Aber aber… Wie gehts denn dem Hunzi?

Viele haben mir erzählt, dass sie hier mit mir geweint haben, als es Cindy so schlecht ging und ich zu weit weg war, um etwas unternehmen zu können. Danke dafür. Nicht dass Tränen an sich etwas an der Welt ändern würden, aber sie zeigen, dass wir Menschen nicht nur diese rohe, zerstörerische Spezies sind, die ein Leben mehr oder weniger so oft nicht zu kümmern scheint.

Cindy ging es ja schon voriges Jahr nicht gut. Sie kam aus dem Winter nicht mehr so gut hoch in den Frühling, und dann zu Beginn des Sommers war sie recht plötzlich total antriebslos, wollte nur noch trinken und vor allem fressen. Sie war nie der allerbravste Hund, was das Betteln anbelangt, nicht so ein Hund, der sich hinlegt und ignoriert, dass es vom Tisch gerade ungemein gut riecht, aber auch da gibts durchaus noch Abstufungen. Sie wurde hektisch und versessen, wenn’s irgendwo auch nur raschelte, mit weit aufgerissenen Augen bedrängte sie alles, was zwei Beine und etwas zu Essen dabei hatte. Sie ging innerhalb einer Woche auseinander wie ein Germteig, sodass sogar die Mädels bei mir in der Firma bemerkten, dass sie plötzlich extrem stark zugelegt hat.

An manchen Tagen wollte sie nichtmal mehr mitkommen, wenn ich mich ans Weggehen machte. Davor war sie immer mit dabei gewesen, wollte lieber bei mir sein als allein daheim zu bleiben. Wenn ich mit ihr noch eine Runde gegangen war und sie dann aber daheimlassen wollte, weil das Ziel einen Hund nicht erlaubte, war sie oben beim Auto in Streik getreten und wollte nicht zurück zum Haus. Sie wollte mitgenommen werden. Und plötzlich streikte sie und verweigerte, ins Auto einzusteigen! Spaziergänge waren nach 50 Metern zu Ende, sie wurde immer langsamer und ging dann einfach gar nicht mehr weiter.

Der Verdacht auf Morbus Cushing kam auf. Ja, das ist dieselbe Erkrankung, die auch Menschen zeigen, wenn sie zu viel Kortison kriegen. Nur dass das Kortison (Cortisol) auch aus dem eigenen Körper kommen kann, entweder aufgrund einer Hypophysen-Tumors oder einer Erkrankung der Nebennierenrinde, wo das körpereigene Cortisol produziert wird. Dazu macht man erstmal einen Harntest, und wenn der positiv ist, gibt es mehrere Tests, die darauf folgen können. Einen davon ließ ich in der VetMed-Uni in Wien durchführen, den Low-Dose-Dexa-Test. Dabei wird gemessen, wie gut im Hundekörper die Cortisolausschüttung unterdrückt werden kann. Dazu muss der Hund nüchtern sein – man stelle sich den futtergeilen Hund vor, wenn er kein Frühstück kriegt – und alle vier Stunden zur Blutabnahme erscheinen, 9h, 13h, 17h – man stelle sich den futtergeilen Hund vor, wenn er zu Mittag oder am späten Nachmittag noch immer nichts kriegt.

Der Dexa-Test auf der VetMed war aber negativ, am Ultraschall sah auch “alles sehr gut aus”, keine Vergrößerung der Nebennieren, aber man empfahl mir eine Leber-Biopsie aufgrund der hohen Leberwerte. Wir hielten das zu diesem Zeitpunkt aber nicht für sinnvoll.

In der Zwischenzeit wuchs Cindy leider auch ein neuer Mamma-Tumor. Einen hatte ihr die Tierärztin davor bereits entfernt, der gutartig war; der neue sah aber anders aus. Ich hab sie nie kastrieren lassen, weil sich aufgrund ihrer schrägen Herztöne bislang keiner der Ärzte eine Narkose zugetraut hatte. Also wurde sie ganz normal läufig, hatte jedesmal danach Milch – das ist anstrengend für die Milchdrüsen. Daher war ich im September auch mit ihr bei der Herzspezialistin, zweimal sogar, die wiederum meinte, Cindy habe einen Herzklappenfehler, aber gegen eine Narkose spräche das nicht prinzipiell. Sie jedenfalls würde sich schon zutrauen, den Hund in Narkose zu legen. Dabei könnte man den Mammatumor entfernen und sie kastrieren.

Nun war aber Palau schon lange ab 1. November geplant, und ich wollte keinen frisch operierten Hund zurücklassen. In meiner Abwesenheit wuchs der Tumor allerdings so stark an, dass er zu bluten begann, den Rest der Story kennt ihr – eine Operation folgte, der Tumor und ein zweiter wurden dabei entfernt sowie Teile der Milchleiste und die Eierstöcke.

Cindy nach der OP IMG_6524

Für einen 13jährigen Hund hat sich Cindy superschnell von der OP erholt, die Fäden wurden nach zehn Tagen gezogen, alles ist schön verheilt, nur haarlos ist der Bauch noch. Doch der abartige Appetit blieb, und die Leistungsschwäche auch. Ihre Muskeln zittern, ihr Bauch ist gebläht, ihre Haut trocken und schuppig, ihre Nase und die Ballen auch. Sie frisst, als gäbe es kein Morgen, so gierig, dass sie dabei grunzt wie ein Ferkel.

