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Beschränkt

Ist es nicht seltsam, dass man (zumindest hierzulande) am Bahnübergang nicht etwa losfahren darf, wenn der Schranken hochgeht, sondern tunlichst erst dann, wenn das rote Licht verloschen ist? Ja, das ist so. Nein, das ist eben nicht egal. Steht nämlich zufällig die Polizei am Bahnübergang hinter dir, was dir aufgrund der finstren Aussichten durch die getönten Heckscheibe deines Autos leicht entgehen kann, und du gondelst unbedarft drauf los, sobald der Schranken oben ist, oder gar – noch schlimmer – sobald der Winkel des sich hebenden Gebälks es, deinem komparativen Fahrzeughöhe-Schrankenhöhe-Augenmaß zufolge, gerade so zulässt, aaaber das rote Licht leuchtet noch – oh, dann bist du aber dran!

Du wirst mit Blaulicht verfolgt, als hättest du soeben einer Frau das Handtaschl entrissen und im Weglaufen noch schnell einem alten Mann ein Zuckerl in den Bart gepickt.¹ “Das rote Licht war noch gar nicht aus! Das ist ja gefährlich, Frau G.! Was ist, wenn noch ein Zug kommt?” (Ja, was ist dann? Vor allem ist dann eines: der Schranken offen.)

Ist es naiv, sich zu fragen, warum beschrankte Bahnübergänge nicht derart gestaltet und geschaltet werden, dass schlicht und ergreifend das rote Licht gleichzeitig mit dem Heben des Schrankens erlischt? Und dass, sollte ein weiteres drohend Schienengefährt in halsbrecherischem Tempo heransausen, sich der Schranken sich gar nicht erst hebt? Denn wozu mit dem Schranken freie Fahrt heucheln, wenn das rote Licht ohnehin nicht ersterben will?

Wir sind hier im Dorfe der Lanzen mit einer Schnell- und Güterbahnlinie gesegnet, deren Überquerung zum Erreichen der Auffahrt zur Schnellstraße notwendig ist. Fünf Züge hintereinander sind dabei keine Seltenheit. Ich habe hier schon Situationen erlebt, in denen die verwunschene Funzel einfach nicht ausgeht, der Schranken sich jedoch hebt – um sich sogleich wieder zu senken. Seltsam. Was passiert in dieser Zeit? Ist man sich nicht sicher? Muss sich in diesen Sekunden, die vom vollständig gehobenen Schranken bis zu seinem eventuellen Verlöschen vergehen, das Rotlicht erst überlegen, ob es noch verantwortbar ist, bis zum nächsten Zug ein bis zwei Autos ihrer Wege ziehen zu lassen?

Zeit ist Geld, verehrteste Bahn! Aber Technik ist sehr kompliziert, und das hier sind, zugegeben, nur die recht schlichten Erwägungen eines einfachen Geistes.

Ich will eine Unterführung!

¹ Bezieht sich auf eine Redensart, die ungefähr ausdrückt, dass jemand besonders wenig zu fürchten sei, weil er maximal einem alten Mann… bundesdeutsch: ein Bonbon in den Rauschebart kleben kann. Anderen Quellen (=Mann) zufolge wird damit vielmehr ein Mensch beschrieben, der ganz besonders hinterfotzig ist (weil es, so der Mann, die fieseste Gemeinheit ist, die man so begehen kann. Viel fieser jedenfalls als Mord und Totschlag.)

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Photo-Update-Woche – verlängert!

Es ist kein Ende abzusehen! Noch immer warten versteckte Fotos auf ihren großen Moment.

