Abgrundtief

Nach außen bist du steinhart. Nichts berührt dich, nichts tangiert dich, Menschen und ihre Bemühungen sind dir egal. Sie haben dir zu viel angetan, diese Menschen, und jetzt bekommen sie die Rechnung dafür präsentiert. Ha!

Deine Kindheit war nicht gerade lustig. Unter den Geschwistern war jemand anderer das bevorzugte Lieblingskind. Du nimmst die Pflichttermine heute trotzdem noch wahr, aber nicht ohne Widerwillen. Du bist über das vermeintliche Existieren dieser Pflicht verbittert, deine verächtlichen Äußerungen zeigen das. Nicht, dass du dir noch irgendetwas von diesen Terminen versprechen würdest. Dass du dort noch irgendetwas für dich erwarten würdest. Du könntest es ohnehin nicht annehmen, dafür bist du zu verschlossen. Kein noch so heller Liebesstrahl könnte die harte Schale durchdringen. Und das lässt du uns auch wissen, mit jedem Satz, jedem Tonfall, jeder Handbewegung.

Du hast alles gesehen, alles gelernt, niemand kann dir mehr irgendwas erzählen. Schon gar nicht was Neues. Oder dir einen Vorschlag machen, den du noch nicht selbst erwogen hättest, niemand kann das. Du bist Experte und tust das selbst dann noch lautstark kund, wenn die schiere Wirklichkeit im selben Moment eine andere Geschichte erzählt.

Ich sehe genau, was du da tust, und ich verstehe, warum du es tust. Es geht mir zu Herzen, aber es geht mir leider auch mordsmäßig auf die Nerven. Andere in deinem Umfeld haben nämlich auch Dinge erlebt, Dinge gelernt, und keiner von ihnen ist dir, soweit ich weiß, vom Arsch gefallen. Sie sind es nicht, die die volle Breitseite deiner Verachtung verdient haben.

Ich muss wohl akzeptieren, dass du dort bist, wo du eben gerade bist – doch ich möchte dem nicht mehr persönlich beiwohnen. Der einzige Mensch, den du hier bestrafst, bist du selbst. Ich bin raus.

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4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. T.M. sagt:

    Nicht, dass ich in Anbetracht des Vorhandenseins ganz ähnlicher usw. nicht selber (!) usw. Oder so.

    Mir geht’s aber zunächst um die Begrifflichkeit “vom Arsch fallen”. Wsnds? Ist das Austrodeutsch? Mein germanohelvetischer Sprachinterpreter chunnt da mega iis Schlüderä.

    • Etosha sagt:

      Hihi. Ja, das ist Austrodeutsch. Für dich und alle anderen Außerösischen: Das ist der zweimal weiterübertragene Sinn von “jemanden wie ein Stück Scheiße behandeln”. O-Ton: “I bin da jo net vom Oasch owegfoin” (“Ich bin dir ja nicht vom Arsch runtergefallen” – als Stück Scheiße… also behandle mich gefälligst auch nicht so).
      Der Unterschied ist nur, dass das redensartliche Stück Scheiße von irgendjemandem stammen könnte, auch von einem Tier, während in AT ganz offensichtlich der Urheber bekannt ist (oder eben nicht. Ist alles sehr kompliziert.)
      Schön, dass du immer wieder hier reinschaust, lieber TM!

  2. franzi sagt:

    Starke Worte. An wen sie auch immer gerichtet sind.
    Bussi Franzi Papa

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