennt die noch einer? Außer mir?

    (an dieser Stelle nostalgisches Augenverdrehen)
    L.

  29. Etosha sagt:

    Ha! Die mit dem Heulen kenn ich! Diese bunt bedruckten Blechdinger mit den ineinandergepressten “Dosen”rändern? Jojo, daumois im oiten Johrtausnd! :D

    (Weiß der Geier, warum mein WordPress deine Kommentare so sträflich vernachlässigt! Erst landest du dauernd im Spam, jetzt wird dein neuer Kommentar nicht in der Sidebar angezeigt! Wie kann man daran vorbeischleichen? Ist mir unbegreiflich. Mal sehen, was jetzt passiert, wenn ich das hier poste.)

  30. Etosha sagt:

    (JETZT zeigt er’s mit an, das Schwein! *kopfschüttl*)

  31. Lily sagt:

    Mir auch.
    Vermutlich liegts dran, dass ich mein/en Blog bei der Konkurrenz betreibe.
    Darf man das Rassismus nennen, oder Formatismus? Oder was?

    :-) Lily

  32. Etosha sagt:

    Nööö, am Konkurrenzgedanken liegt das nicht. ;)
    Ist ein Plugin, das die Kommentare in der Sidebar zeigt. Jetzt hab ich dort ein paar allgemeine Einstellungen geändert, und nun wirst du auch angezeigt. Hoffentlich funktioniert das beim nächsten Mal auch noch!

  33. Lily sagt:

    Nö:)

    Ich versuchs mal mit ner anderen Mailadresse. Vielleicht hat er mich dann lieb?

Schreibe einen Kommentar zu nachtschwester Antworten abbrechen

Pflichtfelder sind mit * markiert.


* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Ich stimme zu