Beispielsweise ein Beitrag zum Thema “Schöner wohnen” – unser Ausblick aus dem Schlafzimmerfenster am Morgen:

Schlafzimmerblick

Dann nochmal gefrorenes Wasser, hier allerdings im Sinne von “fotografisch eingefroren”:

Wasserfall

Hier die Dokumentation eines gar seltsamen Vorganges: Vor zwei Jahren zu Weihnachten bekam ich einen eingekerkerten Minikaktus geschenkt, den ich natürlich hege und pflege, auf dass es ihm – außer an Platz – an nichts mangle. Die hingebungsvolle Pflege belohnte er mit einer Blüte, die beinah den Rahmen sprengte:

Lebensraum

Dokumentarisch geht es weiter – festgehalten wurde die Lieblingsaktivität meines Hundes in besseren (= wärmeren) Zeiten:

Der Seehund

Im Lauf des Winters hat man ja jede Menge Gelegenheit, Krähen abzulichten. Hier also ein Lieblingsbild – Krähe mit Nuss vor Mond:

Meins! Meins!

Und noch einige neue mehr gibts, zetbeh ein paar sensationelle Wolkenfotos…
Donnergrollen Abendhimmel Zoom
Farbenspiele

…ein Froscherl, ein blondes Lumpi und prächtige Blumen in zerfranster und unzerfranster Ausführung.
Laubfrosch Ronja Fransenlook Dünnhäutig

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Frage an den klugen Leser

Wie kann man sich selbst und seine Fähigkeiten angemessen darstellen? Was tun? Was sagen?

“Bescheidenheit ist eine Zier…”

Man kann sich mit der Hoffnung begnügen, dass irgendwann jemand die Güte der Arbeit, die man leistet, schon bemerken wird. Ich spreche hier nicht von übertriebener Bescheidenheit, in der man auf Komplimente Antworten gibt wie “Ach, das war doch nichts…”, nicht von bewusster Zurückhaltung. Nur davon, für den Erfolg durchaus etwas tun zu wollen, aber nicht weiter auf die Eisfläche der Unwägbarkeiten hinauszustolzieren, als die vorsichtige Einschätzung der eigenen Leistungen einen trägt. Man könnte das als “strenges Niederstwertprinzip des Lebens” bezeichnen.

Früher oder später erhält man dann den Rat, sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, nicht darauf zu warten, dass einem der Erfolg in den Schoß fällt. Das scheint ein guter Rat zu sein, denn man hofft ja tatsächlich zumeist vergebens und gilt zudem noch als naiv und als jemand, der “sich nicht verkaufen kann”. Selbst wenn man vielleicht tatsächlich eher jemand ist, der sich nicht verkaufen möchte, weil man das höchst peinlich findet.
“Einfach mal machen, der Erfolg kommt dann von allein!”, das ist ein schöner Rat. Wahr ist er nicht. Aber schön.

“…doch weiter kommt man ohne ihr.”

Lässt man dagegen seine Fähigkeiten ungeniert verlauten, stößt das wieder (zumindest) denjenigen auf, die sich auf der ehrenhaften Seite bewegen oder wähnen – dann ist man in deren Augen nur auf der Suche nach Anerkennung, eine Nervensäge, die ständig auf ihre Fähigkeiten pochen muss. Das versteht man, denn man ist von solchen Leuten ja selbst genervt.

Man darf sich auch – im Stillen – darüber wundern, welch bescheidene Qualität andere abliefern und dafür Honorare in gleicher Höhe beziehen wie man selbst (günstigstenfalls – meistens sind sie höher), man kann das dreist finden oder ungerecht – sagen darf man das aber nicht. Dann nämlich hat man ein Problem mit seinem Selbstwert. Man hüte sich insbesondere davor, Qualitätsunterschiede zu erkennen, die manch anderem nicht so augenfällig erscheinen. Denn nicht die eigene Erfahrung auf dem entsprechenden Gebiet zählt für die Einschätzung dieser Qualität, sondern allein der Massengeschmack und die Durchschnittsempfindung.

(So sorgt die Masse dafür, dass alles stets schön durchschnittlich bleibt. Offenbar ist es eher akzeptabel, dass ein kleiner Teil sich unterfordert fühlt und Qualitäten als mäßig empfindet, als dass womöglich der Durchschnitt überfordert sein könnte. Aber das nur nebenbei.)

