Artikel

Am Laaerberg – Nachsatz

Aufgrund dieses Schildes hatte ich ein Aha-Erlebnis:

PICT1612

Die Wiener Internationale Gartenschau… WIG. WIG! Ich habe eine Erinnerung aus meiner Kindheit an einen Ort dieses Namens. Ich wusste nie, wo dieser Ort war, oder wie man ihn schreibt.

Ich bin da mit meinen Großeltern (?) in einem Park, da gibts den größten Spielplatz, den ich jemals gesehen habe. Genau genommen ist die ganze Welt an diesem Tag ein einziger Spielplatz! Attraktionen und Spielgeräte verstreut auf endlosen, grünen Wiesen im Sonnenschein.

Es ist warm, und am Horizont einer grünen Wiesenfläche taucht plötzlich ein Eisberg auf. Ein blau und weiß glänzender Eisberg! Mitten im Sommer! Ich würde mich an die Titanic erinnert fühlen, würde ich die Geschichte schon kennen.

Als wir näherkommen, sehe ich Kinder jauchzend diesen Berg hinunterrutschen. Und ich will auch! Ich klettere hinauf, wieder und wieder, und rutsche hinunter mit einem Wahnsinnszahn! Das Material des ‘Eisberges’ fühlt sich unter meinen Händen warm und glatt an, trotzdem ist die Illusion perfekt. Ich frage mich, warum wir überhaupt Winter brauchen, wenn man doch auch warmes Eis haben kann!

Wir verbringen dort vielleicht ein paar Stunden, mir scheint es eine Ewigkeit, die doch zu kurz dauert. Ich bin so fasziniert von diesem Eisberg, so begeistert von den unendlichen Weiten dieser Welt!

Das war wahrscheinlich einer der glücklichsten Tage meiner Kindheit. Und dann blieb in meiner Erinnerung dieser Name hängen. Wir waren ‘in der Wig’.
Danach waren wir nie wieder dort. Nur in meiner Erinnerung hielt ich ihn in Ehren, diesen Ort mit dem komischen Namen, den weiten Wiesen und dem Eisberg im Sommer.

Das müssen die Überbleibsel dieser Gartenschau gewesen sein, die in meinem Geburtsjahr eröffnet wurde, bzw der daraus hervorgegangene Laaerberg-Park.
Es muss auch eine körperliche Erinnerung sein, denn als ich vorgestern dort war, hat mein Körper den ganzen Nachmittag wie wild Glückshormone ausgeschüttet.

Es gibt immer noch Spielplätze dort. Ob sich auf einem von ihnen auch ein alter Eisberg findet?

Artikel

Filmstock

Aus den Tiefen des Alls kam von Baumgarf dies Filmstöckchen geflogen. Es sah auch auf den ersten Blick schon groß aus. Ich konnte ja nicht wissen, dass es da noch Lichtjahre entfernt war.

Also verzeiht, wenn ich mich hier in unmäßigen Aufzählungen ergehe. Aber wenns um Filme geht, gibts bei mir kaum eine einsame Spitze. In Anbetracht dieser Fülle wünschte ich fast, es wär anders.

Welcher Film hat dich in deiner Kindheit oder Jugend eingehend beeinflusst? Inwiefern und warum?

In meiner Kindheit war es Dumbo. Mein Papa hatte den als Normal8-Film auf Spule, und wir haben den Film ab und zu im Kellerstüberl angeschaut – weils da dunkel war. Die Geschichte über ein Elefantenbaby mit viel zu großen Ohren, das seine Mutter verliert(?) und im Zirkus mitmachen muss, obwohl es noch so jung ist, dass es lieber mit seiner Rassel spielen und einfach Kind sein mag.
Mir hat Dumbo so wahnsinnig leid getan, dass ich dabei immer geweint hab. Ich könnt jetzt noch losheulen.
Und ich hasse Clowns seither, denn die haben Dumbo immer gequält und verspottet. Man kann also wirklich sagen, dass der Film mich eingehend beeinflusst hat, vielleicht sogar in puncto Toleranz und Akzeptanz gegenüber Andersartigem.

Außerdem: Der Zauberer von Oz. *sing* We’re off to see the wizard…

Mein erster Kinofilm (jedenfalls aber der erste, an den ich mich erinnern kann) war Cap&Capper. Der hat mich emotional auch sehr mitgenommen damals.

Weitere Filme, die in meiner Kindheit/Jugend auf und ab gelaufen sind, weil wir sie so toll fanden – teilweise noch auf Video2000:
Das schönste Freudenhaus in Texas (Musicaladaption mit Dolly Parton, tolle Musik!);
Wer schluckt schon gerne blaue Bohnen (mit Goldie Hawn, ein rasend komischer Film, kommt leider nie im TV)
Merlin und Mim
Wir sind keine Engel mit Humphrey Bogart und Peter Ustinov
– Irgendeiner der endlos kitschigen Filme mit Peter Kraus und Conny Froboess (‘Sag mir, was du denkst…’)
– Und die Rocky Horror Picture Show.

