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Ostern im schrägen Paradies

Das Osterwochenende war gar nicht so verregnet, wie man uns angedroht hat. Zumindest nicht im oststeirischen Kurort Bad Blumau. Vielleicht liegts am Ort. Es wäre aber auch möglich, dass unser ausufernder Vorrat an Schirmen, Regenjacken, Gummistiefeln und Kopfbedeckungen auf metaphysische Weise dafür gesorgt hat, dass das Wetter dermaßen freundlich blieb. Mit Sonnenbrille rauszugehen führte nämlich unweigerlich zu abrupter Bewölkung und sogar Regenschauern.

Aber kaum will man mal wegfahren, wirft sich einem schon eine Blaue Stunde in den Weg, die festgehalten werden will. Deswegen beginnt die Fotostrecke auch an der Raststation, mit einem blühenden Baum an altem Gemäuer samt samtblauem Himmel.

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Doch eigentlich wartete ein “Augenschlitzhaus” auf seine Bewohner übers lange Wochenende, in der Rogner-Therme Bad Blumau – die mit der Hundertwasser-Architektur. Das Schöne an diesem Haus: Ich darf mein Hunzi dorthin mitbringen. Es warten dort schon Hundebett, Hundehandtücher und Napf mal zwo, und das schreib ich so, weil ich den korrekten Plural von Napf gerade nicht nachschlagen will. (Näpfer? Napfensens? Nüpfis?)
Außerdem gibts gleich um die Ecke vom Haus eine schöne und wirklich riesige Hundefreilaufwiese mit Wippe, Röhre und Reifen und einer Parkbank.

Wo man das Dach des Hauses vermuten würde, findet sich nur Botanik – und Schornsteine. Es steht also im Grunde nur die Fassade am Ende des Weges. Wüsste man nicht, dass da wirklich Zimmer drin sind, könnte man es auch für eine Theaterkulisse halten. Aber es gibt die Räume, und das Bad ist genauso schräg, wie man das von so einem Hundertwasser-Bad erwarten würde. Nette Draufgabe: Die Badewanne hat Thermalwasser-Anschluss. Vor dem Haus wacht der Hund, wie sich das gehört. Oder liegt zumindest blinzelnd in der Sonne. Auf dem Tisch vor dem Haus treiben sich ganz winzige Raupen herum, die kaum scharfzukriegen sind, weil sie so schnell über meinen Finger hirschen. Ja, Raupen hirschen.

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Wirklich wunderschön haben die’s da. Das Gelände ist sehr naturnah und trotzdem gepflegt, in einer genau richtigen Mischung. Jeder Baum eines kleinen Birkenwäldchens ist einem Brautpaar gewidmet. Und weil ihnen die Birken offenbar irgendwann ausgegangen sind, gibts auch Rosensträucher für die überschüssigen Brautpaare. Außerdem finden sich romantische Sitzgelegenheiten für alle mit Birken- oder Rosenstrauchgefühlen. Es gibt unterirdisch gelegene Zimmer mit Bäumen vor der Terrassentür, die von oben besehen einfach aus Löchern im Boden wachsen. Sicher ähnlich dunkel wie in meiner Wohnung, aber dafür landschaftlich sehr unauffällig.
Ganz oben, hinter dem Insektenhotel, gibt es durch den Zaun ein Tor in den Wald auf dem Hügel.

Und – nicht im Bild – es ist unglaublich ruhig dort, so wohltuend für die lärmgeplagte Sensible wie ein Sprung ins kühle Wasser an einem heißen Tag. Wenn ein Auto außerhalb oder in der Anlage vorbeifährt, hört man das natürlich, aber nur, solange es eben vorbeifährt. Und das ist nicht oft. Es gibt keine Flugzeuge und kein Gewummer von irgendwelchen Lüftungen. Die hoteleigenen Fahrzeuge, mit denen die Angestellten sich auf dem Gelände bewegen, sind elektrisch betrieben.

Die Vögel zwitschern einen morgens allerdings aus dem Bett – eines der frühen Federhirne war so laut, dass es mir vorkam, als würde es direkt vom Fensterbrett ins Schlafzimmer plappern. So kam ich aber auch zu frühmorgendlichen Ansichten der Umgebung und der sonnendurchbrochenen Wolkenkunstwerke am pappelgesäumten Himmel, die ich sonst verschlafen hätte.

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Über die Hundertwasser-Architektur muss ich sicher nicht viel erzählen. Ich find sie ja sehr sympathisch, mir gefällt Bunt sowieso, und ich mag die Verspieltheit, die Unregelmäßigkeit und den organischen Charakter der Bauwerke. Allerdings wirkt das, was von außen rundlich und natürlich gewachsen erscheint, überraschenderweise auch von innen irgendwie rundlich und natürlich gewachsen. Was dazu führt, dass das architektonisch eher quaderlastig trainierte Hirn mit seinen rechtwinkeligen Vorstellungen von der Welt und seinen Gebäuden den Weg im organischen Innen nicht so leicht findet wie gewohnt. Soll heißen: Wir haben uns oft verirrt bzw. waren oft verwirrt.

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Ach ja, Therme war das Stichwort! Ja, man kann dort baden. Man kann dort sogar ganz vorzüglich baden! Wellenbecken, Massagedüsen, Wasserfalldüsen, Whirlpools, ein Sole-Heilsee, in dem es sich wunderbar schweben lässt, und das nicht etwa in einem rohen Becken mit kantigem Abschluss, sondern einem mit Schotter-Ufer zum Steintürme-Bauen. Zweimal in der Woche darf sogar der künstliche Vulkan ausbrechen, der hinter dem Sole-Heilsee “Vulkania” wacht. Nur dass einem mitunter das Abend-Buffet und das daraus folgende Beweglichkeitsmanko dazwischenkommt, sodass man den Ausbruch nur hört.
Es werden an den Pool vor der Bar Drinks serviert, und dass der Barkeeper dabei in der Winterjacke unterwegs ist, tut dem Wohlbefinden keinen Abbruch, eher steigerts noch die Behaglichkeit. Und wenn es einen Bauzaun geben muss, dann hängt man dort einfach Blumentöpfe dran, und alles ist wieder gut.

