Aufklärungsarbeit

Dr. House. Ein stark übergewichtiges Mädchen hatte einen Herzinfarkt. Jetzt hat sie Nekrosen am ganzen Körper und ist in morphinösem Dämmerzustand, damit sie die Schmerzen nicht so sehr mitkriegt. Es fällt die Frage ‘Wie geht’s ihr?’
Die Antwort lässt mich wieder mal sofort von der Couch hochfahren: ‘Den Umständen entsprechend gut.’

Also langsam zum Mitdenken: Die Umstände sind dermaßen hervorragend, dass es ihr an nichts mangelt? Es entspricht aber nicht den Umständen, dass es ihr gut geht. Und es geht ihr auch nicht gut. Mit kaum einem anderen Satz schafft man eine solche Doppel-Sinnwidrigkeit, die gleichzeitig auch noch so unelegant ist.

Würde es den gegebenen Umständen entsprechen, dass sie sich sauwohl in ihrer Haut fühlt, dann würde wohl kaum jemand danach fragen. Man stelle sich vor, ein anderes Mädchen (eines mit etwas mehr Glück) hätte gerade im Lotto gewonnen. Und jetzt kommt ein empathiebegabter Mensch, der einen Dritten mit sorgenfaltiger Stirn und gedämpfter Stimme fragt: ‘Und… wie geht’s ihr?’
Dann, und nur dann, ist diese Antwort legitim.

Will man aber ausdrücken, dass es ihr ‘ganz gut geht, wenn man berücksichtigt, was sie durchgemacht hat’, was im Prinzip immer der Fall ist, dann sage man das doch. Dann gehts ihr ‘erstaunlich gut, wenn man die Umstände bedenkt’ oder ‘den Umständen zum Trotze gut’. Entsprechend ist nicht gleich bedenkend.
Entspricht jedoch ihr Zustand tatsächlich ganz genau den miesen Umständen, dann geht es ihr eben ‘den Umständen entsprechend’. Punkt.

Genauso gehts mir, nämlich den Umständen entsprechend, wenn ich im Fernsehen Menschen sehe, die ganz offensichtlich die 18 Lenze lange überschritten haben, aber blubbern, ‘Ich tue xy, seit ich 18 bin’.
Wenn ein Führerschein-Neuling erzählt, ‘Mir fällt’s viel leichter, bei Verkehrskontrollen auch tatsächlich anzuhalten, seit ich 18 bin’, dann ist das einzusehen. Bei allen anderen muss es aber heißen ‘seit ich 18 war‘. Die Aussage ‘seit ich 18 bin’ von einem 50jährigen zu hören ist einfach nur peinlich.

Außerdem, apropos TV, will ich einen Nachspann. Ich bestehe auf mein Recht auf den Nachspann! Wer kommt beim ORF auf die Idee, einfach den Nachspann abzuschneiden und für wenige Sekunden einen schnöden Schlussbildschirm zu zeigen? Ist in den Fernsehgebühren der Nachspann nicht inkludiert oder wie? Ist auf diese Weise danach mehr Zeit für Werbung?
Ich finde das billig und dreist. Nach romantischem Gesäusel brauche ich die dreiminutige Atempause, in der zu lieblicher Filmmusik die schriftlichen Credits wie federleichte Ballons nach oben steigen. Was ich hingegen nicht brauche, ist eine gebrüllte Vorschau auf das Kettensägenmassaker.

12 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. baumgarf sagt:

    Ach ja, ein Abspann. Das waren noch Zeiten…
    Im Ernst, mittlerweile kann man ja froh sein, wenn der Film überhaupt noch zu Ende laufen darf. Mir ist es schon passiert, dass sie mitten im letzten Satz abgewürgt haben (übrigens bei Dr. House).
    Andererseits darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass die Sender Interesse an den Filmen und Serien haben. Sie sind das Rahmenprogramm, mit denen sie möglichst teuer Werbung verkaufen wollen. Da wird eben der Abspann geschnitten, weil er teure Werbeminuten vergeuden würde, manchmal wird auch der Film selbst geschnitten (allerdings meist bei den Privatsendern), um in den Senderahmen zu passen.
    Die ARD zeigt wenigstens noch einen Abspann, allerdings in doppelter bis dreifacher Geschwindigkeit. Von der Schnapsidee, während des Abspanns auch noch die nächste Sendung anzupreisen, sind sie glücklicherweise mittlerweile wieder abgekommen.

    Genauso schlimm übrigens wie “den Umständen entsprechend gut” ist auch “Wie geht’s uns denn heute?”. Mein Ausbilder seinerzeit beim Erste-Hilfe-Lehrgang hat darauf immer geantwortet “Wie es Ihnen geht, weiß ich nicht, aber mir tut das Bein weh” o.ä. Er hat uns deswegen eingeschärft, so etwas nie zu fragen. Denn woher sollte der Hilfebedürftige auch wissen, wie es uns geht? Viel eher will er doch wissen, wie es ihm geht.

  2. T.M. sagt:

    Pah! Abspann. Bißchen Schrift.

    Ich will Ansagerinnen! Die gehörten für mich zum Fernsehen dazu! (Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob nicht das Fernsehen,d.h. das Wertvolle daran, überhaupt eigentlich aus Ansagerinnen bestand, denn das, was jetzt ohne sie übrig blieb, ist ja von Tanzshows einmal abgesehen nur noch Pippifax.) Hach … Ansägerinnen …

  3. baumgarf sagt:

    Stimmt, Ansager und -innen gab es ja auch seinerzeit. Und kann sich noch einer an solch ominöse Dinge wie einen “Sendeschluss” erinnern?