Welcher Film ist für dich der Beste im Genre Drama?
Spontan: Der Club der toten Dichter. Ich mag Filme, die einem das Gefühl geben, man hätte die Charaktere wirklich kennengelernt.

Welchen Thriller kannst du empfehlen?
Memento ist einer meiner liebsten Thriller. Oder auch Identität mit John Cusack. Zwielicht fand ich auch sehr gut. Oder U-Turn mit Sean Penn. Sieben. Abre los ojos. The Game fand ich auch ganz toll. Lord of War. Silentium war krass. True Romance. Flatliners.
Es muss jedenfalls nicht unbedingt Blut spritzen.

Um welchen Horrorfilm kommt man nicht herum?
Ich kam nicht um The Fog herum, als Kind. Hat mich wahnsinnig erschreckt, der Film. Genauso wie Lebendig begraben und das Landhaus der toten Seelen. Brrrr. Traumata!
Die Schlange im Regenbogen ist für mich ein guter, weil eher subtiler Horrorfilm. Naja. Manchmal subtil. Oder Angel Heart. Im Auftrag des Teufels war auch gut.

Welcher Liebesfilm hat sogar dich beeindruckt?
Was heißt hier ‘sogar dich’?! Ich bin von Liebesfilmen leicht zu beeindrucken – ich bin eine Frau!
Öhm, aber so auf Anhieb… Doch: Before Sunrise. Siehe Frage 2 – ich mag es, wenn im Film Menschen einander so kennenlernen, dass man als Zuschauer ebenfalls jemanden kennenlernt. Dass ein Draht entsteht. Oft bleiben diese Filmbekanntschaften leider an der Oberfläche, zumindest für mich. Da war es anders, sicher auch deshalb, weil die beiden Hauptdarsteller Ethan Hawke und Julie Delpy sehr viel von sich in das Drehbuch mit eingebracht haben. Das fand ich sehr sympathisch.

Die Liebesgeschichte im 200-Jahre-Mann fand ich auch sehr berührend.

Welche Komödie ist deines Erachtens wirklich lustig?
Und täglich grüßt das Murmeltier. Indien. Besser gehts nicht. Spaceballs. Das Leben des Brian. The Full Monty. Was das Herz begehrt. No Panic. C(r)ook.

Ich kann sehr gut lachen bei Filmen mit viel zackigem Dialog, wie es in solchen mit Billy Crystal oder Woody Allen der Fall ist. Oder beim heimischen Comedyfilm. Nur keinen Eddie Murphy, bitte.

Und ich hab bei Sleepy Hollow sehr gelacht – ein toller Film. Allein diese Mimik!

Welchen Film hast du dir zuletzt im Kino angesehen? Und wie war er?
Mir ist im Kino immer kalt. Vor mir sitzt der mit der größten und lockigsten Frisur. Neben mir raschelts dauernd, es riecht nach Gummibären mit Salz, und hinter mir unterhalten sich Menschen in Wohnzimmerlautstärke. Dann muss ich aufs Klo.
Ich glaube tatsächlich, mein letzter Kinofilm war im IMAX, als es das Wiener IMAX noch gab.

Welchen Film MUSS man im Kino gesehen haben?
Siehe oben – die IMAX-Filme. Nie bin ich schöner geflogen als dort.

Welchen Film hast du dir zuletzt auf DVD angesehen? Und wie war der?
Vergiss mein nicht, auf Anraten der Julia. Ich hab wohl einiges verpasst in den letzten Jahren – der war jedenfalls toll!

Welcher Film war es, den du dir zuerst gekauft hast?
Auf DVD dürfte das Oh brother, where art thou gewesen sein. Videofilme hab ich nie gekauft; wenn Videos, dann eher welche von Kabarettisten.

Der schlechteste Film aller Zeiten?
Matrix Reloaded. Die ganze Zeit nur Rauferei, und dann die essentiellen Infos in 5 verwirrenden Minuten runtergebetet. Geldverschwendung.

Dein Lieblings-Regisseur (mit einer Auswahl von 3 Filmen oder/und Begründung)?
Ach nein, da gibts zu viele. Ich mag die Coen-Brüder, insbesondere für ‘O Brother where art thou’. Roman Polanski, weil seine Filme sich abheben (seine kichernde Vampirgeschichte hab ich schon als Kind geliebt), und Tim Burton (Edward, Sleepy Hollow, Big Fish).