Hinterher kann man sich auf einer Liege auswickeln und einruhen. Oder umgekehrt. Oder sich auf einer Kuschelliege für Zwei in einem der Ruheräume niederlassen, sofern man denn eine solche reserviert hat. Wie der Name schon subtil andeutet, ist es im Ruheraum vor allem sehr ruhig. Kuschelbedürftige flüstern einander auf ihren Kuschelliegen ungehörte und vielleicht auch unerhörte Dinge zu, indem sie einander über die Ränder von Sektflöten anflöten. Gelegentlich rühren sie auch träge in ihrem Schokofondue.

Kommt dann ein freundlicher Mitarbeiter der Küche und verteilt aus einem Korb Karotten, einfach weil die eben gerade übrig sind, und es greifen alle zu, dann herrscht im Ruheraum plötzlich ein Geknacke und Geknurpse, dass es die angedeutete Wartezimmer-Atmosphäre aufs erbaulichste auflockert. Wem das nicht reicht, der muss nur noch ein wenig warten – bis einer furzt. Ebenfalls nicht im Bild, aber das Gegacker in diesem Ruheraum war eines der Highlights an diesem Wochenende.

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El Reisehase war dabei (samt Osterdekofreunden) und musste natürlich regelmäßig Gassi gehen und sich dabei auf alles draufsetzen, davon runterkugeln oder sich nahtlos in die örtliche Architektur einfügen. Beim Rutschen zeigte er sich dafür weniger talentiert als ich.

Conny war das Gassigehen auch sehr recht. Man hat aber vor lauter Baden und Essen – und nicht zuletzt auch aufgrund der Entfernung der “Augenschlitzhäuser” vom Stammhaus – wirklich sehr wenig Zeit für den Hund. Conny fühlt sich in fremden Räumen eben auch nicht so wohl. Wenn es auch schön ist, dass es diese Möglichkeit dort gibt, würde ich bei einem nächsten Mal eher ohne Hund hinfahren.

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img_20170416_184303-cp Damit die Pfannen-Bloggerin von Welt sich auch wie zu Hause fühlt, gabs im Restaurant den Pfannen-Gong. Frühstück und Abendessen waren vom Buffet, und alles war sehr gut, wenn es auch zu einer Menge Geknatter im Gebälk führte – das erwähnte Geräusch im Ruheraum war nicht das einzige an diesem Wochenende. Ja, ich weiß, so genau wolltet ihr das jetzt gar nicht wissen, aber ich bin immer sehr gewissenhaft beim Berichten.

Davon abgesehen wüsste ich wirklich nicht, worüber man in der Rogner-Therme meckern sollte. Selbst das Wegesuchen im Inneren hat im Grunde Spaß gemacht – den Plan mit der Wirklichkeit zu vergleichen, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, warum diese Tür ausgerechnet dorthin führt, wo man sich wiederfindet, wenn man sie durchquert; oder ob man diesen oder jenen Hof nun schon gesehen hat oder doch nicht. Es erinnerte ein wenig an die traumähnlichen Gefilde bei Lara Croft. Durch undokumentierte oder gar verbotene Zugänge in den Wänden zu schleichen hingegen erinnerte mich an einen Traum, den mir kürzlich jemand erzählt hat, der für mich sehr wichtig ist.

img_20170417_104821 Wenn das Abschiednehmen schwer fällt, dann sollte man wiederkommen.

(Mein Lieblingsvertipper aus dem Entwurf dieses Eintrags: “Heilseh” :)

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Teilen: Leben, Weisheit, Meinung

Heute werde ich nicht den Staub meiner grenzenlosen Weisheit über eure Hirne und Herzen pusten.
Heute möchte ich subjektive Meinung lesen. Eure!

Meine Frage lautet:
Wie teilt man ein Leben miteinander?

Was sind für euch die wesentlichen Aspekte dabei? Wie bezieht man den anderen mit ein? Wie hält man einander auf dem Laufenden? Und worüber – was wollt ihr erfahren, und was nicht unbedingt? Oder anders: Was teilt ihr mit, was behaltet ihr für euch?
Verliert man den Kontakt leichter, wenn man nicht zusammen wohnt oder sich selten sieht? Wie bietet ihr eure Hilfe an, und wie oft bittet ihr selbst direkt um Hilfe?
Wie verschafft ihr euch Alleinzeit? Wie erhält man die gegenseitige Wertschätzung aufrecht?
Worauf kommt’s eurer Meinung nach an?

Es geht natürlich um Partnerschaft, aber nicht nur. Auch um Freundschaften, letztlich um jede ernstgemeinte Teilnahme am Leben anderer – und um die Einladung anderer in euer eigenes Leben. Meine Fragen sind nicht als strenger Rahmen zu verstehen, nur als Anregung.

Natürlich hab ich dazu eigene Überlegungen. Aber mich interessiert, wie ihr das seht und handhabt – und statt erstmal Output zu liefern und dann zu schauen, was kommt, bitte ich heute mal ganz dreist um Input.
(Darf von BloggerkollegInnEn auch gerne als Stöckchen mitgenommen werden – bitte um Trackback.)

Danke für eure Mühe!