  4. Etosha sagt:

    baumgarf, die abgewürgte Folge von Dr. House hab ich auch gesehen. Ich hab geglaubt ich bin im falschen Film. ;)
    Schnelllaufende Abspanne (Abspänner?) sind das allerletzte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Läuft die Musik dann eigentlich auch doppelt so schnell oder wie?
    ‘Wie gehts uns’ hat neben der grammatikalischen Schwächen auch eine ausgesprochen herablassende Komponente, find ich.
    Man muss sich ja viel mehr passende Antworten ausdenken. So wie die letztens wieder angebrachte auf ‘Was machstn für a Xicht?’: ‘Wenn ich Xichter machen könnt, hättest du schon lang ein anderes.’

    Nicht nur bisschen Schrift, TM. Der langsame geistige und vor allem emotionale Ausstieg aus der anderen Welt.

    Ansagerinnen hatten in meiner Kindheit alle die selbe Frisur. Rothaarig, braun oder blond war egal, Hauptsache Pagenkopf. Glatter Pagenkopf. Chris Lohner war unsere Parade-Ansagerin. Von ihr stammt auch die Stimme, die in den Bahnhöfen die Züge ansagt. Ein Leben für die Ansagerei!

    Und an Sendeschluss kann ich mich gut erinnern. Wenn du heute sagst, du wärst auf der Couch beim Fernsehen eingeschlafen und erst wieder ‘bei der Bundeshymne’ wachgeworden, versteht dich kein Mensch. ;) Nach der Bundeshymne kam stundenlang das sogenannte ‘Tom&Jerry im Schneesturm’.

    Aber Ansägerinnen, TM, findest du wahrscheinlich eher im Wald beim Bäumefällen.

  5. ansagerinnern vermisse ich keine sekunde lang. ganz besonders die chris lohner nicht (obwohl ihre stimme die einzige konstante in meinem leben darstellt). mich wundert nicht, dass die öbb-ler zur frustriertesten berufsgruppe überhaupt zählen. z.b. gibt sie auf modernen lok(s? en?) andauernd anweisungen und lässt sich nicht abstellen. als zugstewardess hatte ich chris-lohner albträume.

  6. martin sagt:

    *lol* chris lohner informiert nicht nur sondern gibt auch anwesiungen? na wer weiss was die noch alles ansagt! vielleicht gibt’s ja einen sado-maso-tonbanddienst auf dem die nüchtern sachliche stimmer der guten dame “los, knie nieder” befiehlt… hach der gute alte kottan, die hätten noch mehr folgen machen sollen da wär das sicher mal vorgekommen.

  7. das ist gar nicht lustig! wir waren alle chris-lohner-traumatisiert. ehrlich, ich hatte an besonders anstrengenden tagen sogar chris-lohner-klanghalluzinationen. zum glück ist sie mir nie persönlich begegnet. in den modernen regionalzügen SCHREIT sie aus den lautsprechern, wahrscheinlich wegen des hohen pensionistenanteils, die dieses verkehrsmittel nutzen.

  8. Etosha sagt:

    Ui, MCH, da haben wir ja in ein Wespennest gestochen! Wespennest mit Pagenkopf gewissermaßen. ;)
    Ich frag mich sowieso, wie man so eine Dauerbeschallung nervlich aushalten kann. Am Flughafen würd ich den ‘please proceeeeed to gate number…’-Dachschaden kriegen, und bei McDonalds die Fieperitis.

  9. T.M. sagt:

    Chris Lohner, ich hatte ja gar keine Ahnung! Ganz reizend!

    Mademoiselle Monique-Chantal, doch, sowas vermisse ich. (Kerle in dieser Rolle übrigens nicht, gab’s bei uns[TM] auch, glaub ich, ich hab das verdrängt …) Es hängt irgendwie mit der Illusion zusammen, dass man dann eher davon ausgeht, jemand und zwar eine natürliche Person habe sich Gedanken darum gemacht, was nun kommt, was gesendet wird, zu sehen und zu hören ist.

  10. hubbie sagt:

    Ansagerinnen hatten in meiner Kindheit alle die selbe Frisur.
    Rothaarig, braun oder blond war egal, Hauptsache Beton toupiert….trotzdem vermisse ich sexy voice Annemarie Berthé

  11. baumgarf sagt:

    Wie die Ansager allesamt aussahen, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Ich weiß nur, dass ich diese Institution sehr charmant fand, dass hat einem das Gefühl gegeben, als Zuschauer auch geachtet und nicht nur als Konsummaschine betrachtet zu werden.
    Übrigens, auch wenn der Abspann durchs Bild schießt, eventuelle Musik wird in normaler Geschwindigkeit abgespielt, demzufolge am Ende des Abspanns abgewürgt. Weniger charmant.
    Und apropos Schneegestöber: kann sich noch irgendwer an die guten, alten Testbilder erinnern?

  12. Etosha sagt:

    Wenigstens ein fade out könnten sie sich basteln. Diese Deppen. ;)

    Schurli ei rimember se Testbild. Und wenn der Film gerissen ist, gabs einen Bildschirm, auf dem ‘Wir bedauern…’ stand. Manchmal stand das da sehr, sehr lange.

    Pfeif auf die Illusion, TM ;) Ich sags ungern, aber denen war (ebenso durchgehend wie ihre Frisuren waren) völlig wurscht, was sie da erzählen.

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