Der schönste Film aller Zeiten (subjektiv nur für dich)?
Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH. Ein toller, phantasievoller, ungewöhnlich ernsthafter Zeichentrickfilm aus den 80ern.

Der bedrückendste Film aller Zeiten (subjektiv nur für dich)?
Der Pianist. Dogville. A.I. Wenn der Wind weht.
Mississippi burning (Da bin ich allerdings nicht ganz sicher. Es war ein Rassismus-Drama, der Clan und so, aber ich hab mir eingebildet, der Titel beinhaltet die Sonne. Wer weiß was?)

Der traurigste Film aller Zeiten (subjektiv nur für dich)?
Der englische Patient. Cold Mountain. Der mit dem Wolf tanzt. Contact. Sommersby. Von Mäusen und Menschen. Und natürlich Dumbo.

Welcher Film ist für dich ein unbedingtes Muss, auch wenn er die o.g. Kriterien nicht erfüllt?
Vidocq – weil er in keines der genannten Genres passt, aber absolut sehenswert ist. Geniale Bilder!

Ich mag elendslange epische oder biographische Filme wie Aus der Mitte entspringt ein Fluss, Cold Mountain, Legenden der Leidenschaft, A Beautiful Mind, Chaplin, Comedian Harmonists.

Schräge, chaotische Filme wie Being John Malkovich, Lost Highway, Lebe lieber ungewöhnlich, Trainspotting, Reality bites, Girl, interrupted.

Und die Kombination mit Roadmovies o.ä.: Knockin’ on heaven’s door, ein toller deutscher Film zur Abwechslung mal, oder Gilbert Grape.
Und ich liebte Falling down.

Lieblings-Schauspieler? (Mehrfachnennungen möglich)
Was heißt da möglich? – unvermeidlich! Da komm ich ja aus dem Aufzählen gar nicht mehr raus!
Robin Williams. Edward Norton. Bill Pullman. Kevin Spacey. Robert Downey jr. Keanu Reeves. Robert Carlyle. Ewan McGregor. Al Pacino. Ethan Hawke. Gary Sinise. Jean Reno. Johnny Depp. Aidan Quinn. Joaquin Phoenix. Christian Slater. Daniel Auteuil. Robert DeNiro. Greg Kinnear. Cuba Gooding jr. Und ich mag Tom Hanks, wenn das auch heutzutage anscheinend out ist.
Erwin Steinhauer. Wolfgang Böck. Moritz Bleibtreu. Joachim Król.

Lieblings-Schauspielerin? (Mehrfachnennungen möglich)
Goldie Hawn. Michelle Pfeiffer. Julia Ormond, weil sie so schön erröten kann. Nicole Kidman, obwohl sie mir von den Gesichtszügen her gar nicht immer so sympathisch ist – sie spielt einfach toll. Jodie Foster. Emmanuelle Béart, weil sie oft so hübsch anzusehen ist. Juliette Binoche. Christina Ricci. Gwyneth Paltrow. Ellen Barkin fand ich immer toll, und daher auch Cameron Diaz (die sind sich schon rein optisch ähnlich).
Ich mag Winona Ryder und ihre deutsche Synchronstimme. Elfi Eschke gefällt mir sehr gut in ihrer ungenierten Natürlichkeit, und Heike Makatsch.

Lieblings-Soundtrack?
Der Score von Blade Runner. Der schmusige Soundtrack von Phenomenon. Und selbstverständlich – wenn auch die Tracks darauf nicht ganz denen entsprechen, die im Film zu hören sind – der von ‘Oh brother, where art thou’. Go to sleep little baby… :)

Was möchtest du sonst noch an Filmen erwähnen?
Fantasy und Trickfilm fehlt hier völlig. Hook, The Green Mile. Ich liebe Fantasy und Trickfilme überhaupt, ich mochte Aladdin sehr, allein schon wegen der liebevollen Kleinarbeit mit den Charakteren (Abu!), Arielle (insbesondere wegen der Krabbe), Ice Age natürlich.
Die Harry-Potter-Verfilmungen finde ich sehr gelungen. Hinter dem Horizont ist wahnsinnig phantasievoll. Die Nebel von Avalon war schön. Und dann waren da natürlich noch Willow und Die unendliche Geschichte (was war ich in Atreju verliebt!).

Musikfilm fehlt auch: The Wall, The Commitments, Baker Boys.

Dann seh ich mir sehr gerne britische oder irische Filme an, weil die meistens etwas ganz Besonderes sind, diese Mischung aus spröde und herzlich, grün und grau. Angela’s ashes war zum Beispiel sehr gut, Billy Elliot; auch Komödien seichterer Natur haben oft mehr Tiefe, als man erwarten würde.