Sie freut sich, wenn wir uns zum Spazierengehen aufmachen, kann dann aber nach wenigen Metern nicht mehr. Mitunter kommt sie nicht mit, wenn ich weggehe, sondern steht oben an der Stiege, legt sich wieder hin und schaut mir traurig nach. Sie sieht aber auch nicht zum Sterben aus, mehr nach “will, aber kann nicht”.

Also hab ich jetzt beschlossen, einen weiteren Versuch zu starten. Ich habe mit meiner Tierärztin nochmal über Cushing gesprochen. Sie findet immer noch, dass das die wahrscheinlichste Diagnose ist. Das Medikament dagegen ist aber nicht so ungefährlich, dass man einfach auf trial and error testen könnte, ob es Cindy hilft. Ich habe mir den Beipacktext durchgelesen und muss sagen, so groß ist meine Experimentierfreude dann auch wieder nicht. Meine Tierärztin hat mich weitergeschickt, diesmal in die Tierklinik Rodaun.

Dort hat man sich am Montag alle Befunde sehr genau angesehen, einen Bluttest und einen Ultraschall gemacht. Leber groß, Steine in der Galle, Bauchspeicheldrüse auffällig, Nebennieren jetzt tatsächlich vergrößert und mit Kalkablagerungen. Die Ärztinnen dort finden ebenfalls, dass sie wie ein Cushing-Hund aussieht. Und sie finden auch nicht, dass der Hund zum Sterben aussieht. Also fuhren wir gestern nochmal dorthin zum Dexa-Test. Noch dreimal eigentlich. 9h, 13h, 17h. Hin- und Hergegondel die rumpelige Ketzergasse hinaus, nix zu fressen für den Hund.

Cushing-Test, Teil 3 von 3. Nüchtern. Wuff hat HUNGAAA!

Sie lässt alles brav über sich ergehen, auch den Venenzugang, den sie ihr der Einfachheit halber den Tag über drinlassen.

Derzeit warte ich auf das Ergebnis des Tests. Auch der Bauchspeicheldrüsenwert war over the top, genau wie die Leberwerte. All das könnte von Cushing sein, wenn es denn Cushing wäre, genau wie der Appetit und der Durst, die Hautveränderungen, die Antriebslosigkeit, die Muskelschwäche. Fürs erste hat Cindy jetzt mal Medikamente für die Leber und entsprechendes Futter bekommen, außerdem Antibiotika, falls die Leberveränderungen und die Steine in der Galle von einer Entzündung herrühren.

Es geht dem Hund also so mittelprächtig. Könnte tatsächlich besser sein. Leider geht das jetzt schon sehr lange so, ohne dass eine sinnvolle Diagnose gestellt wurde, der eine Behandlung folgen könnte. Ich glaube aber trotzdem nicht, dass sie sterbens-alt ist, nicht nachdem sie diese OP so gut weggesteckt hat. Und nicht solange sie zum Wasser will!

Cindy am Fluss bei der Tierklinik Rodaun IMG_6582

Das einzige, was sie nämlich immer aus der Reserve lockt, ist ein Stöckchen oder ihr Flugball und das Wasser in einem Fluss. Da übertönen ihre Instinkte alle Schmerzen und alle Erschlagenheit, denn der Ball muss ins Wasser und sie hinterher, und dafür geht sie stoisch die ganze Wiese entlang, weil sie weiß, dahinter liegt das Flussufer, an dem wir immer spielen. Sie holt den Ball ein paarmal, und danach schleppt sie sich die ganze Wiese wieder zurück, den Ball will sie dabei selbst tragen.

Und solange das so ist, erkläre ich meinen Hund für lebenswillig.

Edit 16 Uhr: Wir haben endlich einen positiven Cushing-Test. Jetzt kann ich endlich die Medikamente holen. Alles wird gut!

4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. franzi sagt:

    bei soooooo viel Liebe und Sorgfalt von Dir, für Deine Cindy muss sie ja gesund werden!!!!!!!!!!

  2. Assa sagt:

    Ich drücke auch die Daumen, dass alles gut wird. Das mit der Lebensfreude sehe ich auch so wie du. So lange Spielen noch ein Drang ist, der ihr tun bestimmen kann, ist sie nicht sterbens-alt. Bei unserem Hund war das zum Schluss auch deutlich anders. Da war keine Energie mehr, für gar nichts. Weder essen noch trinken, Gassi gehen oder spielen schon gar nicht.

    Jetzt ist ja seit diesem Eintrag schon einige Zeit vergangen. Haben denn die Mittel etwas bewirkt?

    • Etosha sagt:

      Danke, lieber Assa, und nochmal mein Mitgefühl wegen Moritz!
      Bis dato leider noch keine Verbesserung. Wir haben die Dosis zweimal angepasst – das Einstellen ist schwieriger, als ich gedacht hatte. Cindys Leber ist riesig, und die Werte sind entsprechend. Die Bauchspeicheldrüse, alle möglichen Organe, werden vom Cushing in Mitleidenschaft gezogen. Aber sie ist hart im Nehmen und kämpft sich durch. Man braucht schon viel Geduld, auch so als Mensch, und nicht immer bin ich guter Dinge, aber ich hoffe noch und probiere alles. Kostet ein kleines Vermögen, nebenbei bemerkt. Aber ich liebe diesen Hund eben, was soll ich machen? Ich fahre mit ihr einmal in der Woche ans Flüsschen, dann ist sie der seligste Hund. Alles ist auch bei mir vergessen, wenn sie mich mit wassertriefendem Maul angrinst!

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