“Ein weniglich ich lamentier.”

Manche Menschen haben im Laufe ihrer Erziehung eine gewisse Ethik erworben – oder sie sich vielmehr eingetreten, wenn man deren Fruchtlosigkeit und immanente Selbstbehinderung berücksichtigt. Manchmal wagen sie sich vielleicht ein Stück daraus hervor, aber im allgemeinen halten sie sich daran, weil sie sie “für richtig” halten – das Richtmaß des eigenen wohlkonditionierten Gewissens und nicht zuletzt die Maßregelungen anderer sorgen dafür.

Damit scheinen diese Menschen aber vor allem einem Zweck zu dienen: jenen das Feld zu überlassen, bei denen die diesbezüglichen Erziehungsmaßnahmen nicht gefruchtet haben, die sich nicht um Integritäten und Anständigkeiten scheren und nichts dabei finden, ihre Ellbogen massiv einzusetzen und sich auf dreifache Größe aufzuplustern. Manche bringen es vielleicht auch mit Rechtschaffenheit und Qualität zu Ansehen und Reichtum; der Regelfall dürfte das aber nicht sein.

Gibt es etwas dazwischen? Wo verläuft eurer Meinung nach der ehrenhafte und “spirituell annehmbare” Weg zum Erfolg?

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Donnerwetterblitzgeschäft

Der Hund dient bekanntlich so manchem Menschen als Kinderersatz. Und tatsächlich gibt es da gewisse Parallelen, den Schmusefaktor etwa, aber beispielsweise auch die Tatsache, dass Mama bzw. Frauchen stets den Überblick über die Endphase des Verdauungsvorgangs an Baby bzw. Hundi hat. Man weiß sozusagen als gute Mutter, wann und wie oft und… so weiter. Beim Baby ergibt sich dieser Einblick quasi zwangsläufig.

Beim Hund ist es eher eine Frage der menschlichen Aufmerksamkeit – die durchaus zweckdienlich ist, will man doch vermeiden, dass das gute Tier sich im Falle nicht oder unzureichend verrichteter Dinge später im Restaurant vor Krämpfen wände, oder dass es gar eine bislang recht unauffällige Ecke im spiegelnd gefliesten Einkaufszentrum als seine “Hier-muss-es-nunmehr-sein”-Ecke auserkore… erkähre… erküre. Der Hundebesitzer bevorzugt eine gewisse Konstanz in der Unauffälligkeit von Einkaufszentrumsecken.

Um diese Art von Überblick über das körperliche Geschehen zu bewahren, hilft es leider nicht, in die Windel zu sehen, denn der Hund trägt bekanntlich keine. Selbst an Hunden, die von ihren Menschen in befremdliche bis freiwillig oder unfreiwillig komische Kleidungsstücke gehüllt werden, die wie kleine T-Shirts (“I ♥ Jogger”) oder Sattel aussehen, habe ich noch nie ein integriertes Höschen hervorblitzen sehen.

Superdog

Es empfiehlt sich also erstens für den Nichtwedler, den Spaziergang mit dem Wedler tunlichst vor dem restlichen Tagesplan zu erledigen, und zwotens, das Tier währenddessen gut im Auge zu behalten, wenn es nicht ‘on line’ ist; gerade in der kalten Jahreszeit könnte man sonst jenen Zeitpunkt verpassen, zu dem der Spaziergang guten Gewissens beendet werden kann. Ist dieser gekommen, bevor sich an den menschlichen Nasenlöchern erstes Blitzeis bildet, umso besser. Drum lautet die Devise irgendwas mit Wachsamkeit und Augen aus Fichtendickicht.

