Macht-Instrumentarium

Dieser Eintrag von sabbeljan erinnert mich daran, dass ich aus einem Artikel zum Kofferbomben-Fall von Lars-Broder Keil in der ZEIT (Printausgabe) vom 24. August zitieren wollte, den ich sehr gut fand. Der Artikel hieß ‘Vorsicht vor Schnellschüssen – Ungereimtheiten im Kofferbomben-Fall”:

[…] Skeptiker verweisen zu Recht darauf, dass die diskutierten Verschärfungen die Anschläge nicht verhindert hätten, wenn die Koffer explodiert wären: Auch hundert weitere Videokameras hätten die Bombe darin nicht entdeckt. Vielmehr zeigt der aktuelle Fall Defizite in der Handhabung vorhandener Mittel. […Details]
Dazu kommt: In den kommenden Wochen sollen ohnehin neue Gesetze verabschiedet werden. […Details] Warum will man all dies vor Verabschiedung dieser Gesetze noch einmal schnell verschärfen? Gilt denn nicht der Grundsatz, dass neue Regelungen erst nach einiger Zeit der Praxis überprüft werden sollten?

Anders wäre es, wenn der aktuelle Fall zeigen würde, dass die Gesetzesvorhaben schon wieder überholt sind. Bisher jedoch sorgen Länder, Generalbundesanwaltschaft und Sicherheitsbehörden im Kofferbombenfall durch eine fragwürdige Informationspolitik eher für Verwirrung als für Erkentnisgewinn.
[…Details] So stellte sich gestern die Hausdurchsuchung des BKA in Köln als gestellte Szene für die Presse heraus. Das schafft einen Nährboden für Gerüchte und Falschmeldungen.

Tatsächlich ist einiges ungereimt:
[…Details] Fragen werfen auch der Konstruktionsfehler der Kofferbomben und die darin gefundenen Gegenstände wie Speisestärkebeutel, Einkaufszettel und Telefonnummer aus dem Libanon auf. Wollte jemand Spuren legen, was nur dann Sinn gehabt hätte, wenn die Koffer gerade nicht explodierten? Das wiederum führt zu der Frage, wer ein Interesse daran hat, Deutschland mit untauglichen Bomben aufzuscheuchen und zu einem intensiveren internationalen Anti-Terror-Kampf zu bewegen. Solange hier nicht mit offenen Karten gespielt wird, sollte die Öffentlichkeit vorsichtig mit Forderungen aus der Politik umgehen.

[…] Stärkere Machtinstrumente sind im Anti-Terror-Kampf keine Garantie. Selbst ein Polizeistaat kann Fanatiker nicht aufhalten, denen das eigene Leben nichts wert ist. Letztlich kann es nur darum gehen, ein Maximum an Sicherheit zu organisieren, ohne demokratische Prinzipien aufzugeben. Mit anderen Worten: Gerade freie Gesellschaften müssen mit einem gewissen Restrisiko leben und hinnehmen, dass Terror Angst erzeugt.

(Link fehlt, denn leider ist der Artikel auf zeit.de nicht online.)

Und Ludwig Greven formulierte, ebenfalls in der ZEIT:

Wenn wir mit Hysterie auf die verständliche Angst reagieren, die die Terroristen erzeugen möchten, wenn wir mutwillig einschränken oder zerstören, was unsere westliche Kultur ausmacht, vollenden wir selber das Werk der Islamisten.

privacy Auch ich teile nicht die gleichgültige Ansicht (zB in den Kommentaren zum sabbeljan-Artikel), dass es angesichts der heute bereits umgesetzten Überwachungsmaßnahmen auf ein paar Bespitzelungen und Einschränkungen mehr nicht ankommen würde. Die sogenannte Freie Welt sollte sich so viel wie nur möglich von ihrer Freiheit erhalten.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. s. sagt:

    Ich finde es schlimm, dass man aufgrund falscher, unvollständiger und einfach nur reisserischer Berichterstattung die Menschen in einen Hysterie befördert ohne sich Geeanken darüber zu machen, wie diese damit umgehen. Es heißt es sind islamistische Terroristen o.k. kann sein. Leider neigt der Mensch als Gewohnheitstier dazu alle Menschen über einen Kamm zu scheren, also jeder Islamist ist auch gleich ein Terrorist. Jeder alte Mann mit Hut ist ein schlechter Autofahrer und jede blonde Frau ist von Natur aus blöd? Ich finde, dass sich sowohl die Politiker als auch einige Journalisten langsam mal wieder ihrer Verantwortung der Gesellschaft gegenüber bewußt werden sollten. Ich finde eine gesunde Vorsicht ist immer wichtig, aber sich im eigenen Leben von Panik und Hysterie einengen zu lasse ist der falsche Weg, denn wenn es passieren soll passiert es eh.

  2. Etosha sagt:

    Wenn ich auch für Toleranz und Differenzierung bin: Der Vergleich zwischen Islamisten und blonden Frauen ist meiner Meinung nach nicht ganz zutreffend. Denn obwohl es sich zugegebenermaßen beim Wort Islamist um einen Neologismus handelt, ist doch die Gewaltbereitschaft wesentlich wahrscheinlicher in einer Religion , die – wenn fundamentalistisch interpretiert – die Macht ihrer Lehren über die Welt anstrebt, als die Wahrscheinlichkeit von Dummheit aufgrund einer Haarfarbe.

    Ich bin aber jedenfalls nicht dafür, dass westliche Länder sich gegenseitig über verschleierte Maßnahmen zur Kampfbereitschaft aufhussen.

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