Außerdem mag ich die Liebeskomödie Only you aus irgendeinem Grunde sehr.

Und wie wärs zum Beispiel mit der Frage
Welche Filme hast du mit Abstand am häufigsten gesehen?
Bei mir wären das die Picture Show, der Murmeltiertag, Harry&Sally und Zurück in die Zukunft.
EDIT: Und Filme aus der Kind- und Jugendheit: Das schönste Freudenhaus in Texas (8.000x), Wer schluckt schon gerne blaue Bohnen? (7.000x), Loriots Sketche (850.000x).

Weiterwerfen tu ich diesen Stock nicht, der ist mittlerweile viel zu schwer geworden, und ich hab doch Probleme mit den Schultern. Wer ihn sich aber mit in seine Höhle schleppen und dort zurechtschnitzen mag, darf sich gern bedienen.

Artikel

Flashback

Unlängst fahr ich auf der neuen Verlängerung der Wiener Nordbrücke Richtung Shuttleworthstraße, da seh ich doch glatt die Rückseite des früheren KGM mitsamt dem alten, schon etwas zerbröckelten Fassadendesign:

KGM

KGM war eine riesige Depandance jener früheren, genossenschaftlich organisierten Supermarktkette Konsum, die Mitte der 90er mit fliegenden Fahnen das Insolvente segnete.
KGM, das hieß Konsumgroßmarkt.

Das wusste ich als Kind freilich nicht. Für mich war es einfach das Kaagee-Emm, ein Paradies der Köstlichkeiten, das wir samstags in holder familiärer Eintracht zu besuchen pflegten, Papa, Mama, mein Bruder und ich. Wir wohnten etwas außerhalb der Stadt (das ist untertrieben, damals war es der AdW, eigentlich ist es erst jetzt “etwas außerhalb”), also wurde für die Woche(n?) im Vorhinein eingekauft.

Die Halle war riesig, mir schien sie zwanzig – ach was, hundert Meter hoch zu sein! Die Einkaufswagen waren ebenso wuchtig, die Kindersitze darin damals schon orange und wahnsinnig unbequem, aber mit den kurzen Beinchen selbst zu gehen wäre keine echte Alternative gewesen – es war ein kilometerlanger Gewaltmarsch! Die vielen verschiedenen Abteilungen waren in gleißendes Neonlicht getaucht, auch wenn es draußen winterlich dunkel war, und in jeder roch es etwas anders, beim Eingang aber meist nach nassem Hund.

Wenn wir im KGM waren, gingen wir immer in die Parfumerieabteilung mit dem erschlagenden Duft. Wir besuchten dort eine sehr blonde Frau namens Bogner, die mit meiner Mutter persönlich bekannt war und in dieser Abteilung arbeitete. Frau Bogner sprach mit leicht slawischem Akzent. Sie war immer sehr nett zu mir, und ich mochte sie, wenn sie mir auch wahnsinnig alt und faltig vorkam. Wahrscheinlich war sie so alt wie ich es heute bin, oder sogar jünger. Ich kannte sie und freute mich auf sie, und ich lief auch noch zu ihr hin, als meine Mutter sich aus irgendeinem Grund – ein Zwist unter Erwachsenen? – lieber vor ihr versteckt hätte.

Manchmal kaufte meine Mutter Marshmallows in dreieckigen Plastiksäckchen, an denen wir uns gleich nach dem Bezahlen gütlich taten. Das Essen von Marshmallows war offenbar reine Frauensache, mein Bruder aß lieber türkischen Honig.
An anderen Samstagen kaufte Mama uns in der dortigen Konditorei ‘Indianer mit Schlag’, ein festes, mit Schokolade überzogenes Biskuit in zwei Teilen, die rund wie die UFOs von oben und unten den mittig plazierten Riesenhaufen Schlagsahne bezwingen. Ebenfalls Frauensache – die Männer verputzten derweil süße Cremeschnitten oder etwas mit Rosinen (=Männersache). Apfelstrudel zum Beispiel.

Danach machten wir gelegentlich noch merkwürdige Fotos im dortigen Fotoautomaten, die mir schon im Neuzustand ausgebleicht vorkommen, wenn ich mich heute daran erinnere.

In der Mitte des Marktes jedoch, da gab es ein Selbstbedienungsrestaurant. Es war ein quadratischer Kobel, der von einer sehr merkwürdigen Zwischendeckenkonstruktion aus senkrechten, hohlen Zylindern aus dunklem Holz überspannt war. Diese sollte dem Besucher wohl jenes Gefühl ersparen, das sich mit dem Gegenteil von ‘vorhandener Bodenlosigkeit’ beschreiben ließe. Auch die Tische waren quadratisch und aus dunkel lackiertem Holz, sie standen auf einem 70er-typisch gemusterten Fliesenboden. Vor dem Restaurant parkten unsere Eltern die beiden Einkaufswagen, und wir kehrten dort ein, wenn wir vom Einkaufen müde und hungrig geworden waren.

