Ursprüngliches

Hypochondrie bedeutet dem eigentlichen Wortsinn nach, ein Leiden zu haben an dem, was unter (hypo) dem Knorpel (chóndros) liegt. Gemeint ist unter dem Brustknorpel, also ein Leiden im Unterleib – dort nämlich sind nach alter Auffassung die Gemütskrankheiten angesiedelt. Schwermütigkeit und eingebildetes Kranksein zeichnen diese Gemütskrankheit aus.

Wenn Frauen auf diese Weise erkranken, so heißt das Leiden aber – dem griechischen Wort für die Gebärmutter (hystéra) entsprechend – Hysterie. Der Herkunft des Wortes nach können Frauen also gar keine Hypochonder sein. Eigentlich ohnehin naheliegend, habe ich doch noch nirgends das Unwort HypochonderInnen gesichtet.

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  1. OhBehave! sagt:

    stimmt, Hypochonderinnen habe ich auch noch nicht gehört.
    Ausserdem heisst das bekannte Theaterstück von Molière ja auch “Der eingebildete Kranke” und nicht “die” ;-)

  2. Etosha sagt:

    Ich meinte das Multigender-Unwort mit dem großen I. Die größte Unsitte ever im Sinne der Gleichbehandlung.

    Auf Moliere hab ich im Text verzichtet, damit in den Kommentaren noch Gelegenheit zur Erwähnung bleibt :) Dass es gleich im ersten passiert, hätt ich nicht gedacht!

  3. Mil sagt:

    Zumindest um 1900 war die “Hysterie” mit mehr besetzt als nur “Schwermütigkeit” oder gar “eingebildetes Kranksein”, ich glaube eher es war für die damaligen Ärzte sehr real.
    Angeblich sollte die Hysterie nur Frauen betreffen (wurde aber in der gleichen Zeit von einem Franzosen wiederlegt; Benennung hin oder her) und diese litten dann unter anderem unter Lähmungen, Zuckungen, Sprach- oder Sehstörungen für die es keine erkennbaren körperlichen Ursachen gab.
    Das Thema Hysterie veranlasste Freud im Bereich der Hypnose zu forschen und leitete einige seiner Theorien ein (egal wie überholt sie inzwischen sein mögen).
    Die Symptome zur Hysterie sollen damals übrigens sehr verbreitet gewesen sein. Heute dagegen kennen wir ja höchstens noch die Massenhysterie bei Konzerten mit hohem Teenageranteil.
    Nun gut, dafür haben wir heute andere gesellschaftlich weit verbreitete Krankheiten oder Krankheitsbilder: Allergien, Herzinfarkte, Krebs, Migräne…

    P.S. Ich weiss das alles nur, weil ich vor einem halben Jahr etwas zu Freud gelesen habe. ;)

  4. Etosha sagt:

    Hey Mil, willkommen in der Pfanne!

    Mhm, hab ich auch gelesen. In GEO war zB ein großer Freud-Artikel; in seinen Forschungen spielte die Hysterie eine große Rolle. Da stand aber auch, dass er seine Doktorarbeit zum Thema ‘Geschlechtsteile der männlichen Flusswelse’ gemacht hat oder irgendsowas Unrühmiges. ;)

    Da die Gemütskrankheiten allesamt im Bauch angesiedelt wurden, war der Begriff der Hypochondrie oder auch Hysterie nicht so eng gefasst, klar. Heutzutage sind die Begriffe eben nur so eingeschränkt besetzt; wir glauben, genau zu wissen, was wir unter Hypochondrie oder Hysterie zu verstehen haben. Unsere Begrifflichkeiten sind heute differenzierter, Gemütskrankheiten haben eigene Namen bekommen, wogegen zu Freuds Zeiten eben alles unter ein, zwei bequemen Begriffen subsummiert wurde.

    Ist nicht auch fraglich, was damals unter ‘keine körperliche Ursache erkennbar’ fiel? Was wurde überhaupt alles untersucht? Und welche Substanzen wurden als Wunderheilmittel kolportiert, die im Grunde auch in kleinen Dosen einfach nur giftig sind?
    Dass früher die Hutmacher alle verrückt waren, lag auch nur am Quecksilber, mit dem das Hutmaterial bearbeitet wurde. (sogar in ‘Alice im Wunderland’ ist der Hutmacher verrückt.)

    Man muss bedenken, dass in etwa erst zur Zeiten von Freuds Geburt beim Herrn Semmelweis der Gedanke aufkam, es könnte sinnvoll sein, wenn Ärzte sich die Hände waschen, bevor sie von am Kindbettfieber verstorbenen Patientinnen zu den lebenden zur Visite gehen. Dass Keime die (grobstoffliche) Ursache für Erkrankungen sein könnten. Und er wurde dafür verlacht, anerkannt wurden seine Theorien erst nach seinem Tod; bezeichnenderweise starb er an Blutvergiftung :)

    Ich würde also mal sagen, es ist kein Wunder, dass für vieles keine körperliche Ursache gefunden wurde.

  5. Mil sagt:

    Da habe ich ja was ausgelöst, ich hätte nicht mit so einer ausführlichen Reaktion gerechnet. ;)

    Du hast natürlich recht mit deinen Anmerkungen zur zeitlich differenzierten Begriffsbetrachtung, auch besonders im Kontext der Möglichkeiten medizinische Dinge überhaupt (nach unserem heutigen Wissen) einschätzen zu können. Aber ich glaube man sollte dennoch nicht die medizinischen Gegebenheiten unterschätzen die vor knapp 100 -150 Jahren in Mitteleuropa vorherrschten. Die medizinische Forschung nahm da ja eher rasant Fahrt auf, auch wenn das vielleicht erstmal nur einer kleinen Elite zugute kam. Auch gute Ideen benötigen eine Weile um sich zu verbreiten. Nun gut, Unsinn verbreitet sich erstmal auch genauso gut, bis er wiederlegt oder als widersinnig erkannt wird. ;)

  6. Etosha sagt:

    Ich hätt ja ehrlich xagt selber nicht mit so einer ausführlichen Reaktion gerechnet. Also, deinerseits und meinerseits. ;) Der Appetit kommt beim Tippen… oder so.

    In der Tat, wir können froh sein, dass man stets experimentierfreudig war, um den Unsinn von den guten Ideen zu unterscheiden!

    Vielleicht wären wir Frauen heute ja auch genauso hysterisch wie die damals – nur dass wir durch Erziehung und weniger Aberglaube besser verstehen, es uns nicht anmerken zu lassen? ;) Oder wann hast du zB zuletzt gesehen, dass eine Frau ohnmächtig wurde in Anbetracht einer Unverschämtheit?

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