(Wieder einer meiner älteren Texte – nach und nach, wie versprochen!)
Mich ärgert ja der schon seit längerem übliche Ausdruck ‘mit dem gewissen Extra’. Der hat sich letztens sogar schon bei einem Radiomoderator eingeschlichen, als er das besondere Flair einer anstehenden Veranstaltung anpreisen wollte. ‘Warum ärgert dich das? Es entstehen doch jeden Tag neue Ausdrücke’, meinte da mein Mann, den so etwas nie ärgert, zu meinem unmittelbar auftauchenden säuerlichen Gesichtsausdruck.
Natürlich, mir wäre es nur recht, erfänden kreative Menschen täglich mehrere brandneue Redensarten und sprachlich anspruchsvolle Sinnsprüche – für Stammbuchkritzler oder gar zum auswendig Hersagen, vielleicht während der Feiertage. Auch gegen die eine oder andere Worterfindung ist ja prinzipiell nichts einzuwenden, mach ich selbst doch auch gerne.
Was mich stört, sind umgekrempelte alte Redewendungen, die so tun, als hätten sie nie anders gelautet. ‘Mit dem gewissen Extra’ ist so eine. Vor gar nicht allzu langer Zeit hieß sie nämlich noch ‘mit dem gewissen ETWAS’ – eine Beschreibung für eine besondere, anziehend wirkende Art, ein Etwas eben, das man nicht näher definieren kann.
Damals war alles besser.
Bis die sprichwörtliche Wendung kam: Schuld ist meiner Meinung nach die Fernsehreklame einer Katzenfuttermarke. Sie verspricht den kaufenden Katzen -respektive deren Besitzern, im Volksmund auch ‚Dosenöffner’ genannt – das Tier bekomme durch den Verzehr das ‘gewisse Extra’ zugeführt und beeindrucke fürderhin als ‘Katze mit dem gewissen Extra’.
Apropos fürderhin: Auch eine Manipulation der Katzengene nach dem Verzehr ist nicht auszuschließen, denn die Katze wendet sich finster entschlossen von der bewähren Familie der Felidae ab und mutiert zum ‘Kattus kittekattus’ – Hausmeister-Latein fürs TV-halbgebildete Volk?
Die sprunghafte Mutation von Etwas nach Extra jedoch dient offenbar nicht der Absicht, die Aussage der Werbung zu bekräftigen – worin dieses Extra nämlich bestehen mag, wird gar nicht erst erwähnt. Somit führt die fahrlässige Verstümmelung der bisher doch so schön gewesenen Redewendung nicht mal zu neuen Erkenntnissen. Man hätte so betrachtet durchaus beim bewährten ‘Etwas’ bleiben können.
Ich wünsche mir seitens der Werbetexter jedenfalls mehr Verantwortungsgefühl für die sprachliche Prägung durch Slogans. Denn diese Werbung hat offensichtlich zur Verwirrung des Sprachnormalverbrauchers nachhaltig beigetragen.
In von Mitgefühl geprägten Momenten male ich mir aus, wie arglose Menschen, die bisher mit einer geradezu felsenfesten inneren Sicherheit vom ‘gewissen Etwas’ gesprochen haben, plötzlich ein Hirn voller ‘Extras’ haben. Sie denken nach, sind völlig verunsichert. Die Grübelei kulminiert womöglich in der vermeintlichen Erkenntnis, bisher den falschen Ausdruck benutzt zu haben: Richtigerweise heisst es ‘Extra’… wie peinlich!
Und sie sähen sich bestätigt: Von Aussagen durch Moderatoren, die scheinbar die selbe Erkenntnis hinter sich haben, von Nah&Frisch, der seit kurzem ‚mein Kaufmann mit dem gewissen Extra’ sein will, und neuerdings auch von Stellenanzeigen, dort ist man nämlich auf der Suche nach ‘RezeptionistInnen mit dem gewissen Extra’.
Ob wohl der Genuss von bei Nah&Frisch erworbenem Katzenfutter vor dem Bewerbungsgespräch den arbeitswilligen RezeptionistInnen den entscheidenden Vorteil verschafft?
…… Ich wünsche mir seitens der Werbetexter jedenfalls mehr Verantwortungsgefühl für die sprachliche Prägung durch Slogans. Denn diese Werbung hat offensichtlich zur Verwirrung des Sprachnormalverbrauchers nachhaltig beigetragen …..
—- Nicht nur auf Seiten der Werbetexter, Ich las in dieser Woche in meiner Tageszeitung, ansonsten ein Hort der guten deutschen Sprache das Neuwort “nutzwertig”, eine abenteuerliche Konstruktion in meinen Ohren, die bei mir immer ein “HääääH?” provoziert.
LG, zenzero nero
Eine aparte Kombination wäre dann doch ‘mittelfristig nutzwertig’, hm? :)