Die luxuriöse Sensation daran: Jeder kriegte etwas anderes zu essen! Dort gab es Gulasch, es gab Germknödel, Schnitzel mit Pommes frittes, Grillhendl, Palatschinken – die Auswahl schien mir endlos. Schlussendlich aßen wir alles durcheinander, was wir auf dunkelbraunen Tabletts zum Tisch gekarrt hatten, Palatschinkengulasch, Grillhendlschnitzel.

Und so kommt es – welch erfolgreiche Konditionierung – dass ich mir heute noch insgeheim Pommes mit Ketchup als Beilage wünsche, immer, wenn ich Germknödel esse.

Artikel

Durstig?

Readers lesen bildet. Immer schon. ‘Ich hab mal unlängst im Readers Digest gelesen…’ ist bei uns in der Familie ein Running Gag, es liegt nämlich seit Jahr und Tag das abonnierte Kleinformat in meinem Elternhaus am stillen Örtchen auf. Außerdem sagte das immer Hilfssheriff Fred in ‘Das schönste Freudenhaus in Texas’… aber den Film kennt ja heute kein Mensch mehr.

Anyway, so las ich jedenfalls unlängst im Readers, dass Durst Schmerzen verschlimmern kann. Ein Forscherteam hat herausgefunden, dass zwei Areale im Gehirn dafür zuständig sind, Körperreize nach Prioritäten zu ordnen. Obwohl Durst ein ernstzunehmendes Problem ist, so ist er doch kurzfristig nicht so wichtig wie ein gleichzeitig auftretender Schmerz. Damit das schmerzhafte Warnsignal auch sicher durchdringt, wird es vom Gehirn verstärkt, quasi um den Durst zu übertönen.

Was also für Kopfschmerzen schon lange galt, gilt offenbar auch für andere Schmerzen; insbesondere jemand, der ohnehin zu wenig trinkt, sollte Schmerzen durch Flüssigkeitszufuhr auf ihr ‘normales’ Ausmaß zurückregeln können.

Artikel

La Linea

Auf dieser Website von TV5 kann man sich derzeit viele La Linea-Folgen anschauen!

Das stets nach links wandernde, temperamentvolle Strichmännchen war Kult in unserer Kindheit – und ich find’s immer noch saukomisch. Ich hab einen Freund, der das superschnelle italienische Gebrabbel samt Prustgelächter nahezu perfekt imitieren kann, und auch das hat immer für Lacher gesorgt.

Es war nie nötig, zu verstehen, was der kleine Mann sagt – der übrigens Agostino Lagostina heißt – weil trotz oder gerade wegen des perfekten zeichnerischen Minimalismus alles völlig klar wird. Und in Farbe kommen natürlich die Wutausbrüche auf rotem Hintergrund wesentlich besser als im Schwarz-Weiß der 70er. Anschauen!

Ich mag die Konzertfolge (N°113), insbesondere wegen der Call and Response-Umsetzung mit dem Frosch. Die Folge mit dem Schiffbrüchigen (N°140) oder die ‘Kunst der Schiffahrt’ (N°122) dürfte den eingefleischten Seglern gefallen – wenn auch in ersterer kein Segelboot vorkommt.

Ich habe mich übrigens schon damals gefragt, warum La Linea am Beginn jeder(?) Folge standardmäßig eine Überbrückung der Bodenlücke links fordert, obwohl er doch auch mal nach rechts losgehen könnte. Sollte jemand eine davon abweichende, also geradezu subversive Folge entdecken – bitte melden!

Artikel

Vom Zauber des Moments (II)

strgz Jeder, der schon mal das Bedürfnis hatte, im Programm des Lebens einen Mausklick auf Bearbeiten-Rückgängig auszuführen – aus dem Wunsch heraus, im Nachhinein verändern zu wollen, was nicht mehr veränderbar ist – kennt das Gefühl, dass die Uhr sich nicht zurückdrehen lässt, dass getane Dinge geschehen bleiben.

Aber hattet ihr dieses Gefühl schon mal nach schönen Erlebnissen? Die Empfindung, dass all die wunderbaren Momente unwiederbringlich sind, für immer verloren in der Flut mehr oder weniger nebliger Erinnerungen, die wir unsere Vergangenheit nennen?