Es wächst die Erfahrung, infolge derer jeder Hundebesitzer ziemlich genau weiß, wie oft sein Hund, wenn er darf und man ihn lässt, das erledigt, was er feststofflich im Einkaufszentrum eben nicht mehr soll. Entgegen der landläufigen Meinung pflegt dieser spezielle Zähler nicht bei jedem Hund bereits bei 1 einzurasten.

Ob der Hund beim Spaziergang die wohl unwürdigste Haltung einnimmt, die ein Hund so einnehmen kann, lässt sich recht gut beobachten, solange Wedler und Nichtwedler sich in gemeinsamer Richtung von zu Hause wegbewegen, weil der Hund da gerne voranläuft. Ein Richtungswechsel zwecks Einhaltung des Tagesplans führt jedoch mitunter dazu, dass der Hund hinten bleibt, weil es da noch so viel zu schnuppern gibt, das noch nicht beschnuppert wurde – und weil selbst der dämlichste Hund merkt, wenn es heim- oder autowärts gehen soll, und sich dann eben entsprechend Zeit lässt. Dann muss der Nichtwedler sich aktiv um das Bemerken der innerhalb dieses gewissen Zeitfensters durchaus erwünschten Tätigkeit des Wedlers bemühen, sozusagen erkennen, wann der Zähler auf 2 oder 3 springt. Und das weckt in mir oft Erinnerungen an…
Kennt ihr Donner-Wetter-Blitz? Das Kinderspiel?

Hierzulande kann es im Laufe von Kindheiten immer wieder vorkommen, dass man einige Zeit unfreiwillig in Heurigenlokalen zubringen muss. Und weil diese Heurigen auch stets einen Garten zur Verfügung haben, zum Draußensitzen untertags und bis in die Nacht hinein, ist dort für die Beschäftigung des Kindes (zumindest in den 70ern, ich weiß nicht, wie das heute ist) auch bestens gesorgt, insbesondere wenn mehrere Weinselige ihre Kinder mitbringen, was so gut wie immer der Fall ist. Inmitten der Langeweile und der harten Heurigenbänke entstehen so Freundschaften fürs Leben, und Jahrzehnte später sitzen sich diese ehemaligen Kinder dann ebenso den Hintern beim Heurigen platt wie ihre Vorfahren. Frühkindliche Prägung.

Aber zum Spiel: Ein Kind steht in einiger Entfernung mit dem Rücken zu ein paar anderen Kindern und kräht weithin hörbar “Don-ner-Wet-ter-Blitz!”. Während dieses “Einzählens” bewegen die anderen Kinder sich unauffällig auf das Krähkind zu, bei “Blitz” dreht der Einzähler sich ebenso schnell zu den anderen Kindern um, und wer dann dabei erwischt wird, wie er auch nur den kleinen Finger bewegt, muss nach hinten, zurück an den Start. Wer das Krähkind als erster erreicht, ohne dabei gesehen worden zu sein, hat gewonnen – wobei dieses Erreichen dem Krähkind meist durch einen unsanften Schubs, ein heftiges Schulterklopfen oder eine urndliche Gnackwatschn vermittelt wird.

Nun entwickelt der Mutterinstinkt beim Hundespaziergang eine gewisse Gabe, eine Intuition zur Registrierung des erfolgenden Vorganges, ähnlich dem einer Babymutter, allerdings unter Zuhilfenahme des Seh- anstatt des Geruchssinns. Und das ist auch gut so, man möchte ja nicht ein halbes Hundespaziergangleben lang rückwärts laufen müssen, um jegliches diesbezüglich relevante Geschehen mitzukriegen, sich aber auch nicht alle zwei Herzschläge umdrehen, schon allein, weil man dabei spätestens ab 30 etwas schwindelig wird.

Wer es nun mithilfe dieser gewonnenen Intuition während eines Spazierganges schafft, bei jedem Umdrehen die beschriebene, unwürdige Haltung an seinem Hund zu erblicken, hat die Meisterdisziplin bezwungen.