Einige technische Errungenschaften sind der profane Ausdruck dieser verzweifelten Sehnsucht nach dem Gestern, all die Tonbandgeräte, Fotoapparate und Videokameras ein kläglicher Versuch, den Augenblick zu bannen. Wir denken kaum jemals darüber nach, doch jede CD, die wir heute hören, jeder Film, den wir ansehen, ist ein geistiges Enkelkind dieser ursprünglichen Sehnsucht, gefühlsintensive musikalische oder szenische Momente für die Ewigkeit festzuhalten und wiedererleben zu können.
Weiterlesen

Artikel

Vom Zauber des Moments

Hattet ihr schonmal die Empfindung, dass das Leben ausschließlich in diesem einen Moment stattfindet? Ich weiß: So einen Satz zu lesen ist überaus profan. Natürlich findet das Leben jetzt statt, wann denn sonst? Aber habt ihr diese Wahrheit schon mal von tief innen empfunden?

In jedem einzelnen Moment habe ich die Wahl. Ich habe die Möglichkeit, mir mitten im Gedankengang ein STOP zu verordnen, wenn meine Gedanken mir nicht behagen, um sie durch welche zu ersetzen, die mir besser gefallen. Ich kann den nächsten Satz, der schon in den Startlöchern stand, einfach nicht sagen, und mir stattdessen einen ganz anderen ausdenken.
Ich verlasse die scheinbare Einbahn der Situation, indem ich den Zauber des Moments nutze: Diese ein, zwei Sekunden, in denen ich die Wahl habe, und das den ganzen Tag, die ganze Woche, mein ganzes Leben lang.

Dazu nötig ist, zugegeben, ein gutes Stück Bewusstheit über die eigenen inneren Vorgänge. Diese ist für den einen ein selbstverständlicher Begleiter, für den anderen nur schwer zu erreichen; die meisten bewegen sich irgendwo dazwischen.

Es lohnt sich aber, denn das ist viel schöner, als sich ständig als das Opfer der Umstände zu fühlen, und die damit einhergehenden Gefühle der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins mit sich zu tragen. Diese Gefühle verschwinden nach und nach. Statt sich zu weigern, die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, fühlt man sich plötzlich in der Lage, die eigene Freiheit so gut wie möglich auszukosten.

Nicht, dass man jeden im Zauber des Moments gewonnenen Gedanken auch in die Tat umsetzen müsste. Wenn man beispielsweise seinen Job behalten möchte, sollte man nicht im Zauber des Moments beschließen, dem chronisch grantigen Oberchef ein Götzzitat um die Ohren zu hauen. Aber man kann zumindest die Idee auskosten und sich danach etwas besser fühlen.

Auch mehr oder weniger bewusste Schikanen an sich selbst lassen sich so reduzieren. Wie oft am Tag sagst du dir, dass du ein Idiot bist? Dass du es nicht wert bist, …. (beliebiges zu Erreichendes hier einsetzen). Dass du nicht gut genug bist?
Nie? Wirklich nicht?

Klingt, als hätte ich die Weisheit mit dem Löffel gefressen, was? Leider bin auch ich nur selten im Moment verhaftet. Ich treibe mich viel in der Vergangenheit rum, am ‘liebsten’ in unangenehmen, peinlichen oder schuldbehafteten Situationen. Manchmal auch in der Zukunft, die in solchen Momenten meistens ebenfalls nicht allzu rosig aussieht.

Aber manchmal, da gelingt es mir, aus meinen Gewohnheiten des Denkens und Handelns kurzfristig auszusteigen, mir selbst Einhalt zu gebieten und den Zauber des Moments zu empfinden.

Das kann mitten in einem Streit sein:
Weiterstreiten, bis beide sauer sind.
Plötzlicher Richtungswechsel, weil man sich bewusst gemacht hat, was wirklich wichtig ist.

Das kann bei einem Familientreffen sein:
Den Tag einfach dahinplätschern lassen und alles für selbstverständlich nehmen.
Endlich mal wieder in Papas Arme kuscheln und ihm sagen, wie lieb man ihn hat.

Das kann in einem beliebigen Moment sein:
Gestresst sein und alles als nervig empfinden.
Sich bewusstmachen, wie gut man es im Grunde hat und wofür man dankbar sein kann.

Wenn dieses Innehalten funktioniert, führt die Achtsamkeit ausnahmslos und jedes Mal zu großer Freude, zu mehr Zufriedenheit mit mir selbst – und zu einem unvergleichlichen Gefühl des Triumphes über das taube, ahnungslose Dahinvegetieren.

Artikel

Beautiful Woodquarter

Ein Sonntag wie im Bilderbuch – wir fahren ins Waldviertel. Beim Anblick der ersten sanften, grünen Hügel, der ersten Nadelwälder, wird mein Lächeln breiter. Der Raps blüht auf gigantischen Feldern, die Sonne scheint und macht daraus ein gelbgrünes Meer. Der verklärte Blick findet sogar den Strommasten inmitten dieses Motives stimmig.

Ein Spaziergang im Wald, darin die immer noch grünen Überreste von abgeknickten Nadelbäumen, grotesk verteilt, als wären sie vom Himmel gefallen. Weiches Moos unter den Füßen, und ich achte darauf, keine der unzähligen Schlüsselblumen zu zertreten.

Später gehen wir an der Thaya entlang, am Ortsrand von Waidhofen. In einer Flussbiegung lädt ein warmer Fels mich zum Sitzen ein. Die Sonne blinzelt durch die Blätter, ich höre Vogelgezwitscher und ein wenig Wind in den Baumkronen, ab und zu plätschert ein Fisch durch die Wasseroberfläche. Meine Seele atmet auf. Wunderbare Ruhe erfüllt mich, und ich lasse mich mit Kraft aufladen.

Anschließend verzehren wir in einem Gasthof in Waidhofen ein herrliches Mittagsmahl – es gibt Rinderbraten, dazu zwei flaumige Waldviertler Knödel und ein mit Preiselbeeren gefülltes Stück Birne. Am Salatteller findet sich auch Löwenzahn.

Nach einer kurzen Fahrt genießen wir noch einmal die Sonne, am Ufer des Allentsteiger Stadtsees, jeder auf seine Art.

PICT4974 PICT4973

Es geht weiter zum eigentlichen Zweck der Fahrt: Die Teilnahme meines Mannes am NÖ Großkaliber-Cup im Pistolenschießen. Austragungsort 4 von 4: Ein kleiner Schießverein nahe Allentsteig. Für den Fall der Langeweile habe ich ein Kakuro-Rätselheft mit, aber ich brauche es nicht. Ich habe einen dieser wunderbaren Tage, an denen ich Smalltalk fließend spreche. Mit offenen Armen werden wir aufgenommen in diesem Waldviertler Verein, die Gespräche drehen sich nicht nur um den Schießsport und bewegen sich auf einem wohltuenden Niveau, sehr locker und zwischendurch auch derb, aber nie so, dass es mir unangenehm wird; zeitweilig sogar durchaus tiefsinnig.

Am Rückweg machen wir einen kurzen Abstecher, um im weichen Frühabendlicht über den Stausee Ottenstein zur Ruine Lichtenfels zu schauen.

PICT4981

Danach der Anblick des wunderschönen Kamptals und der Wachau, weich aussehende Felder, Weinberge in goldener Sonne, schließlich die mächtige Donau, und die weitere Fahrt entlang der Donau, wo die Straße gesäumt ist von mächtigen Auwäldern.

Mir fällt mein gemeinsamer Kurzurlaub mit meiner Freundin N. ein, vor einigen Jahren, als wir das Waldviertel ganz entspannt und recht ungeplant erkunden, von Geras über Karlstein an der Thaya, wo wir versehentlich die Burg betreten, obwohl diese in Privatbesitz ist, und uns später hinter den großen Toren eingeschlossen wiederfinden, umgeben von meterhoher Burgmauer. Man lässt uns aber, allerdings nicht ungerügt, wieder raus, und wir setzen unseren Urlaub fort, über Dobersberg, Waidhofen und Vitis bis zur Blockheide in der Nähe von Gmünd, um dort die berühmten Wackelsteine einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Ein paar herrliche Tage waren das.

Ich habe mich schon oft gefragt, wie Hunde durch Vererbung zu ihren Eigenschaften kommen können, etwa Schussfestigkeit, Apportiertalent oder ähnliches. Wenn ich aber im Waldviertel bin, glaube ich, selbst etwas körperlich geerbt zu haben, die Liebe nämlich zu diesem wunderschönen Stück Niederösterreich; von meinem Vater, der seine Kindheit dort verbracht hat. Ich habe diese Gegend selbst von Kindheitstagen an geliebt, mein Vater hat mich auf seine Handelsvertreterfahrten oft mitgenommen, und jeder einzelne Aufenthalt hat das warme Gefühl verstärkt.

Am besten beschreibe ich es, wenn ich, wie mein Vater, sage: Mir geht das Herz auf!

Artikel

Dialektische Mischung

Heute beim Frühstück: Ich erzähle meinem mir rechtmäßig Zugetrauten in der mir eigenen Dialektvariante eine lustige Begebenheit, bei der – unter anderem – etwas zu Boden gefallen ist. Er lauscht und grinst – ich denke schon, er hat die die Situationskomik verstanden – aber dann fragt er lächelnd: “Wo isses hingefallen?” Ich überlege und wiederhole dann, etwas beschämt, meine Formulierung: “Auf d’rErd!?”

Es gibt Ausdrücke, die benutzt man, ohne nachzudenken. Frühkindliche Prägung, Lernen durch Nachahmung. ‘Bähmakelnde’ Verwandte, wohin man schaut, also.. nicht so massiv in meiner Kindheit, aber in der meiner Eltern. Wir, meine Geschwister und ich, sind quasi die dritte Generation.

Meine Eltern sagen beide im Dialekt für ‘am Morgen’ nicht ‘in da Fruah’, wie das der Wiener allgemein vielleicht täte, sondern sie sagen ‘in da Friii’. Die Steigerung für das oben erwähnte ‘auf d’rErd’, insbesondere wenn man etwas absichtlich und mit eventuell einem gewissen Schwung dorthin wirft, lautet ‘um d’rErd’. Wenn uns das Essen geschmeckt hatte, wurde von meiner Mutter geantwortet: ‘Na, bin iii fro.’ (mit sehr kurzem, offenem o, dafür umso längerem i.) Meine liebe Mama ist auch nur selten irgendwo gewesen – sie is ‘gwest’.
Und meine Großmutter mütterlicherseits war die Oberheldin im selbstsicheren Einbau der Altwienerischen R-Füllsel, wie man sie auch bei Pirron & Knapp hört. Sie vermeldete Uhrzeiten wie ‘hoiwarochte’ und ‘hoiwarööfe’, und ließ Grüße an Papa bestellen ‘… und an die Mamaraa’.

Papa benutzt auch bemerkenswerte Ausdrücke. Soeben einen Apfel in die Hälfte gebrochen habend, fragt er an: ‘Wüsd die Hoibscheid?’ Außerdem hat er ein wundervolles Repertoire an Flüchen parat, ich erinnere mich an das anerkennende ‘Na scheiß miau-miau-miau’, das befreiende ‘Hurerei und Bigamie’, und die Aufforderung an ein widerspenstiges, zu bearbeitendes Ding (etwa Schrauben oä), das sich nicht auf Anhieb greifen lässt, in Form von ‘Na geh scho hea do, du Sau!’.
Mama ist da um einiges zurückhaltender, wie beispielsweise mit dem halb scherzhaften, sehr charmanten ‘Kruzi Wuzi!’.

Wenn man jemanden erblickt, den man schon lange nicht gesehen hat, dann sagt man: ‘Do schau her! A Neicha!’ – das kannte mein Göttergatte bis gestern abend nicht, obwohl wir mittlerweile einige gemeinsame Jährchen auf dem Buckel haben.

Liebe Geschwister, wenn Euch noch was einfällt, immer her damit. Ich eröffne die Sammlung des sonst vielleicht für immer verlorenen ‘Original Familiendialektes’.

Artikel

Schuldgefühlrecycling

Ich habe ein Problem: die Sache mit dem Essen-Wegwerfen. Also Feldforschung – ich fragte erstmal meine Mutter, ob sie uns Kindern eingeimpft hätte, dass man keine Lebensmittel wegwirft. Sie glaubt nein. Aber ich weiß noch, dass sie uns zur Schnecke gemacht hat, wenn sie entdeckte, dass wir unser ungeliebtes Jausenbrot zu Hause in den Müll geworfen hatten. So kam es, dass wir es fortan am Heimweg von der Bushaltestelle entsorgten – in das Kornfeld am oberen Ende der Gasse, samt Alufolie. Guter Wurf!
Also muss ja doch was dran sein an der Impfung.
Heute lasse ich immer alles so lange im Kühlschrank, bis es ungenießbar ist. Danach ist wegwerfen legitim: kaputt. Etwas vorher schon wegzuwerfen, weil ich bereits weiß, dass ich es nicht essen werde – das kann ich nicht. Die armen äthiopischen Kinder, oder was weiß ich. Ich denke dann immer: Warum hast du das unbedingt kaufen müssen, wenn du es jetzt nicht isst? Zum Beispiel hat das arme Hühnchen sein Leben dafür gegeben, einen Menschen zu ernähren, und was machst du? Schmeißt es einfach in den Müll. Aber das Hühnchen ist bereits tot. Es war bereits tot, als ich es im Supermarkt vorfand. Hat sich nicht für mich schlachten lassen. Der Hühnerbauer hat sein Geld bekommen.
Als militanter Vegetarier könnte man doch auch Fleisch aufkaufen und dann wegwerfen. Damit niemand es isst.
Aber wie befreit man sich von solch geistigem Unrat? Er ändert ja nichts, außer die Schuldgefühlbilanz in meinem Kopf! Mein neuer Glaubenssatz lautet daher: „Ich habe dafür bezahlt, mit diesem Stück Fleisch zu machen, was immer mir gefällt.“